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26 | Das mit den letzten Worten

„Ich kann das erklären, Katara."

Aiden rannte mir hinterher. Wortlos war ich an ihm und seiner Schwester vorbeigegangen und hatte mir meine Schuhe geschnappt. Ich verfluchte mich und das Wetter, dass mich dazu verleitet hatte, dicke Winterstiefel anzuziehen. Es dauerte mir viel zu lange, bis ich die Schnüre so weit hatte, dass ich mit dem Fuß hereinschlüpfen konnte. Das Schuhe binden stellte ein weiteres Problem dar. Meine Hände zitterten unkontrolliert. Die Wahrheit war mir wie Schuppen von den Augen gefallen. Und ich hatte nur noch einen Gedanken, der mir permanent durch den Kopf schoss. Wie die nervige Werbung im Radio, die alle paar Minuten abgespielt wurde und die man irgendwann auf die Sekunde genau mitsprechen konnte.

Ich muss hier raus.

Alles in diesem Haus schnürte mir die Luft zum Atmen ab. Eine unsichtbare Hand legte sich um meine Kehle und drückte zu, während ein großes Gewicht auf meiner Brust hockte und jegliche Luft aus mir herauspresste. Die Bilder an den Wänden sprangen mich förmlich an. Wie eine Horde Raubtiere sprangen sie mir mit ihren messerscharfen Klauen entgegen und schnitten mir das Fleisch von den Knochen. Wie viel Schmerz und Verrat kann ein einzelner Mensch vertragen, bevor er daran zugrunde geht? Obwohl die Erkenntnis mich so hart und schmerzhaft traf wie ein ICE, der durch einen verlassenen Bahnhof sauste, kamen keine Tränen. Ich war leer von Emotionen. Irgendjemand hatte in meinem Inneren einen Schalter umgelegt, der verhinderte, dass die Gefühle an die Oberfläche traten. Zurück blieb nur ein Mädchen mit ausdrucksloser Miene und leeren, nichts sehenden Augen, das nicht atmen konnte, aus Angst, dass mit der Luft auch die unterdrückten Gefühle an die Oberfläche dringen würden.

„Katara, willst du etwa schon wieder gehen? Der Kuchen muss nur noch eine halbe Stunde abkühlen. Hoppla. Aiden, was ist denn mit dir los?", hörte ich Susan verwundert fragen, als ich in meine Jacke schlüpfte und auf die Tür zustürmte.

„Estutmirleidichmussgehenaufwiedersehen.", erlaubte ich mir in die grobe Richtung, aus der ich ihre Stimme vernommen hatte, zu nuscheln. Dann war der Sauerstoff aufgebraucht und ich hastete nach draußen.

„Bitte lass es uns erklären, Katara.", sagte eine helle Stimme. Die Panik und Hilflosigkeit in ihrer Stimme ließ mich fast innehalten. Wäre da nicht mein verletzter Stolz gewesen, der mir genau vorschrieb, was ich zu tun hatte. Klein beigeben kam jedenfalls nicht in Frage.

„Was ist denn überhaupt los? Hattet ihr Streit?" Diese Frage war an ihren Neffen und ihre Nichte gerichtet.

Aidens Schwester.

Die kalte Dezemberluft traf mich mitten ins Gesicht. Obwohl ich wusste, dass es kalt war, schnappte ich nach Luft und pumpte den Sauerstoff rasselnd in meine schmerzenden Lungen. Mir war schwindelig, mein Kopf wollte platzen und ich hatte das dumpfe Gefühl, dass ich mich übergeben musste. Mein Gesicht brannte und doch zitterte ich. Zu viel war in so kurzer Zeit geschehen.

„Lass es mich erklären."

Er hatte kaum Zeit gehabt, Jacke und Schuhe anzuziehen. Als er mich einholte, hatte er lediglich Socken an den Füßen, die wahrscheinlich bereits triefend nass waren. Seine nackten Arme ließen mich erschaudern.

„Lass es mich bitte erklären.", wiederholte er und atmete so schwer, dass man kleine Wölkchen sehen konnte, jedes Mal, wenn er die Luft atemlos ausstieß.

