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FÜNFZEHN - Judy

"Möchtest du noch mitkommen?" Ich blicke hoch zu Vince und lächle ihn schüchtern an. Es wäre das erste Mal, dass er wieder mit zu mir kommt, seit wir uns wieder vertragen haben. Bei dem Gedanken daran, ihn endlich wieder ganz für mich allein zu haben, macht mein Herz einen aufgeregten Sprung. Vince weicht meinem Blick aus und zuckt dann nur mit den Schultern.

"Ein anderes Mal vielleicht. Ich muss noch einiges lernen", nuschelt er. Ich runzle die Stirn, erwidere aber nichts darauf, sondern krame meinen Haustürschlüssel aus dem Rucksack. Vince bleibt zwei Schritte hinter mir stehen und betrachtet mich stumm. 

Schon den ganzen Tag ist er so schweigsam. Angefangen bei der heutigen Mittagspause, bis jetzt auf dem Nachhauseweg. Wenn er etwas gesagt hat, dann waren es nur einsilbige Antworten. Ein seltsames Stechen macht sich in meinem Brustkorb breit. Ich atme tief durch und versuche die aufkeimenden Zweifel zu verdrängen. Wir haben uns erst gestern wieder vertragen, er würde mir nicht schon wieder etwas verschweigen. Oder?

"Dann bis morgen", verabschiede ich mich von ihm und drehe mich zur Haustür um, als er mich an meinem Handgelenk packt und mich daran hindert, ins warme Innere zu verschwinden. 

"Judy warte." Vince schließt zu mir auf und steht nun dicht vor mir. Er legt seine Hände um mein Gesicht und beugt sich dann zu mir. Ich schließe die Augen, als sich unsere Lippen treffen und halte mich an seinen Unterarmen fest. Vergessen ist das seltsame Gefühl von gerade eben. Ein Kuss von ihm reicht aus, um mein kleines, verliebtes Herz augenblicklich wieder zum Schmelzen zu bringen. 

"Ich hole dich morgen vor der ersten Stunde ab, ja?" Vince lächelt mich liebevoll an und streicht mir eine lose Haarsträhne hinter die Ohren. Ich nicke nur und stelle mich auf meine Zehenspitzen, um mir einen weiteren Kuss von ihm abzuholen.

Mein Freund lacht leise und zieht mich noch enger an sich. Ich atme seinen Duft ein und lege meinen Kopf gegen seine Brust. Vince hält mich fest, legt seine Arme um mich und streicht mit seiner Hand über meinen Oberarm. Selbst durch die dicke Winterjacke hindurch spüre ich die Hitze, die von ihm ausgeht und merke einmal mehr, wie mein Knie verräterisch weich wird. 

Es kommt mir noch immer alles so unglaublich unwirklich vor. 

"Bis morgen, okay?", raunt Vince dicht neben meinem Ohr. Mit einem schweren Seufzen löse ich mich von ihm und betrachte ihn traurig. Er hat seine Lippen zu einem schwachen Lächeln verzogen und senkt seinen Blick auf unsere Hände, die nach wie vor ineinander verschlungen sind.

"Ich will nicht dass du gehst", erwidere ich traurig und schiebe meine Unterlippe nach vorne. 

"Algebra braucht mich." Vince zuckt mit den Schultern, beugt sich nach vorne und drückt mir einen Kuss auf die Stirn. Ein Prickeln erfüllt meinen gesamten Körper. Wird es immer so sein, wenn er mich küsst? Kann ich mich nie an seine Berührungen gewöhnen?

Ich verdrehe die Augen und lächle ihn ein letztes Mal an, bevor ich die Stufen zur Veranda nach oben steige und die Haustür aufschließe. Ich blicke nochmal zurück über die Schulter und sehe, dass Vince noch immer in der Einfahrt steht.

"Bis morgen", rufe ich ihm zu. Vince winkt mir zu, bevor er sich dann umdreht und schließlich seinen Nachhauseweg antritt. Ich unterdrücke den Drang, zu ihm zurückzulaufen und ihn mindestens noch zehn Mal zu küssen, sondern schließe die Haustür auf. 

Das Erste was ich höre sind sanfte Klavierklänge. Ich runzle die Stirn, lasse die Tür hinter mir leise ins Schloss fallen und gehe dann auf Zehenspitzen ins Wohnzimmer, wo unser Piano seit unserem Einzug hier verstaubt. Ich luge um die Ecke und sehe Mama spielen. Sie hat ihre  Augen geschlossen und wiegt sich im Klang der Melodie. Ihre gesamte Ausstrahlung ist so unglaublich friedlich, dass ich mich gegen den Türrahmen lehne und sie weiter betrachte.

