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Kapitel 6: Identität

Das mit der Leiche hat sich jetzt zu mindestens erledigt. Sie ist weg, weit weg. Jetzt kann ich sie im Wasser noch nicht einmal mehr erahnen. Ich hoffe nur, dass sie nicht wie ein Bumerang zu mir zurückkommt, und meine Existenz hier draußen gefährdet. Doch ich bin zuversichtlich. Das Ding wird sich mehr oder weniger im Wasser auflösen, und bis zur nächsten, größeren Stadt sind es hunderte Meilen. Jeder hätte sie überall ins Wasser werfen können, und gesehen hat mich auch niemand. Falls doch, diese Person muss ihren Spaß gehabt haben. So makaber das Ganze auch ist, urkomisch hat es bestimmt ausgesehen.

Langsam kommt Kraft in meine leblosen Muskeln zurück. Es ist kein Wunder, dass sie nicht mehr weiterkonnten, immerhin habe ich bereits den ganzen Tag schon nichts gegessen. Mit dem Essensmangel habe ich gelernt umzugehen, doch körperlich habe ich mich dabei noch nie in so einem Maße herausgefordert. Ich schaffe es, mich erst mit den Armen vom Hang abzudrücken, dann stehe ich schon fast auf den Beinen. Langsam setze ich meine Füße abwechselnd und parallel zum Hang ab, ich will es mir ersparen ein weiteres Mal zu stürzen. Unten am Ufer tauche ich meine Hände in das kalte Nass, dann forme ich meine Hände zu einer Schale, trinke und befeuchte mein Gesicht. Ruhe macht sich wieder in mir breit, dann sehe ich mich selber in der Spiegelung des Wassers. Jemand schaut mich da mit großen, grünen Augen an, doch ich bin es nicht. Ich erkenne mich kaum wieder, so verändert hat sich mein Aussehen seit dem letzten Blick in den Spiegel. Wirre, lockige Haare sind da, wo früher alles glatt war, Wunden und Narben wo früher reine Haut mein Gesicht zierte, ein Bart wächst, wo früher nur Flaum spross. Ich sehe älter aus, wie jemand der drei Jahre lang auf dem Pazifik trieb und dann mit Erschrecken feststellen muss, dass er komplett anders aussieht. Aber ich treibe nicht seit drei Jahren auf dem Pazifik. Nein, ich laufe lediglich seit zweieinhalb Monaten einfach meiner Nase hinterher, weil sich etwas ändern musste. Meinem alten Leben bin ich entflohen, weil keinerlei Freude oder sinnvolle Aufgabe mehr mein Leben bestimmte, und niemand mehr liebevoll darauf wartete, dass ich Nachhause komme (Wobei das in der Kommune auch früher selten der Fall war). Die ganzen Probleme, die in den letzten Monaten in Deutschland exponentiell zu nahmen, brachten mich schnell zu meiner eigenen Überwindungsschwelle. Deshalb war dieser Ausbruch bitter nötig. Ich lasse alles Alte zurück und widme mich mir und meinen Überzeugungen, und nicht denen, die mir in die Wiege gelegt wurden.

Lange schau ich mich in der Spiegelung an. Ich bin Siebzehn Jahre alt, habe meinen letzten Geburtstag alleine in der Natur verbracht, und bin recht groß. An den Füßen trage ich die mit Stahlkappen versehenen Wanderstiefel meines Vaters. Meine Beine wärmen eine zerrissene, tarnfarbene Militärhose, oben rum trage ich ein rotes T-Shirt und eine dicke Lederjacke, der eine Kapuze angenäht wurde. Da es selbst hier in der Sowjetunion, die ich mir immer kälter vorgestellt hatte, tagsüber um die 20°C hat, brauche ich sie kaum. Doch in der Nacht fallen die Temperaturen stark ab, da ist so ein integriertes Kopfkissen ganz nett.

Dürr bin ich geworden, und das war ich vorher schon. Ein kantiges Gesicht, aufgerissene Lippen und meine Haare sind ohne Form. Aber mir gefällt meine neue Erscheinung. So wild, naturverbunden und stark. Ich sehe mich selber mit Attributen, von welchen ich vor einem halben Jahr nur hätte träumen können. Wie oft habe ich mich gefragt, warum ich nicht einfach sein kann wie jeder andere? Sah ich doch immer meine Klassenkameraden, so selbstbewusst, extrovertiert und attraktiv, immer mit einer kecken Antwort auf den Lippen. Und ich? War ein Außenseiter durch und durch. Zurückgelassen und vergessen mit einer Rolle, die ich mir selber nicht ausgesucht hatte. Nein, ich wurde gezwungen sie anzunehmen. Und ja. Irgendwann begann ich diese Rolle zu leben, auch wenn ich mir manchmal wünschte, ich könnte mit jemanden wirklich ehrlich und offen reden. Oder auch mal rauszugehen und den Abend in Ekstase zu verbringen? Wie jeder andere eine Freundin mit nach Hause zu bringen? Aber ich habe mich an meine Rolle gewöhnt. So war ich eben der Ökokommunist, mit dem man nichts zu tun haben wollte, es sei denn, man möchte ebenfalls polizeilich observiert werden. Ich war der, der gleich mehrere Eltern hat, welche allesamt Terroristen sind und die immer und überall mit jedem in die Kiste steigen. Gut, ganz falsch waren die meisten Vorurteile nicht, sie kursierten nicht zuletzt überall wegen der großen Medienaufmerksamkeit, die auf der gesamten Kommune lag. Dabei war ich nicht schuld an der ganzen Scheiße, die die Szene angestellt hat, in der ich groß geworden bin. Ich bin auch nicht schuld daran, dass meine Mutter im Knast hockt und mein Vater mit neuer Identität in einem Zeugenschutzprogramm drinhängt. Spätestens seit dem Attentat auf Hanns Martin Schleyer, von dem ich bis zur Durchführung im Übrigen bis zur öffentlichen Bekanntmachung nichts wusste, und das ich zutiefst verurteile, ist es mir in Deutschland schlichtweg zu heiß geworden. Auf mich wurde im übertragenen Sinne geschossen, sowohl von meinen Mitbewohnern, als auch von außen. Einmal der Verräter, dann wieder der Terrorist. Und in Wirklichkeit war ich keins von beidem. Fickt euch, dachte ich mir dann die letzten Tage in meiner alten Heimat. Es gab nur noch eine Lösung: Die Flucht.

Da die Dämmerung schon weit fortgeschritten ist, breche ich auf. Ich laufe in moderatem Tempo den gleichen Weg nun schon zum dritten Mal heute. Doch trotz des schwächelnden Lichts fällt mir bei diesem Mal mehr auf. Ich entdecke interessante Insekten und Pflanzen. Unteranderem auch ein paar wilde Zwiebeln in einem torfigen Boden. Ich ziehe sie heraus, kratze und wische ein wenig die Erde ab und esse sie anschließend wie eine Karotte. Welch köstliches Mahl denke ich mir, doch es ist besser als nichts.

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