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Panik auf der Titanik

Eine Reihe von Herzen, ganze zehn, blicken mir von dem Bildschirm entgegen. Trotz der seriösen Atmosphäre des Biosaals kann ich mein Lächeln nicht unterdrücken. Es stiehlt sich auf mein Gesicht, da kann ich noch so sehr die Lippen einsaugen. Es ist dämlich, lächerlich sich wegen ein paar roten Emojis so zu freuen und doch tue ich es. Wäre ich gerade zuhause... – meine Füße würden gewiss auf und ab zappeln.

Unbewusst lecke ich mich über die Lippen, so als würde ich noch immer den längst verrauchten Chlor auf ihnen schmecken. Ich merke es erst, nachdem ich es gemacht habe. Es passiert mir in letzter Zeit immer öfter. Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass mir ein weiterer Kuss nicht gefallen würde. Meine Güte, dass waren viele würdes – was eigentlich nicht mal ein Wort ist. Würdes. Seht ihr wie er mich durchdrehen lässt? Das ist doch nicht normal. Er bringt mich selbst in meiner Muttersprache komplett durcheinander. Er lässt mich Worte erfinden und bis ins unendliche wiederholen, dass selbst meine Volksschulehrerin den Kopf schütteln würde.

Mrs. G nähert sich der ersten Reihe. Ich bemerke sie gerade noch schnell genug, um mein Handy in die Hosentasche zu stopfen. Sie wirft mir einen Blick zu, der mehr oder weniger andeutet, dass sie mich ohnehin ertappt hat. Sagen tut sie jedoch nichts. Stillschweigend schiebt sie einen umgedrehten Zettel unter meine Nase und rückt zum nächsten Schüler weiter.

Pop-Quiz. Sie steht auf die Dinger. Schwer sind sie jedoch bei weitem nicht. Nicht für jemanden wie mich. Zeitlich knapp sind sie aber sogar für mich bemessen. Man hat fünf Minuten für vier Fragen. Offene Fragen für die man meist drei bis sechs Sätze schreiben muss. Stichworte erlaubt sie nicht. Mir fallen danach immer die Hände ab. Mein Handgelenk ist bei weitem nicht strapaziergenug dafür. Mein rechtes vielleicht – dreizehnjähriges ich hatte immer einen Stressball parat – doch ich bin Linkshänder. Den Stressball habe ich allerdings nie gedrückt, mit der Handfläche habe ich ihn stattdessen über glatte Oberflächen gerollt. Besser gesagt, gepresst. Wenig Wucht war da nicht gerade dahinter. Deswegen gebe ich auch die besten Massagen, zumindest wenn ihr Mutter fragt. Sie nutzt mein Talent gerne mal aus.

Aber egal, ich schweife ab. Tatsächlich hat Mrs. G schon alle Blätter verteilt.

"Viel Glück euch allen", sagt sie noch und dann startet sie auch schon den Timer auf ihrem Handy. Mit einem Mal drehen wir alle unsere Blätter um und in derselben Sekunde realisiere ich, dass ich nichts gelernt habe. Ich habe nicht einmal im Unterricht aufgepasst. Nicht mal ansatzweise.

Unwohl kribbelt es in meinem Bauch, Panik macht sich in mir breit, doch ich schüttle sie ab. Kein Ding, eine Challange ist immer willkommen. Wie schwer kann es schon sein? Wir sprechen hier von Biologie.

Sie hat uns eine Abbildung gegeben. Ein Rad mit – Buchstaben? Was zur-? Das Blut gefriert mir förmlich in den Adern. Ich kann kein Muster erkennen. Ich! Meister des logischen Denkens und König der Rätsel. Muster erkennen war praktisch meine ganze Kindheit.

Und natürlich beziehen sich alle Fragen auf das Rad. Das Schicksal hat es auf mich abgesehen. Das ist die Strafe dafür, dass ich es gewagt habe, meine Arbeit aufzuschieben.

Ich merke gar nicht, wie mein Körper zu zittern beginnt. Wie meine Finger verkrampfen.

Mutter wird mich umbringen. Ich habe noch nie ein Minus heimgebracht. Eine Welle, ja, aber auch nur einmal. Einmal und nie wieder und das auch nur, weil ich vor dem Diktat gerade von der Krankenschwester zurückgekommen bin.

Meine Lungen schrinken in sich zusammen. Ich kriege keine Luft. Ich werde sterben. Mutter wird mich umbringen. Sie wird mir den Kopf abreißen. Ich werde meinen Schreibtisch nie wieder verlassen können, genauso wenig wie ich das Minus je wieder ausgleichen werden kann.

Es muss eine Formel geben, irgendetwas, dass mich noch retten kann. Selbst die schlechtesten Schüler kitzeln ihre Antwort im Eiltempo unter das gedruckte. Es muss etwas geben, irgendetwas, das ich übersehe. Ich kneifen meine Augen zusammen und tue mein bestes die Tränen zu ignorieren, die in ihnen brennen. An irgendetwas muss ich mich doch aus den Stunden erinnern können. An irgendeine Abbildung, an irgendeine Aufzeichenung, an irgendetwas. Doch ich habe einen kompletten Blackout, zu viel unwichtiges, zu viel Schrott, zu viel Jake kleistert meine Festplatte zu. Sein Lachen ist alles was ich höre. Eine Windbrise alles was ich fühle Chlor alles was ich rieche und Eis alles was ich schmecke.

Es ist wie ein Meer an Informationen, ein Ozean aus Eindrücken, ein Kosmos aus Gefühlen. Ein einziges Durcheinander, das ich nicht einmal annähernd weiß zu kontrollieren. Sobald ich meine etwas nützliches zu erreichen, drängt sich etwas anderes, etwas Jake, in den Vordergrund.

