Bittersweet
Am Morgen hatte ich ein flaues Gefühl, als ich aufstand. So als wäre etwas passiert, das nicht so hätte laufen sollen. Noch dazu war sieben Uhr morgens einfach zu früh, vor allem wenn man die Nacht zuvor gefeiert hatte. Mein einziger Trost war, dass ich danach zu Lionel konnte und dieser Gedanke stellte auch den einzigen Grund dar weshalb ich es überhaupt aus dem Bett schaffte.
Wenn ich mir die gestrige Nacht wieder in Erinnerung rief, tat mir der Bauch weh. Mein Gefühl sagte mir, dass Lionel sich nicht gut verhalten hatte. Nein, er hatte mich mehr oder weniger links liegen lassen und mich nicht einmal verabschiedet. Aber andererseits wollte ich mir das nicht eingestehen. Er war doch immer so ein Gentleman und so verliebt in mich. Vielleicht dachte ich auch einfach nur zu viel nach und es war gar nicht so wild. Das Schlimme war nur... mein Herz war verletzlich und konnte nur allzu leicht einen Kratzer abbekommen. Ich sehnte mich sehr nach Liebe- seiner Liebe- und wenn ich die nicht bekam fühlte es sich wie ein Schlag in die Magengrube an.
Der Erste- Hilfe- Kurs war schrecklich langweilig. Meine Mutter war mitgekommen, da sie ihr Wissen nochmal auffrischen wollte und auch Lisa aus meiner Schule war da, doch die anderen Leute nervten mich total. Es wurden viel zu viele unnötige Fragen gestellt und der Dozent erzählte uns zwischendurch seine ganze Lebensgeschichte, wodurch sich der Unterricht ewig lang zog.
Mittags ging ich mit meiner Mutter und Lisa was Essen, was gar nicht so komisch wurde, wie ich anfangs dachte, da sich die beiden total locker unterhielten. Danach ging es allerdings weiter mit dem sterbenslangweiligen Programm und die letzte halbe Stunde war ich so aggressiv, dass ich jeden hätte schlagen können, der noch eine Frage stellte. Die schienen alle auch noch ernsthaft Spaß daran zu haben. Nur Lisa und meine Mutter gingen genauso unter wie ich.
Zu Tode gelangweilt saß ich da und war unauffällig mit dem Handy auf Instagram, genau wie Lisa neben mir. Gedankenverloren ging ich auf Lionels Profil. Bis auf Bilder von seinem Moped postete er nicht viel, da er es nicht so gern mochte Fotos von sich selbst zu machen. Ich musste zweimal hinsehen, als ich seine Bio sah und mein Herz zog sich schmerzhaft zusammen. Das Gefühl war, als hätte es einen Tritt abbekommen. Normalerweise hatte Lionel wegen mir in seiner Bio immer ein Herz, eine Rose und den Buchstaben L stehen, doch das war jetzt weg.
Oh mein Gott... ruhig bleiben Louise. Bloß nichts falsch interpretieren. Lionel war jemand der seine Bio und generell sein Profil sehr oft änderte. Vielleicht hatte das ja absolut nichts zu bedeuten und ich machte mir unnötige Gedanken. Ja genau, so war es bestimmt.
Ich saß den Rest des Kurses auf glühenden Kohlen und hätte laut jubeln können, als wir endlich gehen konnte. Mama und Lisa sahen genauso erleichtert aus. Endlich Freiheit. Zuhause zog ich mich rasch um, schminkte und parfümierte mich, da ich so schnell wie möglich zu Lionel wollte. Hoffentlich würde er wieder ganz normal sein. es wäre so schön, würde mir dieses Treffen all die schlechten Gefühle und Gedanken nehmen. Ich hatte den Entschluss gefasst ihn auf sein Verhalten anzusprechen, vielleicht kam ja auch etwas komplett banales raus und ich musste mir gar keine Sorgen machen und könnte danach einfach mein perfektes und wunderbares Leben weiterleben.
Es konnte doch unmöglich sein, dass das Schicksal mich und Lionel zusammen geführt hatte, nur um uns kurz darauf wieder zu entreißen.
Nein, er passte viel zu gut zu mir und in mein Leben. Das konnte einfach nicht sein. So viel Schmerz würde ich niemals aushalten. Würde ich ihn verlieren...ich konnte diesen Gedanken nicht einmal zuende denken.
