Kapitel 1
Das erste Mal, dass Jin vor den Anderen anders war, war, als er mit Jimin vor allen Leuten wieder seine Späße trieb. Sobald er jedoch realisierte, was mit ihm zur schlimmstmöglichen Zeit passierte, geriet er in Panik. Dass Jimin gerade erst die Hälfte seines Witzes erzählte, interessierte ihn herzlich wenig und er beendete aprubt sein Lachen, um hinter die Bühne zu eilen. Mit seinen breiten Schultern rempelte er mehrere Stylisiten und Crewmitglieder an, die beschäftigt ihren Tätigkeiten nachgingen, aber sie beachteten den panischen Mann nicht einmal.
"Hyung?" Jimin spürte, dass etwas ganz und gar nicht in Ordnung war und folgte dem Älteren ohne zu zögern. Da er viel kleiner war, konnte er leichter durch die Menschenmenge huschen und erreichte gerade in dem Moment seinen Hyung, als dieser sich in einem Lagerraum einschloss.
"Hyung?" Jimins Stimme war ruhig, beschwichtigend, aber man konnte dennoch seine Verwirrung heraushören, während er immer wieder sein Gewicht von dem einen Fuß auf den anderen verlagerte und die Tür von der Gangseite aus anstarrte. Er war einen solch dramatischen Stimmungswechsel anderer Leute nicht gewohnt und fühlte sich dementsprechend zu hilflos, um alleine mit dieser Situation klarzukommen, weswegen er sich dazu entschied einen der älteren Member zu kontaktieren. Sobald er sein Handy aus der Hosentasche gefischt und anschließend entsperrt hatte, durchsuchte er seine Kontaktliste bis er an Yoongis Namen hängen blieb. Da Yoongi und Seokjin sich ein Zimmer teilten, erschien es Jimin sinnvoll, sich an den ältesten Rapper zu wenden, da er Seokjin vermutlich besser als der Rest kannte.
|| Park Jimin ||
-Hilf mir bitte, Hyung.
Zu seiner Erleichterung musste er nicht lange warten bis seine Nachrichtenapp ihm anzeigte, dass Yoongi irgendwo am Set eine hektische Antwort tippte, die knappe zehn Sekunden später auf Jimins Display erschien.
|| Min Yoongi ||
-Was ist los & wo bist du
Jimin sah sich um und musste feststellen, dass er keinerlei Ahnung hatte wo er sich überhaupt befand. Denn, obwohl BTS oft bei Inkigayo performte, waren es doch immer die Mitarbeiter, die sie zum Styling und Makeup führten oder ihnen zumindest sagten wo sie warten sollten. Vermutlich spürte Yoongi Jimins Unsicherheit-oder konnte sich zumindest denken, dass er nicht wusste wo er war-und schickte eine weitere Nachricht-
|| Min Yoongi ||
-Teppich oder Fliesen?
Nachdenklich die Lippen schürzend, blickte Jimin auf den Boden unter seinen Füßen.
|| Park Jimin ||
-Teppich
|| Min Yoongi ||
-Rot oder Blau
|| Park Jimin ||
-Ein komisches Grün?
-Aber eher blau meine ich
Dieses Mal musste Jimin ein wenig länger auf Yoongis Antwort warten, doch als sie endlich ankam, war er sehr überrascht, da sie länger als gedacht ausfiel. Normalerweise war Yoongi doch jemand, der kurze und knappe, sporadische Texte schrieb.
|| Min Yoongi ||
-Ich denke, dass du vor der Abstellkammer stehst, in der sich Seokjin Hyung gelegentlich einschließt. Geh keinen verdammten Schritt von dieser Tür weg bis ich da bin. Wenn Hyung zu reden anfängt, dann nenn ihn Baby, Sweetheart, Honey und nichts anderes. Ich komme so schnell ich kann. Hobi ist auch unterwegs.
Nun vollends verwirrt, las sich Jimin die Nachicht ein weiteres Mal durch-ungefähr zehn Mal-und fokussierte sich auf die Spitznamen, die Yoongi aufgelistet hatte. Sollte das ein Scherz sein? Ein Mann wie Seokjin, der immer wieder bekräftigte, dass er der Hyung war-selbst bei Yoongi, der gerade einmal drei Monate jünger war-, schien nicht der Typ zu sein, der Kosenamen wertschätzte. Am wenigsten von Jimin.
|| Jung Hoseok ||
-Bin unterwegs
-Nenn ihn Engel oder Sonnenschein
-Nichts anderes
Die drei Nachrichten von Hoseok kamen kurz nacheinander und verwirrten Jimin noch mehr, weswegen er sich dazu entschied, sein Handy wieder in die Hosentasche zu stecken, und sich der Tür zu nähern. Auf deren anderen Seite war ein Rascheln zu hören und ein leichtes Schluchzen brach Jimin das Herz. Es schien ihm als wäre das schlimmstmögliche Szenario (in dem ein wütender Seokjin aus der Kammer rauschte) besser als ein unglücklicher, trauriger Seokjin alleine in einem geschlossenen Raum. Jimin riss sich zusammen und lehnte sich gegen die Türe.