Ich schüttelte den Kopf und ging weiter. Ich spürte meine Beine nicht. Irgendein Teil von mir – der rationale, emotionslose Teil – hatte die Kontrolle übernommen. Meine Schritte waren fest, viel fester als ich in dieser Situation erwartet hätte. Der andere Teil – der, der sich immerzu Sorgen machte und ein paar wenige Gefühle zuließ – hatte allerdings die Kontrolle über meine Stimme behalten. Dieser Teil hatte auch registriert, dass er keine Schuhe und auch keine Jacke trug und dass mittlerweile, wie es im Dezember so üblich war, Minusgrade herrschten.

„Geh wieder nach Hause, Aiden. Du wirst noch krank bei dem Wetter. Ich will nicht mit dir reden. Wir haben genug geredet."

Aiden ging nicht wieder nach Hause. Aber meine Worte erzielten den gewünschten Effekt. Er zuckte zusammen und verzog das Gesicht, als hätte er in eine Zitrone gebissen. Meine Schritte hallten über den Boden. Die weihnachtliche Stimmung um uns herum war plötzlich so fehl am Platz, dass ich darüber laut lachen wollte.

Aiden stellte sich mir in den Weg und ich stoppte. Ich verschränkte die Arme vor der Brust und zog herausfordernd eine Augenbraue in die Höhe. Meine Selbstsicherheit verunsicherte ihn. Er war es nicht gewohnt, dass man ihn abweisend behandelte. Dass gerade ich ihn jetzt abwies und aus kalten Augen betrachtete, machte ihm sichtlich zu schaffen. Ich fühlte mich selbst unwohl in meiner Haut, aber das konnte ich ihm schließlich schlecht zeigen.

Aidens Kopf kippte nach hinten und er starrte in den sternenbedeckten Himmel. Die funkelnden Sterne schienen mit einem Mal so nah zu sein, dass ich nur die Hand ausstrecken musste, um einen von ihnen mit der Hand zu fassen. So kam es mir jedenfalls vor. Die Sterne spiegelten sich in seinen Augen wider. Als er mir nach einer gefühlten Ewigkeit in die Augen sah traf mich sein Blick härter als erwartet. Seine Augen strahlten. So sehr ich es mochte, wenn seine Augen blau und golden erstrahlten, so sehr hasste ich es, wie er mich nun ansah. Seine Augen waren erfüllt von Schuld, Traurigkeit... und etwas sehr viel Wärmerem – etwas, das ich in diesem flüchtigen Augenblick nicht erklären konnte. Hätte ich es nicht besser gewusst, hätte ich gesagt, dass er beinahe liebevoll auf mich blickte.

„Eva ist deine Schwester.", stellte ich monoton fest.

Es war keine Frage. Ich musste nicht auf eine Antwort warten. Ich wusste bereits, dass ich recht hatte. Warum sonst hatte er so panisch reagiert, als Eva zu uns ins Wohnzimmer gestoßen war? Zum zweiten Mal fühlte ich mich verraten. Nicht nur von Aiden, sondern auch von Eva.

Zwei Monate lang hatte sie Zeit mit Emma und mir verbracht, sich mit uns angefreundet. Warum hatte sie ihren Bruder verschwiegen? Etwa nur, um mich über Aiden aushorchen zu können? Wollte sie insgeheim nur dafür sorgen, dass ich mich wieder mit ihm versöhnte? War das alles nur ein Spiel gewesen? Der Druck auf meiner Brust verstärkte sich und ich keuchte erschrocken. All die Zeit hatten sie mich nur benutzt. Sie hatte die Informationen, die ich ihr über ihren Bruder geliefert hatte, an ebendiesen weitergeleitet. Dabei hätte ich selbst darauf kommen sollen. Es war erschreckend offensichtlich gewesen. Die blauen Augen, die mir nun reuevoll entgegenblickten, waren dieselben, die mich in den letzten Wochen beim Mittagessen in der Mensa und in den Pausen und sogar im Unterricht stets angelächelt hatten. Die gleichen Augen. Sogar ihr Lachen war ähnlich. Ich war blind gewesen. Blind vor... Zuneigung.

Es fühlte sich so an, als würden zwei Welten miteinander kollidieren. Auf der einen Seite stand Aiden, bei dem ich immer noch nicht so recht wusste, wo ich stand, und auf der anderen Seite stand Eva, von der ich gedacht hatte, dass sie meine Freundin sei und die sich jetzt als Aidens Schwester herausstellte.