Und so kam es, dass ich doch ziemlich nervös war, als ich vor Lionels Haustür stand und klingelte. Ich hatte keine Ahnung, wie er sich mir gegenüber heute verhalten würde. So oft war ich jetzt schon hier gewesen und jedes Mal mit einem guten Gefühl gegangen, ob das diesmal auch so sein würde? Ich wünschte es mir so sehr, die Woche war anstrengend gewesen und ich war müde, was mich liebesbedürftig und anhänglich machte. Es war schon beeindruckend wie... süchtig ich nahezu nach seinen Berührungen, Küssen und seiner Aufmerksamkeit geworden war. Es fühlte sich an, als ich könnte ohne all das gar nicht mehr leben und doch hatte ich es sechzehn Jahre lang getan...
Ich musste an die vielen Male denken, wo wir hinter dieser Tür im Gang rumgemacht hatten, da mein Vater noch nicht auf der anderen Seite parkte.
Das Ganze war so irgendwie so eine typische Teenager Erinnerung, dass es mich zum Grinsen brachte.
Mein Herz setzte jedoch trotzdem aus, als Lionel die Tür öffnete. Ich war unsagbar nervös. Was wenn all meine Gefühle und Gedanken berechtigt gewesen waren und er heute mit mir Schluss machen würde? Gleichzeitig sah ich ihn an und merkte nur wieder, wie sehr ich ihn mochte und wie sehr mein Herz ihn brauchte. Ohne dich kann ich nicht leben...
Lionels Gesichtsausdruck war nicht sehr ausdrucksvoll und wie immer sprach er vor der Tür nicht viel, sondern nahm mir nur den Mantel ab, woraufhin ich ihm in sein Zimmer folgte. Er trug eine schwarze Jogginghose und ein graues Shirt von Nike, dass an der Armen ein weniger enger saß, was bei ihm ziemlich anziehend aussah. In seinem Zimmer legte er sich auf sein Bett und ich musste lächeln, während ich ihn ansah. Hier hatte ich mich sofort wohlgefühlt.
Mit einem Seufzer ließ ich mich förmlich aufs Bett und in seine Arme fallen und sprach mit weinerlicher Stimme: "Oh mein Gott, der Kurs war so schlimm, alle haben so lang geredet und so viele Fragen gestellt, ich dachte ich komme dort nie wieder raus." Lio schmunzelte und streichelte meinen Rücken, während ich mich bei ihm ausheulte. Ich war so froh endlich bei ihm zu sein. Hoffentlich würden wir uns einen schönen Tag machen, der seit langem mal wieder nicht von Ängsten und Gedanken überschattet war. "Wie geht's dir eigentlich so?", fragte ich mit einem vielsagenden Grinsen, "du hattest ja ganz schön viel Spaß gestern."
Lionel verzog das Gesicht und meinte: "Ja... ich hab ziemliches Kopfweh. Als ich zurückgekommen bin, hab ich noch extra diese Sitzkissen neben mein Bett gelegt, falls ich rausfalle." Ich musste lachen. Da dachte aber einer mit. "Melvin hat dann noch hier geschlafen, aber am Morgen auf einmal so laut geschnarcht, dass ich im Gästezimmer weitergepennt hab." Das konnte ich mir irgendwie lebhaft vorstellen.
"Wieso hast du eigentlich so viel getrunken?", fragte ich vorsichtig, "War irgendwas vorgefallen oder so?" Ich hatte natürlich nichts dagegen, wir waren jung und außerdem war das ja nicht meine Sache, aber interessieren tat es mich schon. Lionel seufzte und zuckte mit den Schultern: "War nicht so gut drauf. Schule nervt."
"Oh.", machte ich und fragte nicht weiter nach. Ich war mir nicht sicher, ob das der einzige Grund war, da seine Stimme irgendwie anders klang, aber ich wollte es dabei belassen.
"Und mich hat's am Mittwoch vom Moped geworfen, weshalb ich die ganze Zeit Nackenschmerzen hab und auch nicht so gute Laune hatte.", erzählte er. War das vielleicht der Grund, weshalb er mir die Woche so wenig geschrieben hatte? Und das mit der Instagram Bio nur ein dummer Zufall? Hatte er einfach nur eine schlechte Woche gehabt? Vielleicht hatte das alles gar nichts mit mir zu tun. "Oh nein, wie konnte das denn passieren?", fragte ich mitleidig und er erklärte mir davon, wie er mit Levis bei Regen gefahren war und es ziemlich rutschig wurde. Ich überlegte, ob ich ihm 'ne Nackenmassage anbieten sollte, aber kam zu dem Entschluss, dass das vielleicht komisch war.
