6. Story of my life
Nein, ich bin kein OneDirection Fan. Der Titel passt einfach, oke?
"Ich... äh... ich komm nicht von hier."
stottere ich unsicher herum. Ich bin eindeutig kein selbstsicherer Mensch, was Präsentationen angeht. Vor fremden Leuten ganz zu schweigen, auch wenn ich sie irgendwie doch kenne.
Gally schnaubt sofort übertrieben dazwischen, und bekommt von den anderen warnende Blicke zugeworfen. Er verdreht die Augen wie ein bockendes Kind, sagt aber nichts weiter.
"Also..."
fange ich erneut an, und suche verzweifelt nach den passenden Worten. Wie erklärt man so etwas am besten?
"Ich komme nicht von dieser... Welt."
Okay, das klingt mega einleuchtend. Jetzt glaubt mir sicher jeder; Sarkasmus lässt grüßen.
Ein mir unbekannter Hüter hebt die Hand, wie ein Schüler im Unterricht. Verwirrt blinzel ich ihn an.
"Ja?"
"Willst du uns jetzt verklickern, dass du'n Alien bist?"
Einige Lichter kichern. Ich schüttel perplex den Kopf.
"Nein. Also, so gesehen komme ich aus der Vergangenheit, aber irgendwie auch nicht. In meiner Welt gibt es keine Labyrinthe und keine Griewer. Da lebt jeder in einer Familie, hat einen Job oder geht in die Schule, verdient sein Geld. Und manche schreiben halt Bücher; wie dieses hier."
Ich zeige auf The MazeRunner in Newts Händen.
"Es gibt drei Bücher, und drei Filme davon. Ich hab alle Teile gelesen und gesehen. Und irgendwie bin ich jetzt in diese Story hineingekommen; fragt mich nicht wie. Auf jeden Fall kenne ich euch, die meisten jedenfalls. Manche vielleicht sogar besser als ihr euch selbst."
Mehr gibt es dazu nicht zu sagen. Jetzt kann ich nur beten, dass sie es mir glauben; ansonsten kann ich Newt und Chuck die Hand schütteln. Und Alby. Und Teresa. Und...
"Das wars?"
fragt mich der Anführer mit höhnendem Unterton in der Stimme. Ich seuftze schwer, jetzt ploß nicht reizen lassen.
Dann nicke ich knapp.
"Mehr interessiert euch nicht."
Keiner sagt etwas, jeder grübelt über meine Worte nach. Dann rührt sich wieder ein fremder Hüter.
"Und du weißt, warum wir hier sind?"
Irgendwie klingt diese Frage nebensächlich, als erwarte er ein Nein darauf. Ich nicke, schließlich weiß ich es ja. Eine Sekunde vergeht, noch eine. Dann springt er Junge so ruckartig auf, dass seine Nachbarn überrascht zusammenzucken, und stürtzt auf mich zu.
"Warum? Sags mir! WARUM?!"
brüllt er mich an und greift nach meinen Schultern, vermutlich um die Antwort aus mir herauszuschütteln, aber Minho reisst ihn zurück.
"Neppdepp! Jetzt nicht die Nerven verlieren, du Strunk!"
fährt er ihn an und drückt ihn zurück auf seinen Platz. Mein Puls geht derweilen schon wieder auf 180, super. Irgendwann bekomm ich einen Herzkasper hier.
"Und warum sind wir hier, deiner Meinung nach?"
mischt sich Newt endlich wieder ein und sieht mich ruhig und beherrscht an. Der hat echt Nerven zwischen diesem energischen Pack pupertierender Jungs, das muss man ihm lassen.
"Das ist nicht meine Meinung, das ist Fakt."
erwidere ich und sehe ihn herausfordernd an.
"Außerdem will ich auch noch lebend hier rauskommen."
Wieder gibt es eine Nachdenk-Pause, dann richtet Minho sich plötzlich gerade auf.
"Was hat'n das mit dem anderen zu tun, hm?"
fragt er leicht aggressiv und sieht mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. Ich zwinge mich seinem Blick standzuhalten.
"Wissen ist Macht."
sage ich nur.
Alle blinzeln mich fragend an.
"Na"
versuche ich zu erklären,
"Wenn ich euch alles sage, werft ihr mich nur wieder in den Bau oder verbannt mich sogar. Wenn ich unbrauchbar bin sozusagen."
Klingt doch einleuchtend, oder? Also für mich schon.
Newt schüttelt den Kopf, erst langsam, dann immer heftiger, bis seine blonden Strähnen ihm ins Gesicht peitschen.
"Das ist Klonk, was du da laberst. Wir sind skeptisch, ja, aber keine Unmenschen."
"Ich werde aber trotzdem nichts sagen."
