NEUNZEHN - Judy
Früher war der neunte Februar mein Lieblingstag. Unser Lieblingstag. Heute ist er ein Tag, der mir einfach nur Angst macht.
Nicht nur, weil es der erste Tag zurück in der Schule ist, nachdem ich fast eine Woche krank war wegen meines Beines. Das macht mir ehrlich gesagt überhaupt keine Sorgen. Die wenigsten haben vermutlich bemerkt, dass ich so lange nicht da war. Anders als erwartet heilten die Druckstellen schnell ab und schon nach wenigen Tagen konnte ich meine Prothese wieder vorsichtig und für eine kurze Zeit anschnallen.
Die Untersuchung war schlimm für mich. Ich schämte mich so unglaublich für mein Bein und auch wenn mir der Arzt versicherte, dass das nichts Ungewöhnliches sei, wollte ich am liebsten in Grund und Boden versinken. Mein schlechtes Gewissen gegenüber Mama, Vince, meinen Freunden, den Ärzten wuchs ins Unermessliche und als ich im Krankenhaus auf der Liege lag, bereit zur Untersuchung, wünschte ich mich einfach nur ganz, ganz weit weg.
In den Tagen darauf verhätschelte Mama mich. Ich verbrachte viel Zeit mit Jackie, musste Miles mehrere Male hoch und heilig versprechen, dass ich in Zukunft immer mit ihm oder Mama reden würde, wenn etwas schmerzt oder sich nicht so anfühlt wie es sollte und durfte mir gefühlte eintausend Entschuldigungen von Vince anhören. Obwohl ich ihm niemals beleidigt sein könnte.
Natürlich, als er mich mehr oder weniger dazu gezwungen hat, ihm mein Bein zu zeigen, dachte ich, ich müsste ihn hassen. Auch dann, als der Arzt mir gesagt hat, dass ich die Prothese für einige Tage zur Seite stellen muss, hätte ich ihn am liebsten einen Kopf kürzer gemacht. Tief in meinem Inneren wusste ich aber, dass ich ihm zu verdanken hatte, dass die Diagnose nicht schlimmer ausgefallen ist.
Heute ist also mein erster Tag zurück in der Schule. Mama bläute mir die vergangenen Tage immer wieder ein, dass ich mich nicht überanstrengen soll. Wenn ich merke, dass die Prothese wieder drückt, soll ich mich krank melden und sie holt mich ab. Ich versprach ihr mehrere Male, dass ich mich sofort melden würde, sollte das der Fall sein.
Aber heute ist auch der neunte Februar. Und du weißt, was das bedeutet.
"Happy birthday", flüstere ich leise und streiche über Colleens Gesicht. Das kalte Glas des Bilderrahmens erinnert mich wieder daran, dass sie nicht wie sonst immer neben mir liegt. Sondern von weiter oben auf mich aufpasst. Obwohl heute ein Tag der Freude sein sollte für mich, fühle ich mich trauriger als an anderen Tagen.
Heute ist der zweite Geburtstag ohne meine Zwillingsschwester und genauso wie auch letztes Jahr frage ich mich, wie ich den Tag heute überstehen soll.
"Du fehlst mir so sehr", wispere ich in dem Wissen, dass sie es vermutlich nicht hören wird. Ich presse das Bild von uns beiden in den weißen Kleidern gegen meine Brust und atme mehrere Male tief durch. Tränen bilden sich in meinen Augen und ich merke, wie der Kloß in meinem Hals immer größer und größer wird. Aber ich habe mir fest vorgenommen, heute nicht zu weinen.
An unserem letzten Geburtstag waren wir vor Aufregung um fünf Uhr morgens wach. "Endlich sechzehn", sagte Colleen damals. "Endlich legal Autofahren." Ich kicherte und wälzte mich in meinem Bett hin und her. Es war Tradition, dass unsere Familie mit zwei kleinen Muffins ins Zimmer kam, für uns sang und meine Schwester und ich uns dann die kleinen Küchlein teilten. Blaubeer-Muffin für Colleen, Schoko-Muffin für mich.
