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ACHTUNDZWANZIG - Vince

Meine Hände zittern, als wir uns voneinander lösen. Ich spüre ein angenehmes Kribbeln auf meinen Lippen, genau dort, wo Judy mich berührt hat. Mein Hals ist trocken. Meine Knie sind ganz weich. Ich atme tief aus und fahre mir durch die Haare. 

Judy starrt auf den Boden und atmet langsam aus. Dann schüttelt sie den Kopf und presst ihre Augen zusammen. Stirnrunzelnd betrachte ich das Mädchen. Ihre dunklen Strähnen verdecken ihr Gesicht. Ich sehe keine Regung. Sie steht vor mir wie eine Salzstatue

Hätte ich warten sollen? Habe ich sie überrumpelt? Hat es ihr nicht gefallen?

Es fühlt sich an wie Stunden, die wir uns gegenüber stehen. Keiner sagt ein Wort. Jeder ist mit sich selbst beschäftigt. Judys Blick ist immer noch auf den Boden gerichtet, während ich nicht weiß, was ich sagen will. Denn ich will mehr. Mehr davon. Mehr von Judy.

"Das da gerade eben....das darf nicht mehr vorkommen", flüstert Judy. Sie dreht sich um, ohne mir noch einmal in die Augen zu sehen und humpelt davon. Dabei zieht sie ihr linkes Bein deutlich hinter ihrem rechten her.

Mein Brustkorb zieht sich schmerzhaft zusammen. Meine Handflächen zittern. Dort, wo ich gerade angenehme Wärme gespürt habe, breitet sich Eiseskälte aus. Ich schlucke schwer. Es fühlt sich so an, als würde sich ein Klumpen in meiner Kehle ausbreiten. Ich will sie bei mir haben. Wieder. Sie wieder neben mir spüren. Ihren Duft riechen. Ihr in die Augen blicken. 

Während ich fieberhaft überlege, was ich machen soll. In meinem Kopf tanzen die Gedanken wild umher, während sich Judy immer weiter von mir entfernt. 

Dummkopf. Das hast du gut gemacht. Wie überrumpelt man ein Mädchen am besten? Wie kann man Mädchen dazu bringen, sich am schnellsten von jemanden zu distanzieren?

"Judy!" Ich rufe ihren Namen mehr hilflos, weil ich nicht weiß, was ich machen soll. Kurz sehe ich, wie sie zusammenzuckt, dann aber weiterläuft. Ich schüttle verzweifelt den Kopf und laufe auf sie zu. Ich bin schneller als sie und das weiß sie auch. Sie bleibt stehen. Mein Herz, mein bescheuertes Herz, trommelt wild gegen meinen Brustkorb, als ich sie am Oberarm festhalte.

Judy dreht sich zu mir. In ihren Augen sehe ich Schmerz. Und Angst? Ich weiß es nicht. Der Kuss fühlte sich gut an. Ich hatte das Gefühl, sie hat ihn genossen. Warum sieht sie jetzt so verschreckt aus?

Ich schlucke schwer und neige meinen Kopf zur Seite. Judy wendet ihren Blick von mir ab und atmet tief aus. 

"Was soll das heißen?", frage ich ruhig. Meine Hand zittert, als ich sie von ihrem Oberarm nehme. Ich will sie nicht festhalten. Es ist ihre Entscheidung, ob sie mit mir reden möchte oder nicht. Ob sie dich nochmal küssen möchte. So wie du es am liebsten möchtest.

Verzweifelt starre ich sie an. Langsam hebt Judy ihren Blick. In ihren Augen schimmern Tränen. Habe ich ihr weh getan? Ich lasse sie los und schlucke schwer. Mein Herz pocht schwer gegen meinen Brustkorb. 

"Ich mag dich wirklich sehr", flüstert Judy und wendet ihren Blick ab. Sie redet so leise, als wäre es nur ein Windhauch. Der kalte Wind fährt ihr durch die Haare und weht ihr eine Strähne ins Gesicht. Ich würde sie ihr gerne hinters Ohr streichen. So wie zuvor. Ich presse meine Zähne fest aufeinander und balle meine Hand zu einer Faust. Du darfst sie nicht so sehr bedrängen, Vince.

Judy atmet heftig ein und aus und ich sehe ihren Kampf mit den Tränen. Ich möchte nicht, dass es ihr schlecht geht. Ich möchte, dass es ihr gut geht, wenn ich da bin. Hilflos sehe ich dem Mädchen mir gegenüber zu, wie sie gegen ihre Gefühle ankämpft. Meine Hände zittern. Die Wärme in mir drin, die der Kuss gerade vorher ausgelöst hat, ist nicht mehr da. Stattdessen fühle ich Kälte. Und Leere.

"Was, wenn Hayden das herausfindet?" Judy hebt ihren Blick und sieht mich verzweifelt an. Ich schlucke schwer und atme dann langsam aus. Natürlich. Hayden.  

Ich beiße meine Zähne fest aufeinander und denke an meine Ex-Freundin. Daran, dass sie früher niemals Mädchen so sehr eingeschüchtert hätte, dass diese Angst haben, mit mir zu reden. Daran, was sie zu Judy schon alles gesagt haben muss. Oder vielleicht sogar angetan hat? 

"Sie wird das nicht herausfinden", sage ich verzweifelt.

Ernsthaft? Dir ist bewusst, dass diese Sache hier schneller Wellen schlagen wird, als dir lieb ist? Der Arme Koma-Junge und das Mädchen mit dem amputierten Bein? Denk nach, Vince. Als ob das nicht bald publik wird. Und dann wird es jeder wissen. Jeder. Auch Hayden. 

Judy schüttelt langsam ihren Kopf. Die erste Träne rollt über ihre Wange. Ihre Hand zittert, als sie sie wegwischt. 

"Judy bitte", flüstere ich leise. "Es ist egal, ob Hayden das herausfindet. Zwischen Hayden und mir läuft nichts mehr. Ich will nur dich."

Eine weitere Träne kullert über Judys Wange. Langsam hebe ich meine Hand und wische sie ihr mit meinem Daumen aus dem Gesicht. Bei der Berührung zuckt Judy zusammen. Sanft streiche ich ihr über die Haut. Sie ist weich. Sanft. Perfekt. Judy sieht mir tief in die Augen und hält für einen kurzen Moment die Luft an. Mein Daumen verweilt noch immer auf ihrer Wange.

Langsam hebt Judy ihre Hand und umfasst mein Handgelenk. Zieht meine Hand weg von ihr. Ihre Finger sind eiskalt. 

"Sie will noch immer etwas von dir", sagt sie. Ihre Stimme zittert dabei. "Sie will dich zurück. Und du weißt, dass sie zu allem fähig ist."

Ich seufze und starre auf den Boden. 

"Hay ist nicht so stark wie sie immer vorgibt. Ich kenne die wirkliche Hayden, Judy. Ich kenne sie besser als die gesamte Schule und weiß, wer sie hinter ihrer Maske ist. Sie ist in Wirklichkeit viel schwächer, als du denkst."

Ich schlucke schwer und denke an den dünnen roten Strich, den East auf dem Instagram-Bild entdeckt hat. Vielleicht hat sie in letzter Zeit noch mehr von ihrer Stärke verloren. 

Judy lässt mein Handgelenk los. Sie flüstert etwas, was so leise, dass ich es nicht einmal hören kann. Einen Augenblick lang sehen wir uns an. Sehen uns in die Augen. Ich versinke in dem Braun ihrer Augen. 

Sie atmet noch ein letztes Mal aus, bevor sie sich umdreht und geht. 

___

Eine Stunde, nachdem Judy und ich uns geküsst haben, kann ich immer noch an nichts anderes denken. Ich sitze im Zimmer von East und rufe Judy an. Zum fünften Mal. Und zum fünften Mal höre ich die nervige Stimme des Anrufbeantworters. 

East trommelt währenddessen auf die Knöpfe seines Controllers. Seufzend lege ich  mein Handy zur Seite und vergrabe mein Gesicht in meinen Händen. 

"Immer noch nicht?", will mein bester Freund wissen. Ich schüttle nur den Kopf und kneife meine Augen fest zusammen. Ich habe es sowas von vermasselt mit Judy und mir. Warum sollte sie sonst auf keinen meiner Anrufe antworten? Ich schlucke schwer und blicke hinüber zu meinem besten Freund. Der ist immer noch konzentriert dabei, FiFa zu spielen. 

"Aber sie wollte es, oder? Den Kuss meine ich", will East von mir wissen. Ich denke daran zurück, als wir und geküsst haben. Wenn ich ehrlich bin, weiß ich nicht, ob es ihr gefallen hat. Ich meine, in dem Moment, als wir uns geküsst haben, hatte ich schon den Eindruck. Aber was, wenn mein Eindruck mich täuscht?

"Ich glaube schon", antworte ich deshalb und stöhne laut auf. Ich vergrabe mein Gesicht wieder in meinen Händen und atme mehrere Male ruhig aus. Ich spüre, wie die Matratze neben mir nach unten sinkt und East seine Hand auf meinen Rücken legt. Für einen Moment sitzen wir nur nebeneinander auf dem Bett, schweigen uns an. Mein Gesicht halte ich die ganze Zeit in meinen Händen versteckt. Hier ist es dunkel. Hier bin ich sicher. Hier sieht man mich nicht. 

"Vielleicht ist es aber auch gar nicht so schlecht", meint East. Ich zucke zusammen und hebe meinen Blick, um ihn stirnrunzelnd anzusehen. Mein bester Freund zuckt mit den Schultern und neigt seinen Kopf zur Seite. 

"Machst du deine Übungen regelmäßig?", will er von mir wissen. Ich verdrehe die Augen. Was zur Hölle hat das jetzt mit Judy zu tun? East seufzt und lupft eine Augenbraue. 

"Wenn ich ehrlich bin, habe ich schon seit längerem den Eindruck, dass dir alles zu viel wird, Vince. Ich hab dich schon einmal fast verloren, ich möchte das nicht nochmal mitmachen." 

East wendet sich von mir ab und starrt auf seine Hände. 

"Du kannst gut reden", presse ich hervor, "du hattest nur ein gebrochenes Bein." 

Im selben Moment möchte ich das Gesagte zurücknehmen. Es war falsch. Auch East hat seit dem Unfall sein Päckchen zu tragen. Auch wenn er keine acht Monate lang im Dornröschenschlaf lag. Ich setze an, um etwas zu sagen, doch East hebt seine Hand. Eine tiefe Furche hat sich zwischen seine beiden Augenbrauen gelegt, während er mich emotionslos ansieht. Ich beiße mir auf meine Unterlippe und warte.

East lässt sich Zeit. Er holt mehrere Male tief Luft, bevor er seinen Oberkörper leicht zu mir dreht.

"Am zweiten Tag nach dem Unfall, als ich zu dir durfte.." East stockt und presst seine Lippen zusammen. Ich sehe ihn nur an. Ich weiß, dass ich jetzt nichts sagen soll. 

"Ich war im Rollstuhl mit diesem hässlichen Gips an meinem Fuß. Ich konnte dich nicht ansehen, Vince. Ich hatte ständig diese Schuldgefühle in mir drin. Ich hätte früher bremsen müssen. Ich hätte dieses Auto früher sehen müssen. Dann wäre dir nicht sowas passiert, dann..."

"East", unterbreche ich ihn und schüttle den Kopf. "Es war nicht deine Schuld." 

Mein bester Freund hebt seinen Blick und sieht mich stumm an. Tränen glitzern in seinen Augen. 

"Du hast alles richtig gemacht", flüstere ich und presse meine Lippen aufeinander. "Es war unmöglich dem Auto auszuweichen. Der Kerl war betrunken, East. Du kannst gar nichts dafür. Wenn jemand Schuld ist, der im anderen Auto." 

Easton sieht mich traurig an und schüttelt den Kopf. So niedergeschlagen habe ich ihn schon lange nicht mehr gesehen. Er weicht meinen Blick aus. Er will nicht, dass ich seine Tränen sehe. 

"Ich hätte es sehen müssen. Ich hätte früher bremsen müssen."

East hebt seinen Blick und sieht mich verzweifelt an, während ich langsam meinen Kopf schüttle. 

"Der Unfallwagen war viel schneller", flüstere ich und sehe meinen besten Freund intensiv in die Augen. "Kein Mensch der Welt hätte es geschafft, zu bremsen. Niemand."

East schluchzt leise auf und vergäbt sein Gesicht in seinen Händen. Ich presse meine Lippen fest aufeinander, während mir selbst Tränen in die Augen steigen. Vorsichtig lege ich einen Arm um ihn und ziehe in an mich. Mein bester Freund schluchzt leise und hält sich an meinem Pullover fest. Mein Herz trommelt wild in meinem Brustkorb. Es tut mir weh zu sehen, wie schmerzhaft es für East sein muss. Mit seinen Schuldgefühlen zu leben. Die er eigentlich nicht haben sollte. 

Meine Atmung verschnellert sich. Kleine, schwarze Punkte tauchen vor meinem Blickfeld auf. Es fühlt sich so an, als würde ich wieder im Auto sitzen. Scheinwerfer blitzen auf. Bremsen quietschen. Hupen ertönen. Es scheppert laut. Bis es sich so anfühlt, als würde mein Körper durch die Luft geschleudert werden.

____
Es ist noch relativ früh am Morgen, als East und ich durch die Flure unserer Schule gehen. Noch sind kaum Schüler zu sehen, was ich ehrlich gesagt genieße. Ich mag es, wenn es am Morgen ruhig ist und die Geräuschkulisse noch nicht so laut ist.

Im Gegensatz zu meinen Gedanken. Die fahren seit mehreren Tagen Achterbahn und Karussell. Und das den ganzen Tag über. Seit dem Tag, an dem ich Judy geküsst habe. Wir uns geküsst haben. Und sich Judy nicht mehr gemeldet hat. Ich seufze leise und nehme mir fest vor, sie heute abzufangen und mit ihr zu reden. Ich muss mit ihr reden. Unbedingt. 

Ich ziehe meine Jacke enger um meinen Oberkörper, da es inzwischen immer kälter wird. Ich habe aufgegeben, Judy anzurufen, oder ihr zu schreiben. Die letzten Nächte war ich beinahe pausenlos wach und habe gegrübelt. Darüber, was ich falsch gemacht habe. Was ich hätte anders machen sollen. Die ganze Zeit hoffte ich auf eine Antwort. 

East und ich biegen um die Ecke und stoßen beinahe mit dem Coach zusammen. East murmelt eine Entschuldigung, während ich ihn verdattert ansehe. 

Du bist definitiv übernächtig, Vincent Holden. 

Der Coach verzieht sein Gesicht zu einem Lächeln, als er uns sieht. 

"Guten Morgen ihr zwei", begrüßt er uns und wendet sich dann mir zu. "Vince, ich würde heute gerne nach dem Training mit dir reden. Wäre das okay für dich?" 

"Für das Training ist es doch heute viel zu kalt!", protestiert East und zieht eine Schnute. Der Coach lupft nur eine Augenbraue.

"Ich darf doch um etwas mehr Einsatz bitten", kommentiert er die Aussage meines besten Freundes. "Also?"

Ich seufze und sehe den Coach an. Es hat sowieso keinen Zweck ihm zu widersprechen. Das ist so ein Trainerding. Sie bekommen immer Recht. Deshalb nicke ich und stelle mich auf zwei eisig kalte Stunden heute Nachmittag ein.

___

Ich habe die Jacke von East über meinen Beinen ausgebreitet und wickle meine eigene fest um meinen Oberkörper. Es ist kalt. Schweinekalt. Meine Finger sind eiskalt, während ich den Jungs unten auf dem Spielfeld beim trainieren zusehe. Bei den vielen bekannten Trainingsabläufen sticht mein Herz schmerzhaft. Obwohl ich mittlerweile schon so oft zugesehen habe. 

Die Jungs keuchen schwer, was man an den vielen Atemwölkchen sieht, die aufsteigen. Meine Knie zittern, während ich ihnen zusehe. Ich sehne mich danach, mich mit den Jungs dort unten abzuhetzen. Dann wäre mir mit Sicherheit auch warm. Wenn nicht sogar heiß.

Aber es geht nicht. Und du weißt auch, warum.

Ich seufze und rutsche in meinem Sitz etwas weiter nach unten. Meine Gedanken schweifen ab. Zu Judy. Wohin denn auch sonst. Sie war nicht da. Den ganzen Tag nicht. Weshalb ich mein Handy gerade fest umklammere. Es könnte ja sein, dass sie mir doch schreibt. Vielleicht. 

Mein Blick wandert ans andere Ende des Spielfeldes, wo die Cheerleaderinnen trainiert haben. Die Mädchen haben ein verkürztes, aber dafür hartes Training gemeistert. Allen voran Hayden, die noch immer ihre Runden um den Platz joggt. Ich weiß, dass es für sie an eine Katastrophe grenzt, wenn das Training verkürzt ist. Sie könnte ja Ausdauer verlieren. Oder ihre Beweglichkeit könnte sich einschränken. 

Ich seufze erneut, als ich ihr zusehe. Ihr Pferdeschwanz wippt auf und ab, perfekt zum Takt ihrer Schritte. Fokussiert, die Hände zu Fäusten geballt joggt sie um den Platz. In ihrem Gesicht zeichnet sich ein Ehrgeiz ab, den ich immer bewundert habe. 

Es passt einfach nicht zu meiner Hay, dass sie den anderen Mädchen so viel Angst macht. Und trotzdem habe ich es mit eigenen Augen gesehen. Und ist das nicht auch der Grund, warum Judy sich nicht mehr meldet? Weil sie Angst hat vor ihr?

Der schrille Ton der Pfeife des Coaches beendet schließlich nicht nur das Training für heute, sondern auch für einen kurzen Moment mein Gedankenkarussell. Ich erhebe mich von meinem Sitz und laufe mit steifen Knien die Treppen nach unten, bis ich schließlich das Spielfeld betrete. Ich halte die Luft an, als ich den ersten Schritt auf den Rasen setze.