"Und warum nicht?"
"Alles zu seiner Zeit."
Ich lasse mich gegen die Sessellehne sinken und betrachte meine Finger. Ich will hier weg, verdammt, einfach nur heim! In meinen Tagträumen war so eine Begegnung immer viel cooler, viel chilliger. Aber das hier ist der größte Klonk.
"Und was machen wir jetzt mit der? Das wurde immer noch nicht entschieden."
knurrt Gally und sieht mich an, als wäre ich an aller Welt Probleme schuld. Ich seuftze darauf nur. Gally kann mich nicht mehr reizen, allein sein Dasein ist schon Provukation genug.
Alby will schon was ansetzen, aber Newt unterbricht ihn einfach.
"Meiner Meinung nach stehen die Chancen, dass sie uns Klonk oder etwas Wahres erzählt, 50:50. Soll sie doch auf der Lichtung herumrennen und uns ihre Theorien vorquatschen, wir müssen es ja nicht glauben. Solange sie in Sichtweite bleibt und keine neppdeppigen Sachen tut, ist's mir schnuppe."
Vorsichtig nicken ein paar Hüter zustimmend, andere grummeln leise vor sich hin, erheben aber keinen Einspruch. Newt lässt seine Handflächen ineinanderklatschen.
"Keine Widersprüche? Dann passts ja."
Sollte ich mich jetzt freuen, dass ich nicht mehr in den Bau soll, oder ärgern, dass so abschätzend über mich geredet wird? Ich entscheide mich vorerst fürs erstere und atme erschöpft aus.
"Ist die Versammlung jetzt vorbei?"
fragt Minho und gähnt gelangweilt.
Newt hebt leicht die Hand.
"Nur eines noch: Wie heißt du überhaupt?"
Wow, diesmal spricht man sogar mich persönlich an und redet nicht über mich drüber, Respekt.
Ich ziehe die Augenbrauen hoch.
"Das wüsstet ihr gerne, was?"
entgegne ich herausfordernt und lege gleich ein
"Was bekomm ich denn dafür?"
nach.
Wo kommt diese Selbstsicherheit auf einmal her? Oder besser: Wo bleibt sie, wenn ich sie brauche??
Zuerst starren mich alle nur perplex an, dann zucken Newts Mundwinkel nach oben.
"Was zum Essen?"
schlägt er vor und wie auf Kommando knurrt mein Magen leise. Ja, ich habe wirklich Hunger. Was zum Beissen wäre schon nett...
Ich tue so, als würde ich ernsthaft überlegen, und streichle meinen imaginären Bart.
"Was gibts denn?"
beantworte ich seine Gegenfrage mit einer Gegenfrage und gucke zu Bratpfanne hinüber. Der nickt sofort eifrig, als er meinen Blick bemerkt.
"Erbsenreis mit Hühnchen!"
ruft er stolz, als wären solche passende Kombinationen nicht oft zu haben hier.
Ich unterdrücke den Drang, mein Gesicht angeekelt zu verziehen; ich hasse Erbsen. Alles, alles esse ich, nur nicht diese grünen Dinger! Aber wählerisch will ich auf keinen Fall wirken.
"Auf den Deal lasse ich mich ein."
meine ich deshalb gespielt lachend und versuche ein wenig schelmisch zu grinsen. Ich erwarte schon, dass sich alle erheben und aus dem Staub machen würden, aber keiner rührt sich.
Achja, mein Name.
"Alina."
Keiner zeigt eine Reaktion. Irgendwie nerven diese Stilleperioden langsam...
Dann klopft Newt mir leicht auf die Schulter und lächelt mich freundlich an.
"Na dann, Alina, füttern wir dir ma' bisschen Speck an die Rippen."
Damit ist die Versammlung beendet.
Die Essensausgabe erinnert mich an das Gedränge beim Schulbus, wo jeder versucht sich mit Körpereinsatz nach vorne zu drängen, um noch einen Sitzplatz zu ergattern. 50 Jungs an einer Theke? Chaos pur!
Netterweise führt mich Bratpfanne direkt in die Küche und gibt mir gleich von dort aus meine Portion. So muss ich mich nicht selbst in die Schlacht stürtzen, sondern kann die Rauferei mit Sicherheitsabstand von außen her betrachten.
Ich habe mich hinter einen Hüttenpfahl hingesetzt, den schmierigen Teller mit meinem Hassgemüse auf dem Schoß, und betrachte nachdenklich die Lichter. Sie gröhlen und quatschen munter miteinander und wirken dabei so sorglos, als würden sie nicht in einem riesigen Labyrinth hocken, dass vielen von ihnen in den nächsten paar Tagen den Tod bringen wird. Fustriert atme ich aus, verdränge den Gedanken an tragische Todesszenen und betrachte das Essen vor mir. Okay, bloß nicht zu viel nachdenken. Runter damit!
Energisch stopfe ich mir einen Löffel Erbsen in den Mund und unterdrücke den aufkommenden Würgereiz. Ruuunnnterschluckeeeennn...
"Schmeckts nicht?"
Erschrocken zucke ich zusammen und hätte beinahe das Gemüse wieder ausgespuckt. Newt steht vor mir, mit seiner Portion in der Hand, und grinst mich blöde an. Dann hockt er sich gut einen Meter entfernt neben mich und betrachtet seine eigene Mahlzeit eine Weile, als wäre es die Antwort auf ein tiefgründiges Problem.
"Ich weiß nicht genau, was ich von dir halten soll. Aber ich glaube nicht, dass du eine Gefahr darstellst."
kommt er gleich zum Thema. Ich verdrehe die Augen. Irgendwie war das verhersehbar.
"Ich kann euch nur sagen, wie es ist. Hätte ich die Story realistischer erzählt, wäre es eine Lüge."
Ich schaufel mir noch mehr Reis hinein. Sollen die doch glauben, was sie wollen. Ist mir doch egal.
Falsch: Mir ist es eben nicht egal. Ich will, das Chuck überlebt. Das Newt überlebt. Und auch das Alby überlebt, obwohl er mich wie eine Verbrecherin behandelt. Immerhin ist er auch Teil des Buches, Teil der MazeRunner-Crew. Aber um irgendeinen Einfluss zu haben, brauche ich Vertrauen. Verdammter Mist...
"Ich habe nochmal vorher mit Alby gesprochen. Er glaubt dir kein Wort und hält dich immer noch für einen Schöpfer."
Danke für die Info, das wusste ich schon.
Wahrscheinlich habe ich seinen Stolz einfach zu sehr mit dem Knietritt verletzt. Ich sehe vorsichtig auf und begegne genau Newts Blick; und sehe schnell wieder weg. Der Junge lacht.
"Bist du immer so?"
"Wie so?"
"Na so... verschieden. Mal bist du total nervös und schüchtern, dann wieder selbstsicher. Wie bist du jetzt wirklich?"
Gute Frage. Nächste Frage.
"Ich bin eigentlich ein sehr ruhiger Mensch."
murmel ich meinen Erbsen zu und betrachte die grünen Kügelchen von allen Seiten. Igitt.
"Ruhig? Also nach der Box warst du ja nicht sehr ruhig."
"Am Anfang schon. Da war ich so ruhig, schon fast tot, nicht?"
Newt lacht wieder, locker und unbeschwert. Irgendwie beruhigt es mich, dass er so ungezwungen scheint. Vielleicht vertraut er mir nicht, aber misstrauen scheint er mir auch nicht gerade.
"Ja, da hast du recht."
Wir schweigen uns eine Weile an. Ich weiß nicht so recht, was ich sagen soll; dem Gefühl her nach könnte ich ganz normal mit ihm Quatschen, ich kenne ihn ja. Aber umgekehrt... nope. So funktioniert das nicht.
Plötzlich schießt mein Kopf hoch, wie von selbst. Ich kann gar nichts dagegen machen. Newt sieht mich immer noch an. Ich weiß meine Haare sind toll, aber schon langsam wird dieses Gestarre creepy.
"Warum hinkst du?"
Die Frage kommt mir über die Lippen, ehe ich nachdenken kann. Klar weiß ich, warum; ich kenne die Wahrheit. Aber vielleicht... vielleicht kann ich ihm damit etwas beweißen. Wenn ich die Antwort weiß.
Newt zieht die Augenbrauen hoch.
"Hast du das denn nicht gelesen?"
Die Gegenfrage wirkt nicht ernstgemeint, eher als Spaß, als Stichelei. Ich antworte nicht.
"Griewerangriff. Ich war mal Läufer."
Er zuckt mit den Schultern, als wäre es nichts Besonderes. Es war so klar, das er lügen würde.
"Achja?"
hacke ich nach und mustere seine Gesichtszüge genau. Nun hält er den Blick abgewandt, rührt stattdessen in seinem Essen herum. Das ist bestimmt schon kalt.
"Ja."
Der nächste Satz tut mir in der Seele weh, aber ich muss Vertrauen schaffen. Vertrauen im Sinne von: Vertrauen in mein Wissen, auch wenn es bedeutet, dass ich persönlich nur Hass ernte.
Das ist die einzige Chance, um gewissen Leuten das Leben zu retten.
"Du bist also nicht die Wände hochgeklettert und hast versucht dich in den Tod zu stürzen, weil du das Labyrinth so hasst?"
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