Forty Eight ~ Penguin With A Crown
Ashton sah mich fassungslos an und Toby zog an meinem Haar. Er kicherte umher und hatte Freude an unserer Anwesenheit.
"Kay wird von einem Auftragskiller verfolgt, seit er 15 ist und er hat zugesehen, wie seine Eltern starb-" Ich hob meine Hand an, nickte aber. Ich wollte das nicht wirklich vor Toby besprechen.
Darum hatte ich Ash auch alles auf die Schnelle erklärt, als Toby in seinem Zimmer nach seinen Malsachen suchte.
"Schwau mal. Ich hab Ashy gemawlt." Der Kleine zeigte euphorisch auf das wirre Gekritzel und ich verstand, warum er es als Ashton bezeichnete.
Das Vogelnest auf seinem Kopf glich dem auf dem Papier und ich begann zu lachen. "Das passt wirklich perfekt. Müsste ich Ash malen, würde ich es genauso tun."
Meine Augen trafen Ashs, welche mich beleidigt musterten. "Zu Beginn fand ich ihn noch süß, aber mittlerweile-" Ich stoppte ihn und sah ihn mit dem bist-du-dir-sicher Blick an.
"Okay, nein. Er ist goldig." Der Kleine erhob sich und watschelte mit seinen Stiften ins Zimmer.
Als er nach kurzer Zeit nicht mehr zurückkam, wollte ich nach ihm sehen, aber er kam dann doch wieder ins Wohnzimmer.
In der Hand hielt er eine Mappe und brabbelnd legte er sie auf den kleinen Kaffeetisch. Ich sah den Zwerg fragend an und er verdrehte seine Augen wie eine kleine Diva. "Aufmachwen."
Er zeigte auf die Mappe und zögerlich griff ich nach ihr. Ich wusste nicht, was mich erwarten würde und als ich sie schweigend auffaltete und Ash sich neben mich setzte, stockte mir der Atem.
Zeichnungen...
Wunderschöne und niedliche Zeichnungen.
"Die hat Kway gemawt", trällerte Toby und zeigte stolz auf den Pinguin, der eine Krone trug. "Ich hab ihm gesagt, dwass er einen Pwinguin zweichnen soll. Dwas war meine Idwee." Stolz fuhr er den Linien des Pinguins nach und ich nickte oberflächlich.
Ich konnte meinen Blick nicht von den anderen... ernsteren Zeichnungen nehmen.
Es schien mir so, als würde Kay seine Gefühle und Gedanken mit dem Bleistift preisgeben und ich konnte nicht fassen, was sich mir hier bot.
Ein Herz...
Es zerriss sich in zwei Hälften. So musste er sich gefühlt haben, als er seine Familie verlor.
Ein Auge, welches den Tag und die Nacht widerspiegelte.
Müsste ich etwas daraus interpretieren, würde ich hier von seinem Mangel an Wohlbefinden sprechen. Kay sah die Stadt nur noch nachts.
Bei der nächsten Zeichnung stutzte ich.
Ein Mädchen.
Sie war belagert von Ideen und Befehlen, welche ihr nicht zusprachen. Sie schien von den Erwartungen übernommen und überfordert zu sein.
Überwältigt blickte ich zu Ashton auf, der leise schniefte. Als er meinen Blick bemerkte, hob er seine Hand an.
"Ich weine nicht... Ich trauere. Das ist einfach tragisch."
Toby streckte sich und gab einen leisen Laut von sich. Mit glänzenden Augen lehnte er sich gegen meine Schulter und fuhr den Strichen nach, welche diese Kunstwerke formten.
"Müde?" Toby schüttelte seinen Kopf. "Vewisse Kway..." Ich drohte vor Niedlichkeit zu sterben und sah Ash überfordert an.
Kay war gerade mal 45 Minuten weg und der Kleine vermisste ihn. Man konnte Toby ansehen, dass sein Bruder alles für ihn war.
Er war nicht bloß sein Bruder...
Er war seine Vaterfigur, sein Vorbild.
Immer wenn Toby Kay anschaute, konnte man seine Bewunderung für seinen großen Bruder erkennen. "Was machst du immer mit Kay, wenn ihr allein seid?"
Leicht abwesend nahm der Zwerg meine Finger in seine Hände und spielte mit ihnen. "Ew hilft miw immew beim mawen und manchmal, wenn ich nicht schwafen kwann, bweibt ew bei miw, bis ich schwafe. Abew ich sehe ihn fast nie..."
Auch wenn Toby es so gleichgültig von sich gab, wusste ich, dass er liebend gern mehr Zeit mit seinem Bruder verbringen würde.
"Abew du bist ja dwa", lächelte er mit einem niedlichen Schimmer in seinen Augen. "Und Kway mag dich."