Es war ein Samstag, wir frühstückten mit unseren besten Freundinnen gönnten uns einen Shopping-Nachmittag und abends kam unsere Familie zu einem Raclette-Abend zusammen. Colleen und ich strahlten dabei um die Wette und fühlten uns für vierundzwanzig Stunden lang unsterblich.
Wenn ich heute an diesen Tag zurückdenke, fühle ich mich einerseits unglaublich glücklich, aber die Traurigkeit überschattet trotzdem alles. Ich würde alles dafür geben, einen letzten Geburtstag mit meiner Schwester feiern zu dürfen. Sie noch einmal so fröhlich zu sehen, mit ihr zu lachen, Geschenke auszupacken und Kerzen auszupusten. Noch einmal Miles und Zac bei ihrem traditionellen Sahne-Ess-Wettbewerb anzufeuern.
Atme, Judy.
Eine einzige Träne kullert über meine Wange, die ich schnell wegwische. Ein letztes Mal atme ich tief durch, bevor ich das Bild sanft zurück auf meinen Nachttisch stelle und dann kurz die eingegangenen Nachrichten auf meinem Handy überprüfe. Papa hat mir eine fünf-minütige Sprachnachricht um Punkt Mitternacht geschickt. Es ist immer noch ungewohnt, dass wir den Geburtstag nicht mehr als komplette Familie verbringen, sondern nur mit Mama. Und ohne Colleen. Ich nehme mir fest vor, mir die Nachricht später in Ruhe anzuhören und mache mich dann langsam für den Tag fertig.
Früher planten Colleen und ich unsere Outfits für unseren Geburtstag Wochen im Voraus. Manchmal kauften wir uns sogar extra ein neues Kleid, oder einen neuen Pullover. Natürlich zogen wir an dem Tag immer das Gleiche an. Wir waren unglaublich stolz darauf, dass wir uns diesen Tag teilten und jeder sollte es sehen. Heute fühle ich mich taub, als ich wahllos einen alten Pullover und eine ausgewaschene Jeans aus dem Schrank nehme und hineinschlüpfe.
An unserem sechzehnten Geburtstag drehte Colleen meine Haare zu luftigen Locken, heute binde ich sie mir zu einem lieblosen Pferdeschwanz zusammen.
Dann atme ich tief durch und betrachte mich im Spiegel. Die dunklen Augenringe treten auf meiner blassen Haut deutlich hervor. Allgemein sehe ich ziemlich fertig aus. Nicht unbedingt so, wie man es von einer Person erwarten würde, die heute Geburtstag hat. Das Strahlen und der natürliche Glow fehlen.
"Du schaffst das", sage ich mit bebender Stimme und stelle mir vor, Colleen wäre diejenige, die das gerade zu mir gesagt hat. Es fühlt sich so an, als wäre ein tonnenschweres Gewicht auf meinen Schultern. Ich balle meine Hände zu Fäusten und hebe meinen Rucksack vom Boden auf. Dann trete ich hinaus auf den Flur, der ungewohnt still ist.
Bitte nicht.
Am liebsten würde ich direkt nach draußen gehen und länger als nötig in der Kälte warten, nur um das Geburtstags-Frühstück umgehen zu können. Dunkel erinnere ich mich an letztes Jahr, als ich ebenfalls überrascht wurde und wir dann plötzlich alle in Tränen ausbrachen.
Ich schleiche mich die Treppe nach unten und wie zu erwarten höre ich Jackies Versuch zu flüstern aus der Küche. Ich setze ein gekünsteltes Lächeln auf und greife unterbewusst nach der Hand meiner Schwester. Natürlich greife ich ins Leere. Ein Schauer läuft über meinen Rücken und mein Herz sticht schmerzhaft.
"Was machen wir wenn sie singen?", würde Colleen jetzt sagen. "Du siehst mich an und ich dich, okay?" Ich würde aufgeregt nicken und die letzten Stufen der Treppe voller Vorfreude nach unten springen. Papa wäre der erste, der Happy Birthday anstimmt und Miles und Zac würden uns beim Gratulieren durch den ganzen Raum wirbeln.