„Sie ist in den Herbstferien offiziell an unsere Schule gewechselt. Wir dachten, es wäre keine große Sache, dass wir Geschwister sind, aber als ich sie dann mit Emma und dir gesehen habe..."

„Da dachtest du, dass du mich so ausspionieren kannst?", beendete ich seinen Satz mit sarkastischem Unterton.

„Nein! Ich..."

„Eins muss man dir lassen. Du überraschst mich immer wieder. Besonders nachdem du mir gesagt hast, dass du mein Vertrauen zurückgewinnen willst. Eine komische Art das zu erreichen."

„Ich wollte nie, dass..."

„Dass es herauskommt? Ich glaube an dem Punkt waren wir schon einmal, Aiden. Die Wahrheit kommt immer ans Licht. Egal wie sehr du dich bemühst, sie zu verstecken. Erst die Wette und jetzt deine Schwester. Merkst du denn nicht, dass es viel einfacher wäre, wenn du mir einfach die Wahrheit gesagt hättest? Wenn du einfach ehrlich zu mir gewesen wärst?" Meine Stimme wurde immer lauter. Der rationale Teil war im Begriff das Kommando komplett zu verlieren. Meine Hände ballten sich zu Fäusten, bereit auf alles einzuschlagen, was sich mir in einem Meter Radius näherte.

„Ich dachte, dann würdest du nicht mit Eva befreundet sein wollen."

Seine Worte trafen mich unvorbereitet. Immerhin wusste ich nun, was er insgeheim von mir hielt.

„Wenn du das denkst, kennst du mich schlecht.", presste ich zwischen den Zähnen hervor.

„Nein! So habe ich es nicht gemeint..."

„So hast du es aber gesagt."

„Denkst du, du hättest dich so mit ihr angefreundet, wie du es hast, wenn du gewusst hättest, dass sie meine Schwester ist?"

Ich zögerte. Einhundert Prozent sicher konnte man sich da nie sein, aber ich glaubte gerne, dass ich zu der Art Mensch gehörte, die die Beziehungen anderer Personen untereinander gut ausblenden konnte. Solange jemand nett zu mir war, war ich auch nett zu ihm. Mein Glaube geriet in diesem Moment schwer ins Wanken. Hätte es mir nichts ausgemacht, wäre ich schließlich nicht davongerannt. Andererseits fand ich, ich hatte das gute Recht wegzulaufen. In weniger als zwei Monaten, war ich gleich zweimal verraten worden. Und bei beiden Vorfällen war Aiden involviert gewesen. Was auch immer ihn und Eva dazu erwogen hatte, mir zu verschweigen, in welcher Beziehung sie zueinanderstanden, es ging mich nichts an und sollte mich noch weniger interessieren.

„Ich bin ihr großer Bruder. Ich wollte sie beschützen. Das ist meine Aufgabe. So wie Paul auch dich beschützt." Die Erwähnung von Paul versetzte mir einen fiesen Seitenhieb.

„Ich glaube, du solltest damit aufhören, andere Menschen zu beschützen. Erstens sind sowohl Eva als auch ich alt genug, um auf uns selbst aufzupassen. Und zweitens haben deine Versuche jemanden zu beschützen bis jetzt alles nur noch schlimmer gemacht."

„Du musst mir nicht sagen, dass ich Scheiße gebaut habe. Ich weiß, dass ich Scheiße gebaut habe." Frustriert raufte er sich die Haare. Es hätte mich nicht gewundert, wenn er sich dabei ein paar Haare ausgerissen hatte.

Ich schwieg und bemitleidete mich im Stillen selbst. Wie konnte ich nur so dumm sein und nicht bemerken, was sich direkt vor meiner Nase befunden hatte?

„Eure Nachnamen. Ihr habt nicht dieselben Nachnamen."

Ich versuchte mir einzureden, dass es einen Ausweg gab. Dass ich sie irgendwie falsch verstanden hatte und sie doch keine Geschwister waren. Dass er vielleicht gemeint hatte, dass sie sich nur wie Geschwister fühlten.

Ich war angewidert von mir selbst. Wäre mein Leben ein Film und ich die Hauptperson darin, hätte ich mich längst angeschrien und gefragt, was mich zurückhielt einen endgültigen Schlussstrich zu ziehen und den Typen hinter mir zu lassen. Und ich hätte mir geschworen, dass es mir nie im Leben so ergehen würde.

