1.Kapitel
„See how far you get in just one day"
„Ich habe mich in dich verliebt."
Wahrscheinlich waren das genau die Worte, die Freundschaften für gewöhnlich auseinander brechen ließen. Entweder sofort oder zu dem Zeitpunkt, an dem beide feststellten, dass es einfach absolut nicht mehr dasselbe war wie vorher. Dass man nicht mehr so unbeschwert sein konnte, dass man sich irgendwie auseinander lebte, weil man Angst hatte, dem anderen weh zu tun oder in irgendeiner Weise zu nahe zu treten. Ich hatte mir immer vorgestellt, wie es sein würde, wenn mir so etwas passierte. In meinem Kopf war ich dann immer der Held, der es trotzdem packte, weil die Freundschaft besonders toll war, oder ganz einfach, weil er sich mal eben selbst verliebte. So wäre dann ja alles gut und alle Probleme gelöst.
Als ich mich jedoch wirklich damit konfrontiert sah, wusste ich zunächst einmal gar nicht was ich sagen sollte. In meinem Kopf schwirrte ich bloß als Superheld durch die Gegend, eckte überall an und versuchte irgendwie auf die Schnelle eine gute Lösung für das Problem zu finden. Denn genau das war es ja: ein Problem. Es war ein Problem, wenn mein bester Freund Felix mir sagte, dass er in mich verliebt war, weil ich mir das alles eben immer nur vorgestellt hatte. Es in meinem Kopf immer so billig gewirkt hatte wie in einer schlechten Fanfiktion und es deswegen einfach für mich gewesen war, eine Antwort zu finden, die mich so cool wirken ließ wie Schneemann. Doch da hatte ich viel mehr Bedenkzeit gehabt, weil ich manchmal ganze Nachmittage damit verbracht hatte diese Visionen zu spinnen.
Rewi bekam eine Liebeserklärung von einem guten Freund (oder wahlweise auch einer guten Freundin) und wurde daraufhin zu Superrewi. Natürlich auch mit dem passenden Kostüm, dazu eine Albert Einstein Frisur und Albus Dumbledores Halbmondbrille, die ihn noch schlauer wirken ließ, als er eigentlich war. In null Komma nix war die Antwort da, eine flotte, lockere Antwort auf diese Worte, die man niemals von guten Freunden hören wollte. Vor allem, wenn man so ein Beziehungslegastheniker war wie ich. Superrewi hingegen war schlagfertig, auf jede Situation vorbereitet und vor allem stellte er die Bedürfnisse anderer ohne Weiteres über seine eigenen. Das alles klang ja schon unmenschlich, wer konnte mir da schon verübeln, das ich hier überfordert war?
Jetzt stand da mein bester Freund vor mir, nervös mit den Füßen auf und ab wippend und den Blick halb ängstlich, halb hoffnungsvoll ins Nichts hinter mir gerichtet. Er sah aus wie immer und doch veränderte sich gerade alles.
Ich sah schon kommen, dass unsere Freundschaft auf der Stelle beendet sein würde, wie der oben genannte erste Fall, denn ich war ganz einfach kein Superrewi. Ich war kein Superheld, schlagfertig könnte man mich nennen, wenn die Dinge, die ich auf die Schnelle von mir gab, irgendeinen Sinn ergeben oder intelligent klingen würde. Empathie war nicht unbedingt meine Stärke, ich konnte die Bedürfnisse anderer nicht einfach so über meine eigenen stellen. So nett war ich nicht, doch vor allem war ich wohl kaum selbstlos und all das machte es mir so unendlich schwer, etwas von mir zu geben, was Felix weder verletzen, noch zu viele Hoffnungen machen würde.
Eine kleine Stimme sagte mir, ich solle die Freundschaft jetzt auf der Stelle beenden, doch etwas in mir wehrte sich dagegen. Mir lag zu viel an Felix, an unserer Freundschaft, als dass ich sie beenden könnte, nur weil sich besagte Freundschaft bei ihm in eine Richtung entwickelt hatte, die keiner von uns erwartet bzw. gewollt hatte.
Vielleicht sollte ich ihn einfach anschreien, beschimpfen, wegekeln, damit ich es hinter mich gebracht hatte und Felix mich leichter gehen lassen konnte, weil ich so ein Ekelpaket war. Vielleicht sollte ich sagen, dass ich mich auch in ihn verliebt hatte und dann trieben wir es wie in einer FF sofort auf dem Schreibtisch, vor dem wir standen. Ich hatte nicht einmal wirklich im Kopf, wie wir an diese Stelle geraten waren, in meiner letzten Erinnerung saß Felix noch auf meinem Bett und ich auf meinem Schreibtischstuhl und wir hatten uns gestritten. Naja, nicht wirklich gestritten, ein wenig gekebbelt eben, wie wir das andauernd machten und ich hätte niemals, wirklich niemals, gedacht, dass ich mich jetzt in dieser Situation befinden würde. Schon allein, weil ich mir schon so oft überlegt hatte, wie es wäre, wenn einer meiner besten Freunde mir seine Liebe gestehen würde.
Unglücklicherweise hatte ich dabei immer Dner vor Augen gehabt und das war dann so absurd und unwahrscheinlich, dass ich meistens ein wenig lachen musste. In ganz seltenen Fällen war sogar mal Paluten oder so in Frage gekommen, aber Felix? Wir wurden zwar 24/7 von Rewilz Fans zugespamt und irgendwie war Rewilz ja auch real, aber eben nur als Freundschaft. Zumindest hatte ich das bis gerade eben noch geglaubt.