Wenn der Unfall nicht passiert wäre. Wenn noch alles normal wäre.
Heute ist Mama es, die das Lied anstimmt, als ich mit einem zaghaften Schritt die Küche betrete. Sie, Miles und Jackie stehen vor dem gedeckten Frühstückstisch und singen mir ein Geburtstagsständchen. Ich schaffe es nicht, ihnen in die Augen zu blicken, sondern lasse stattdessen meinen Blick durch den Raum schweifen. Zwei Heliumballons, die zusammen die Zahl achtzehn bilden, hängen an einem der beiden Fenster. Der Tisch ist überhäuft mit Leckereien und Jackie trägt ihr Lieblingskleid.
"Alles Liebe, Schwesterherz." Miles kommt auf mich zu und nimmt mich in die Arme. Länger als nötig hält er mich. Und ich ihn. Beide denken wir wohl gerade an das Gleiche. Wie es war, als er Colleen das letzte Mal in den Armen hielt. Ihr das letzte Mal zum Geburtstag gratulierte. Tränen brennen schon wieder in meinen Augen und ich löse mich schnell von meinem Bruder, um nicht schon wieder zu weinen zu beginnen. Miles räuspert sich, wendet sich von mir ab und gibt vor, das Besteck neu anrichten zu müssen.
"Judy!" Jackie springt auf mich zu. Ich lächle traurig und nehme meine kleine Schwester in die Arme. Sie gibt mir einen feuchten Kuss auf die Wange und drückt mir dann eine Rolle Papier in die Hand. Mit ihr auf dem Arm rolle ich ihr Kunstwerk auseinander und betrachte dann das gezeichnete.
"Familie!" Jackie grinst und deutet auf die sieben Personen. Oder zumindest das, was wie ich vermute Personen sein sollen. Vier der Strichmännchen halten Hände. Vermutlich Miles mit Gemma und Vince und ich. Colleen und Papa sind nicht darauf.
Natürlich. Wie denn auch. Du kannst nicht von einem eineinhalb-jährigen Kind erwarten, dass es an tote Schwestern und separat lebende Väter denkt.
"Es ist wunderschön. Vielen Dank", flüstere ich heiser und drücke Jackie noch einmal fest an mich. Dann klettert sie von mir herunter, klatscht aufgeregt in die Hände und betrachtet den Frühstückstisch mit großen Augen.
Mama kommt mit steifen Schritten auf mich zu und breitet ihre Arme aus. Ich presse meine Zähne fest aufeinander und lasse mich von ihrem Duft einhüllen.
"Ich bin so stolz auf dich", wispert sie in mein Ohr. "So unglaublich stolz. Happy birthday." Sie streicht über meinen Rücken und drückt mir einen Kuss auf meinen Scheitel. Ich merke, wie meine Hände zu zittern beginnen und löse mich viel zu schnell von ihr. Die ganze Situation rührt mich viel zu sehr, wühlt mich auf und lässt mich meine Zwillingsschwester nur noch mehr vermissen. Colleen würde es lieben.
"Danke, das... das bedeutet mir echt viel", presse ich hervor und schenke den Dreien ein ehrliches Lächeln. Miles weicht meinem Blick aus, Mama blickt zu Boden und nur Jackie strahlt mich mit großen, aufgeregten Augen an.
Die Melancholie, die heute in der Luft hängt, kann trotz aller Anstrengung einfach nicht überspielt werden.
Zögerlich nehme ich Platz am Kopf des Tisches. Jackie schnappt kraxelt auf den Stuhl neben mir und nimmt meine Hand. Miles nimmt auf der anderen Seite Platz. Noch immer schafft er es nicht, mich anzusehen.
Mama holt etwas aus dem Kühlschrank und stellt dann einen Teller mit Muffins vor mir ab. Einen Schoko-Muffin und einen Blaubeer-Muffin. Tränen glitzern in ihren Augen, als sie mir ein Messer zum Teilen reicht.
