Kapitel 24
Keuchend klingelte ich an unserer Haustür. Natürlich hatte ich im Eifer des Gefechts den Haustürschlüssel nicht eingepackt.
Aber niemand kam. Das konnte doch jetzt nicht wahr sein! Mama war doch eigentlich zuhause! Entkräftet ließ ich mich auf den Treppenstufen nieder. Da fiel mein Blick auf einen kleinen gelben Klebezettel, der an einem Blumenkasten klebte. Neugierig riss ich ihn ab und las: Luisa, ich musste noch in die Stadt einkaufen, ich komme in ungefähr zwei Stunden zurück. Aber du hast ja bestimmt deinen Haustürschlüssel eingepackt. Also, bis gleich, mein Schatz!
Resigniert lies ich den Zettel zu Boden segeln. Ich saß also jetzt zwei Stunden vor meiner eigenen Haustür fest. Ich lies mich seufzend auf die Treppe plumpsen und dachte nach. Vielleicht... Ja, vielleicht stand noch irgendwo ein Fenster offen! Ein Hoffnungspflänzchen keimte in mir auf und ich lief sofort los.
Nach zwei Hausumrundungen war mein Hoffnungspflänzchen schon wieder vertrocknet. Wütend über mich selbst trat ich gegen ein Steinchen, welches mit einem kleinen 'Tock' gegen unseren großen, alten Kirschbaum schlug. Ich sah hoch in die ausladende Baumkrone. Die Blätter rauschten leise im Wind. Was für ein angenehmes Geräusch! Plötzlich erinnerte ich mich an die vielen Baumhäuser, die ich in diesem Kirschbaum als Kind immer gebaut hatte. Was für einen Spaß ich hatte, wenn mein Vater unter dem Baum stand und ich mich aus meinem Baumhaus in seine starken Arme fallen lassen konnte. Mit einem Mal wurde ich von einer Traurigkeitswelle erfasst. Ich hatte früher so viele schöne Dinge mit meinen Eltern unternommen! Plötzlich hatte ich das Gefühl, ich hätte meine Eltern total vernachlässigt. Enttäuscht von mir selbst fing ich an, Stöcke und Bretter aus unserem Garten zusammenzusuchen. Dann kletterte ich auf den Baum und befestigte die zusammengesuchten Sachen in den Zweigen. Nach getaner Arbeit machte ich es mir zwischen den Ästen bequem. Meine Gedanken schweiften zu dem Ereignis mit dem geheimnisvollen Beobachter. Er war fast nur schwarz gekleidet. Immer noch hatte ich seine blitzenden Augen im Kopf. Unauffällig schaute ich mich nach allen Seiten um, um zu sehen, ob er mich wieder beobachtete. Doch ich sah niemanden. Beruhigt lehnte ich mich zurück und schloss die Augen. Gerade fiel die Sonne durch die Blätter und warf ein fantastisches Schattenspiel auf die Wiese. Ich hörte die Vögel, die wundervolle Lieder sangen und den Wind, der die vielen Zweige zum Rauschen brachte. Ich hatte das Gefühl, dass ich mich durch Justin ein bisschen von meiner Außenwelt abgekapselt hatte. Eigentlich war das schade.
Nach reichlichen Überlegungen kam ich zu dem Entschluss, dass es wohl besser wäre, Justin einfach zu vergessen. Er machte so viele Dinge, von denen ich nicht wusste, wie ich damit umgehen sollte und so oft hatte er mich einfach im Stich gelassen. Er tat mir immer wieder weh. Doch dann kamen mir auch die schönen Erlebnisse mit ihm in den Sinn. Aber war es das wert? Sollte ich mich wirklich weiter so hin und her reißen lassen? Entschlossen schüttelte ich den Kopf. Nein. Das musste jetzt endlich ein Ende haben.
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