Family issues
Nach dem Gespräch mit Celine ging es mir besser. Obwohl ich super glücklich mit Lionel war, war diese Geschichte mit Lina etwas gewesen, dass mich doch ziemlich belastet hatte.
Ich sollte einfach nicht auf sie hören. Am Ende klopfte Celine mir auf die Schulter und meinte seufzend: „Ach Louise, wir sind wahre Freunde." In dem Moment war ich unheimlich froh sie zu haben.
So war Maddie einfach. Sie mussten manchmal zickig sein, lästern, oder ihre kleinen Aussetzer haben.
Die nächste Woche allerdings sagte sie nichts blödes mehr und es schien als sei alles in Ordnung. Am Montag machte sie Witze darüber, dass ich und Lionel so viel rumgemacht und nicht mit ihr geredet hatten, worüber dann sogar ich lachen konnte. „Man Maddie das stimmt nicht. Wir haben mit dir geredet. Lionel hat dir sogar angeboten mit Melvin das Auto von Silvester guy zu zerkratzen." Marla und Luna lachten.
Sollte ich ihr sagen, dass er Melvin geschrieben hatte er solle sich an sie ranmachen? Hmmm eher nicht. Als ich Maddie nach ihm fragte erwiderte sie allerdings lediglich, dass er nur aus Mitleid mit ihr gesprochen hatte.
Die Woche verlief relativ unspektakulär, bis darauf, dass Celine sich mit ihrem besten Freund Daniel getroffen hatte und es na ja... in einer Katastrophe geendet hatte. Mittwoch abends war ich gerade dabei mich mit etwas zum Essen auf mein Zimmer zu verziehen, da hatte sie mich komplett verheult angerufen. "Celine! Was ist passiert?", fragte ich, während ich umständlich das Teller mit dem Brötchen in der einen und das Handy in der anderen Hand in mein Zimmer bugsierte.
"Alles...alles ist völlig schief gelaufen.", schluchzte Celine und ich stellte den Teller ab um ihr besser zuhören zu können. "Hat er irgendwas fieses gesagt oder? Warte hast du ihm etwa gesagt, dass du ihn magst?!", fragte ich überrascht, da sie das eigentlich vorgehabt hatte. Daniel war ein schräger Vogel. Eine Zeit lang war ich in der zehnten Klasse auch mit ihm befreundet gewesen, doch wir hatten den Kontakt verloren. Er stammte aus einem zerrütteten Elternhaus und baute oft Mist. Ich bezeichnete ihn als einen netten Idioten und Klassenclown, der es immer schaffte sich in Schwierigkeiten zu bringen, aber auch charmant sein konnte.
Soweit ich weiß hatten sich die beiden an der alten Turnhalle verabredet und wollten dann irgendwie Döner essen gehen oder so.
"Er.. er ist viel zu spät gekommen, am Anfang dachte ich schon, dass er mich versetzt. Aber dann hat sich herausgestellt, dass er früher da war als ich und dachte ich hab's vergessen. Daraufhin ist dieser Spast zu meinem Haus gegangen, hat dort geklingelt und meine Schwester gefragt wo ich bin, da wir verabredet wären."
Meine Augen weiteten sich. "Oh nein." Ich möchte daran, dass Celines Eltern türkisch und daher sehr streng waren, was Treffen oder generell Kontakt mit Jungs betraf. "Was ist dann passiert?"
"Na alles ist aufgeflogen.", rief sie verzweifelt, "Das ist passiert! Wie kann er so dumm sein und einfach bei meinen Eltern klingeln obwohl er genau weiß wie die drauf sind. Tausendmal hab ich ihm gesagt, dass meine Familie das nicht wissen darf!"
"Hast du Ärger gekriegt?", fragte ich und ich hörte sie schnauben. "Und wie. Ich saß da bei der Bank vor der Turnhalle und auf einmal hat meine Schwester angerufen und gefragt wo ich bin. Ich hab geantwortet, dass ich bei dir bin aber auf einmal hat sie gefragt 'bist du sicher?'und da wusste ich dass es aus war."