"Was willst du ansehen?", fragte er tonlos und schaltete den Fernseher an. "Oh... ich weiß nicht.", antwortete ich überrascht und er seufzte: "Sag, wenn dir irgendwas gefällt.", woraufhin er begann durch Netflix zu scrollen. Irgendwie hatte sich das genervt angehört, doch ich wollte nicht nachhaken, da ich mir auch nicht sicher war. Wieso war ich so empfindlich, wenn es um ihn ging. Bei jeder kleinsten Verhaltensänderung begann mein Herz wehzutun. Ich hatte einfach nur viel zu viel Angst, ihn zu verlieren und war mir unsicher. Aber eigentlich mochte er mich doch so gern...er hatte seine Ex- Freundin für mich verlassen, da kannten wir uns gerade erst eine Nacht.
Wir entschieden uns für irgendeinen Film, woraufhin ich mich wieder an ihn kuschelte und von ihm gekrault wurde. Wie sehr ich dieses Gefühl liebte. Das war irgendwie so unser kleines Ding und ich fand es unglaublich süß.
Wir unterhielten uns ein wenig, als Lio auf einmal seufzte und meine: "Die Jungs und ich sind grad alle ein bisschen genervt von Jenna, weil sie Warren immer so... in Beschlag nimmt und er dann nicht richtig mitfeiert." Ich richtete mich auf und sah ihn überrascht an. "Echt jetzt?" Könnte das der Grund sein, dass er sich gestern so wenig mit mir abgegeben hatte? Vielleicht wollte er einfach nur seine Kumpels nicht nerven und es hatte gar nichts mit mir persönlich zu tun. Ja, das musste es sein. Es war die logischste Erklärung. "Ja, wir sind auch genervt, weil Jenna so wenig mit uns macht.", stimmte ich ihm zu, was ein wenig gelogen war. Klar, Jenna und Warren macht schon extrem viel rum auf Partys und hingen auch immer aneinander, aber mir persönlich hatte das nie etwas ausgemacht. Jeder wusste, wie selten Jenna ihren Freund sehen konnte und da war es fast ein wenig... fies von den Jungs, dass sie kein Verständnis hatten. Aber na ja, so war das wohl bei denen.
Sollte ich ihn jetzt auf sein distanziertes Verhalten ansprechen? War das der richtige Moment? Oder gab es den überhaupt? Mir wurde bei dem Gedanken ein wenig flau im Magen, doch ich wusste, wenn ich ihn heute nicht drauf ansprach würden meine Zweifel nicht enden und ich müsste eine weitere Woche in diesem Gedankenkarussell ausharren. "Du hast letzte Woche irgendwie... distanzierter gewirkt.", setzte ich vorsichtig an, "war irgendwas?" Am liebsten hätte ich dazu seine Hand genommen, doch es kam mir unpassend vor. Lionel sagte nichts und blieb still, obwohl ich mir sicher war, dass er mich gehört hatte.
Er blieb zu lange still. Aus seinem Gesicht konnte man absolut nichts ablesen und das machte mir Angst. Worüber dachte er so lange nach? Das Gefühl von einem Tritt ins Herz kam zurück. Was war nur los? Es sah aus, als würde er mit sich selbst ringen, ob er etwas sagen sollte oder nicht? Warum war die Antwort nicht ganz schnell und klar, das müsste sie doch eigentlich sein, wenn alles gut war...
Lionel öffnete den Mund und ich sah ängstlich zu ihm. Dann allerdings geschah etwas komiches und er wandte den Blick ab. Fast schon gleichgültig zuckte er mit den Schultern und sprach tonlos. "Ne. Hat keinen Grund."
Nicht ganz überzeugt nickte ich. Es war so kompliziert, da es so viele gemischte Signale gab, die alle in eine komplett andere Richtung deuteten. Aber es konnte doch nicht sein, dass es etwas mit mir zu tun hatte, wir verstanden uns doch so gut... ich war mir sicher, dass wir zusammengehörten. Wir passten doch so gut zueinander, jeder sagte das.