"Sweetheart?", wagte er sich leise zu fragen, fast schon als würde er mit einem Kind sprechen. Das Weinen dämpfte sich augenblicklich und Jimin hörte ein stockendes Atmen direkt auf der anderen Seite der Türe. Er stellte sich vor, dass sich Seokjin ebenfalls gegen die Türe drückte, und presste seine Wange weiter gegen das Holz und atmete.
"Wie geht es dir, Engel?", fragte er erneut und seine Zunge stoplerte unsicher über die ungewohnten Wörter.
Die Unregelmäßigkeit in Seokjins Atmung war unmissverständlich und das Schloss der Türe klickte. Danach passierte erstmal nichts und Jimin wollte nicht unangekündigt in den Raum stürzen; also ließ er Seokjin in seiner eigenen Geschwindigkeit handeln.
Rasche Fußstapfen im Gang führten zu einem hektsichen Atmen und einem schnellen Drehen des Schlüssels im Schloss. Ein japsender und keuchender Hoseok fluchte bei diesem Geräusch.
Jimin runzelte die Stirn, da der Erfolg, den er gerade erzielte, soeben zunichte gemacht wurde und Hoseok zuckte entschuldigend mit den Schultern.
"Entschuldigung..", gurrte er gegen de Türe und Seokjin schniefte. "Es tut mir so leid, dass ich dich erschreckt habe."
"Es ist okay." Seokjins Stimme war tränenschwer.
"Babyboy?" Yoongi tauchte an Jimins anderer Seite auf; die Stimme ruhiger als Hoseoks. Jimin trat zurück aus dieser bedrückenden Enge und spürte Hoseoks Hand auf seiner Schulter, die diese leicht drückte.
"Wir kümmern uns darum", beschwichtigte er Jimin, aber der Jüngste weigerte sich zu gehen.
Dann, viel bestimmter, : "Du kannst gehen.".
Perplex und etwas wütend wollte Jimin schon protestieren, als Seokjins Stimme wieder durch die Türe drang.
"Könntest du gehen, Jiminie? Für-", seine Stimme brach an dieser Stelle ein wenig, "für Hyung?"
"Aber-", begann Jimn zu protestieren, aber Yoongi packte ihn grob am Ellebogen und dirigierte ihn in einen angrenzenden Korridor, um ihn fast schon brutal gegen die Wand zu drücken.
"Hör zu", knurrte er. "Hyung ist das alles sowieso schon peinlich. Mach es nicht noch schlimmer für ihn, verstanden?"
Er spähte um die Ecke, um herauszufinden, was vor sich ging, bevor er sich wieder an Jimin wandte; sein Gesicht sah grimmig aus.
"Ich lasse dich bei Hoseok und kümmere mich um Seokjin Hyung. Vertrau mir."
"Okay", atmete Jimin aus und war plötzlich ängstlich.
"Niemand soll davon erfahren. Du darfst das nie wieder bei Seokjin Hyung erwähnen und du darfst nie, nie wieder, unter keinen Umständen diese Kosenamen verwenden, außer du wirst dazu aufgefordert."
Yoongis Blick war wild, angsterfüllt, und Jimin realisierte, dass er den Schlüssel für etwas besaß, was möglicherweise Kim Seokjins Untergang sein könnte.
Er schwor sich, niemals diese Macht zu nutzen.
"Ich verstehe", sagte er und atmete zitternd, woraufhin seinen Griff von Jimins Jacke löste und dieser die Wand entlang sank. "Es ist als wäre es nie passiert,"
"Was passiert?", scherzte Yoongi, aber meinte es nicht wirklich lustig. Nach wie vor strahlten seine Augen Angst aus und Jimin fühlte sich mit dem Gedanken erschlagen, dass niemand wirklich wusste, was mit Seokjin passierte; dass sie praktisch genauso ratlos wie er selbst waren.
"Er..", Jimin verschluckte beinahe seine Zunge, als Yoongis Blick über sein Gesicht glitt, "...er ist er Little, nicht wahr?"
Yoongi wirkte fast schon, als hätte man ihm das Herz gebrochen, als er zögernd nickte.
"Aber ich verstehe nicht wie es funktioniert", krächzte er in den intimen Abstand zwischen sie hinein. "Ich weiß nicht wie ich ihm helfen kann."
"Aber ich tue es", sagte Jimin mit fester Stimme und aufgrund Yoongis Blicks wiederholte er sich noch sicherer. "Ich weiß was zu tun ist."
Yoongi erlaubte ihm um die Ecke zu gehen und zur verschlossenen Tür zurückzugehen. Hoseoks Rücken war gegen die Wand neben der Tür gelehnt und der Tänzer rieb sich sein Nasenbein. Perplex sprang er auf, sobald er Jimins Rückkehr bemerkte.
"Lass ihn tun, was er zu tun meint", seuftze Yoongi und zog an Hoseoks Arm, damit er mit ihm den Gang runter ging. "Er weiß es am besten."
Überraschenderweise, widersetzte sich Hoseok nicht und warf Jimin leidglich einen warnenden Blick zu, bevor er Yoongi den Korridor entlang folgte, um, wie Jimin dachte, zu einem der Warteräume zu gelangen.
Er atmete tief ein und drehte sich wieder zur Türe.
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