"Oh nein.", seufzte ich, "dieser Spast! Wie kann man so dumm sein?" Früher in der zehnten hatten Celine und ich öfters etwas mit Daniel zu dritt unternommen und eigentlich müsste er wissen, dass Celine sich nur heimlich mit ihm treffen konnte. "Denken deine Eltern jetzt schlecht von mir?", frage ich, da ich wie immer ihr Alibi gewesen war.
"Nein, ich hab gesagt, dass du nichts davon wusstest, aber ich hab ganz schön Anschiss gekriegt. Die denken jetzt er wär mein Freund!", rief sie und man hörte ihr an, dass sie die Situation nicht mehr zu retten wusste. "Hast du schon versucht mit ihnen zu reden und einfach zu sagen, dass er nur ein Freund ist?", schlug ich vor.
"Ja, aber sie glauben mir nicht. Ich hab alles versucht, aber die sind total sauer. Ich hab Angst." Ich seufzte und versuchte sie irgendwie zu beruhigen. "Was denkst du werden sie jetzt tun?"
"Keine Ahnung, wahrscheinlich darf ich die nächsten Wochen nicht raus oder so. Es enttäuscht mich nur so, dass nicht mal meine eigene Schwester mir glaub." Sie schniefte. Ich wusste, dass Celine ein sehr enges Verhältnis zu ihrer älteren Schwester hatte. Einmal, da waren wir in einem Café, hatte sie mir erzählt wie ihre Schwester schon immer alles getan hatte damit es ihr gut ging und dabei sogar zu weinen angefangen. Das war unheimlich süß gewesen.
"Ich kann mir das nicht vorstellen. Vielleicht ist sie jetzt sauer, weil du sie angelogen hat, aber das renkt sich bestimmt wieder ein."
"Mhm", machte Celine, "Ich muss jetzt gehen, sie haben nach mir gerufen."
***
Die darauf folgenden Tage hatten sich die Wogen schon wieder etwas geglättet. Celine war zwar immer noch im Streit mit ihrer Familie, aber es schien besser zu werden. Ich musste ja sagen, dass das wirklich typisch Daniel war. Der Typ war so verpeilt, dass er es echt immer schaffte irgendwie Mist zu bauen.
Lionel hatte mich gefragt ob wir uns am Samstag treffen wollten und am Freitag war die Stufenparty der Zwölften, welche in einem Club stattfand. Luna, Maddie und ich wollten gemeinsam hingehen und auch eine Bekannte aus meiner alten Klasse namens Antonia wollte mit.
Allerdings hatten wir wie immer das alte Problem, dass wir dafür alle eine Aufsicht bräuchten und niemanden fanden. Es musste jemand sein der achtzehn war und da fielen uns nicht sonderlich viele Leute ein. Ich könnte Rich fragen, hatte aber nicht das Gefühl, dass dies eine sonderlich gute Idee war und Lina, sowie ihr Freund Jan waren beide auf einer Party und gingen daher nicht hin.
Gegen Ende hin wurde die Zeit knapp und wir hatten immer noch niemanden, als Maddie uns auf einmal schrieb, dass sie jetzt doch zwei Leute aufgetrieben hatte, aber schon Antonia gefragt hatte ob sie mitdurfte. Und sie jetzt mit ihr hinging.
Zuerst war ich ziemlich fassungslos. Erstens hatten Luna. Maddie und ich schon die ganze Woche darüber und zweitens kannte sie uns auch viel besser. Antonia war zwar korrekt, aber sie hatte es später gesagt. Und außerdem... fand ich es irgendwie kacke, dass Maddie uns einfach so abservierte.
Nachdem ich ihr geschrieben hatte, dass wir es doch schon abgesprochen hatten bekam ich nur ein "Alter Louise tut mir wirklich leid, aber ich kann Antonia doch nicht einfach so abweisen. Sie hat mir halt geschrieben, ob ich wen gefunden hätte."
