~ 22 ~
Minutenlang saß ich schweigend neben Liam und blickte mit ihm aufs Meer. Doch ich wollte jetzt endlich wissen, was er von mir wollte.
„Also, was ist denn jetzt. Du wolltest doch reden?" Liam drehte langsam seinen Kopf zu mir und schaute mir kurz in die Augen. „Ja, stimmt, ich sollte dann wohl besser anfangen." Ich nickte nur verwirrt und wartete darauf, dass er weiter redete.
„Nun ja, ich hab ein bisschen nachgedacht, und ich denke du solltest wenigstens einen Grund für mein Benehmen kennen. Also für dafür, dass wir erst miteinander geschlafen haben und danach habe ich dich ignoriert oder beleidigt. Das tut mir übrigens auch echt leid."
Liam atmete tief durch und ich blickte ihn abwartend an. „Nun, wenn ich es dir erzählen will, muss ich ein bisschen was aus meiner Vergangenheit erzählen. Und ich wäre dir wirklich sehr dankbar, wenn du das jetzt nicht gleich laut herumschreien würdest. Also, vor ungefähr 4 Jahren hatte ich eine Freundin. Sie war meine erste und ich war echt verliebt in sie. Das Problem war dann nur, dass ich es ein wenig übertrieben hatte. Ich war extrem anhänglich, wollte immer wissen wo sie war und hatte echte Probleme mit meiner Eifersucht. Sie machte dann wenig später auch schon Schluss, was für mich damals wie ein Weltuntergang war. Mittlerweile kann ich das sogar nachvollziehen."
Erneut machte Liam eine kleine Pause und blickte aufs Meer. Ich verstand, dass es schwer war für ihn, diese Geschichte zu erzählen. Ich dachte an das, was er mir da erzählt hatte. Eine Freundin von mir hatte auch einmal einen Freund mit einem extremen Beschützerinstinkt und er war auf alle eifersüchtig. Es hatte sie irgendwann nur noch genervt, weil sie quasi kein eigenes Leben mehr führen konnte. Und so hatte sie Schluss gemacht, ich konnte das Verhalten von Liams Freundin also gut nachvollziehen.
Neben mir bewegte sich Liam ein wenig, ich hatte den Eindruck das er näher an mich heranrutschte. Dann öffnete er wieder seinen Mund und redete weiter.
„Meine Freundin hat damals aber nicht nur mit mir Schluss gemacht. Nein, sie hat mich auch noch vor der ganzen Schule bloßgestellt. Verliebte und peinliche Nachrichten vorgelesen und sowas. Das war echt eine schlimme Zeit, ich wurde ausgelacht und auch gemobbt. Außerdem war mein Vater da noch bei meiner Mutter und mir. Er hat mein Selbstwertgefühl echt zerstört und oft ist ihm auch die Hand ausgerutscht. Naja, jedenfalls war Mason damals schon mein bester Freund, wir haben beschlossen Schule zu wechseln und haben auch angefangen Sport zu machen. Doch ich wollte nie wieder verletzt werden. Deswegen habe ich die Mädchen ausgenutzt und ich weiß auch, dass das nicht okay ist. Es tut mir auf jeden Fall unglaublich dolle leid, dass ich so war."
Ich starrte leicht geschockt aufs Meer und blieb erstmal still. Das mit seinem Vater klang echt schlimm. Wie konnte man denn seinen eigenen Sohn schlagen?! Ich verstand solche Leute einfach nicht!
„Also . . . das ist ja mal unglaublich schlimm! Wie konnte dein Vater dir das antun?! Oh Gott, du tust mir echt voll leid!" Ich beugte mich spontan zu Liam hinüber und umarmte ihn. Er versteifte sich im ersten Moment, dann legte er vorsichtig seine Arme um mich und erwiderte die Umarmung.
Ich versuchte ihn noch enger an mich ran zu ziehen und schaffte es tatsächlich für kurze Zeit, meine Gedanken auszuschalten. Ich genoss einfach nur das Gefühl der starken und trotzdem sanften Arme um meinen Körper und spürte einen Herzschlag dicht an meinem. Ein Lächeln stahl sich auf mein Gesicht und wir blieben minutenlang bewegungslos sitzen, bis ich mich schließlich wieder von ihm löste. Ein wenig unangenehm war mir das jetzt schon, schließlich wurde Liam sonst wahrscheinlich eher selten umarmt.
