General Davis

Ich musste dringend den Restalkohol loswerden und diese verfickten Gedanken an sie! Ich ertrug das keinesfalls noch länger!

Mit hoher Geschwindigkeit joggte ich am Pier entlang. Ferner stand mir nicht der Sinn nach einer elendigen Diskussion mit Melina und die unnütze Fragerei, warum ich seit Stunden gesoffen hatte.

Wir wollten später zusammen ins Kino gehen, irgendeine Romanze mit Julia Roberts oder Sandra Bullock!? Das passte ja absolut zu mir ...

Aber was tat man(n) nicht alles für ...

Na ja, eigentlich ging ich Mel seit einiger Zeit eher stetig aus dem Weg. Das machte sie allerdings ziemlich misstrauisch und sie fing an mich deswegen auszufragen. Dieser Umstand nervte mich inzwischen mehr, als ein paar Stunden mit ihr zu verbringen und dabei lächelnd auf 'heile Welt' zu machen!

Jedoch war die Wahrheit keine Option ...

Welche Wahrheit denn auch?

Plötzlich sah ich sie ... die Augen fasziniert auf das Meer und den Horizont gerichtet. Ihre langen, blonden Haare flatterten im Wind und dieser unverkennbare Orangenduft wehte direkt zu mir herüber.

Ich kam wie angewurzelt zum Stehen und konnte auf gar keinen Fall standhaft bleiben. Ihr betörender Anblick glich einer verdammten Fata Morgana! Eine verschwommene Grenze zwischen Einbildung und Realität.

Janssen hatte mich vor nicht einmal zwei Stunden endgültig zurückgewiesen, trotzdem musste ich zu ihr! Ich wollte kaum etwas anderes, als ihre Nähe zu spüren. Dieses Gefühl brannte förmlich unter meiner Oberfläche ...

Darüber hinaus grub sich die Erinnerung an eine Berührung ihrer weichen Haut und den vollen, zarten Lippen unwiderruflich aus der Verbannung hervor ...

Von wegen, Schluss damit!

Schluss mit diesem bescheuerten Hin und Her, dem lächerlichen Hüh und Hott!

Ich muss sie letztlich nur für mich einnehmen, dann ergibt sich alles Weitere von allein! Bald ist Janssen ein kleiner, unbedeutender Teil meines Lebens gewesen und wieder verschwunden ...

Aber ab dem Moment, als ich hinter sie trat und auf das Meer hinausblickte, sah ich ein freudloses Gesicht in den Wellen, das mich qualvoll und anschuldigend anstarrte. Die Dunkelheit überkam mich, kroch bis in mein tiefstes Inneres. Ich konnte niemals zulassen, dass diese Finsternis mich erneut verschluckte ... und sie auch nicht!

Ich bekam Panik ... musste weg, auf der Stelle!

Sehnlichst wollte ich meine Deckung aufs Neue fallen lassen und war doch ein beschissener Narr in den Momenten, wo ich dachte, dass es ohne diese schützende Mauer jemals anders sein könnte ...

Dass es ehrlich sein würde!

Niemand konnte mich retten!

Falsch!

Ich war es überhaupt nicht wert, gerettet zu werden!

Kurz bevor Janssen dieses Mal aus meinem Blickwinkel verschwand, drehte ich mich um und sah bloß einen allerletzten Moment zu ihr.

Sie erweckte den Anschein ziemlich aufgebracht zu sein, denn das verriet mir die hektische Art, wie sie gerade versuchte etwas Schwarzes aus einer kleinen Tasche zu reißen ...

Warte ... Sekunde ...

Was zur Hölle ...

Meine Lieblingsjacke, die ich ihr kurzfristig geliehen hatte!?

Im nächsten Moment holte Janssen tatsächlich weit aus, um meine schöne Lederjacke in hohem Bogen ins dreckige Wasser zu schleudern!

Mir blieb die Spucke weg!

Spinnt sie denn jetzt total?

Und im nächsten Augenblick stand sie allen Ernstes mit gefalteten Händen am rauschenden Meer!?

Betet Janssen etwa dafür, dass auch ich in den Wellen verschwinde?

Ich wollte dieses unmögliche Mädchen direkt zur Rede stellen, sie lauthals anschreien ...

Aber etwas hielt mich zurück ...

Es war die Tatsache, dass sie mich wohl abgrundtief hasste. Zumindest schien irgendeine Art von Gefühl, oder Emotion bei ihr mitzuspielen, wenn wir aufeinander trafen.

Diese Gewissheit zu besitzen, war eine Genugtuung, eine Möglichkeit und vielleicht gar nicht so schlecht für meinen perfiden Plan, der allmählich von ganz allein Gestalt annahm ...