Ja klar.. aber mit mir kann man so umgehen. Da ist es dann auf einmal gar nicht mehr so schlimm. Ich antwortete nur noch, "Geh mit ihr.", bevor ich gar nichts mehr schrieb.
Sie konnte mich mal. Antonia kann sie nicht so einfach abweisen aber mich? Ihre beste Freundin. Ist schon klar. Entnervt wollte ich eigentlich schon duschen gehen, doch dann schrieb mir auf einmal Luna.
Luna: Findest du es auch kacke, dass Maddie jetzt einfach ohne uns geht?
Ich antwortete ihr und wir schrieben eine Weile beziehungsweise regten uns auf, bevor Luna vorschlug stattdessen einfach shoppen zu gehen. Da ich keine Lust hatte jetzt nur im Bett zu liegen und nichts mehr zu tun sagte ich zu.
Eigentlich waren Maddie und ich ein Team gewesen, was feiern anging und sie nahm mich auch immer mit. Ein Teil von mir hatte Angst, dass sie mich jetzt durch Antonia ersetzte oder mit ihr mehr Spaß hatte.
Generell war Maddie so komisch, seitdem ich mit Lionel zusammen war. Die ganze Zeit erzählte sie diese dumme Geschichte von ihrer Schwester Lina rum und sagte mir auch nicht wer der Silvester Typ war, obwohl sie mir früher immer alles erzählt hatte. Und jetzt das.
Das ganze belastete mich etwas, doch Lunas freakige, verrückte Art lenkte mich glücklicherweise ab, als wir mit dem Zug in die Stadt fuhren. Da Luna viele Leute in unserer Schule kannte, war man bei ihr genau richtig wenn es um Gossip ging und noch dazu war sie mit ihrem guten Stil die perfekte Shoppingbegleitung. Ich erfuhr den neuesten Klatsch von ihr, wer jetzt mit wem zusammen war und wer schon wieder Schluss gemacht hatte.
„Hast du eigentlich ein Bild von deinem Freund?", fragte sie mich grinsend und ich musste leider den Kopf schütteln.
„Nein. Immer noch nicht, ich würd dir auch voll gern zeigen wie er aussieht.", meinte ich bedauernd, „aber eigentlich hast du ihn ja schon gesehen, bei Jennas Party, weißt du noch? Der große, der gesagt hat er ist nur wegen der Shisha da?" Ich musste grinsen bei der Erinnerung.
Luna hatte bis jetzt noch keinen Freund, aber auch noch nie sonderlich viel Interesse an jemand bestimmtem gehabt. Sie ließ die Dinge mehr auf sich zukommen, was eine ganz coole Einstellung war.
„Ja, ja. Musst mal ein Bild mit ihm machen.", schlug sie vor und ich nickte. Das wäre echt schön. Lionels Mutter hatte heute Geburtstag und deshalb waren sie was essen gegangen. Er hatte mir schon geschrieben, wie nervig er seine Familie fand. Ich zitiere: „Ich bin froh wenn ich heute keinen von denen mehr sehen muss."
„Letztens war ich mit meiner Freundin auf dem Geburtstag von ihrem Freund und da war so ein Typ. Der war voll cute.", erzählte sie.
„Uhhh.", machte ich grinsend, aber sie winkte ab: „Ne, mit dem hatte ich leider keinen Kontakt. War nur voll cringe als Anna und ihr Freund rumgemacht und ich da mit diesem Typen so auf der Bank saß."
Ich lachte: „Oh ne." Das konnte ich mir gut vorstellen. Unser Zug kam daraufhin an und wir liefen vom Hauptbahnhof in die gut besuchten Einkaufspassagen. Es war schon dunkel, da wir noch spätabends so spontan beschlossen hatten shoppen zu gehen.
Luna hatte ihre Mutter noch im Zug gefragt ob sie mit mir in die Stadt durfte und wir hatten so einen Lachanfall gekriegt als ihre Mum gefragt hatte wann und Luna „Ähm... jetzt?" geantwortet hatte.
Aber ihr Dad hatte davor ja gesagt also ging alles klar.
In der Stadt war alles noch wunderschön mit goldenen Lichterketten geschminkt und wir machten Bilder und witzige Videos um sie Caitlin zu schminken. Diese war jetzt übrigens wirklich mit dem Jungen, der ihr erster Kuss gewesen war zusammengekommen. Luna und ich wussten beide nicht so wirklich war wir von ihm halten sollten, worüber wir uns auch berieten während wir durch die Läden schlenderten und hier und da ein hübsches Teil einkauften.
Zwischendurch gingen wir zum Media Markt und sahen uns die neuesten IPhones, VR Brillen und so an, bevor uns noch ein Stück Pizza kauften.
Es war ein sorgenloser Abend, an dem wir einfach gedankenlos herumalberten und die Zeit ein bisschen vergaßen, sodass ich am Ende fast gar nicht mehr traurig wegen Maddie war.
***
Am nächsten Morgen war ich zwar immer noch ein bisschen angepisst, doch die neuen Klamotten die ich mit Luna gekauft hatte minderten das schlechte Gefühl etwas.
Ich zog die Augenbrauen zusammen, als ich allerdings sah dass ich drei Anrufe von Maddie hatte. Alle von letzter Nacht. Da musste doch irgendetwas falsch sein.
Ich beschloss sie zurück zu rufen um in Erfahrung zu kriegen was passiert war. „Louise?"
„Hey, warum hast du angerufen?", fragte ich und setzte mich auf meinen Sessel. Ich hatte bereits meine schwarze Skinny Jeans und einen grauen etwas kürzeren Pulli angezogen, da Lionel um drei zu mir kommen würde. „Oh Gott Louise. Der Abend gestern.."
„Was ist passiert?", fragte ich betont desinteressiert obwohl ich ein kleines Stechen im Magen hatte. Dann war es ohne mich wohl auch cool gewesen, wenn sogar nicht noch besser.
„Alles. Alles ist passiert.", antworte sie kryptisch und ich meinte nur „Mhm." Ich war nicht so scharf darauf zu hören wie sehr der Abend eskaliert war. Antonia war ne Nette, aber ich hatte sie nie so als die Person eingeschätzt mit der man gut feiern gehen konnte.
„Jetzt Louise tut mir ja leid, wenn ich dich beleidigt habe, aber du bist gerade echt die einzige Person die mir helfen kann.", rief sie und ihr verzweifelter Unterton weckte mein Interesse doch ein wenig mehr.
„Hä ich mach doch gar nichts. Was meinst du mit „Alles ist passiert"?", fragte ich jetzt und Maddie seufzte: „Also wirklich alles. Mir geht's noch gut, aber Antonia hat sich mega weg gerichtet. Sobald wir draußen waren hat sie angefangen sowohl auf die Schuhe des Türsteher als auch auf meine Hand zu kotzen. Ich hab daraufhin auch voll den Brechreiz bekommen und bin wieder reingerannt um mein Hand zu waschen, als ich wieder rauskam hat der Türsteher Antonias Aufsicht total zusammengeschissen."
„Oha.", rief ich aus, „Woah, so hätte ich sie gar nicht eingeschätzt."
„Wir hatten dasselbe getrunken, anscheinend verträgt sie nicht viel. Und mal ehrlich bei seinem ersten Mal so richtig trinken, reihert eh fast jeder." Sie schmunzelte und ich wusste, dass wir beide an meinen sechzehnten Geburtstag dachten.
„Und sonst noch?", halte ich nach, da ich vermutete, dass das nicht die ganze Geschichte war.
„Jay hat mir geschrieben. Als wir draußen vorm Club standen und auf den Einlass gewartet haben. Das war auch da wo ich dich angerufen hab."
„Hab schon geschlafen. Ich dachte du hast ihn blockiert? Was hat er geschrieben? Und was hast du geantwortet?" Ich überschlug mich fast mit den Fragen, denn das hätte ich echt nicht mehr erwartet.
„Hab ihn wieder entblockiert, als ich dachte dass er mir eh nicht mehr schreibt. Er hat nur so belangloses Zeug gefragt wie es mir geht und so."
