Eighteen ~ Toby
Erst als wir oben bei den Apartments angekommen waren, ließ der Dieb meine Hand los und wartete darauf, bis einer seiner Kumpels die Wohnung aufsperrte.
"Seid leise, der Kleine schläft." Der etwas kleinere Typ legte seinen Zeigefinger auf die Lippen und deutete uns ruhig zu sein. Kay hingegen schien dezent genervt. "Er schläft und ihr geht euch besaufen?" Kopfschüttelnd dirigierte er mir den Weg in die Wohnung und blieb mit dem größeren Typen zurück.
Der Kleinere, etwas festere musterte mich misstrauisch und rieb sich die Nase. "Ist dir dieser Ort nicht zu mickrig?" Er deutete auf meine Kleidung und ich erinnerte mich, daran, dass ich aussah, als würde ich zwei Yachten und eine nachgebaute Titanic besitzen. "Nein... Ich bin eigentlich nicht so...", gab ich schüchtern von mir und legte meine Schuhe neben den Tisch.
Kay und der andere kamen dazu und unsicher sah ich um mich. Was tat ich überhaupt hier? Warum war ich schon wieder mitgekommen? Ach ja... Kay.
"Und ich soll dir glauben, dass du nicht so bist?" Neckend blickte er auf mich herab und fixierte dann Kay, der sich neben mich gestellt hatte. "Ja, denn wäre ich so, hätte ich diese Missgeburten von Schuhen noch an." Bissig verteidigte ich mich und der Typ formte seine Lippen zu einem Schmunzeln. "Bissig..." Er grinste Kay entgegen, dieser schüttelte aber bloß den Kopf. "Gefällt mir."
"Trace und Luke." Kay zeigte zuerst auf den großen und nachher auf den kleineren Typen. Der große nickte mir entgegen und sah mich freundlich an. "Ilaria", flüsterte ich und er stupste seinen Kumpel an, welcher mich bloß abwertend ansah.
Kay verließ das Wohnzimmer und verschwand in der Küche, als Luke ihm hinterher stürmte und ihn lautstark fragte, was ich hier zu suchen hatte. "1. Warum bringst du sie hier her? 2. Woher kennst du sie?"
Die Tür ging zu und Trace sah auf mich herab. "Nimm Luke nicht ernst. Er vergisst manchmal, dass Kay nicht mehr klein ist und auf sich selbst aufpassen kann." Er deutete mir, dass ich mich setzen konnte und nahm ein Glas aus dem Wandschrank. "Wasser?" Ich nickte. "Du redest nicht viel, huh?"
"Ich weiß nur nicht, was ich reden soll", gab ich leise von mir und drehte meinen Kopf zur Küchentür, welche von einem genervten Kay aufgerissen wurde. "Kay! Leise! Toby schläft!" Luke kam ihm hinterher und sah den Grünäugigen tadelnd an.
"Du bist derjenige, der rumschreit." Kay hielt einen USB-Stick in die Höhe und nickte Trace dankend zu. Sein Blick traf auf meinen und er meinte, "Wir gehen jetzt wieder."
Jetzt schon? Ich konnte noch nicht mal einen Schluck von meinem Glas nehmen. Lange konnte ich das nach Hause gehen nicht vermeiden.
Im Türrahmen schnürte ich mir meine Schuhe zu und fühlte mich Luke gegenüber gleich viel stärker, da ich mit meinen Absätzen nun gleichgroß wie er war.
"War nett dich kennengelernt zu haben." Trace kam auf mich zu und im Hintergrund erkannte ich, wie Kay in einem dunklen Zimmer verschwand. Bevor die Tür zuging, sah ich noch, wie er neben das Bett kniete und besorgt die schlafende Person musterte.
"Ganz meinerseits", murmelte ich und wartete auf Kay. Meine Aufmerksamkeit galt bloß ihm. Als er aus dem Zimmer rauskam, hatte sein Gesicht einen bedrückten, schuldigen Blick aufgesetzt. Nachdem er aber gemerkt hatte, dass ich es wahrnahm, setzte er wieder seine gleichgültige Maske auf.
Mit seiner Hand auf meinen Rücken schob er mich sachte voran, sodass ich Luke nur noch knapp tschüss sagen konnte. Er winkte mir flüchtig zu und drehte sich dann zu Trace.
"Luke kann ziemlich beschützerisch sein." Kay lief neben mir die Treppen runter. Er hatte seine Schritte verlangsamt, da ich bekanntlich nicht wirklich darin begabt war, die Treppen schnell herunterzusteigen. "Ich hoffe, er hat dich nicht verstört." Ein Grinsen bildete sich auf meinen Lippen, als ich ihm beichtete, dass er mich bloß ein wenig irritiert hatte.
"Alles gut, klein Kay." Tadelnd blickte er mir entgegen und ich begann zu lachen.