Mir wurde ganz warm und ich sah zu Ashton, der mich schelmisch ansah.
"Das bist du." Toby zeigte auf die Zeichnung von dem Mädchen und sah mich dann abwartend an.
Ich sah mir die Zeichnung nochmal genauer an und schluckte. Es ergab Sinn.
Ein Mädchen. Sie wurde vollgelabert mit Wünschen und Befehlen.
Mein Herz sank mir in die Hose und Tränen sammelten sich in meinen Augen. Erstens, weil es mich rührte und auch, weil es zeigte, dass Kay mir wirklich zugehört hatte.
Ich verspürte ein wohliges Kribbeln auf meiner Haut und würgte den Kloß, der sich in meinem Hals gebildet hatte, herunter.
Ein letztes Mal blickte ich auf die wunderschönen Zeichnungen und legte sie sorgfältig in die Mappe, als die Tür aufging.
Lukes Kopf kam durch den Türrahmen und seine Augen blieben sofort an der Mappe hängen. "Natürlich hat Toby euch diese gezeigt."
Er lachte, als er sich zu uns setzte und mir die Mappe aus der Hand nahm. "Kay hat bis vor kurzem keinen Stift mehr angefasst, bis er dich traf." Seine Augen blieben an mir hängen und wieder einmal wurde mein Herzschlag schneller.
Er zeigte auf das Mädchen und schob die anderen zurecht. "Die anderen Zeichnungen hatte er vor ein paar Jahren gemalt."
"Wie lange kennst du ihn schon?" Ashton sah mich dankend an, als ich die Frage aussprach, die auch er wissen wollte.
"Kay war 17, als Trace ihn gefunden hat. Er und Toby waren also für zwei Jahre ganz allein und ich danke Gott dafür, dass Trace seine Umrisse unter der Brücke erkannt hatte." Der Stimmungspegel sank drastisch und ich erschreckte mich an Tobys Gemurmel.
Auch Luke schien zu bemerken, dass Toby immer noch hier war und meinte, "Warum gehst du nicht im Zimmer spielen? Felix und Max warten dort."
Toby sah fröhlich auf und als er ohne Widerrede ins Zimmer tapste, meinte Luke, dass Felix ein weißes Spielzeugauto und Max ein Traktor war. Ich grinste kurz, denn es war einfach nur Zucker.
Als Toby in seinem Zimmer war, sich auf den Boden plumpsen ließ, erhaschte ich Lukes Blick, der auf mir und Ash lag. "Trace spricht nicht gerne über den Tag, aber das, was er erzählt hatte, ist einfach nur schrecklich. Hätte er Kay an diesem Tag nicht gefunden, wäre Toby wahrscheinlich wenige Tage später alleine gestorben."
Ich setzte mich auf und hörte meinem Gegenüber interessiert zu. Auch Ashton atmete nur noch ganz leise und folgte den Erzählungen von Luke.
"Kay spricht nie wirklich darüber, was in dieser Nacht geschehen war. Er versucht es zu verdrängen, aber er hat leider etwas davon mitgenommen, was er nie mehr loswerden kann."
Ich spielte mit meinen Fingern und setzte Lukes Informationen wie ein Puzzle zusammen. "Die Narbe auf seinem Oberkörper. Sie sieht schrecklich aus..."
Als ich meinen Blick anhob und Ashs verwirrte Fassade erblickte, zuckte ich mit den Schultern.
Ja, ich hatte Kay schon ohne Shirt gesehen, so unschuldig war ich jetzt auch wieder nicht. Diese Worte sagte ich aber nicht laut und versuchte ihm das mit meinem Blick weis zu machen.
"Also... sie sieht nicht schrecklich aus. Ich glaube einfach, dass die Story dahinter schrecklich ist. Ich habe es ihm angesehen, als ich danach gefragt hatte."
Luke nickte mir zustimmend zu. "Kay ist nicht wirklich offen. Er behält seine Gefühle meist für sich, was ihm nichts bringt. Alles staut sich in ihm auf und ich habe einfach Angst, dass er sich in seinem Leid verliert." Der kleine Mann zeigte auf die Mappe. "Ich meine, schau was er früher gezeichnet hat."
Ich lehnte mich erschöpft an Ashton, der dieses ernste Gespräch mit seinem Handy unterbrach. Es begann zu klingen und nach wenigen Worten mit seiner Mutter meinte er, dass er nach Hause musste. "Bleibst du noch hier?"
Ich nickte. Ich würde auf Kay warten. "Pass aber auf dich auf, wenn du nach Hause gehst." Ich lächelte flüchtig und legte meine Arme um den Lockenkopf.
Ash verabschiedete sich auch noch von Luke und verschwand im Zimmer von Toby.
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