„Oh und was hast du geantwortet?", fragte ich interessiert. „Nur knappe Sätze und hab ihn nach dem Gespräch wieder blockiert. Keinen Bock mehr auf den Stress. Das ist für mich abgeschlossen. Aber jetzt ein anderes Thema... da war so ein Typ."
Ich bekam ein Vorahnung und grinste. „Ein Typ also.", wiederholte ich ihre Worte.
„Louise.", meinte Maddie und machte eine kurze Pause bevor sie raushaute, „ich hatte meinen ersten Kuss mit einem Club Typen."
Oh mein Gott. Nicht wahr. „Was?"
„Irgendwie skurril, ich weiß. Ich hab dich angerufen, weil ich das von den anderen nur dir erzählen kann. Weil du's nicht verurteilen würdest, weißt du?"
„Mhm. Wie ist das jetzt zustande gekommen? Wie war's? Und wer ist der Kerl?" Ich hatte so viele Fragen und zwang sie mir die ganze Geschichte von Anfang an zu erzählen.
„Also, Antonia und ich haben uns bei dem Tanzkreis von so ein paar Jungs angeschlossen. Und auf einmal hat einer von denen Antonia so von hinten umarmt und als ich das nächste mal hingesehen hab haben sie auf einmal rumgemacht."
Wow, als Antonia ließ es ziemlich krachen, das hätte ich von ihr nicht erwartet.
„Und als ich mich dann allein gefühlt hab, hab ich mich umgesehen und bemerkt wie auf einmal ein anderer Typ auf mich zugekommen ist. Wir haben uns nur einmal angesehen und dann hat er seine Arme um mich gelegt und mit mir getanzt. Und irgendwann hat er sich dann runtergebeugt und mich geküsst."
„Oh. Mein. Gott.", kreischte ich. Das konnte ich gerade nicht fassen. „Wie war's?"
„Scheiße.", stieß Maddie auf einmal aus. „Echt jetzt? War's so schlimm?"
„Ja. Es war einfach nur feucht und... bah. Der Typ konnte null küssen. Und wenn sogar ich, obwohl ich gar kein Vergleichsmaterial hab, merke dass das so nicht sein sollte, dann ist da schon ordentlich was schief gegangen. Echt jetzt es war so eklig. Der von Antonia war wenigstens noch süß."
„Oh Gott.", rief ich leicht lachend, „du tust mir so leid. War er wirklich so widerlich? Sah er dafür denn wenigstens gut aus?"
Maddie klagte: „Hm naja, er sah älter als ich aus, viele Tattoos an den Armen und dunkle Haare. Warte ich hab deinen Instagram Namen."
Sie gab ihn mir und ich meinten: „Schauen wir uns den Typen doch mal an."
Als ich den Account sah weiteten sich meine Augen überrascht. „Ach du scheiße, der Typ ist zweiundzwanzig. Also hätte der gewusst, dass du sechzehn bist, wär der schneller über alle Berge gewesen, als du piep sagen könntest."
Ich sah ihn mir an und musste feststellen, dass er wie ein Typ aussah der eklig küsste. Ich weißt nicht wie, aber irgendwie sah er so aus.
„Also... um ehrlich ist er nicht gerade mein Typ.", sagte ich vorsichtig, aber ehrlich.
„Betrunken hab ich wohl echt niedrige Standards. So ein ekelhafter Säufer. Ich hab seine Nummer heute morgen geblockt, als ich gesehen hab, dass er mir vier Uhr morgen nochmal geschrieben hat und fünf mal wissen wollte wo ich bin."
„Ist wahrscheinlich besser so.", stimmte ich ihr zu. Wir redeten eine Weile und Maddie fragte ob es okay war wenn wir Marla zu dem Anruf hinzufügten da sie ihr die Geschichte auch erzählen wollte. Wie erwartet nahm auch sie das ganze cool auf. Marla führte selbst ein ziemlich ruhiges Leben und hielt sich aus Stress raus, was aber nicht bedeutete, dass sie prüde war.