Mama hat früher immer versucht, Colleen und mir das Klavierspielen beizubringen. Früher dachte ich immer, dass das meine Bestimmung sei. Dass ich irgendwann auf die Juillard gehen und Musik studieren werde und eines Tages vielleicht bei verschiedenen Musicals mitwirken werde. Habe ich nicht Vince bei einem unserer ersten Treffen davon erzählt? Es war immer Colleens und mein Traum gewesen. Während sie später in den Bereich Filmmusik wechseln wollte, war es für mich immer schon klar, dass mein Weg wenn dann ans Theater führen würde.

Ich spüre eine seltsame Wehmut in mir aufsteigen, als ich mich an Colleen vor eben diesem Klavier immer erinnere. Sie hat es geliebt, in die Welt der Musik abzutauchen, auch wenn sie uns ab und an mit ihren stundenlangen Übungen genervt hat. Ich selbst war nicht ganz so eifrig wie sie. Vermutlich ist mein fehlender Fleiß auch der Grund, warum ich mich seit dem Unfall nicht mehr auf den kleinen Hocker setzen konnte. 

Mama sieht aus wie ein anderer Mensch, während sie spiel. Viel jünger, sorgenfreier und völlig im Moment gefangen. Fast so, als wäre sie in einer anderen Welt. 

Ich verlagere mein Gewicht, als plötzlich wieder ein stechender Schmerz durch meinen linken Oberschenkel schießt. Mein Körper zieht sich zusammen und ich schnappe laut nach Luft. Kleine schwarze Punkte tanzen vor meinen Augen und es fühlt sich so an, als würde ein Inferno durch meinen Körper schießen. Meine Finger krallen sich am Holz des Türrahmens fest, während ich vor Schmerz etwas in die Knie gehen muss.

Mama unterbricht ihr Klavierspiel im selben Moment und dreht sich verwundert zu ihr um. 

"Ich wollte nicht lauschen", presse ich hervor und versuche, möglichst unauffällig zu wirken. Bisher habe ich noch keinem von diesen Schmerzen erzählt. Außer Hayden, die es auf der Schultoilette mit eigenen Augen gesehen hat. 

"Alles okay?", möchte Mama besorgt wissen und eilt zu mir. Verschwunden ist der Friede in ihrem Gesicht, stattdessen zieren nun Sorgenfalten ihre Stirn. Das Pochen in meinem Stumpf wird langsam weniger und ich wage es, ein, zweimal ruhig ein und aus zu atmen. Dann nicke ich und deute zum Klavier.

"Das war wunderschön", lenke ich das Thema auf sie ab. Mama heftet ihren Blick auf den Boden und zuckt nur mit den Schultern.

"Ach das... ich hatte plötzlich das Verlangen, wieder zu spielen. Es ist das erste Mal, seit..." Sie verstummt plötzlich und dreht sich wieder zum Piano um. Ich weiß, was sie sagen wollte.

Es ist das erste Mal, seitdem Colleen gestorben ist.

Hektisch sortiert sie die Notenblätter und stopft sie lieblos in den Schrank neben den Klavier, wo unsere riesige Notensammlung ihren Platz hat. Colleen hätte einen Anfall bekommen. Bei ihr musste jedes Blatt sorgfältig in einer Sichthülle verstaut sein, damit auf keinen Fall ein Riss oder ein Knick entsteht. Noch eine Sache, die uns beide definitiv unterschieden hat. 

"Du könntest es auch wieder versuchen", sagt Mama leise und seufzt dann schwer. Noch immer hat sie ihr Gesicht dem Notenschrank zugewendet. Sie lässt ihren Kopf hängen und dreht sich dann zu mir um. Ich weiche ihrem Blick aus und betrachte stattdessen meine Fußspitzen.

Eine seltsame Leere macht sich in meinem Brustkorb breit. Nach dem Unfall habe ich es oft versucht. Ich habe mir Lieder rausgesucht, einfache Stücke, die ich auswendig konnte. Melodien, die nur ich konnte und nicht Colleen. Trotzdem verfiel mein Körper jedes Mal in eine Art Schockstarre, wenn ich den Hocker nur unter dem Klavier herausziehen wollte. Es ging einfach nicht. 

"Vielleicht... ein anderes Mal", flüstere ich leise und merke, wie Tränen in meine Augen treten. Mama scheint dies zu merken. Sie kommt zu mir, nimmt meine Hand und zieht mich zu unserem Sofa. Dort nimmt sie mich in ihre Arme und wiegt mich hin und her. Ich versuche mich auf meine Atmung zu konzentrieren, um nicht in den Sog der Traurigkeit nach unten gezogen zu werden.

Ich vermisse Colleen, jeden einzelnen Tag. Und es stimmt nicht, dass die Zeit alle Wunden heilt. Manche Stellen verheilen nie ganz, sondern reißen von Tag zu Tag ein kleines Stückchen mehr auf. Und so ist es auch mit meiner Zwillingsschwester. Mit jedem Tag der verstreicht und an dem ich ihr Lachen nicht höre, vermisse ich sie ein kleines Bisschen mehr. An jedem Morgen habe ich die Hoffnung, sie unten am Frühstückstisch sitzen zu sehen und mit Miles über das letzte  Croissant streiten zu hören. 

Mama streicht mir über meinen Kopf. Ich lasse mich in ihren Armen fallen und denke für einen Moment an nichts anderes als Colleen. Es gibt so viel, das ich ihr erzählen möchte. So viele Dinge, zu denen ich ihre Gedanken hören will. 

"Ich vermisse sie auch, jeden Tag", flüstert Mama und drückt mir einen Kuss auf meinen Scheitel. Ich schließe meine Augen und nicke dann. Ich möchte mir gar nicht vorstellen, wie schlimm es sein muss, sein eigenes Kind sterben zu sehen. Sein eigenes Kind begraben zu müssen und zu wissen, dass man es nicht beschützen konnte.

Mein Herzschlag beschleunigt sich. Es fühlt sich so an, als würden sämtliche Alarmglocken in meinem Körper bereit sein, zu schrillen. Ich merke, wie sich meine Muskeln verkrampfen und schäle ich aus Mamas Armen.

Du solltest es ihr sagen. Du solltest ihr sagen, dass etwas nicht stimmt, du...

"Ich gehe nach oben", nuschle ich und haste förmlich aus dem Raum. Mama ruft mir etwas hinterher, aber ich verstehe keine ihrer Worte. Blindlings taste ich mich zur Treppe. Wieder tanzen schwarze Flecken vor meinem Sichtfeld, als ich die ersten Stufen erklimme. 

Und dann kommt er wieder.

Wüsste ich es nicht besser, würde ich sagen, dass mein Bein in Flammen steht. Ich keuche auf, ziehe mich die letzten Stufen nach oben und krabble dann in mein Zimmer. Dort lasse ich mich gegen die Tür sinken, sperre ab und vergrabe mein Gesicht in meinen Händen. Jede einzelne Faser von mir sträubt sich gegen das Gefühl in meinem Stumpf. Ich klammere meine Hände um das harte Plastik unter meiner Jeans und versuche mir so zu beweisen, dass alles okay ist. Dass es nichts gibt, was weh tun kann. 

Übelkeit macht sich in meinem Magen breit und ich würge mehrere Male. Mein Körper kippt zur Seite. Mein Herz trommelt wie wild in meinem Brustkorb. Es wäre einfach, jetzt nach Mama zu rufen. Sie würde mich auf der Stelle zum Arzt bringen. Mich einmal komplett durchchecken lassen, um sicherzustellen, dass alles in Ordnung ist. 

Aber was ist, wenn eben nicht alles okay ist?

Es ist mehr als offensichtlich, dass etwas nicht stimmt. Du hattest das letzte Jahr über kein einziges Mal solche Schmerzen. 

Die erste heiße Träne rollt über meine Wange. Fühlt es sich so an, als wäre eine Welle des Schmerzes überstanden, bricht die nächste mit einer noch viel größeren Wucht über mich ein. Mein Bein zuckt unkontrolliert. Irgendwie schaffe ich es, meine Jeans zu öffnen. Sie auszuziehen und meine Prothese zu betrachten.

Es kann nicht weh tun. Es gibt keinen linken Fuß mehr. Keinen linken Unterschenkel. Es kann nicht weh tun, es kann nicht weh tun, es kann nicht weh tun. 

Mit zitternden Fingern fahre ich über mein künstliches Bein. Versuche mein Gehirn irgendwie daran zu erinnern, dass es die Stelle, die gerade so sehr schmerzt nicht mehr gibt. Schweiß rinnt über mein Gesicht, während ich immer und immer wieder über die Prothese reibe. 

Mein Schluchzen erfüllt den Raum. Ich lasse mich kraftlos gegen die Tür sinken und schließe die Augen. Mit dem Ärmel meines Pullovers wische ich mir über die Stirn. Mein Brustkorb bebt, während das Zucken in meinem Bein langsam nachlässt. 

Ich schaffe es, mich wieder auf die Prothese zu konzentrieren. Den Druckknopf zu drücken, um sie von meinem Bein zu lösen. Im selben Moment lässt auch der Schmerz nach. Er ist so schnell weg, wie er gekommen ist. 

Stattdessen blicke ich dem feuerroten Stumpf meines Beines entgegen.

_____

Die Nacht ist der blanke Horror. Ich wälze mich in meinem Bett hin und her, schaffe es kaum einzuschlafen und wenn ich doch einmal kurz davor bin, schrecke ich schweißgebadet auf. Das Bild meines Stumpfes hat sich in mein Gehirn eingebrannt und die Hoffnung, dass es heute Morgen vielleicht besser aussehen würde, wurde von Minute von Minute weniger.

Als dann endlich mein Wecker klingelte und ich mich langsam aus meinem Bett schälte, war mein Bein noch immer scharlachrot und geschwollen, beinahe noch stärker als gestern Abend. Es kostete mich einiges an Kraft und Anstrengung, meine Prothese überhaupt anschnallen zu können. Beim Frühstück mit Miles konnte ich kaum einen Bissen essen und schob es auf eine Englisch-Arbeit, die heute anstehen würde.

Jeder Schritt fühlt sich an, als würde ich über Messerspitzen laufen. Mit angehaltenem Atem steige ich aus dem Wagen von Miles und versuche möglichst unauffällig zur Schule zu laufen. Wie immer ist es noch relativ früh am Morgen, aber hier und da tummeln sich bereits einige Schüler auf dem riesigen Schulhof. 

Mein Bein protestiert gegen jegliche Art von Bewegung. Hitze schießt durch meinen ganzen Körper und ich spüre, wie ich schon jetzt durchgeschwitzt bin. Meine Hand zittert, als ich mir Tränen aus dem Augenwinkel wische. Ich spüre meinen Pulsschlag stärker als normal und sehne mich nach einem der Sofas, die im Inneren des Schulgebäudes stehen.

"Judy, hey!" Ich höre Valerys Stimme und drehe mich verwundert um. Meine beste Freundin winkt mir von weitem zu und joggt zu mir. Ihre Wangen sind gerötet und ihre roten Locken stehen in sämtliche Richtungen ab. Sie hält mir eine braune Papiertüte entgegen und lächelt mich stolz an.

"Extra frisch, ein Blaubeermuffin nur für dich." 

"Lieb von dir", bedanke ich mich und nehme die Tüte entgegen. Ich rieche den süßen Duft, aber anders als an normalen Tagen, lässt er heute nicht meinen Magen grummeln sondern verstärkt die Übelkeit nur noch mehr. Val hakt sich bei mir unter und gemeinsam steigen wir die letzten Treppenstufen nach oben und gelangen schließlich ins Innere der Schule. 

"Ich hätte heute Mittag Lust auf Asia-Nudeln", plappert meine beste Freundin und zieht mich quer durch die riesige Eingangshalle. Ich gebe mir Mühe, mit ihr mitzuhalten und versuche möglichst unauffällig mein Bein zu entlasten. Die schnellen Schritten von Valery verstärken den Druck in meinem Bein nur noch mehr und als wir uns endlich auf ein Sofa sinken lassen, hätte ich vor Erleichterung am liebsten angefangen zu weinen. Irgendwie schaffe ich es, meine Prothese so zu richten, dass der Schmerz etwas leichter wird und stelle meinen Rucksack neben mich auf den Boden.

Valery packt währenddessen ihr Schokocroissant aus und beißt gierig hinein. 

"Bist du dabei?", will sie wissen. Ich runzle die Stirn und sehe sie fragend an. 

"Die Asia-Nudeln?", hilft sie mir auf die Sprünge. Richtig. Ich nicke schnell und packe meinen Muffin ebenfalls aus. Er ist sogar noch leicht warm, was dafür spricht, dass er mehr als frisch sein muss. Die Oberfläche glänzt durch den Zuckerguss und es scheint fast so, als hätte Valery den Muffin mit den meisten Blaubeeren ausgesucht. An jedem anderen Morgen hätte ich sie vor Freude abknutschen können. 

Zaghaft nehme ich den ersten Bissen. Mein Magen rebelliert augenblicklich dagegen und ich kaue extra langsam. Eine Gänsehaut überzieht meine Haut. Keine Ahnung, wie ich das ganze Teil schaffen soll. Valery verputzt ihr Croissant in Rekordzeit und wischt sich ihre Finger an einer Serviette ab. 