~
Es war stockdunkel. Genauso dunkel wie meine Augenringe morgen sein würden. Mein Handy hatte schon lange den Geist aufgegeben und sogar Kay neben mir fror. Seine Hände hatte er in den Ärmeln vergraben und Dampf kam aus seinem Mund, wenn er ausatmete.
Ich, mit einem Kleid war natürlich schon lange gestorben. Kay hatte mir angeboten seine Jacke zu geben, aber ich lehnte ab. Ich wusste, dass er darunter nur ein Shirt anhatte und ich wollte nicht Schuld tragen, wenn er krank werden würde. "Wohnst du nicht bei Trace und Luke?" Ich rieb mir mit meinen Händen über meine Wangen und wartete auf eine Antwort. "Nein, ich wohne etwas weiter weg. Alleine."
Meine Hände waren noch steifer, als wenn ich Klavier spielte und verzweifelt versuchte ich sie in den Taschen meines Mantels zu wärmen. "Warum wohnst du denn nicht bei ihnen? Ich meine, alleine zu sein, will man auch nicht immer."
"Ich bin nur selten zu Hause." Ich schwieg, da ich erkannte, dass er noch weiterreden würde. "Bin meistens unterwegs." Er trat zur Seite und ließ mir den Vortritt.
Dankend und mit einem roten Schimmer auf meinen Wangen schlich ich an seiner Statur vorbei und spürte seine Anwesenheit hinter mir, als wir die Treppen zum großen Stadtpark heruntergingen.
Die große Uhr am Rathaus begann zu läuten und ich zuckte zusammen. Ein Lachen ertönte neben mir und Kay sah auf mich herab. "Ich weiß, dass du nicht nach Hause willst, aber ich denke, spätestens jetzt bist du wirklich am Arsch." Er zeigte auf die Uhr, welche stündlich schlug. Der kleine Zeiger lag auf der elf und ich verzog meine Lippen. "Ich gehe wahrscheinlich gar nicht mehr nach Hause", murmelte ich und dachte an Ashton, der sicherlich noch Platz hatte. "Ich schlafe wahrscheinlich bei Ashton."
Kay rieb sich über seine Nase und schien nachzudenken. "Aha", gab er gleichgültig von sich. Wir liefen ein paar Schritte und da es dunkel war, sah ich das kleine Loch im Boden nicht. Ich knickte also leicht ein, wollte es aber überspielen.
Kays feines Gehör hatte es aber mitbekommen und besorgt drehte er sich zu mir. "Hast du dir weh getan?" Ich schüttelte hastig den Kopf. Es tat schon ein wenig weh, aber es würde sich wieder verziehen.
Um das Thema zu wechseln und meinen Schmerz zu vergessen, sprach ich ein anderes Thema an. "Der kleine Junge..." Kays Kopf hob sich hastig an und leicht erschrocken starrte mir seine Fassade entgegen. Die Laterne neben uns erleuchtete unsere Gesichter nur wenig, aber ich konnte den Schock in seinen Augen erkennen.
"Was ist mit ihm?" Kay schien nicht einmal anzusprechen, warum ich wusste, dass er einen kleinen Jungen kannte, aber er wusste ja auch nicht, dass ich ihn gestern in der Stadt gesehen hatte. "Dein..."
"Bruder."
Es war also sein Bruder. Sein kleiner Bruder. Das erklärte auch, warum Kay vorhin in das Zimmer ging und jetzt bestätigte sich auch, warum Kay nach Papier und Stiften gefragt hatte. Also sicher war ich mir noch nicht, aber Kay bestätigte mir meine Gedankenszüge. "Er liebt es zu malen und es gab letztens einen kleinen Unfall. Darum das Schmerzmittel. Ich kann es mir nicht leisten ins Krankenhaus zu gehen."
Nickend blickte ich hoch in seine grünen Augen. Dass er mir das einfach so erzählte, zeigte mir, dass ich anscheinend vertraulich rüberkam und Stolz breitete sich in mir aus. "Ich finde das voll beeindruckend." Ich lächelte ihm aufmunternd zu. "Also, dass du auf deinen kleinen Bruder aufpasst und so."
Ich wusste nicht, was sonst in seinem Leben abging, aber von seinen Eltern gab es bis jetzt gar keine Spur. Also ging ich davon aus, dass sie nicht hier waren oder vielleicht gar nicht mehr lebten. Das wollte ich aber nicht ansprechen. Diesen Respekt verdiente er und es ging mich ja auch nichts an.
Seine Gesichtszüge verweichten und schüchtern sah er kurz zu Boden, bis er auf mich zu kam, mich dankend ansah und meinte, "Schön, dass es so aussieht, aber glaub mir. Ich bin kein guter Bruder."
Ich schüttelte meinen Kopf. "Mir scheiß egal, was du denkst. Ich bin mir sicher, dass du deinen Job nicht allzu schlecht machst."
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