Wir telefonierten ein wenig und lachten viel dabei. „War sonst irgendwas los?", fragte ich, „irgendjemand da den wir kennen?"
„Wir haben uns kurz mit Rich und seinen Freunden unterhalten.", meinte Maddie und ich setzte mich auf. „Hat er nach mir gefragt?"
„Ne, aber als wir gekommen sind hat er sich.. sagen wir mal hoffnungsvoll ungesehen. Ich hab schon überlegt ob ich fies sein und sowas sagen soll wie, dass du eigentlich mitgekommen wärst, aber dir jetzt doch einen schönen Abend mit deinem Freund machst."
Ich musste lachen. „Das wär gemein. Außerdem stimmt das nicht mal."
Nachdem wir noch eine Weile geredet hatten, verabschiedete ich mich: „Mädels ich muss jetzt auflegen, Lionel kommt gleich bei mir vorbei." Die anderen sagten noch tschüss zu mir, bevor ich auflegte und ins Bad ging um nochmal ein wenig Parfum aufzutragen.
***
Das was mir Maddie gerade erzählt hatte ließ mich nicht so schnell los. Das war eine Verzweiflungstat gewesen.
Je mehr ich darüber nachdachte, desto sicherer war ich. Ich wusste nicht was sie dazu bewogen hatte. Einsamkeit, Sehnsucht nach wem auch immer sie mochte oder einfach nur Neugierde.
Darüber dachte ich nach als ich auf meinem Bett lag und meiner Lieblingsbeschäftigung nachging. Mich von durchkuscheln zu lassen.
Ich lag mit dem Kopf auf seiner Brust und musste jedes Mal lächeln, wenn er mir zwischendurch leichte Küsse auf die Stirn gab.
Während mir ganz langsam die Augen zufielen dachte ich immer noch darüber nach, wie Maddie mich einfach abserviert hat.
„Sag bitte, wenn dir langweilig ist, ich bin grad voll am Einschlafen.", meinte ich und Lionel murmelte nur: „Alles gut.", während er mir die Haare aus dem Gesicht strich und mit der Hand ganz sanft meine Wange streichelte. Ich lächelte leicht und legte meine Hand vorsichtig in die Nähe seiner anderen Hand, damit er sie vielleicht nahm, was er auch tat. Lionel verkreuzte unsere Finger miteinander und strich mit seinem Daumen über meine Haut.
„Weißt du was mich irgendwie aufregt?", seufzte ich und hob den Kopf um ihn anzusehen. „Mir kommt es irgendwie so vor, als sei Maddeline in letzter Zeit viel distanzierter zu mir als sonst. Früher hat sie mir alles erzählt und heute will sie mir ganz oft Dinge nicht sagen."
„Das ist ja blöd.", meinte er und fuhr mit sanften rhythmischen Bewegungen durch meine Haare. „Jaaa, zum Beispiel das mit dem Typen. Ich wüsst so gern wer er ist."
„Vielleicht ja Jay.", riet Lionel mit einem Grinsen und ich schüttelte lachend den Kopf: „Der ist es sicher nicht. Das is vorbei."
„Sicher? Vielleicht kann sie es einfach nur sehr gut verheimlichen. ", fragte er scherzend und wir wussten beide dass es nicht so war. So wie Maddie am Weihnachtsmarkt über ihn geredet hatte.
„Hmmm wer könnte es sonst sein.", überlegte ich und ehe ich mich versah hatten Lionel und ich die verrücktesten Theorien aufgestellt. „Wie wär's mit Warren.", schlug er vor und zog die Augenbrauen hoch.
„Ja genau.", kicherte ich.
„Solche Dreiecksbeziehungen sind genau sein Ding.", scherzte er ich musste noch mehr lachen, da Warren der letzte war, den ich mir in einer Dreiecksbeziehung vorstellen. Auch noch mit Jenna und Maddie.
Ich scherzte: „Oder du.", doch Lionel seufzte als Antwort nur „Nein." Ich schmiegte mich enger an ihn.