Es wiegt schwer in meinen Händen. Normalerweise würden wir jetzt noch oben im Bett sitzen. Colleen mir eine ihrer Hälften geben, ich ihr eine von mir. Wir würden krümeln, uns über die Grimasse des anderen lustig machen und dann rätseln, was sich unsere Freundinnen für uns ausgedacht haben.
Heute schneide ich die Muffins entzwei. Reiche die Hälften nicht meiner Zwillingsschwester, sondern Jackie, Miles und Mama. Und überlege nicht, was sich Valery und Aly überlegt haben, sondern hoffe einfach nur, dass der Tag so schnell wie möglich vorbei sein wird.
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Val und Aly überraschten mich mit insgesamt achtzehn Blaubeer-Muffins. Wer die alle essen soll, ist mir ein Rätsel, trotzdem rührte mich die Geste. Von Ryan bekam ich eine Rose, Lucas stibitzte sich einen Muffin und Vince überraschte mich in der Mittagspause mit einem spontanen und eigentlich verbotenen Ausflug zu unserem Café in der Nähe des Krankenhauses.
Dean gratulierte mir nicht.
Es war verdammt anstrengend, den ganzen Tag die Maske der fröhlichen und überglücklichen Judy aufsetzen und sie nicht bröckeln zu lassen. Vince durchschaute mich beim Lunch zwar, ließ mich dann aber in Ruhe. Trotzdem bin ich mehr als k.o., als wir nach Hause kamen und die Muffins im Kühlschrank verstauten.
Zac war der Letzte, der mir heute gratulierte und schaffte es kein einziges Mal, mir in die Augen zu blicken. Ich kann es ihm nicht verdenken. Vermutlich ist der Tag für ihn heute mindestens so schlimm, wie er für mich ist.
Ich rolle mich auf die rechte Seite und lege meinen Kopf auf Vinces Brust ab. Dann schließe ich meine Augen und lasse mich von seinem Geruch einhüllen. Unsere Beine sind ineinander verschlungen. Er haucht mir einen sanften Kuss auf meinen Kopf und zieht mich dann noch enger an sich.
"Alles okay?", möchte er von mir wissen. Ich nicke nur. Es ist bereits finster im Zimmer, nur die Sterne über meinem Bett spenden etwas Licht. Mein Freund fährt mir vorsichtig über die Haare.
"Auch mit deinem Bein? Tut es weh, war es heute zu viel?"
So geht es seit Tagen. Seitdem mir Überbelastung und Überanstrengung diagnostiziert wurde, fragt er mich mindestens zweimal am Tag, ob alles okay ist. Ich weiß, dass er es überhaupt nicht böse meint, aber trotzdem fühle ich mich dadurch wieder ein kleines Stück schwächer.
"Nein", seufze ich. "Alles okay. Wirklich." Ich hebe meinen Kopf und erwische Vince dabei, wie er mich prüfend mustert. Sorge steht ihm ins Gesicht geschrieben.
"Ich möchte nur nicht, dass sich das von letzter Woche wiederholt", sagt er dann. Ich nicke und stütze mich dann auf meine Unterarme. Unsere Gesichter sind nur Zentimeter voneinander entfernt. Ich streiche ihm eine Haarsträhne aus der Stirn und beuge mich dann vor, um ihn zu küssen.
Seine Lippen sind so unglaublich warm und weich. Schmetterlinge flattern in meinem Bauch und eine seltsame Aufregung breitet sich in mir aus. Vince zieht mich näher zu sich, streicht mit seiner rechten Hand über meinen Rücken und fährt mit der Linken mit einer hauchzarten Bewegung über meinen Arm. Eine Gänsehaut breitet sich auf meiner Haut aus und ich seufze leise bei seiner Berührung.
