Just one second but enough.
Oktober, 2014
Es war kalt heute. Ich schlang meinen Lieblingsschal fester um meinen Hals. Die Musik dröhnte laut in meine Ohren, während ich mit meiner Schultasche, die eine Lederumhängetasche war, nach Hause lief. Ich hatte heute eine Deutschklausur geschrieben und ich hatte ein gutes Gefühl dabei, dass sie gut ausfallen würde für mich. Julia, meine allerbeste Freundin, war dagegen nach der Arbeit in Tränen ausgebrochen, da sie meinte, dass sie alles falsch hätte, und ist deswegen früher nach Hause gegangen.
Meine schwarze Lieblingslederjacke und die Sonne wärmten mich, und ich freute mich gleich schon auf meinen Dad, der nach einer langen Geschäftsreise wieder Zuhause war. Meine Mutter wusste nicht, dass er heute schon gekommen war, während sie arbeiten war, denn mein Dad hatte für sie eine Überraschung. Nur ich wusste, dass er heute wieder nach Hause gekommen war. Mum wird wahrscheinlich in Tränen ausbrechen, wenn sie ihn endlich wieder sehen wird. Sie war ein so emotionaler Mensch. Meine Eltern waren das einzige Paar, das ich ihn ihrem Alter kannte, dass sich noch so liebte wie am Anfang. Man merkte ihnen an, dass es wirklich Liebe zwischen ihnen war und sie nicht wegen mir geheiratet hatten.
Sie sagten mir immer wieder, wenn ich schlecht gelaunt war, weil ich noch keinen Freund hatte wie die meisten meiner Freunde, dass ich noch warten sollte. Eines Tages würde ich einen Jungen sehen und denken: Der ist er und kein anderer! Und nun war ich 17 Jahre alt und hat noch bei keinem einzigen so ein Gefühl. Meine Eltern hatten mir dies erzählt, als ich dreizehn Jahre alt war und bis jetzt hatte ich noch keinen einzigen Freund. Wenn meine besten Freunde danach fragen, warum ich mich nicht aufrege, dass ich noch nie einen Freund gehabt habe, sage ich: Ich habe noch mein ganzes Leben dazu Zeit einen Freund zu finden. Warum soll ich mich so schnell entscheiden?
Ich lief die große Straße weiter entlang. Es gab viele Schaufenster und Cafés in dieser Ecke der Stadt. Die Autos rauschten laut und schnell auf der Straße entlang. Ich blieb an einem Schaufenster von einer Bücherei stehen und sah das Buch, das ich schon seit langem haben wollte. Schnell ging ich in die Bücherei und sah das Buch am Ende des Ladens. Direkt lief ich auf den Turm, der aus den Büchern erstellt wurde, zu und nahm mir eins um direkt wieder zur Kasse zu laufen.
Während ich wartete, dass die ältere Dame vor mir ihre Sachen bezahlte, sah ich ein großes Schild in einer Ecke, worauf 'Today is YOUR day!' stand und ich musste lächeln. Wer auch immer dieses Schild liest, wird seinen Tag haben. Was für ein Schwachsinn war das denn?! Dann hätten ungefähr dreihundert Menschen ihren Tag. Haha.
Schnell war das Buch bezahlt und verstaut. Ich ging weiter die Straße entlang. Ein wenig Wind kam auf und wehte meine braunen, langen Haare um meinen Kopf. Schnell strich ich sie mir aus dem Gesicht. Ich guckte in meiner Gegend umher und sah allmöglichen Menschen. Es gab kaum eine Art von Mensch, die heute nicht an diesem schönen Tag auf den Straße unterwegs war.
Durch meine Kopfhörer hörte ich plötzlich eine andere Melodie und nahm sie ab. Es klang nach einer Band, die mitten auf der Straße spielt. Ich guckte mich um und sah, dass drei Jungs zweihundert Meter vor mir spielten. Schnell stöpselte ich meine Kopfhörer aus dem Handy, packte die ganzen Kopfhörer weg und ging auf diese Band zu. Es gab einen, der auf einem Cajón saß und drauf trommelte (war wohl Ersatz für ein Schlagzeug), zwei mit einer Akustikgitarre und der eine von den beiden sang in ein Mikro, das an einen großen Lautsprecher geschlossen war. Sie sangen einen wunderschönes Lied, das ich nicht kannte, und ich wippte mit meinen Fußspitzen leicht im Takt mit. Ich holte schnell mein Portmonee aus meiner Tasche und warf zwei Euro in den Gitarrenkoffer, der vor der Band lang. Der eine zwinkerte mir zu und ich lächelte noch einmal, bevor ich weiter ging.
Doch erst ein paar Meter weiter, hörte ich meinen Handyklingelton, der eine Sprachnachricht ankündigte. Schnell lud ich die Sprachnachricht runter und fing an sie abzuhören.
„Hi Emi! Sorry, dass ich dich heute in der Schule im Stich gelassen habe, aber mir ging es wirklich nicht gut. Wollen wir vielleicht heute Abend Filme bei mir gucken? Ich habe hier Schokolade, Popcorn und Chips", hörte ich Julias Stimme und musste lächeln.
„Ist schon in Ordnung! Lulu hat mir Gesellschaft geleistet den restlichen Tag. Ich hoffe, dass es dir wieder besser geht und natürlich können wir heute Abend einen Filmabend bei dir machen. Soll ich irgendwas mitbringen?" Ich stopfte mein Handy in meine Jackentasche und versteckte meinen Kopf tiefer in meinen Schal. Ich musste nur noch eine Straßen überqueren, zehn Meter weiter rechts in eine Straße einbiegen und dann die gesamte Straße bis zum Ende laufen. Dort stand dann unser Haus mit dem kleinsten Vorgarten, den ich je gesehen habe.
Ich stand an der Ampel und die Autos rasten laut die Straße entlang. Mein Blick glitt umher und danach auf mein Handy. Julia hatte mir noch nicht geantwortet. Eigentlich antwortete sie mir recht schnell, aber heute war es wohl anders. Mein Blick glitt wieder zur Ampel auf der anderen Seite und bäääm! Plötzlich schlug mein Herz dreimal so schnell. Da stand er. Ich hatte ihn nur eine kleine Sekunde angeguckt, aber es war genug um zu wissen, dass er es war. Der Junge, bei dem ich das Gefühl hatte, sagen zu können, dass er es ist und kein anderer. Ich hatte ihn noch nie zuvor hier gesehen. Ich guckte in seine Augen, die nur fünf Meter weit weg waren, und konnte nicht weggucken. Er starrte mich an. Seine Augen wirkten von dieser Ferne aus schwarz. Ich ließ meinen Blick einmal komplett über ihn gleiten. Er hatte schwarze Haare, die vom Wind zerzaust waren, dunkle Augen und Muskeln, die nicht zu viel, aber nicht nicht zu wenig waren. Er hatte ein weißes Shirt mit einer Lederjacke drüber. Seine Beine umhüllte eine hellblaue Hose mit stylischen Löchern drin. Seine Schuhe konnte ich von der Ferne nicht erkennen, doch es sahen aus wie ein Paar Vans. Meine Augen huschten wieder zu seinen Augen und ich bemerkte, wie er mich musterte.
Die Ampel schaltete wieder auf Grün. Er lief genauso wie ich los. Ich starrte ihn weiterhin an und er mich genauso. Mein Herz sprang mir wahrscheinlich gleich aus der Brust, so schnell wie es klopfte. Ich wurde immer nervöser, desto näher wir aneinander kamen. Ich biss mir auf die Unterlippe und guckte kurz auf den Boden. Vielleicht hatte ich das gerade nur geträumt, dass dort dieser Junge gestanden hatte, doch es war nicht so. Als ich wieder hoch guckte, war er nur noch ein Meter von mir entfernt. Der dunkelhaarige lief ein Stück weiter rechts und sein Blick lag noch immer auf mir. Die Augen sahen von nahem dunkelbraun aus.
Nur noch einen halben Meter. Ich hatte Angst, dass mir irgendwas peinliches passierte in dem Moment, in welchem er genau an mir vorbei schritt. Ich guckte kurz auf seine Lippen. Sie sahen weich und schön geformt aus. Wie sie auf meine Lippen wohl passten?!
Als er genau an mir vorbeiging, wäre ich ihm fast um den Hals gesprungen, doch ich hielt mich zurück. Ein letztes Mal guckte ich in seine Augen und dann war er hinter mir. Ich ging schneller um noch vor Umschaltung der Ampel die andere Straßenseite zu erreichen und guckte auf den Boden.
Als ich sicher auf der anderen Seite ankam, guckte ich nochmal zurück. Er ging den Weg entlang, den ich keine drei Minuten zuvor selber gegangen war. Sein Rücken sah muskulös aus. Ich guckte ihm nach und dann drehte er sich nochmal um. Ich blickte schnell weg, doch ich spürte seinen Blick auf mir. Ich guckte wieder hin und sah ihn lächeln, als er sah, dass ich ihn anguckte . Und sein Lächeln! Lasst mich sterben! Es war das wunderschönste, dass ich jemals gesehen hatte. Ich lächelte zurück und drehte mich dann um.
Schnell waren die zehn Meter bis zur Abbiegung hinter mir und ich bog ab. Meinen Rücken lehnte ich gegen eine Hauswand und atmete tief durch.
WAS WAR DAS DENN BITTE GERADE GEWESEN?! Ich hatte noch nie bei jemanden so schnell Herzrasen und so schnell wurde ich eigentlich auch nie nervös. Und wie konnte ein Junge so wunderschön sein? Und wie kann man so ein wundervolles Lächeln haben?
Ich atmete nochmal tief durch und lief langsam weiter. Es waren nur noch die letzten paar Meter bis zu meinem Haus und ich war froh endlich Zuhause anzukommen.
Ich sah Mamas Auto vor unserem Haus stehen und grinste. Ich wette, dass sie gerade im Haus ist und Papas Überraschung sah. Ich wollte ihren gemeinsamen Moment nicht kaputt machen und ging auf den Kinderspielplatz, der gegenüber von unserem Haus war. Ich setzte mich auf eine Schaukel, stellte meine Tasche neben mich in den Sand und nahm mein Handy raus. Ich hatte eine neue Sprachnachricht von Julia.
„Oh mein Gott, Emilia, oh mein Gott! Weißt du was ich gerade von Jassi erfahren habe? Willst du es wissen? Okay, ich kann jetzt nicht auf deine Antwort warten. Ich muss es dir jetzt sagen, sonst platze ich. WIR KRIEGEN MORGEN EINEN NEUEN SCHÜLER! Omg! Stell dir vor, dass er richtig heiß ist und oh mein Gott das wäre so geil!" Ich lachte. Immer, wenn wir neue Schüler kriegen, rastet Jassie aus. Sie wollte unbedingt einen neuen und dazu auch heißen Schüler in der Klasse haben. Doch meistens waren es dann Streber und sie war jedes Mal, wenn es welche waren, enttäuscht.
„Das hört sich toll an. Ich hoffe für dich, dass du endlich mal Glück hast und nicht wie sonst immer Pech mit den neuen Schülern. Übrigens muss ich dir heute Abend etwas besonderes erzählen. Also um wie viel Uhr soll ich rüberkommen?" Ich steckte mein Handy in meine Ledertasche und fing an zu schaukeln. Ich liebte es schon als kleines Kind zu schaukeln. Ich hatte es mit vier gelernt und die zwei darauffolgende Jahre hatte ich mindestens jeden zweiten Tag geschaukelt.
Ich dachte an den Jungen von vorhin. Ich hatte ihn noch nie zuvor gesehen, doch trotzdem hatte ich da dieses Gefühl. Dieses Gefühl als wäre er für mich kein Fremder, sondern als würde ich ihn kennen.
Ob wir uns wieder sehen? Ich rede eigentlich oft fremde Menschen an um zum Beispiel zu fragen, wie viel Uhr wir haben oder wie ich zu einem besonderen Ort gelange, doch ich hatte mich nicht getraut ihn anzusprechen. Vielleicht würde ich ihn eines Tages wieder auf der Straße treffen. Vielleicht würde ich ihn nie wieder treffen. Vielleicht ist es unser neuer Schüler. Vielleicht ist er ein Nachbar, den ich noch nie zuvor gesehen habe. Vielleicht ist er nur eine Einbildung gewesen von mir. Vielleicht hatte er mich schonmal gesehen, aber ich ihn nicht.
Es nützte nichts sich jetzt noch weitere Gedanken darüber zu machen. Julia und ich würden heute Abend uns noch lange darüber unterhalten. Ich hörte auf zu schaukeln, nahm meine Tasche und ging nach drüben, nach Hause.
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Hallo! :)
Das war eine Kurzgeschichte. Ich hatte letztens Lust eine zu schreiben und ich habe lange darüber nachgedankt, worüber ich schreiben sollte. Und hier ist mein Ergebnis! :)
Ich hoffe, dass es euch gefallen hat. Wenn es euch gefallen hat, lasst einen Vote da. ;)
Und ihr könnt gerne kommentieren, wie ihr es fandet.
Danke fürs Lesen! ♥
Paula ♥
© paulilovesyou, 21. Oktober 2014
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