Gut so, du gehst nämlich in keine Dreiecksbeziehung, dachte ich schmunzelnd. Ich war nicht bereit zu teilen.
Unsere verrückteste Theorie war Warrens älterer Bruder und ehe ich mich versah, hatte Lionel es tatsächlich geschafft mich aufzuheitern.
Ja, ich glaube er war mein Lieblingsort.
Wer hätte gedacht, dass ich mich bei einem Jungen mal so wohl fühlte? Früher hatte ich schon Crushes, aber die wurden nie erwidert. Meistens waren es Typen außer Reichweite in deren Nähe mein Herz ganz schnell schlug und ich kein einziges Wort mehr rausbrachte.
Mit Lionel war es anders. Klar war ich am Anfang super nervös gewesen, aber andererseits war da auch dieses... gute Gefühl. Dass wir nie nach Gesprächsthemen suchen mussten und uns einfach verstanden.
Lionel hatte eine ruhige angenehme Art, aber strahlte gleichzeitig dieses Selbstbewusstsein aus und war sehr liebevoll zu mir.
„Wer von deinen Freunden denkst du würde zu Maddie passend?", fragte ich grinsend, „wir sollten versuchen sie zu verkuppeln. Wer ist überhaupt noch Single?"
„Hmm.", überlegte Lionel, „also Melvin geht ja nicht wegen dem Alter und Lennart hat soweit ich weiß schon eine im Auge." Er schien weiter zu überlegen, da setzte ich vorsichtig an und fragte: „Und was ist mit Johnny?"
„Johnny. Also der ist jedenfalls noch Single."
Ich stubste ihn leicht in die Seite und meinte: „Du darfst es niemandem sagen aber Maddie hat mir auf der letzten Party gesagt, dass sie ihn heiß findet."
Lionel sah mich überrascht an: „Echt? Maddie steht also auf den Redhead."
Ich schmunzelte: „Zumindest findet sie ihn äußerlich nicht gerade abstoßend." In Gedanken machte ich mir eine Notiz Maddie in der Schule davon zu berichten.
„Ich weiß nicht was ich später machen soll.", überlegte ich laut und dachte darüber nach das ich eigentlich noch Hausaufgaben hatte. Davor hatte ich Lionel schon von meiner Biologie Kurzarbeit in der kommenden Woche vorgejammert.
„Ich weiß was du jetzt machen könntest.", meinte er mit einem grinsen und sah mich auf einmal so vielsagend an, während wir uns näher kamen.
Er lächelte mich schelmisch an und ich spürte wie Lionel fast bei mir war und mein Bauch schon kribbelte. „Lernen.", hauchte er auf einmal grinsend und sah mir in die Augen mit diesem neckischen Gesichtsausdruck den er immer hatte, wenn er mich ärgerte.
Manchmal konnte er so ein Depp sein. Da hatte ich mich schon auf etwas... anderes eingestellt. „Willst du mich loswerden oder so?", fragte ich grinsend und bekam ein unschuldiges „Nein." zurück. Jaja. Ich lachte nur und checkte kurz mein Handy.
Lionel schien dabei über etwas nachzudenken und stöhnte dann genervt: „Oh man heut hat meine Schwester schon wieder genervt. Das Mädchen hat Stimmungsschwankungen das ist nicht mehr normal." Ich setzte mich auf und fuhr mir kurz durch die Haare.
Immer wenn Lionel bei mir war, waren meine Haare danach total zerzaust da er so gern mit seinen Fingern da durch strich. Allerdings machte es mir nichts aus, da ich es liebte wenn er das tat.
„Stress mit dem Freund?", fragte ich und grinsend. „Ne... meine Schwester hat gar keinen Freund, da gab's nur mal jemanden..aber das war schon ne harte Sache.", meinte er und legte seinen Arm um meine Schulter.