Wir intensivieren unseren Kuss und Vince rollt uns herum, sodass ich jetzt auf dem Rücken bin und er über mir ist. Er umfasst mein Gesicht vorsichtig mit meinen Händen, während ich mich an seinem T-Shirt festkralle und ihn näher an mich ziehe.
Ein Stöhnen weicht mir über die Lippen und ich biege meinen Rücken durch, um ihm noch näher zu sein.
Mein Freund schmunzelt und löst sich dann von langsam mir. Er betrachtet mich stumm. Mein Herz trommelt wie verrückt in meinem Brustkorb, Hitze breitet sich in meinem ganzen Körper aus und alles in mir schreit nach Mehr. Vince streicht mit seinen Fingerspitzen vorsichtig über meine Wange und küsst mich dann auf der Nasenspitze.
Seine Berührungen lösen ein Kribbeln in mir aus.
"Mein Gott, Judy", flüstert er dann und beugt sich wieder zu mir. Dieses Mal ist der Kuss nicht so sanft wie vorher. Fordernder, hungriger. Und dennoch unglaublich zärtlich und liebevoll. Ich keuche leise auf, als seine Zunge den Weg in meinen Mund findet. Kralle mich an seinen Haaren fest, an seinem T-Shirt, halte mich an ihm fest. Vinces Hände wandern unterdessen an meiner Hüfte auf und ab. Streicheln mich über den Stoff meines Pyjamas, halten sich fest, machen mich wahnsinnig.
"Ist es so okay für dich?", flüstert er atemlos. Durch das gedämpfte Licht kann ich erkennen, wie seine Lippen geschwollen sind, seine Augen groß und aufgeregt. Mehr als ein Nicken bringe ich nicht zustande, bevor ich mich wieder zu ihm strecke und den Kuss wieder aufnehme.
Vorsichtig schiebe ich mit meinen Händen sein T-Shirt zur Seite. Fahre über seine heiße Haut, seinen Rücken hinauf. Vince keucht auf, stöhnt leise gegen meine Lippen und presst sich enger an mich. Ich spüre etwas hartes an meinen Oberschenkeln. Weiß ganz genau, was das bedeutet und plötzlich spüre ich, wie sich immer mehr Aufregung in das Feuerwerk meines Körpers mit dazu mischt.
Vince unterbricht unseren Kuss für einen kurzen Augenblick und zieht sich das T-Shirt über den Kopf. Er vergräbt seine Hände in meinen Haaren, während ich jeden Zentimeter seines Oberkörpers erkunde. Ich habe ihn schon oft oben ohne gesehen und trotzdem verschlägt es mir bei seinem Anblick jedes Mal die Sprache. Er hat keinen klischeehaften Six-pack, keine braungebrannte Haut und keine Muskeln, die den kompletten Oberkörper zieren. Aber man kann sehen, dass er vor dem Koma sportlich war und auch jetzt wieder mit dem Training angefangen hat.
Vinces Mund wandert weg von meinen Lippen, hin zu meinem Kiefer. Federleichter Küsse haucht er auf meinen Knochen, bevor er weiter nach unten wandert. Zu meinem Hals. Meinem Schlüsselbein. Ich suche nach seinen Händen, verschränke meine mit seinen und genieße jede seiner Berührungen.
"Vince", wimmere ich und stemme meine Beine in die Matratze. Alles in mir schreit nach mehr. Möchte ihm noch näher sein, noch mehr von ihm haben. Alles.
Seine Hände wandern unter mein Schlafanzug-Oberteil. Fahren über die Haut meines Bauches, über meine Rippen. Ich ziehe scharf Luft ein, als er vorsichtig meine Brüste umfasst und mich dann anblickt.
"Ist es okay für dich?", wispert er. Ich schaffe es nur, zu nicken. Hebe meine Arme und Vince scheint zu verstehen. Vorsichtig zieht er mir mein Oberteil über den Kopf und zum ersten Mal liege ich halb entblößt vor ihm. Mein Herz pocht wie verrückt, während Vince mich mustert.
