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22 | Das mit dem schwarzen Loch

„Also, ich fasse zusammen. Emma will das Abi hinschmeißen, weil ihre Mutter alkoholabhängig ist und sie nicht genügend Geld für beide verdient. Deswegen zwingt sie ihre Tochter dazu, als Kellnerin in einem Restaurant zu arbeiten?"

Aiden rümpfte die Nase und schnaubte angewidert. Ich seufzte schwer und verschränkte die Arme. Wenn ich nicht so niedergeschlagen gewesen wäre, hätte ich genauso reagiert. Mir lief es kalt über den Rücken, als ich darüber nachdachte, wie ich mich an Emmas Stelle fühlen würde, wenn meine Mutter nichts auf meine Schulbildung geben und mich dazu drängen würde das Abitur abzubrechen. Oder vielleicht wusste sie nicht, dass ihre Tochter noch zur Schule ging, schoss es mir durch den Kopf.

Ich werde dein Vertrauen zurückgewinnen.

Seine Worte vom Freitag hallten wie von selbst in meinem Kopf wider. Vielleicht war es auch auf die Tatsache zurückzuführen, dass er einfach dagewesen war, als ich ihn brauchte. Instinktiv wusste ich, dass ich mich ihm in der Sache anvertrauen konnte. Er würde dichthalten und das Geheimnis um Emma für sich behalten. Da war es wieder. Das Aiden-Phänomen. Jeder musste sich augenblicklich in seiner Nähe wohlfühlen. Und er brachte die Leute zum Reden. Es fühlte sich gut mit ihm darüber zu sprechen. Er hatte nicht einmal daran gedacht, mich allein zu lassen, sondern hatte mich zielstrebig zu einer Nische geführt, in der wir ungestört miteinander reden konnten. Dort hatte ich ihm von Emma erzählt.

„Eigentlich weiß ich nur, dass Emma das Abi hinschmeißen will. Frau Lammer hat es mir eben indirekt bestätigt. Als ich bei Emma war, um ihr ihr Buch zurückzugeben, hat mir ihre Mutter die Tür geöffnet. Da hatte sie eine halbleere Vodkaflasche in der Hand. Ob sie wirklich alkoholabhängig ist, weiß ich nicht. Und dass sie Geldprobleme hat, kann ich auch nur mutmaßen. Ich gehe davon aus, wenn Emma sich die Nächte um die Ohren schlägt."

Meine Hände zitterten nicht mehr so stark und meinen Kopf spürte ich nur noch unmerklich im Hintergrund. Als würde ich auf Watte schweben. Oder mein Kopf unter Wasser gehalten werden, wo mir langsam, aber sicher die Luft zum Atmen ausging. Eine unsichtbare Hand legte sich zusätzlich auf meinen Brustkorb und zerquetschte meine Lungen.

„Das würde auch erklären, warum sie morgens die erste ist, die hier auftaucht und abends die letzte ist die geht. Sie braucht die Zeit, um zu lernen. Und anders kommt sie nicht dazu."

Wir schwiegen eine Weile. Eine Stille, die sich so erdrückend anfühlte, dass mein Inneres platzen wollte. Ich fühlte mich so hilflos, wie schon lange nicht mehr. Auf der anderen Seite rauschte das Adrenalin immer noch durch meine Blutbahnen und ich musste irgendetwas tun. Verzweiflung, Eifer, Machtlosigkeit und Hoffnung. Alles auf einmal prasselte auf mich in Sekundenschnelle ein, sodass ich nicht mehr hinterherkam, meine Gefühle richtig einzuordnen.

„Ich habe keine Ahnung, was ich tun soll. Einerseits will ich Emma helfen, aber andererseits weiß ich nicht wie."

Die Kopfschmerzen kamen so abrupt zurück, dass ich mir mit schmerzverzerrtem Gesicht an die Stirn fasste. Kleine bunte Sterne begannen vor meinen Augen zu tanzen und ich schloss sie einen Augenblick. Tief ein- und ausatmen. Der Druck von meinem Kopf verschwand langsam und machte einem flauen Gefühl im Magen Platz.

„Alles in Ordnung?"

Das Blau seiner Augen schien mich förmlich zu durchleuchten. Ich wusste nicht, was ich auf seine Frage antworten sollte. Fakt war, es war rein gar nichts in Ordnung. Emma ging es schlecht, mir ging es schlecht und alle, die ich mit meinen Sorgen belastete ging es ebenfalls schlecht. Paul ging immer noch an Krücken und seine Physiotherapie hatte sich festgefahren. Dadurch besserte sich Pauls Laune auch nicht und Mom machte sich Sorgen, wie es mit ihm weitergehen sollte. Wenn sie nun auch noch Wind von meinen Problemen bekam, wäre auch mein Zuhause kein Zufluchtsort mehr, so wie er es jetzt war. Selbst Großmutter Adelaide hatten wir – oder vielmehr Aiden - in unsere Probleme hineingezogen. Auch, wenn sie beim Frühstück so getan hatte, als hätte sich nichts zwischen uns geändert (sie nörgelte an meinem Aussehen, wo es ging), lagen ihre Adleraugen öfter auf mir als normalerweise. Überall, wo ich hinsah, staute sich Wut und Verzweiflung und Hilflosigkeit an. Selbst der wolkenverhangene Himmel rumorte über uns. Ein unheilverkündendes, dunkles Omen. Die Welt kam mir auf einmal wie ein schlechterer Ort vor. Meine geschützte Blase, in der ich die letzten gut 18 Jahre verbracht hatte, hatte Risse bekommen. Meine heile Welt zerbrach in seine Einzelteile und machte der gnadenlosen Realität Platz.

„So eine Scheiße!" Aidens Augen funkelten wütend auf und ich zuckte erschrocken vor ihm zurück. Diesen Ausdruck hatte ich noch nie bei ihm gesehen.

„Wie kann ihre Mutter ihr das nur antun? Weiß sie denn nicht, was sie Emma damit zumutet? Interessiert sie sich wirklich so wenig für ihre eigene Tochter und ihr Leben?"

Ich zuckte ratlos mit den Schultern.

„Was Alkohol mit Menschen machen kann, ist wirklich erschreckend.", murmelte ich, nicht unbedingt, weil ich Emmas Mutter verteidigen wollte, sondern weil ich mir sicher war, dass es früher nicht so gewesen war. Vor meinem inneren Auge sah ich Emma, die an unserem ersten Schultag in der fünften Klasse ein süßes Kleid getragen und dazu passende bunte Haarbänder in ihrem Haar geflochten hatte. Die Frisur hatte ziemlich aufwendig ausgesehen. Unmöglich, dass sie sie sich selbst gemacht hatte. Ich wusste nicht, wie sehr ich auf meine Erinnerung in der Hinsicht vertrauen konnte, doch neben ihr sah ich eine zierliche Frau, die stolz auf ihre Tochter blickte. Ihr Gesicht war nicht von Sorgenfalten überdeckt, sondern glatt und strahlend und hoffnungsvoll. Sie war die Art Persönlichkeit, nach der sich jeder umdrehte, sobald sie den Raum betrat. Sie hatte diese Ausstrahlung, die einen verblüfft nach Luft schnappen und erst nach ein paar Sekunden erkennen ließ, dass man sie hemmungslos anstarrte.

Ich schüttelte den Kopf. Ich war so verwirrt, als hätte man mindestens drei verschiedene Puzzles auf einem Tisch verteilt und mich nun vor die unmögliche Aufgabe gestellt, alle Puzzles auf einmal zu lösen.

„Nein, das ist nicht nur der Alkohol.", widersprach Aiden. „Das ist purer Egoismus. Wie kann sie sich nicht um Emma kümmern? Das ist unverantwortlich. Wenn meine Mutter so etwas tun würde, dann..."

Er stockte und mein Herz machte einen erschreckten Satz. Seine Eltern waren bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Das war vor knapp drei Jahren. Seine Gesichtszüge wurden undurchdringlich und er spannte sich an. Ich konnte nur raten, was gerade in seinem Kopf vor sich ging. Ob er oft von seinen Eltern sprach, als würden sie noch leben? Der Gedanke, dass er manchmal aufwachte und der festen Überzeugung war, seine Eltern zu sehen, wenn er sein Zimmer verließ, versetzte mir einen fiesen Stich. Ich hatte meinen Vater schon früh verloren. Für mich war es (so schrecklich es sich auch anhörte) normal gewesen, dass es nur Mom, Paul und mich gab. Bei Aiden sah das anders aus. Er kannte seine Eltern sein Leben lang. Sie plötzlich beide auf einmal zu verlieren, musste schrecklich gewesen sein. Dass er jetzt wieder in dem Haus seiner Eltern mit seiner Tante, seinem Onkel und seiner Schwester zusammenwohnte, hatte mit Sicherheit alte Erinnerungen heraufbeschworen, die er lieber gut verschlossen lassen wollte.