Wie so oft verkreuzte ich meine Finger mit seinen und lehnte mich an ihn. „Na ja ich kann's dir ja erzählen. Also der Typ hat in der Firma wie sie gearbeitet und sie haben sich halt mehrmals getroffen. Am Anfang war alles gut aber das ganze war halt kompliziert dadurch, dass er schon ein Kind hatte. Also Vater ist er mit sechzehn geworden, aber er war mir dem Mädchen nicht zusammen."
Ich nickte und hörte weiterhin zu. Es schmeichelte mir, dass er mir etwas privateres aus seiner Familie erzählte.
„Es wurde ziemlich kompliziert, obwohl er ihr immer gesagt hat, dass mit ihr viel glücklicher ist, als mit der anderen Frau. Am Ende aber wollte meine Schwester eben dass er sich zwischen ihr und der anderen entscheidet und er hat sich für das Kind entschieden."
„Oh. Das klingt ziemlich blöd.", seufzte ich. „Ich glaub das war so die schlimmste Zeit für meine Schwester. Und letztens waren wir mit der Familie beim Weihnachtsmarkt und da hat sie ihn halt wieder gesehen, mit dem Kind und der anderen und ich bemerkte dass sie Tränen in den Auen hatte und schon fast geweint hat."
"Oh man, das klingt... schwer.", gab ich zu und schwiegen einen Moment. Das nächste was ich sagte hatte ich außer ihm noch keinem erzählt.
Nicht mal mein allerengster Kreis wusste es. Aber irgendwie war ich mir sicher dass ich es ihm anvertrauen konnte.
„Meine Familie hat einen riesen Erbstreit wegen der Wohnung meiner Großmutter." Es handelte sich um meine mütterliche Seite und die Dinge waren schon dramatisch geworden, bevor überhaupt irgendjemand tot war. „Meine Oma ist dement und meine geldgierige Tante versucht mit allen Mitteln sie zu manipulieren, damit sie sich das Erbe unter den Nagel reißen kann."
Es war auch noch meine Patentante. Sie war bei meiner Firmung dabei gewesen und meiner Kommunion. Doch jetzt war der Gedanke, dass ich zu ihr käme würde meinen Eltern etwas passieren einfach gruselig.
„Das ist echt mies.", meinte Lionel und ich nickte. Es belastete vor allem meine Mutter ziemlich. Und mitanzusehen wie meine Großmutter immer weniger der Mensch war den ich einst kannte, war auch nicht gerade schön.
Doch ich war froh mit Lionel darüber geredet zu haben. Er konnte mich aufheitern und außerdem hatte ich das Gefühl als wären wir uns jetzt.. näher als zuvor.
Später ging ich runter und holte Kürbislasagne vom Mittagessen, die wir auf meinem Zimmer aßen. Sie war vegetarisch allerdings schien Lionel dies gar nicht zu merken, sondern meinte dass sie gut schmeckte.
Nachdem wir gegessen hatten, lagen wir noch ein bisschen rum und hatte meinen Kopf auf seiner Schulter ausgeruht, während Lionels Hand auf meinem Oberschenkel lag.
Wir sprachen über alte Zeiten und er erzählte mir dass er mal ein Klassentreffen mit seiner Grundschulklasse hatte. „Echt jetzt? Wir hatten das nie.", reagierte ich verwundert.
„Sei froh, die wollten Wahrheit oder Pflicht spielen und ich bin dann mit meinem Kumpel einfach gegangen, weil ich darauf keinen Bock hatte." Ich musste lachen. Irgendwie kommt ich mir sowas bei ihm total gut vorstellen.
„Weißt du worüber ich letztens nachgedacht hab? Wir waren doch auf derselben Grundschule?" Lionel nickte und sah mich erwartungsvoll an. Damals war er noch eine Stufe über mir gewesen, bevor er die achte wiederholt hatte.
„Wir sind uns halt bestimmt mal irgendwann über den Weg gelaufen.", überlegte ich und musste grinsen. Die Vorstellung, dass Lionel und ich uns mit sieben Jahren oder so schon mal gesehen hatten war merkwürdig. „Das ist voll der coole Gedanke."
Lionel lächelte mich an und meinte: „Stimmt."
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