Es ist seltsam, ihm alles von mir zu zeigen. Und trotzdem fühlt es sich nicht falsch an, sondern richtig. Er gibt mir ein Gefühl von Sicherheit, dass nichts diesen Moment zwischen uns zerstören kann. Mein gesamter Körper steht unter Spannung und ich muss mich beherrschen, nicht wie ein hungriges Tier über ihn herzufallen.
"Du bist wunderschön", haucht Vince und küsst mich wieder in der kleinen Kuhle zwischen Schlüsselbein und Hals. Mit der linken Hand umfasst er noch immer meine Brust, mit der rechten Hand stützt er sich neben meinem Kopf ab. Atemlos verfolge ich jede seiner Bewegungen. Spüre, wie er mit dem Mund immer weiter nach unten wandert, bis er schließlich sanft meine Brustwarze umspielt und küsst.
Das Gefühl ist seltsam, fremd... und unglaublich gut. Ich biege meinen Rücken durch und stöhne auf. Vince lacht leise und blickt dann hoch zu mir.
"Nicht so laut. Was soll Miles nur von uns denken?", wispert er dann. Ich kichere nervös und merke dann, wie ich rot werden.
"Der soll sich an der eigenen Nase packen", erwidere ich und schlinge meine Arme um Vince. Kurz denke ich an die vielen Nächte, in denen ich Dinge aus dem Zimmer meines Bruders gehört habe, die ich nicht hätte hören wollen. Dann küsst Vince mich wieder und wieder explodiert ein Feuerwerk an Gefühlen in mir.
Aber es ist nicht genug.
Vorsichtig hake ich meine Finge in den Bund seiner Hose ein und nestle daran herum. Vince atmet scharf ein und umfasst dann meine Handgelenke. Er unterbricht unseren Kuss, richtet sich etwas auf und mustert mich dann eindringlich.
"Bist du dir wirklich sicher?", möchte er dann mit rauer Stimme wissen. Ich nicke aufgeregt. Alles in mir drängt nach mehr. Mein wie verrückt trommelndes Herz, das Kribbeln in meinem ganzen Körper, die Hitze in meinem Gesicht... Jede einzelner Millimeter sehnt sich nach ihm, nach seiner Berührung, nach seiner Liebe.
Ich meine ein leises 'okay' zu hören, bevor sich Vince langsam aus seiner Jogginghose schält. Nur in Boxershorts bekleidet legt er sich wieder über mich und zieht die Bettdecke über uns beide. Kurz ächze ich unter seinem Gewicht, was mir einen Klaps gegen den Oberarm beschert.
Ein nervöses Kichern dringt aus meinem Mund, als mir bewusst wird, was gleich passieren wird.
"Judy... Hast du schon...?", setzt Vince an. Ich presse meine Lippen aufeinander und schüttle den Kopf. Vince nickt dann und fährt sich durch seine Haare.
"Ich möchte nichts überstürzen. Wenn du dir nicht sicher bist..."
"Bin ich", unterbreche ich ihn. Meine Stimme hat einen flehenden Tonfall angenommen. "Bitte."
Ein Lächeln zupft an Vinces Mundwinkeln. Er streicht mir wieder über die Arme und nickt dann.
"Okay", flüstert er. "Aber wir können jederzeit aufhören. Wenn du dich unwohl fühlst, oder wenn.."
"Vince", unterbreche ich ihn. "Ich will wirklich."
Atemlos blicke ich zu ihm auf. Nehme jede Stelle wahr, wo unsere Körper sich berühren. Spüre seine harte Erektion zwischen meinen Beinen und wie sich alles von mir nach ihm sehnt, sich ihm entgegenbäumt. Vince scheint keine Eile zu haben. Ganz sanft und zart fährt er mit den Fingerkuppen über meinen Bauch. Am Bund meiner Schlafshorts blickt er nochmal auf zu mir.
Meine Kehle ist trocken und alles in mir ist maximal angespannt. Ich bringe ein kurzes Nicken zustande und betrachte dann, wie seine Hand in meiner Hose verschwindet. Dann stöhne ich wieder auf.