"Okay.", erwiderte ich nur mit einem aufgesetzten lächeln. Mein Gefühl war nicht überzeugt, doch ich hakte nicht nach, weil mein Herz ihm so gerne glauben wollte. Es sehnte sich nach Harmonie und nicht nach Diskussionen, die Lionel nerven könnten. Ich könnte ihn auf die Sache mit der Instagram Bio ansprechen, wollte aber nicht wie so eine Freundin rüberkommen, die jeden Schritt kontrollierte, das war ja auch total nervig. "Ich geh kurz ins Bad.", sagte ich und stand vom Bett auf.
Lionels Haus war eigentlich ziemlich schön, aber eher so Standart , sodass mir mein eigenes Haus besser gefiel. Aber ich liebte sein Zimmer, da es...so zu ihm passte, sein Bett so bequem war und ich mich dort einfach sofort wohl gefühlt hatte. Im Badezimmer Spiegel sah ich mich an und strich mir die Haare glatt. Wie immer, wenn ich bei Lionel war, hatte ich mich geschminkt, ein süßes Outfit angezogen und mein Chanel Nr 5 Parfum Parfum aufgetragen. Mir gefiel der Gedanke, wie er beim Kuscheln oder so vielleicht immer merkte wie gut ich roch. Nachdem ich nochmal mein Aussehen überprüft hatte, ging ich zurück in Lionels Zimmer und musste lächeln, als ich ihn sah.
Lio lag auf der Seite und schien beinahe zu schlafen, was so friedlich aussah. Er hatte seine Arme und Beine an den Körper gezogen und obwohl er so groß war, sah es einfach nur süß aus, wie er so im Bett lag. Aww. Am liebsten wäre ich mit den Fingern durch seine weichen Haare gefahren und hätte ihm ein paar Küsse gegeben. So süß und... ruhig wie er gerade aussah. Und er war meiner... nachdem ich ihn ein paar Sekunden lächelnd angesehen hatte legte ich mich zu ihm und drehte mich zum Fernseher, sodass ich mit dem Rücken an Lionels Brust lag, welcher meinen Körper mit seinen Fingern so sanft streichelte, dass ich es kaum bemerkte. Schon immer hatte er das getan, er berührte mich so leicht und gedankenverloren, dass ich mich manchmal fragte, ob er es überhaupt bewusst tat.
"Denkst du, zwischen Maddie und Johnny könnte was laufen?", fragte ich und Lionel überlegte: "Hm, er hat sie nach der Nummer gefragt, oder?" Ich bejahte. Jenna und ich hatten heute schon darüber geschrieben. Wir beide fänden es ziemlich cool, vor allem weil wir uns dann auf Partys mit Lionel und Warren nicht mehr schlecht fühlen müssten.
"Ich schreib Johnny mal und frag, ob er heute noch mit ihr geschrieben hat.", meinte Lionel und nahm sein Handy. Ich grinste: "Dann mach ich dasselbe bei Maddie, mal sehen was die beiden sagen. Wär jetzt witzig, wenn sie was komplett unterschiedliches antworten würden." Lionel lachte, während ich mein IPhone nahm und Maddie anschrieb. Danach legte ich es weg und konzentrierte mich weiter auf den Film, den wir gerade sahen.
Irgendwann schlang Lionel den Arm um meine Taille und ich konnte spüren wie sein Atem an meinem Nacken immer langsamer wurde. Ich lächelte, es fühlte sich so schön an hier in seinen Armen zu liegen. Sein Oberkörper wärmte mich an meinem Rücken und ich strich gedankenverloren lächelnd mit meiner Hand über seinen Handrücken. Lionel schloss meine kleinere Hand in seine große, sodass die von mir über seiner lag, unsere Finger jedoch miteinander verkreuzt waren. Er streichelte mit seinem Daumen ganz leicht meinen, was mich lächeln ließ, obwohl es nur so eine kleine Geste war.
Sein Arm um meine Taille wurde schwerer, fast zu schwer, doch ich fand seine Berührungen so schön, dass es mir nichts ausmachte. Ich brauchte das so sehr wie Essen oder Schlaf, nur dass damit auch die Bedürfnisse meiner Seele gestillt wurden.
Mein Handy blinkte auf und ich griff mit meiner freien Hand danach um zu sehen, dass eine Nachricht von Maddie eingetroffen war. Sie hatte mit Johnny geschrieben. Grinsend murmelte ich: "Maddie hat geantwortet." Als ich keine Antwort bekam, zog ich die Augenbrauen zusammen und fragte : "Lionel?" Als er wieder keine Antwort von sich gab, grinste ich und meinte leise. "Schläfst du?"