Gedankenfetzen vom letzten Spiel, bevor das Schicksal seinen Lauf nahm, tauchen vor meinem inneren Auge auf. Das Flutlicht. Die jubelnde Menge. Eine strahlende Hayden. Meine Jungs um mich herum. 

East joggt auf mich zu und ich werfe ihm seine Jacke entgegen. Seine Haare sind ganz nass vor Schweif und seine Wangen tiefrot. Er lächelt mich erschöpft an und reckt beide Daumen in die Höhe. 

"In zwanzig Minuten beim Auto, ja? Ich muss nur noch duschen", ruft er mir über seine Schulter zu, als er in die Richtung der Umkleidekabinen joggt. Ich nicke nur, doch das sieht er sowieso nicht mehr, da er sich schon längst wieder von mir weggedreht hat. 

Dafür kommt der Coach auf mich zu. Ich atme tief durch und wappne mich für das Gespräch, das gleich folgen wird. Ich habe eine Vorahnung, um was es geht. Er lächelt mich an. 

"Danke fürs Warten", ruft er mir schon von weitem zu. Ich presse meine Lippen aufeinander und nicke kurz. Als hätte es eine andere Möglichkeit gegeben. Er kommt bei mir an und klopft mir auf die Schulter. 

"Du kannst dir wohl schon denken, um was es geht?", will er von mir wissen. Wieder nicke ich. Ich balle meine Hände zu Fäusten, da er nicht sehen soll, dass ich vor Aufregung zittere. Das passt nicht zu dem alten Holden, das ist nicht der Holden, den der Coach kennt. Dieser Holden zittert nicht. 

"Hör mal", beginnt er, "ich weiß, dass es schwer sein muss für dich. Aber ich wollte fragen, ob du deine Meinung schon geändert hast? Ob du langsam wieder mit dem  Training beginnen möchtest? Dein Platz im Team ist natürlich immer noch frei."

Lüge. Der Platz ist längst besetzt. Dean Gabes hat deinen Platz. Das weißt du, weil du die Mannschaftsliste mittlerweile beinahe auswendig gelernt hast. 

Ich zwinge mich zu einem schiefen Grinsen und schüttle dann langsam den Kopf. 

"Es tut mir leid, aber meine Meinung hat sich nicht geändert", antworte ich. Kurz sehe ich einen Ausdruck der Verwunderung über das Gesicht meines Coaches wandern. Dann runzelt er die Stirn. 

"Das ist schade. Sehr schade. Ich sehe großes Potential in dir, Vince."

Ich zucke mit den Schultern und starre auf den Boden. Auf den Rasen. Der Rasen, der früher alles bedeutet hat für mich. Und es irgendwie auch noch immer tut, oder? Du willst es dir bloß nicht eingestehen. 

"Ich kann doch sowieso nicht mehr für die Schule spielen. Ich mache im Sommer, wenn alles gut läuft, meinen Abschluss und bin dann weg."

Der Coach seufzt und verschränkt die Arme vor seiner breiten Brust. 

"Hast du es denn noch immer nicht verstanden?" 

Ich sehe ihn fragend an. 

"Mir ist es nicht wichtig, ob du hier noch einmal spielst. Oder anders ausgedrückt, das ist nicht das, was im Vordergrund steht." Er macht eine kurze Pause und neigt seinen Kopf zur Seite. Sein Blick ist eindringlich. 

"Ich kenne dich seit der Neunten und weiß, dass der Sport für dich das Leben war. Ich kann zwar nur einen kleinen Teil dazu beitragen, aber wenn ich dir irgendwie helfen kann, in dein altes Leben zurückzufinden, dann möchte ich das tun."

Ich presse meine Zähne fest zusammen und atme mehrere Male tief ein und aus. Ich weiß, dass er es nur gut meint. Ich weiß, dass er mich nicht verstehen kann. Ich weiß, dass er diese ganze Sache nur aus Mitleid macht. Und wenn ich eines nicht brauche, dann ist das Mitleid. 

Mein Gesicht verfinstert sich merklich, als ich langsam den Kopf schüttle. 

"Ich kann mein altes Leben nie mehr zurück haben", zische ich. Der Coach lupft bei meinem Ton eine Augenbraue. Ich weiß, dass die Schüler und vor allem seine Spieler nie in diesem Tonfall mit ihm reden. Doch das ist mir egal. 

Ich drehe mich um und stapfe mit schnellen Schritten vom Spielfeld in die Richtung des Parkplatzes, um auf East zu waren. Dabei versuche ich die Tränen, die sich in meinen Augen gesammelt haben, möglichst gut vor dem Coach zu verstecken. 

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