Aiden starrte stur geradeaus und ballte die Hände zu Fäusten. Ich ignorierte den Drang, ihn in die Arme zu nehmen, nur schwer.

„Meine Mutter hätte uns nie so behandelt. Mein Vater auch nicht." Aidens Stimme klang heiser und belegt.

„Ich weiß.", wisperte ich. Wir hingen beide unseren Gedanken nach. Ihn neben mir zu wissen, beruhigte mich auf beunruhigende Weise. Obwohl ich eigentlich gerne geheult hätte, rührte mich Aidens Wutausbruch.

„Ich bin froh, dass du hier bist.", sagte ich und berührte seine Hand. Dort wo ich ihn berührte, zuckte ein Schauer durch meine Finger, weiter durch meinen Arm, bis er mein Herz erreichte und mich von innen aufwärmte.

„Ich konnte dich doch nicht einfach so allein lassen.", meinte er leichthin, aber ich hätte schwören können, dass seine Wangen einen leichten Rotton annahmen. Sein Kiefer zuckte kurz, dann verschränkte er unsere Hände miteinander. Seine warme Hand fühlte sich viel zu gut an gegen meine kalten, zitternden Finger.

Warum bist du eigentlich hier?" Ich legte die Stirn in Falten und betrachtete Aiden von der Seite. Ich wusste nicht, was es war, aber seine Miene wirkte wie auf Knopfdruck verschlossen. Er verheimlicht mir etwas.

„Wie meinst du das?", wollte er mir im Plauderton ausweichen. Mein Misstrauen wuchs.

„Ich meine, warum bist du nicht im Unterricht?" Ich beobachtete ihn nun aufmerksamer. Sein Auge zuckte nervös und er schluckte schwer.

„Ach so." Er lachte, aber das Lachen erreichte seine Augen nicht. „Ich kam gerade vom Klo, als ich dich gesehen habe.", sagte er schnell und lächelte erneut. Sein Lächeln wirkte unnatürlich. Es war nicht die Art Lächeln, die ich von Aiden gewohnt war. Es war aufgesetzt, unehrlich und einfach falsch. Mal abgesehen von der Tatsache, dass er gerade eigentlich Chemie hatte und sein Klassenzimmer und die Jungentoilette weit entfernt von dem Platz waren, an dem wir gerade saßen. Ich glaubte ihm nicht. Die breite Wandnische, die glücklicherweise mit einem Sofa ausgestattet war und uns gleichzeitig vor neugierigen Blicken schützte, übte plötzlich ein beklemmendes und gleichzeitig kribbelndes Gefühl in mir aus. Ich mochte dieses Gefühl, das immer dann zum Vorschein kam, wenn ich mich in Aidens Nähe befand, nicht besonders.

Überdies wurde ich das Gefühl nicht los, dass er nach mir gesucht hatte. Das wiederum war ein merkwürdig tröstlicher Gedanke. Da sollte einer mal meine Stimmungsschwankungen verstehen.

„Weißt du denn, was du wegen Emma unternehmen willst?" Aiden riss mich aus meinem rosaroten Gedankenfluss. Die Leichtigkeit von vor ein paar Sekunden zerplatzte wie eine Seifenblase in der Luft.

„Ich habe keine Ahnung. Für mich steht nur fest, dass Emma das Abi auf alle Fälle nicht abbrechen darf. Geld würde sie von mir jedenfalls nicht annehmen."

„Gibt es keine andere Möglichkeit ihr unter die Arme zu greifen?"

Ich setzte ich mich abrupt aufrecht hin, als mir die Idee kam.

„Vielleicht gibt es die!" Mein Herz raste vor Aufregung. Aiden zog eine Augenbraue in die Höhe und ich drehte mich so zu ihm, dass sich unsere Knie beinahe berührten. Das Kribbeln in meiner Magengegend, das aufgrund der Nähe in mir aufkeimte, ignorierte ich. Teilweise.

„Ihre Nachbarin, eine alte Frau, die am Rollator geht, hat mir gesagt, dass Emma ihr ab und zu hilft. Beim Einkaufen, vielleicht auch im Haushalt. Genau weiß ich es nicht. Aber ihr könnte ich vielleicht helfen. Dann hat Emma eine Sorge weniger und kann sich in der Zeit auf die Schule konzentrieren."

Aiden nickte langsam.

„Das klingt gut. Meinst du sie würde Geld annehmen, wenn sie nicht wüsste von wem es kommt?"

Verwirrt legte ich den Kopf schräg.

„Es gibt doch Stiftungen und Hilfswerke, die Kindern und Schülern hilft. Bücher bezahlt, Nachhilfe unterstützt, so etwas eben. Möglicherweise könnte so eine Organisation auch Emma helfen.", erklärte er.

„Meinst du wirklich? Sie ist doch schon 18.", bezweifelte ich. Aiden schlug meine Sorgen mit einer schnellen Handbewegung weg.

„Na klar. Sie ist immer noch eine Schülerin. Selbst Studierende bekommen Förderungen vom Staat. Und wenn die Emmas Noten sehen, müssen sie ihr einfach helfen."

Dem konnte ich nichts entgegenbringen. Ich war begeistert.

„Wenn du willst, erkundige ich mich mal. Meine Tante kennt sich damit auch aus und weiß vielleicht, was man beantragen kann. Vielleicht kann man irgendwo ein Konto einrichten und Spenden sammeln? Ich weiß, du hast gesagt, dass sie wahrscheinlich kein Geld annehmen würde, aber wenn ihre Mitschüler von ihrer Situation wüssten, würden viele bestimmt etwas spenden."

Ich verzog das Gesicht.

„Ich glaube, es wäre ihr peinlich, wenn so viele Menschen über ihr Leben Bescheid wüssten. Sie bleibt gerne im Hintergrund, das weißt du." So wie ich. Manchmal trauerte ich meinem verlorenen Unsichtbarkeitsmantel immer noch hinterher.

„Stimmt. Wir schaffen das schon. Mach dir keine Sorgen mehr." Aiden atmete tief aus und lächelte schief. Das ganz bestimmte Aiden-Lächeln, das nur für mich bestimmt war. Mir wurde warm ums Herz und ich musste mir gleichzeitig ins Gedächtnis rufen, was in den letzten Wochen zwischen uns passiert war. Dann überwog allerdings die Erleichterung. Mein Oberkörper kippte nach vorne und ich schlang meine Arme um Aiden. Es war eine schnelle Umarmung, doch sie kam ohne jeden Zweifel überraschend. Für uns beide.

Ich löste mich rasch von ihm, weil mir siedend heiß einfiel, dass ich irgendwann, spätestens zur zweiten Stunde, wieder im Unterricht sitzen musste. Verlegen strich ich mir eine Haarsträhne hinters Ohr und wich seinem Blick aus. Mit zitternden Knien rappelte ich mich auf und schulterte meinen Rucksack. Aiden schaute mich unschlüssig an und stand dann ebenfalls auf. Er blinzelte ins schwache Licht der Deckenlampen und war, glaubte ich, immer noch ein wenig verdattert von meiner Umarmung. Er räusperte sich.

„Ich hab jetzt eigentlich Chemie.", zögerte er.

„Und ich Bio."

„Das heißt, wir sehen uns dann irgendwann?"

Ich nickte.

„Ich schreibe dir, wenn ich etwas über die Förderungen herausfinde." Mit diesen Worten drehte er sich um und ging in die Richtung der Chemieräume.

Stolpernd machte ich einen Schritt nach vorne.

„Aiden?"

Überrascht wandte er sich noch einmal zu mir. Ich lächelte und mein Herz schlug unkontrolliert. Meine Wangen glühten. Die Information um Emma hatte ein schwarzes Loch in mir aufgerissen, das mein ganzes Selbst verschlingen und in einem Strudel aus Selbstvorwürfen und Gewissensbissen in die Tiefe ziehen wollte. Aiden hatte mich gerettet, noch bevor ich untergehen konnte und wie eine Ertrinkende verzweifelt nach Luft schnappte.

„Danke." Er lächelte sein Aiden-Lächeln und in meinem Magen kribbelte es stärker als jemals zuvor. Für einen kurzen wundervollen Moment war alles so, wie es schon immer hätte sein sollen.

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