Ich drehte mich leicht um und sah dass Lionel mit geschlossenen Augen an meiner Schulter lag. Er war eingeschlafen. Und sah dabei so süß aus. So...unschuldig und friedlich. Ich drehte mich um und musste lächeln, als ich auf unsere ineinander verkreuzten Hände sah. Wir gaben gerade bestimmt ein süßes Bild ab. Jedes Mal wenn ich daran dachte, dass er Meiner war und ich Seine, machte es mich glücklich. Lionel war wie der Freund den ich immer wollte. Mein früheres Ich aus der Neunten oder Zehnten wäre vor Freude durchgedreht, könnte ich ihm dieses Bild zeigen.
Lionel hielt meine Hand so fest, dass es mit der Zeit wehtat und ich versuchte sie ganz langsam aus seinem Griff zu ziehen, was allerdings nicht klappte, da er sie nicht losließ. Irgendwie musste ich dabei schmunzeln.
Ich hing meinen Gedanken nach, die von a nach b sprangen und schlief zwischendurch ebenfalls mehrmals ein, da mich die Party von gestern echt fertig gemacht hatte. Und dann auch noch der erste Hilfe Kurs. Das war einfach zu viel gewesen. Lionel schlief ganz ruhig hinter mir, bis ich auf einmal spürte, wie er mich verschlafen an sich zog und dabei meine Hand kurz zusammendrückte. Das Ganze geschah so ruckartig, dass ich mich fast erschreckte.
"Hast du geschlafen?", fragte ich, nachdem ich mir sicher war, dass er wach war. Lio nahm seine Hand von meiner Hüfte und wischte sich über die Augen während er: "Nein.", murmelte. Da log aber einer. Ich fragte unschuldig: "Erinnerst du dich dran, als ich gesagt hab, dass Maddie zurückgeschrieben hat?" Mein Freund sah mich irritiert an und antworte: "Echt jetzt? Nein.", woraufhin ich kichernd meinte: "Du bist eingeschlafen."
Süß. Lionel nahm sein Handy und wir sahen, dass auch Johnny geantwortet hatte und glichen die Nachrichten miteinander ab. Anscheinend hatten die beiden miteinander geschrieben und fanden sich gegenseitig nicht uninteressant. Ich musste daran denken wie Lionel und ich nachdem er mich angeschrieben hatte, fast anderthalb Stunden über Gott und die Welt geschrieben hatten.
"Ich kann nicht mehr liegen.", seufzte Lionel und setzte sich auf. ich tat ihm gleich und wir lehnten uns an die Wand während wir ein wenig redeten. Wegen Maddie versuchte ich ein bisschen was über Johnny in Erfahrung zu bringen. Wenn ich schon die Gelegenheit hatte ein bisschen was über ihren potenziellen zukünftigen Freund zu wissen... Wie es wohl wäre würden die beiden wirklich zusammenkommen? Ich stellte mir schon vor wie wir mal etwas zu viert unternehmen könnten. Das würde bestimmt Spaß machen. Mit Jenna und Warren war das immer so kompliziert, da ihre Eltern doch so streng waren.
Lionel und ich hörte Musik und redeten, jedoch wurde es ein wenig langweilig, da wir beide müde waren und nicht mehr so recht wussten was wir machen sollten. Mit der Zeit gingen uns die Gesprächsthemen aus, aber ich wollte trotzdem nicht gehen, da ich ihn die ganze nächste Woche wieder vermissen würde. Das schlechte Gefühl war nicht mehr so präsent, jetzt da ich bei hm war, doch etwas an ihm schien trotzdem... verändert. Er hatte mich heute gar nicht geküsst, noch nicht mal auf die Schläfe oder so und auch nicht gefragt ob ich was essen oder trinken wollte. Insgesamt schien er weniger... bemüht als sonst, aber es könnte auch sein, dass ich mir einfach etwas einbildete.
Um halb zwölf holte mein Vater mich ab und Lionel gingen auf den Flur, wo er mir in meinen Mantel half und wir uns schließlich gegenüber standen. Ich legte lächelnd meine beiden Hände auf seine Wangen und sah ihm verliebt in die Augen. Lios Hände fanden seinen Platz an meiner Taille, während er sich zu mir runter beugte, ich die Augen schloss und seine Lippen auf meinen spürte. Es wurde ein sanften Kuss, während welchem ich gedankenverloren seine Wangen streichelte und versuchte das Gefühl ganz auszukosten. Ich wollte meine Hand in seinen Haaren vergraben, doch viel zu früh für meinen Geschmack beendete er unseren Abschiedskuss.