Letzte Minute", ringt Mrs. Gs Stimme in meinen Ohren. "Schaut, dass ihr euren Namen-" Ruckartig stehe ich auf. Ich stolpere beinahe aus meinen Stuhl. Alle Augen richten sich auf mich. Die erste Silbe meines Namens kriege ich noch mit, doch mehr auch nicht. Innerhalb eines Atemzugs reiße ich die Tür auf und stürme durch die Gänge.

"Liam?" Phoebes Stimme hallt mir hinterher. Klar. Pausenraum. Direkt gegenüber. Sie hat ne Freistunde. Lehrerausfall. Doch ich bleibe nicht stehen. Ich kann es nicht. Meine Füße treiben mich nur schneller voran. Allein der Gedanke, sie könnte mich verfolgen, lässt Säure meinen Rachen füllen.

Ich würge. Wasser und Magenflüssigkeit tropfen auf den Asphalt hinab und saugen sich in meine Schuhe, gerade als ich durch die elektrische Tür stolpere.

Ich kenne dich Antwort nicht. Ich kenne die – meine Lunge zieht sich zusammen. Fette Tränen tropfen von meinen Augen hinab. Sie brennt. Ein Huster nach dem anderen drängt sich aus meiner Kehle, doch ich kann nicht stehen bleiben. Ich kann es nicht. Durch das Glas hindurch erhasche ich die verschwommen Umrisse von Phoebe. Nun ist auch meinen Körper die Atemnot egal. Bevor sie sich der Tür auch nur nähern kann, verschwinde ich hinter die Ecken. Ich habe Stunden damit vergehen lassen, mir den perfekten Fluchtweg von hier auszumalen. Von jedem Geschäft, jeden Spielplatz, jeder Gegend in der ich mich je aufhalten könnte. Nicht einmal unsere Hürdenläufer, würden mich jetzt noch einholen können.

Wo andere Kinder ihre Kindheit auf diesen Straßen verbracht haben, habe ich ihre Verläufe studiert. Ich kenne jeden Winkel dieses Vororts ohne ihn je gesehen zu haben. Die Karten sind mir hinter die Augenlider gebrannt.

Alle Panik der Welt kann mir meine Orientierung nicht rauben. Nicht hier.

Als ich schließlich zum stehen komme, bin ich schon irgendwo im nirgendwo. (4 Kilometer und mehr oder weniger 60 Meter nördlich meiner Wohnung. Zwanzig Minuten von dem letzten Gebäude entfernt.) Mein Körper brennt und meine Atem ächzt und doch kann ich nicht stehen bleiben. Meine Füße lassen mich hin und her stolzieren, treiben mich auf und ab. Halb bemerke ich, dass ich schluchze, dass ich mir an den Haaren ziehe, dass meine Stimme immer lauter wird, eine ewigandauernde Schleife aus ‚Ich weiß es nicht. Ich weiß es nicht. Ich weiß es nicht'. Doch auch das verschwindet bald.

Mein Blick fällt auf den Baum neben mir und für einen Moment wird alles schwarz. Braun, bunt – keine Ahnung. Die Farben die man sieht, wenn man die Augen schließt. Ihr wisst schon was ich meine.

Das nächste, das ich mitkriegen ist der Schmerz an meinen Knöcheln und das Stechen unter meinen Nägeln. Ein Blick zeigt sie fest verkrallt – kein echtes- Ach scheiß drauf! Ein Blick zeigt sie verkrallt in die Baumrinde. Es ist ein unschönes Bild. Mein Blut klebt an dem Baum und meine ach so perfekten Nägel sehen aus als hätte ich sie einem bisswütigem Biber in den Mund gesteckt.

Doch das ist alles egal. Meine Miene härtet sich. Ich habe gewusst, dass es so kommen wird. Ich habe es verdammt noch einmal gewusst. Ihr seid meine Zeugen, ich habe von Anfang an gesagt, dass es so enden wird. Ich hatte recht. Ich hatte recht! Jake kostet mich meine Noten. Drei Wochen und er kostet mich schon meine Noten.

Mutter hat Unrecht behalten – sagt man das so? – und ich recht. Jake hat mich zwar nicht hintergangen (‚Noch nicht! Noch nicht!', singt es in meinem Hinterkopf.), doch er kostet mich meine Noten. Er bedroht mein Studium, meine Karriere – mein Leben!

Es ist keine Entscheidung. (Aber es schmerzt. Es schmerzt. Wir mögen ihn, wollen ihn behalten, wollen-) Nicht einmal ansatzweise.

Ich fische mein Handy aus der Hosentasche. Zum Glück bin keine Frau, es wäre sonst gewiss bei all dem Laufen rausgefallen. Mit zitternden Fingern öffne ich WhatsApp und schicke zwei Nachrichten ab.

Eine an meine Mutter. Eine Bitte nicht auf mich zu warten. (Und somit gleichzeitig eine bitte keine Fragen zu stellen.) Sie weiß, ich werde in der Früh wieder zuhause und pünktlich in der Schule sein. Es ist nicht das erste Mal das ich verschwinde. Mutter nimmt es mir nicht übel. Ein Genie braucht Platz für seinen Wahnsinn.

Jedenfalls, eine Nachricht schicke ich an meine Mutter. Die andere an Jake. Die drei Wochen sind noch nicht um, noch nicht ganz. Einen Tag hätte er noch, aber er wird sich daran halten.

Halt dich ab jetzt von mir fern.

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