Noch nie wurde ich so berührt. Vince ist unglaublich vorsichtig, sanft und gibt mir trotzdem alles, was ich von ihm will. Ich dränge mich ihm noch näher entgegen und seine Bewegungen werden schneller. Tiefer, fordernder.
Ich fühle mich sicher bei ihm. Geborgen. Als er einen zweiten Finger zur Hilfe nimmt, keuche ich kurz auf. Mein Rücken biegt sich wie von selbst durch. Vince lacht leise und küsst meinen Bauch. Das Ziehen in meinem Unterleib wird noch stärker und jede einzelne Berührung von meinem Freund intensiviert das unglaubliche Gefühl in mir.
So fühlt es sich also an, wirklich geliebt zu werden?
"Judy", keucht Vince und sieht mir flehend in die Augen. "Ich... würde gerne langsamer. Aber ich.. ich kann nicht mehr", meint er dann. Mein Blick wandert zu seiner Hose, die nun deutlich spannt und ich nicke aufgeregt. Er mustert mich erneut, zieht dann seine Hand aus mir und hakt seine Finger in den Bund der Shorts und meines Slips ein. Ganz vorsichtig zieht er an dem Stoff und dann liege ich plötzlich komplett nackt vor ihm.
Ich halte den Atem an, während er meinen Körper scannt. Aber ich fühle mich nicht unwohl. Es ist ein liebevoller Blick. Sanft streichelt er über meine Hüfte und schlüpft schließlich auch aus seiner Unterhose. Dann streckt er sich zu seiner Hose und holt ein knisterndes Tütchen hervor.
"Es kann sein, dass es wehtut", sagt er dann leise, während er sich das Kondom überstreift. "Wir können jederzeit aufhören. Wenn es zu sehr schmerzt, oder wenn es dir nicht gefällt, oder wenn.."
"Hör' auf zu reden", flüstere ich und lege meine Hand auf seinen Mund. Vince sieht mir in die Augen und lächelt dann leise. Dann positioniert er sich zwischen meinen Beinen. Drückt sie vorsichtig ein Stückchen weiter auseinander und dringt dann vorsichtig in mich ein.
Ich schnappe nach Luft. Zu sagen, dass es wehtut, war untertrieben. Ein wahnsinnig unangenehmer Druck breitet sich in meinem Unterleib aus und ich kralle mich am Rücken meines Freundes fest. Vince stoppt einen Augenblick und wirft mir einen prüfenden Blick zu. Ich beiße auf meine Unterlippe, atme mehrere Male tief durch und nicke dann.
Vince zieht sich wieder aus mir heraus und dringt dann gleich wieder in mich ein. Wieder dieser Druck, aber dieses Mal bin ich besser darauf vorbereitet. Ich versuche mich zu entspannen, mich seinen Bewegungen anzupassen. Vince sucht meine Hände, verschränkt sie mit meinen. Es ist still im Raum, nur unser Keuchen ist zu hören.
Wieder zieht er sich aus mir heraus und wieder dringt er gleich darauf wieder in mich ein. Ein Gefühl, das mir bis jetzt fremd war, breitet sich in mir aus und ich betrachte meinen Freund. Sein Gesicht ist angespannt, er beißt sich auf seine Unterlippe. In diesem Moment empfinde ich so viel Liebe für ihn, so viel Dankbarkeit, dass ich diesen Augenblick mit ihm erleben darf.
Vince findet meinen Blick. Seine Lippen verziehen sich zu einem Lächeln. Er streckt sich, unsere Lippen treffen aufeinander und er schenkt mir wieder einen seiner unglaublichen Küsse.
In dieser Nacht fühlte ich mich so sehr geliebt von ihm. Wir schliefen noch ein zweites Mal miteinander. Küssten uns. Berührten uns. Redeten miteinander. Liebten uns.
Die Nacht war perfekt und nichts und niemand konnte diese kleine, rosarote und wunderschöne Blase, in der wir uns befanden, zum Platzen bringen.
Dachte ich zumindest.
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