Doch dann hatte es diesen Streit gegeben. Über nichts, wirklich nichts:
„Warum sollte ich denn bitte ein Problem damit haben, wenn du im Youtuberhaus einziehen würdest? Ist das gerade dein Ernst, als wenn ich damit ein Problem hätte", hatte ich ihn schon recht wütend gefragt, als er gemeint hatte, er würde den Vermieter des Hauses gar nicht erst fragen, weil er nicht wusste, ob er überhaupt willkommen war. Als wenn ich meinen besten Freund nicht mit im Haus haben wollen würde, vor allem wenn es doch auch noch mehrere Wohnungen gab, „Wenn du Petrit mitbringen würdest hätte ich da vielleicht ein Problem mit, aber doch nicht mit dir, dann würden wir uns wenigstens regelmäßig sehen. Ich verstehe gar nicht, was dein Problem ist."
„Ja genau, du verstehst mich nicht." Er hatte schon beinahe eingeschnappt gewirkt, weshalb ich davon ausgegangen war, er wäre beleidigt, weil ich Petrit nicht da haben wollte. Aber mal im Ernst, nach dem, was er in Craft Attack abgezogen hatte, durfte ich auch noch eine Zeit lang sauer auf ihn sein.
„Stehst du etwa auf Petrit? Oder warum siehst du rot, wenn ich ihn nicht im gleichen Haus haben will? Wer weiß, vielleicht baut der Spast ja einen Turm vor meine Wohnung. Und wenn du ja auf Petrit stehst, kannst du ihm ja gleich dabei helfen." Ich musste zugeben, dass das doch etwas weit hergeholt gewesen war und sich generell ziemlich nach eifersüchtiger Freundin (also eifersüchtigem Rewi) anhörte, doch das interessierte mich in dem Moment gar nicht sondern viel mehr dieses schon beinahe traurige Gesicht, das Felix da zog. Er schien mit jeder Sekunde etwas weiter in sich zusammen zu sacken, irgendwie den Mut zu verlieren, mit dem er mir gerade noch hatte entgegenstehen wollen. Langsam begann er rückwärts zu gehen, wieder aufs Bett zu, von dem er in Rage aufgestanden war und im nächsten Moment war ich ihm gefolgt, hatte meine Hand nach ihm ausgestreckt und auf seine Schulter gelegt. Kaum merklich zuckte er zusammen, drehte den Kopf über die andere Schulter zur Seite weg, um mich nicht anzuschauen, irgendwie doch noch den Abstand zwischen uns zu bekommen.
Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Es stand fest, dass ich irgendwie zu weit gegangen war, doch das zuzugeben, war für mich keine Möglichkeit gewesen. So etwas tat ein Rewi nicht, ein Superrewi vielleicht, aber ich nicht. „Was ist denn los?", hatte ich ihn also einfach nur gefragt, die Hand auf seiner Schulter verweilen lassend. Eine unangenehme Stille hatte sich im Raum ausgebreitet, fuhr kalt durch meine Glieder und ließ mich wünschen, dass dieser Moment so schnell wie möglich vorbei war. Ich hatte mich so schrecklich unwohl gefühlt, so als hätte ich bereits gespürt, dass etwas kommen würde, was ich nicht wollte, was mir so gar nicht in den Kram passte.
„Ich stehe nicht auf Petrit", brachte Felix schließlich nach mehreren Minuten Schweigen hervor, „Ich habe mich in dich verliebt." Sein Blick hatte sich bewegt, war kurz prüfend über mein Gesicht geglitten und hatte sich dann auf einen undefinierbaren Punkt hinter mir fixiert.
Jetzt waren wir wieder am Anfang, bei ratlosem Rewi, der von Superrewi verlassen worden war und sich den Kopf darüber zermaterte, was er jetzt am besten tat, während vermutlich Felix' Hoffnung mit jeder Sekunde, die verstrich, sank und langsam aber sicher im Boden unter unseren Füßen zu versinken drohte. Jeder Tropfen Hoffnung, der auf den Boden traf würde ihn weicher machen, unsicher. Vor meinem inneren Auge bildete sich Felix, wie er in diesem aufgeweichten Loch versank, ohne Hoffnung und noch niedergeschlagener, als er sowieso schon aussah, und automatisch kam in mir das Bedürfnis hoch, ihn aufzufangen. Meine Arme fest um ihn zu schlingen, um ihn davon abzuhalten zu versinken, ihn wieder aus diesem Loch heraus zu ziehen, damit er hier blieb und mir nicht verloren ging.
Und genau das drohte mir gerade, oder? Felix zu verlieren, wenn auch nicht in einem Loch aus verlorener Hoffnung sondern weil wir in diese schreckliche Lage geraten waren, aus der nicht viele gut wieder raus kamen. Zumindest hatte ich noch nie von jemandem gehört, der so etwas... überstanden hatte.
Ganz ehrlich: Ich hatte keine Ahnung, was ich tun sollte und noch weniger wusste ich, was mich geritten hatte, diese Idee überhaupt weiter zu spinnen. Eigentlich war so etwas nicht gerade meine Art, wirklich so gar nicht, doch ich stand irgendwie unter Druck, wollte Felix nicht weiter warten lassen und im ersten Moment erschien mir diese Idee eigentlich gar nicht mal so schlecht. Es war kein Standard und ich konnte mir sicher sein, dass Felix damit nicht gerechnet hatte. Ich wusste nicht, was dabei rumkommen würde, ob es so etwas wie das Todesurteil für unsere Freundschaft war, doch gerade fühlte ich mich wie Superrewi und dieses Gefühl beflügelte mich irgendwie.
„Ich liebe dich nicht." Man konnte sehen, wie Felix zusammen zuckte unter den Worten, die letzten Reste seiner Hoffnung im Boden zu versickern schienen, da fuhr ich fort, „Aber ich gebe dir einen Tag um mich davon zu überzeugen, dass es zwischen uns auch anders laufen kann als bisher."
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro