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8 | Das, in dem ich wieder Kind bin

»Das ist nicht euer Ernst!«

Mama hatte sich mit verschränkten Armen im Türrahmen aufgebaut und sah uns fassungslos an, während der Weihnachtsmann und seine Elfen im Fernseher breit lächelten. Sie kam gerade vom Wocheneinkauf nach Hause und an ihrer Mütze klebten kleine Wassertropfen. Paul und ich grinsten verschmitzt.

»Ihr seid 20 und 18 Jahre alt! Paul mach den Fernseher aus, du kannst mir beim Reintragen helfen. Die Sachen sind schwer«, forderte sie ihn auf.

»Ich bin heute schon die ganze Zeit herumgelaufen. Erst die Physio und dann die Trainingseinheit zuhause. Mein Bein tut weh«, erwiderte Paul direkt, ohne die kleinste Spur eines Zögerns.

Ich schnaubte. Verräter. Er konnte das Bein mittlerweile wieder ganz gut bewegen. Innerhalb des Hauses benutzte er die Krücken nur, wenn er das Bein zu stark belastet hatte. Meistens waren sie nur noch Mittel zum Zweck. So wie jetzt. Mit dieser Ausrede zog er sich immer öfter aus der Affäre. Und sehr zu meinem Leidwesen war er damit auch erfolgreich.

»Gut dann, Katara. Komm bitte helfen. Ein paar Sachen müssen in die Kühlung. Und der Fernseher wird trotzdem ausgeschaltet.« Mama erhob drohend den Zeigefinger.

»Aber ... «, setzte ich an, kam allerdings nicht viel weiter als das.

»Kein Aber. Sofort.«

»Es sind doch nur noch fünf Minuten«, stand Paul mir nun bei.

»Das ist Kinderfernsehen! Außerdem kennt ihr doch sowieso jede Folge.«

»Also ich kenne nicht alle Folgen. Und nein, ich korrigiere: Das ist Weihnachtsmann & Co. KG

»Ist das etwa kein Kinderfernsehen?«

»Nein«, antworteten Paul und ich unisono. Immerhin war fast Weihnachten. Da gehörte Weihnachtsmann & Co. KG irgendwie dazu. Mein Bruder und ich sahen jedes Jahr mindestens eine Folge gemeinsam. Unsere Mutter hielt uns dafür zwar für verrückt, dabei war die Serie in meinem Freundeskreis so etwas wie Tradition. Evas Augen hatten bei der Erwähnung der Serie begonnen zu leuchten und sie hatte es sich zur Aufgabe gemacht, mir fünf Minuten vor Beginn der nächsten Folge eine Erinnerung zu schicken. Die Erinnerung hatte aus einer Armee von Ausrufezeichen bestanden und glücklicherweise hatte ich sofort begriffen, was sie damit meinte.

Ich hatte Paul aus dem Bett geworfen – es war später Nachmittag und er hatte sein Bein hochgelegt, während er las -, schnappte mir eine Packung Spekulatius aus der Vorratskammer und machte es mir mit meiner Kuscheldecke auf dem Sofa bequem.

Die weihnachtliche Serie hatte bei mir einen Schalter umgelegt. Die Vorfreude auf Weihnachten begann. Und damit begann auch meine kleine Weihnachtsbäckerei.

Ich liebte es in der Weihnachtszeit zu backen. Ganz besonders liebte ich es, wenn das ganze Haus nach Vanille, Zimt und ... einfach Weihnachten roch. Paul ließ sich selten dazu herab, mit uns zu backen, doch in der Weihnachtszeit kroch selbst mein Bruder aus seinem Zimmer und dekorierte und verzierte, was das Zeug hielt. Jedes Jahr ließen wir uns etwas anderes einfallen, um die Weihnachtsdekoration zu verändern. Letztes Jahr hatten wir drei lange Lichterketten verbraucht, in dem Versuch die Ketten um das ganze Haus zu legen und damit Fenster und Türen mit funkelnden Lichtern zu umrahmen. In dem Jahr davor hatten wir das Winterwunderland nach drinnen verlegt. Kein Quadratmeter war von Lametta, Tannengrün und Christbaumschmuck verschont geblieben und Mama hatte gescherzt, dass sich ihre Augen nie wieder davon erholen würden.