„Uhm . . . sorry, ich weiß nicht ob das okay für dich war." Meine Wangen verfärbten sich rot und ich starrte aufs Meer, um den Jungen neben mir nicht anblicken zu müssen.
„Das ist total okay, echt. Es freut mich, weil . . . sonst umarmt mich niemand. Mason ist zwar immer da, aber umarmen tun wir uns da eher selten." Bei seinen letzten Worten musste Liam grinsen.
„Okay, dann ist ja gut. Also wenn du mal jemanden zum Reden brauchst, kannst du zu mir kommen. Ich weiß, dass klingt vielleicht ein bisschen komisch, aber ich meins ernst. Ja, es war falsch von dir, wie du die Mädchen behandelt hast, aber ich kann dich auch irgendwo verstehen." Ich seufzte auf und musterte die Sonne, die mittlerweile dabei war, unterzugehen und in einem wunderschönen rot leuchtete.
„Du hattest es echt nicht leicht mit deinem Vater und das was deine Freundin nach eurer Trennung in der Schule abgezogen hat ist auch das letzte. Warum macht man denn sowas?! Ist doch total dumm!" Ich schüttelte leicht meinen Kopf, denn ich konnte es einfach nicht verstehen wie man so etwas seinem Exfreund antun konnte, wenn der noch nicht einmal etwas wirklich Schlimmes getan hatte. Wäre er jetzt fremdgegangen oder so, wäre das noch einmal etwas anderes gewesen. Aber Liam hatte zum Glück nur ein wenig übertrieben mit den Treffen und der Eifersucht. Das war echt kein Grund private Nachrichten von ihm vorzulesen.
„Danke das du das so siehst, du wirst es mir vielleicht nicht glauben, aber es bedeutet mir viel." Liam blickte mich ernst aus seinen grünen Augen an und es fühlte sich an, als wolle er bis in meine Seele schauen und wissen was für Gedanken und Gefühle ich hatte. Mein Herz klopfte schneller und ich bemerkte, dass ich wie verrückt grinste. Offensichtlich hatte ich Gefühle für Liam, doch ob das jetzt gut oder schlecht war, da war ich mir selbst gar nicht so sicher.
Wenn das stimmte, was er mir da erzählt hatte, und daran zweifelte ich nicht, dann könnte das ja vielleicht wirklich etwas mit mir und Liam werden.
Ich spürte wie sich Hoffnung in mir breitmachte und versuchte mit aller Macht sie zu unterdrücken. Ich wollte mir bloß keine falschen Hoffnungen machen, denn danach war die Enttäuschung nur umso größer.
„Also, ich will dir noch was sagen. Nun ja . . . ich würde dich gerne kennenlernen. Also so richtig. Mit Dates und langen Telefonaten und so. Du kannst dich ja nicht mehr an unsere gemeinsame Nacht erinnern, glaube ich, aber ich schon. Und ich muss sagen, dass ich es wunderschön fand. Es wäre toll, wenn wir das irgendwann einmal wiederholen könnten."
Erstaunt und verwirrt starrte ich Liam an. Hatte er mir jetzt gerade ernsthaft erzählt, dass er mich kennenlernen wollte? Schon wieder pochte mein Herz schneller und ich lächelte automatisch. Es war ein Risiko, wenn ich jetzt ja sagte, aber das ging ich gerne ein. Es könnte zwar sein, dass ich wieder verletzt werden würde, aber es könnte auch sein, dass ich einen tollen Freund bekam.
„Ich würde dich auch gerne kennenlernen! Also, es würde mich wirklich freuen." Ich war echt aufgeregt und strahlte, während ich mit meinen Fingern spielte.
„Das ist toll. Ähm." Auch Liam wirkte so, als hätte erkeine Ahnung, was man in so einer Situation sagte. Also zog er michentschlossen an sich und ich kuschelte mich an seinen warmen Körper. Er legteseinen Arm fest um mich, lächelte mich noch einmal an und dann schauten wirbeide aufs Meer und sahen der Sonne beim Untergehen zu.
- 1204 Wörter -
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro