[8] Get the Party started
"Ach du heilige Vogelscheiße!"
entfährt es mir und ich mache einen Hechtsprung nach hinten. Dabei renne ich eine handvoll Lichter um, die neugierig, wie sie sind, sofort herangeeilt kommen. Jemand hält mich, ehe ich noch stolpern kann, und schon will ich mich an denjenigen drücken, als ich bemerke, dass es garnicht Minho ist. Clint steht ziemlich verkrampft da und beobachtet seine Freunde und Labyrinthgenossen, wie sie sich vorsichtig dem zerbrochenen Fenster nähern, dabei bohren sich seine Finger in meinen Arm.
"Geht weg da!"
herrscht Jorge sie an und wie aufgescheuchte Hühner weichen die Jungs zurück, werfen sich verstörte Blicke zu als verstünden sie nicht, warum es denn gefährlich sei, in die Schussbahn zu treten.
Ein weiterer Knall ertönt und alle zucken einheitlich zusammen, dann verziehen sich auch die letzten Idioten von der Öffnung und reihen sich brav am anderen Ende des Raumes auf.
Minho tritt in die Runde, sein Gesichtsausdruck ist fest und entschlossen, wie der eines Anführers. Von dem liebevollen Jungen, der einem die Röte ins Gesicht schießen lässt, ist nichts mehr zu sehen.
"Jetzt kommt mal alle her, ihr Neppdeppen!"
knurrt er bedrohlich und tatsächlich rücken die Lichter mehr zusammen. Jorge ergreift das Wort.
"Wir warten, bis die Schießerei ein Ende hat. Sie ist nicht uns gewidmet, denke ich, also sollten wir eigentlich keine Probleme bekommen."
Synchrones Nicken.
Eine Hand greift nach meiner und als würde ich sie schon ewig kennen, schließen sich meine Finger darum, drücken sie tröstend. Dazu streichle ich noch über Chucks Handrücken, was nur dazu führt, dass er sich mehr verkrampft. Er weiß, dass die Gefahr unmittelbar vor der Haustüre steht, und ich bestätige ihm das noch, indem ich versuche ihn zu beschwichtigen.
Wie ein Erinnerungsblitz sehe ich seine Todesszene in Sekundenbruchteilen vor mir abrennen. Wie er in sich zusammensackt, sein Blick langsam starr wird; ich erschaudere bei dem Gedanken, es könne doch noch passieren. Es könnte doch noch einen qualvollen Tod des Kleinen geben...
Nein, es wird nicht so weit kommen. Es ist alles gut. Er lebt...
"Alina?"
flüstert Chuck und ich blicke auf ihn herab.
"Ja?"
"Du brauchst keine Angst haben."
Etwas liegt in seiner Stimme, die mich schmunzeln lässt. Als versuche er, die Kälte gegenüber der Gefahr in Minhos Stimme nachzuahmen, ebenso wie der harte Gesichtsausdruck. Bei seinen kindlichen Zügen wirkt es viel mehr trotzig, aber trotzdem herzerwärmend. Ich knuffe ihn in die Seite, während weitere Schüsse fallen, doch die übrigen Scheiben bleiben heil.
"Ich weiß doch"
murmel ich mehr zu mir selbst, als zu ihm, und beobachte die Leute um mich herum. Toby ist noch unter ihnen, wie mir auffällt. Ich weiß nicht, warum es mich überrascht; als hätte ich erwartet, dass er bei den Blitzen draufgeht, als wäre dies selbstverständlich. Die Bösen sterben doch immer... oder?
Kein Gesicht geht mir ab, ich dürfte keinen der Verstorbenen gekannt haben. Es ist fies zu behaupten, dass mich das in gewisser Weise erleichtert, aber ich kann nicht leugnen, was offensichtlich ist.
Wieder ein Schuss, begleitet von einem Mädchenschrei. Kann es nicht endlich ein Ende haben? Können sie nicht abhauen? Bitte?
Eine ganze Weile herrscht Stille, nur die Atemzüge der Lichter sind zu hören. Dann tritt Jorge langsam aus der Reihe, nähert sich dem Fenster. Seine Haltung ist angespannt, als er sich leicht nach vorne beugt, um durch die verstaubte Scheibe hinunter auf die Straße sehen zu können, wie ein Tier auf der Flucht.
Dann, ganz plötzlich, entspannt er sich und gibt uns ein Zeichen, welches ich nicht genau definieren kann. Jedenfalls werden auch die Jungs um mich herum ruhiger und ich kann einige erleichterte Aufseufzter hören, als haben sie die Luft angehalten vor Angst.
"Die Luft ist rein. Lasst uns weitergehen"
murmelt Jorge gerade so laut, dass ich ihn verstehen kann, dann bewegt er sich auf die Türe zu. Keiner der Lichter rührt sich.
Erst als Minho flüchtig mit dem Kopf nickt, geben die Jungs nach und folgen dem Spanier, immerzu geduckt, als wären sie auf der Hut. Ich schließe mich ihnen am Schluss an, Chucks Hand liegt immer noch in meiner, wird geradezu von mir zerquetscht. Doch keiner von uns denkt daran, den anderen loszulassen.
Es ist heißer wie am Vortag, kommt mir vor. Ich schwitze schon wieder aus allen Poren, mein Shirt fühlt sich klebrig an und schmiegt sich an meine Haut wie ein glitschiges Öl. Den Jungs geht es nicht viel besser, eine Dunstwolke aus Schweiß hängt wie eine zähe Nebelschwade über dem Trupp und bringt uns zum Husten. Es ist widerwärtig, doch es lässt sich nicht ändern.
Chuck ist mit seiner Extraschicht Speck am ärmsten dran, er keucht und schnapp immer wieder mit hochrotem Kopf nach Luft, doch Jorge macht keine Pause. Er marschiert durch und durch, stetig jeden noch so kleinen Schatten nutzend, führt uns im Slalom durch die Stadt. Immer wieder höre ich das irre Gegacker von Cranks, doch zu Gesicht bekomme ich keinen Einzigen mehr. Nur die sterblichen Überreste präsentieren sich auf unserem Weg, Krähen hocken auf den Kadavern und hacken sich Fleischbrocken aus den Leichen. Am liebsten hätte ich mich übergeben, doch Chuck zuliebe halte ich den Würgereiz zurück. Er ist ohnehin schon traumatisiert von all diesen Schrecklichkeiten, jetzt muss ich es ihm nicht noch unter die Nase reiben.
"Alina?"
Jemand schnippt vor meiner Nase herum. Ich schrecke aus meinen Gedanken hoch und blinzle verwirrt Newt an, der mich grinsend mustert. Kleine Fältchen bilden sich um seine Mundwinkel und erinnern mich stark an seinen Schauspieler Thomas Brodie-Sangster.
"Na, du Tagträumerin",
lacht er und schlägt mir sanft auf die Schulter, doch dann wird er schlagartig wieder ernst. Mit einer Kopfbewegung deutet er die Straße hinunter auf ein heruntergekommenes, teilweise zerstörtes Gebäude, aus welchem dumpfer Bass zu drönen scheint. Wie ein Echo hallen die dusteren Töne uber die Straße und die Szene in The Scorch Trails kommt mir in den Sinn, mit irre geschminkten und halbnackten Tänzerinnen und Leute, die einen Crank im Endstadium hetzten wie einen Stier in Spanien. Zuerst verstehe ich nicht ganz, was von mir verlangt wird, doch dann macht es klick und zeitgleich mit der Erkenntnis beschleicht mich ein ungutes Gefühl. Meine Lippen formen ein lautloses "Aha", als ich beginne zu verstehen, was der Blonde von mir will. Mit angefachtem Interesse mustere ich das Haus und suche nach Merkmalen, doch es sieht genauso aus wie alle anderen, nichts deutet darauf hin, dass dies wirklich jener Ort sein könnte, wo Brenda und Thomas entlangkommen werden.
Sämtliche Blicke sind auf mich gerichtet, Erwartung liegt in den Augen der Lichter, doch ich kann nur mit den Schultern zucken. Es enttäuscht mich, sie enttäuschen zu müssen.
"Ich weiß nicht genau, alles sieht genau gleich aus. Wenn wir vielleicht reingehen würden..."
Sofort beisse ich mir auf die Zunge. Nein, ganz blöde Idee Alina! Ganz, ganz blöde Idee!
Aber die Jungs haben zu meinem Leid bereits angebissen.
Gemurmel bricht los, einige sind genauso entsetzt wie ich selbst über diesen absurden, unnötigen waghalsigen Einfall, andere wiederum zeigen sich hochmotiviert. Natürlich geht es 90% darum, halbnackte Frauen tanzen zu sehen, doch diese Deteils überhöre ich geflissentlich. Vielmehr bereitet es mir Sorgen, dass Newt, Clint und selbst Minho der Schnapsidee etwas abgewinnen zu scheinen.
"Wenn wir reingehen, erkennst du das Gebäude?"
hackt Alby nach, seine dunklen Augen mustern mich skeptisch. Sie haben etwas kaltes, ausdrucksloses an sich, etwas, was mir einen leichten unangenehmen Schauer über den Rücken jagt. Was macht Newts und Minhos ebenso dunkle, fast schwarze Augen so anders, so viel herzlicher? Ich weiß es nicht. Vielleicht fehlt Alby schlicht und ergreifend der nötige Sarkasmus des Asiaten beziehungsweise die liebevolle Art des Blonden, um mit ihnen mithalten zu können.
"V-Vielleicht..."
stottere ich überfordert und hätte mir gerne selbst in den Arsch dafür getreten. Nein! Verdammt! Nicht da rein! Das ist viel zu riskant. Oder?
Nun gesellt sich auch Jorge dazu, in seinem Gesicht liegt nicht die geringste Sorge. Viel mehr wirkt er belustigt, als freue er sich darauf, mich auf die Party zu schicken. Ich schlucke nervös. Vielleicht kann ich mich in den Straßen umsehen? Ist da nicht irgendwo eine Sackgasse, und eine Hintertür zum Partyraum? Andererseits gibt es hier viele blinde Enden, und viele schwere Eisentüren. So gesehen wäre es also reine Spekulation, sich auf das Äußere zu verlassen.
Eine andere Möglichkeit wäre, einfach auf Brenda und Thomas zu warten; doch wenn es die falsche Party ist... dann verpassen wir sie. Auch nicht gut. Aber andererseits, wie viele discoartigen Veranstaltungen wird es schon in einer Crankstadt geben?
Als hätte Jorge meine Gedanken gelesen, schüttelt er knapp den Kopf und blickt seufztend über die Schulter.
"Keine Ahnung ob das eine offizielle Party ist oder etwas internes, es gibt immer wieder solche Festivals hier. Es kann genauso gut sein, dass diese spezielle Veranstaltung wo anders ist. Weiter weg, am Rande der Stadt."
Na großartig. Bei diesen guten Aussichten steigt meine Motivation ja gleich von unterirdisch auf Erdkernniveau.
Verzweifelt versuche ich mein Hirn zum arbeiten zu bringen. Wir sind erst zwei Tage unterwegs... dass heißt, nach der Story im Buch müssten wir noch einen Tag gehen, ehe wir in die Nähe der Feier kommen. Andererseits haben die Lichter im Buch immer wieder Suchtrupps ausgesendet um die Abgängigen zu orten, weshalb sie sicher nicht schnurstraks durch die Gassen gelaufen sind wie wir, sondern mehr Zeit gebraucht haben. Meine Chancen stehen 50:50.
Also...
"Ich gehe mit ihr rein."
Minho. Nein. Halt die Klappe. Lass mich nachdenken!
"Ich komme mit."
Clint? Bist du behindert? Aus!
"Ich auch..."
NEWT!
"Leute! Nicht so viele. Nur drei, als zwei Begleiter."
Danke Jorge... äh nein, warte. Garkeiner geht da rein! Ich habe keine Lust unter Drogen gesetzt zu werden. Jedoch müssen wir ja nur einen Sprung hinein, und sobald ich mir sicher bin, können wir verschwinden. Die Fragw ist nur, wird das funktionieren?
"Also gut. Clint, Alina und ich. Lasst uns keine Zeit verlieren."
Ich hätte Minho am liebsten geschlagen für seinen überheblich Ton, als wüsste er genau, auf was er sich einlässt. Dabei hat er keine Ahnung, was ihn erwarten wird, keinerlei Erfahrung mit solch einer Angelegenheit. Nagut, ich bin auch noch nie auf so einer richtigen Aneinander-kleben-Disco gewesen, trotzdem ist mir eine derartige Situation wenigstens von der Vorstellung her bekannt.
Nervosität steigt in mir hoch und ich will etwas sagen, ein gutes Kontraargument finden; stattdessen stehe ich nur stumm da und bringe keinen einzigen Piepser hervor. Auf meine Selbstkontrolle ist ja wirklich verlass...
Die umherstehenden Lichter bilden eine Gasse, zwei große Hände legen sich auf meine Schulter und schieben mich vorwärts. Meine Fingernägel graben sich in meine Handflächen, während ich sie zu Fäusten balle, um meine Angst unter Kontrolle zu bringen. Angst, wie ich sie bisher noch nicht kennengelernt habe; Angst vor dem Ungewissen, vor dem Risiko. Bisher habe ich über jede gefährliche Situation genauestens bescheid gewusst oder war zu abgelenkt, um darüber nachzudenken was passierne könnte, doch nun tappe ich ganz bewusst ins Dunkel.
Ich kann nur hoffen, dass die Jungs so clever sind und sich nicht von den Drogen zurauschen lassen. Dass ich selbst so clever bin. Und dass wir nicht an die Typen mit der Pistole geraten; ansonsten stecken wir fest.
Insgesammt bete ich einfach nur zu dem großen, allmächtigen Papagei, dass diese Aktion ganz, ganz schnell vorbei geht.
Lang ists her, aber naja; so lange auch wieder nicht. Eine Woche.
Hier ein Update, was ich in den Ferien so in meinen lückenhaften Motivationsphasen zusammengetippt habe, + Schule wird es wahrscheinlich insgesammt ein wenig schwieriger. Vor allem weil jetzt noch die letzten Schularbeiten kommen, da muss ich lernen lernen lernen. Meh.
Jedenfalls hoffe ich, es ist nicht ganz so schlecht gelungen wie ich denke; das nächste Kapitel wird (hoffentlich) spannender.
Eine Bitte!
Ich als Hobbyautorin möchte mich natürlich weiter verbessern usw, deshalb bitte ich euch jetzt:
Schreibt eine Sache in die Kommentare, die euch an meinem Schreiben gefällt, und eine, die euch nicht gefällt! Wäre sehr nice!
Tschüss!
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