Dieses Jahr hatten wir entschieden, es weniger whovillemäßig anzugehen und den Verbrauch an Lichterketten, Baumschmuck und Lametta auf ein Minimum runterzuschrauben. Bis auf die Lichterkette um mein Bücherregal ließ im meinem Zimmer nichts darauf schließen, dass uns lediglich eine Woche von Weihnachten trennte. Die Weihnachtsgeschenke, die ich für Paul, Mama und Großmutter Adelaide besorgt hatte, lagerten bereits verpackt in den Tiefen meines Kleiderschranks. Mama würde nicht im Traum daran denken meinen Kleiderschrank zu öffnen. Darin herrschte ein heilloses Chaos.

Der Streit zwischen Paul und mir war vergessen – zumindest für die Weihnachtszeit – und ich genoss die vertraute und lockere Atmosphäre zwischen uns. Wir könnten nicht immer so weiter machen, das war uns beiden klar, doch die Weihnachtszeit ist nicht umsonst die Zeit der Vergebung. Ich konnte über seinen übermäßigen Beschützerinstinkt hinwegsehen, dann konnte er die Sache mit Aiden auch vergessen.

Wer's glaubt. Die Stimme in meinem Kopf klang merkwürdigerweise ziemlich genau nach Lucy.

Ich gab mich Mamas überzeugenden Argumenten geschlagen und schlüpfte in meine Sportschuhe. Der Wocheneinkauf sah größer aus als normalerweise und es dauerte doppelt so lang, die Einkäufe reinzubringen. In einer Transportkühlbox befanden sich drei verschiedene Eissorten und ich bekam kalte Hände, als ich sie ins Gefrierfach einsortierte.

Paul grinste mir aus dem Wohnzimmer entgegen und streckte mir die Zunge heraus. Im Fernsehen liefen die letzten Szenen.

»Mieser Verräter«, murrte ich und rieb die Hände aneinander.

»Ich hab dir doch gesagt, dass du den Fernseher ausmachen sollst! Hört in diesem Haus denn wirklich niemand auf mich?«, polterte Mama. »Und wo ist schon wieder meine verdammte Brille?«

»Versuch es mal mit der auf deinem Kopf«, riet Paul und Mama seufzte abgrundtief.

Weihnachten ist wohl nicht allein die Zeit der Vergebung, sondern an erster Stelle die Zeit für Stress. Ich nahm ihr einen weiteren Einkaufskorb ab und begann die Lebensmittel in die jeweiligen Schränke zu verfrachten.

»Warum hast du so viel eingekauft? Bis Weihnachten ist doch noch eine Woche«, stellte ich fest und betrachtete die Packung Lebkuchen hungrig. Mama schnappte sie aus meinen Händen weg.

»Das ist alles für Weihnachten. Nicht früher.«, sagte sie mit einem Augenzwinkern und ich schielte verstohlen zu der Packung Spekulatius im Wohnzimmer. Paul ließ sie gerade unauffällig unter meiner Kuscheldecke verschwinden.

»Ich möchte schon alles hier haben. Am Heiligabend will ich nicht mehr einkaufen. Die Leute drehen ja jetzt schon durch. Wie soll das erst in einer Woche aussehen?«

»Was ist denn passiert?«

»Ach, ein LKW wollte gerade anliefern und hat den Wagen hinter sich nicht gesehen. Er hatte die Laderampe schon runter und hat den Wagen durch die Windschutzscheibe förmlich aufgespießt. Es ist zum Glück niemandem etwas geschehen, aber ich musste natürlich warten, bis die Polizei kam«, erzählte sie schulterzuckend. »Der arme Mann hatte einen Schock und war ganz benommen und dem LKW-Fahrer ist nichts anderes eingefallen als zu meckern.«

»Was du immer alles beim Einkaufen erlebst.« Paul humpelte in die Küche und lehnte sich grinsend an den Tisch. Dass er dabei eine Tafel Schokolade in seine Hosentasche gleiten ließ, entging mir nicht. Den Adleraugen unserer Mutter auch nicht.

»Das habe ich gesehen.« Augenrollend legte Paul die Schokolade wieder zurück.

»Wer soll das denn alles essen? Da muss man ja jetzt schon anfangen.«

Unnachgiebig schüttelte Mama den Kopf.

»Netter Versuch. Aber die Schokolade bleibt zu. Und auch alle anderen Süßigkeiten, nur damit wir uns richtig verstehen.«

Ich kicherte und Paul blickte finster auf die Leckereien, die ihm verboten worden waren.

»Tja«, entgegnete ich zuckersüß und streckte ihm nun ebenfalls die Zunge heraus.