„Ich hab den Nachnamen unserer Eltern behalten. Eva hat den Nachnamen von unserer Tante angenommen. Es war... Sie wollte... Es war ihre persönliche Entscheidung.", verhaspelte sich Aiden unbeholfen. Der letzte Rettungsring, den ich mir selbst zugeworfen hatte, bekam Löcher und versank in den Tiefen des Ozeans.

Mein Kiefer begann wehzutun, so fest presste ich die Zähne zusammen. Obwohl ich dicke Winterstiefel trug, fühlten sich meine Füße an wie Eisklötze. Es fiel mir schwer, mich auf der Stelle umzudrehen und ihn (erneut) einfach stehen zu lassen. Meine Füße waren am Boden festgefroren.

„Ihr hättet es mir sagen sollen." Ich sprach zwar von der Mehrzahl, aber eigentlich meinte ich nur Aiden. Es wäre an erster Stelle seine Aufgabe gewesen, mir mitzuteilen, wer seine Schwester war. Über ihre Beweggründe mir und dem Rest der Schule über ihre familiäre Beziehung zueinander zu verschweigen, konnte ich nur rätseln. Wie hätten sie reagiert, wenn sie von Eva wüssten? Im Stillen gab ich Aiden recht. Wir hätten uns nie angefreundet, allein schon deshalb, weil Aidens Fanclub Eva sofort in Beschlag genommen hätte. Oder schlimmer noch: Eva wäre Mitglied im exklusivsten Club der Schule geworden. In dieser Konstellation (zwischen Fußballern und selbsternannten Cheerleadern, die ihre Freizeit am liebsten damit verbrachten von den Jungs der Fußballmannschaft zu schwärmen) konnte ich mir Eva beim besten Willen nicht vorstellen.

Ihr Platz war bei uns. Bei Emma und mir. Ein klein wenig war ich selbst von mir überrascht, dass ich auch jetzt noch so über sie dachte. Sie war ein Teil von unserem kleinen Kreis, auch, wenn sie sich nun als Aidens Schwester herausstellte. Sie war trotzdem immer noch sie selbst. Wahrscheinlich war auch dies einer der Gründe gewesen, zu verschweigen, dass sie Bruder und Schwester waren. Wie würde ich mich fühlen, wenn mich jemand nur als Pauls kleine Schwester vorstellen oder ansprechen würde. War ich nicht in erster Linie ein Mensch, der einfach nur er selbst war? Ich war mehr als nur Pauls Schwester oder die Tochter meiner Mutter. Ich war ich. Nicht mehr und nicht weniger.

Mein aufgebrachtes Herzklopfen schwoll ab und meine Atmung beruhigte sich.

Zum ersten Mal, seit ich aus der Haustür getürmt war, sah ich Aiden richtig in die Augen. Das ruhige Meer war zu einer stürmischen See herangewachsen. Das goldenen Funkeln war verschwunden. Wäre er mir in diesem Zustand auf offener Straße begegnet, wäre ich im automatisch ausgewichen. Doch im Hier und Jetzt erkannte ich den versteckten Schmerz in seinem Gesicht. Ich unterdrückte einen ergebenen Seufzer.

„Geh wieder nach Hause, Aiden. Du wirst wirklich noch krank."

Offensichtlich schmerzten ihn diese Worte noch mehr als alles, was ich ihm jemals an den Kopf geworfen hatte. Sein unbeholfener Schritt nach vorne und seine vorsichtig erhobene Hand, ließen mich aus meinem tranceähnlichen Zustand erwachen. Ich drehte mich um und stapfte die regennasse Straße herunter.

„Es tut mir leid, Tara." Der pfeifende Wind trug seine Stimme bis zu meiner eigenen Haustür. Seine Worte stießen auf mich nieder wie die Vögel in einem Horrorfilm und hackten unbarmherzig auf mich ein. Es sollten die letzten Worte sein, die ich für eine ganze Weile von ihm hörte.

***

Okay, Hand aufs Herz: Wer hat damit gerechnet, dass Eva und Aiden Geschwister sind?

Kleiner Reminder zu voten und/oder zu kommentieren, falls euch die Geschichte gefällt. Verbesserungsvorschläge sind gern gesehen. Danke!

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