"Wenn du Lust hast... oh, schau wer da kommt." Sie deutet mit dem Kopf zu den breiten Flügeltüren, wo ich gerade Vince und Easton hereinkommen sehe. Mein Freund scannt den Raum ab und lächelt mir zu, als er uns sieht. Er verabschiedet sich von seinem Kumpel und joggt dann die wenigen Schritte zu uns. Val knufft mich mit dem Ellbogen in die Seite, während mein Blick zwischen Vince und dem Muffin hin und her huscht.

"Guten Morgen die Damen", begrüßt uns Vince betont fröhlich und quetscht sich neben mich auf das Sofa. Er legt einen Arm um mich und küsst mich auf die Stirn. Valery neben uns macht Würgegeräusche und knüllt ihre Papiertüte zusammen.

"Wenn ihr das Sofa für euch allein haben wollt, gebt Bescheid", neckt sie uns dann und wirft uns einen prüfenden Blick zu. Vince grinst breit und sieht mich fragend an. Ich tue so, als würde ich mich auf den Muffin konzentrieren und versuche, die immer stärker werdende Übelkeit in mir zu ignorieren. Es kostet mich einiges an Überwindung, das kleine Stückchen nach unten zu schlucken und am liebsten hätte ich es im selben Moment wieder ausgespuckt.

"Wir halten uns zurück", versichert Vince meiner besten Freundin und bricht dann ein Stück von meinem Muffin ab. Am liebsten hätte ich ihm das ganze Teil hingehalten. Ich lasse meinen Kopf gegen seinen Arm fallen und kuschle mich etwas enger an ihn. 

"Krass, dafür hätte sie mich gekillt." Val sieht meinen Freund mit geöffnetem Mund an und deutet dann auf den Muffin. "Geht es dir nicht gut, Judy? Soll ich dir einen Arzt holen? Er hat gerade etwas von deinem Muffin gegessen. Von deinem Blaubeermuffin." 

Ich grinse gequält und zucke nur mit den Schultern. Der Druck in meinem Bein wird wieder stärker. Vince verflechtet seine Finger mit meinen und drückt meine Hand fest. Mit ihrer Aussage hat meine beste Freundin unabsichtlich genau ins Schwarze getroffen. Ich nehme einen weiteren zaghaften Bissen von dem Gebäckstück in meiner Hand und kaue lustlos auf dem weichen Teig. 

Vince und Valery unterhalten sich über den anstehenden Tag, über einen Hochsprungtest, den meine beste Freundin heute überstehen muss und über die anstehende Lacrosse-Saison. Ich versuche mich so gut es geht aus dem Gespräch auszuklinken, bekomme alles nur wie durch einen Schleier mit. Vince streicht mit dem Daumen über meinen Handrücken, futtert beinahe meinen kompletten Muffin auf und scheint es gar nicht zu merken, dass ich nicht wirklich bei der Sache bin. Val wirft mir immer wieder einen prüfenden Blick zu, doch als dann auch Lucas zu uns stößt, hat sie nur noch Augen für ihren Freund.

Mittlerweile verschwimmt die Aula vor meinen Augen. Ich kralle mich an dem Pullover von Vince fest und versuche möglichst flach zu atmen, doch auch das hilft nichts. Mein Bein pocht wie verrückt, Hitze sammelt sich in meinem Inneren und meine Fingerspitzen fühlen sich seltsam kalt an. Die wenigen Bröckchen, die ich vom Muffin vorher gegessen habe scheinen sich ihren Weg zurück ans Tageslicht suchen zu wollen und mit einem Mal wird die Luft um uns herum ganz dünn. 

"Entschuldigt mich bitte", murmle ich gerade in dem Moment, als Lucas wohl etwas Lustiges erzählt und schäle mich aus Vincents Armen. Wie greife ich nach meinem Rucksack und brauche dann weitere zwei Atemzüge, um meine Sicht wieder einigermaßen scharf zu kriegen. 

"Alles okay?", höre ich Val hinter mir sagen. Ich schaffe es irgendwie zu nicken und steuere dann die Richtung der Mädchentoiletten an. Ich meine aus dem Augenwinkel zu erkenne, wie Lucas Vince davon abhält mir zu folgen und danke ihm im Inneren dafür. 

Irgendwas stimmt nicht mit mir. Mit meinem Bein.

Und ganz egal was es ist, es macht mir eine Heidenangst. 

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