Ich setzte ein Lächeln auf, obwohl mich das ein wenig enttäuscht hatte. "Bis... irgendwann.", meine Lionel tonlos und ohne irgendeinen Ausdruck auf dem Gesicht. "Wir sehen uns.", nickte ich, bevor ich durch die Tür ging und er sie zumachte. Lag es an mir oder war das irgendwie seltsam? Die Art wie er 'bis irgendwann' gesagt hatte, jagte mir eine Gänsehaut ein. Mit gesenktem Kopf und traurigem Blick ging ich auf das Auto meines Vaters zu.
Wieso hatte sich dieser Kuss so bittersüß angefühlt?
****
Das schlechte Gefühl war nicht weggegangen. So ganz bewusst wurde mir das erst als ich nach dem Treffen wieder zuhause war. Es war noch nicht vorbei. Dabei wünschte ich mir Erlösung und Klarheit so sehr.
Lionel schrieb mir nicht mehr. Am Sonntag hatte ich ihm geschrieben, dass ich's schön bei ihm fand, obwohl wir am Ende nicht mehr wussten was wir machen sollte und er hatte mit einem einfach ich auch, sowie einem Herz geantwortet.
Montags war der erste Tag an dem er gar nichts von sich hören ließ. Kein guten Morgen, kein wie hast du geschlafen, kein gute Nacht. Keine Herzen kein gar nichts. Ich lief den ganzen Tag mit schwerem Gefühl und noch schwereren Gedanken rum, während ich immer wenn mein Handy blinkte auf eine Nachricht von ihm hoffe. Das war noch nie vorgekommen. Seitdem wir uns kannten hatte er mir jeden Tag geschrieben. Ich versuchte mir verzweifelt einzureden, dass das nichts zu bedeuten hatte, doch in mir wusste ich, dass etwas falsch lief. Immer wieder ging ich auf sein Instagram Profil um zu überprüfen ob er seine Bio vielleicht zurück geändert hatte doch da war nichts.
Dafür folgte er seiner Ex Freundin auf einmal wieder was mir einen weiteren Schlag verpasste. Wie konnte das sein? Er war doch über sie hinweg...na ja, vielleicht wollte er nur abchecken was sie jetzt so machte oder so...
Dienstags wachte ich mit Bauchschmerzen auf. Ich schrieb ihn an, ob er am nächsten Tag spontan was machen wollte, da mein Theaterkurs ausfiel, doch er antwortete damit, dass er schon mit Melvin zum Friseur ging. Dann sah ich ihn eben erst am Wochenende. Ich versuchte alles zu verdrängen, was dazu führte, dass ich weinend in meinem Auto zusammenbrach. Die Angst ihn zu verlieren war so wahnsinnig groß. Lionel war mir so wichtig geworden, da könnte ich das niemals ertragen. Wer hätte gedacht, dass ich mich so verlieben würde?
Am Mittwoch wachte ich mit denselben Bauchschmerzen auf, doch ich hatte beschlossen mir einen schönen Tag zu machen. Positiv zu bleiben. Lionel und ich gehörten doch zusammen, ich war mir unserer Beziehung so sicher gewesen und schwere Zeiten gehörten da nunmal dazu. Ich aß Pfannkuchen mit meiner Mutter und sah den ganzen Abend in meine Decke eingekuschelte Gilmore Girls, da mich Stars Hollow immer aufmunterte, wenn ich einen dunklen Tag hatte.
Nachts lag ich wach im Bett und dachte an ihn. Hoffentlich würde ich bald Klarheit haben. Ich hatte mir vorgenommen bis zum Ende der Woche zu waren und wenn er mich dann nicht angeschrieben oder nach einem Treffen gefragt hatte, würde ich ihn darauf ansprechen. Ich gab diesmal nicht nach. Wir würden das schaffen, daran musste ich nur fest genug glauben. Egal was mit ihm war, ich würde ihn unterstützen. Ich würde alles für ihn tun und ich würde alles geben um diese Beziehung zu retten.
Doch warum tat in ihn verliebt zu sein auf einmal so weh?
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