»Und solltest du nicht die Krücken benutzen, wenn dein Bein so weh tut, wie du sagst?« Tadelnd reichte Mama meinem Bruder die Gehhilfen und er ging – betont laut – zurück ins Wohnzimmer, wo bereits die nächste Folge Weihnachtsmann & Co. KG lief. Nachdem ich Mama geholfen hatte, die restlichen Einkäufe zu verstauen, ließ ich mich wieder neben meinem Bruder auf die Couch nieder. Ich bekam gerade noch die letzten fünf Minuten mit.

»Kann einer von euch eure Oma zum Abendessen rufen? Ich will nicht wieder durchs ganze Haus schreien. Sie hört mich ja sowieso nicht«, bat Mama später und mir war bewusst, dass sich Paul nur wieder herausreden würde. Wie auf ein Zeichen klopfte er auf seine Krücken und zuckte mit den Schultern.

»Tja«, setzte er zum Gegenschlag an. Schnaubend gab ich mich meinem Schicksal hin.

»Von mir aus«, murmelte ich. Ich war nicht besonders scharf darauf Großmutter Adelaide vor die Augen zu treten, weil sie wie immer etwas finden würde, über das sie sich aufregen konnte. Meine Haare, mein Pullover, meine Körperhaltung - oder ihr Lieblingsthema: Aiden und warum ich ihn nicht einmal zum Essen einlud. Ich wollte mir nicht schon wieder anhören müssen, was für ein netter Junge er doch war, obwohl ich ihr - unter Anbetracht der aktuellen Vorkommnisse - natürlich recht geben musste.

»Abendessen ist fertig. Ich soll dir...«

Als wären mir plötzlich Wurzeln gewachsen, konnte ich mich keinen Zentimeter vor oder zurück bewegen. Ich konnte sie nur ungläubig anstarren.

Da saß die Frau, die sich seit Wochen wie ein kleiner Kieselstein im Schuh, in unsere Familie eingeschlichen hatte und beugte sich über ein altes Foto. Ein Foto, das ich erkannte, obwohl sie sich alle Mühe gegeben hatte, es schnell unter der Bettdecke verschwinden zu lassen. Es zeigte Papa, als er etwa 30 Jahre alt gewesen war, zusammen mit seinem Vater, der kurz darauf verstorben war.

Die feuchten Spuren auf ihren Wangen waren selbst aus der Entfernung und dem schummrigen Licht zu sehen.

»Hat man dir nicht beigebracht anzuklopfen?«, herrschte sie mich prompt an und ich wusste nicht, ob sie wirklich sauer darüber war, dass ich nicht angeklopft hatte, oder weil ich sie in einem emotionalen Moment erwischt hatte.

»Entschuldigung, nein... also ja. Ich... ich wollte dir nur Bescheid sagen, dass das Abendessen fertig ist«, brachte ich schließlich doch noch einen halbwegs vernünftigen Satz hervor.

Stur überkreuzte sie die Beine und sah überall hin, nur nicht in mein Gesicht. Ich schluckte. Die Tränen glitzerten noch in ihren Augenwinkeln.

»Ich habe keinen Hunger, aber ich hätte gerne einen Tee. Fencheltee mit zwei Stück Zucker.«

»Klar.« Niedergeschlagen gab ich ihre Worte weiter.

Mir war hundsmiserabel zumute. Der Appetit war mir ebenfalls vergangen. Es hörte sich merkwürdig an, aber ich hatte sie nicht für jemanden gehalten, der sich alte Fotos ansah und dabei weinte. Oder jemand, der überhaupt dazu fähig war, irgendeine Emotion zu zeigen, die in ihren Augen als Schwäche abgestempelt wurde.

Nachdem ich notdürftig ein Stück Toast, das nach nichts schmeckte, heruntergeschlungen und ihr den Tee in einer Kanne auf den Nachttisch gestellt hatte – sie sah mich nicht eine Sekunde lang an -, verzog ich mich in meine eigenen vier Wände. Ich wünschte mir wieder ein Kind zu sein. Das Leben war einfacher zu ertragen, wenn man alles durch diese optimistischen, hoffnungsvollen Augen betrachtete. Damals war die Welt noch voller Wunder gewesen, sie war bunt und laut und fantastisch. Jetzt wurde sie mit jedem Jahr grauer, leiser und einsamer. Wäre ich noch ein Kind, könnte ich darüber hinwegsehen. Doch so konnte ich es nicht.

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