[25] Top Secret oder was?
Chucks P.O.V.
Das leise Weinen der älteren, grauhaarigen Frau rechts neben mir bohrt sich in mein Trommelfell wie ein spitzer, gebogener Dorn. Seit ich hier bin heult sie wie ein Schlosshund, die Hände im Schoß gefalten und das eingefallene, zeitgegerbte Gesicht vor Verzweiflung zu einer Grimasse verzogen. Gerne würde ich sie trösten und ihr versichern, dass alles gut werden würde; doch die Angst vor dem Bevorstehenden schüchtert mich selbst so ein, dass ich es nicht wage, meine Unruhe noch möglicherweise auf andere zu übertragen.
Deshalb lehne ich mich einfach stumm an Teresas Schulter, die mir daraufhin kurz durch das fettige Haar fährt, ehe sie den Blick wieder starr gegen die Wand richtet. So saß sie schon seit geschätzten drei Stunden da: in einem lockeren Schneidersitz, die Knie zu einem stummen Rhythmus auf und ab wippend, während sie mit emotionslosen, starren Augen die gegenüber liegende Wand mustert, als beinhalte sie sämtliche Fragen des Universums. Den Anderen schienen ähnliche Dibge durch den Kopf zu gehen, auch ihre Gespräche waren längst verstummt und verdrückendes Schweigen hüllt die Gruppe der Lichter und Lichterinnen ein. Wer weiß, wie sich Gruppe B nannte, damals, in ihrem Labyrinth, deshalb nehme ich mir die Freiheit und übernehme die eigene Bezeichnung einfach.
Im Gegensatz zu uns stummen Fischen zeigen sich die anderen Gefangenen jedoch als sehr gesprächig. Es haben sich mehrere kleine Gruppen gebildet, die sich jeweils in einer Ecke des Raumes zusammengerottet haben und Theorien und Fluchtpläne ausdiskutieren. Die meisten scheinen der Überzeugung zu sein, ANGST stecke hinter der Massenentführung. Nach Umfrage hatte sich herausgestellt, dass alle, die von den maskierten Leuten hier eingesperrt wurden, immun sind. Logisch, denn für die Tests brauchen sie die speziellen Gehirnfunktionen, und da die ersten Experimente schief liefen, starten sie nun eine zweite Runde.
So zumindest hat es Teresa erklärt, und es klang einleuchtend. So einleuchtend, dass mir sofort schlecht wurde und ich beinahe weinen musste. Aber nur beinahe.
Dumpfe Schritte nähern sich der verriegelten Eisentür, mehrere Schlösser knacken und der Flügel schwingt auf. Herein treten einige Maskenträger, die Waffen warnend auf die Masse gerichtet, um ihre Übermacht zu signalisieren, und winken dann ihren außen stehenden Kollegen. Vier Personen werden - wie vermutet - mit Kapuzen über dem Kopf als zusätzliche Gefangene hereingeschupst, danach verlassen die Kidnapper fluchtartig den Raum und werfen die Eisentüre wieder zu. Gleichzeitig mit dem nachhallenden Echo des Knalles von Eisen auf Eisen reissen sich die Neuankömmlinge den Sichtschutz herunter; und glatt geht mir das Herz auf.
"Thomas! Minho! Ihr seid hier!"
stoße ich japsend hervor, rappel mich ungelenk auf und stürme auf die verdutzt dreinschauenden Vier zu. Thomas schaltet als erstes, er breitet die Arme aus und umarmt mich so herzlich, dass ich nun doch weinen muss. Nur ein paar Tränen aber, wirklich nicht viel!
"Schön dixh zu sehen, Chuck",
nuschelt der Ex-Läufer, klopft mir zur Abrundung dieses Emotionalen Ausbruchs kurz auf die Schulter und sieht sich dann im Raum um. Vermutlich nach den Anderen.
Auch Minho klopft mir träge auf den Rücken, was mich anfangs ziemlich erschreckt, da der Hüter sonst nie viel mit mir am Hut hat. Brenda ist da schon offener, sie drückt mich kurz an sich, ehe sie Thomas hinterherläuft, der gerade von einee Frau ausgefragt wird. Wie auch uns vor ein paar Stunden erkundigt sie sich nach der draußigen Lage, jedoch können sie auch zu meinem Bedauern nichts weitergeben. Wie wir gefangen wurden, waren wir um ein Haar gerade einer mörderischen Horde von Cranks entkommen, die Mitten auf der Straße gesessen haben. Kaum waren wir diesen Zomies entwischt, waren wir auch schon dem nächsten Feind in die Hände gelaufen.
"Seit wann seid ihr hier?"
wendet sich Jorge gerade an eine Lichterin, und bekommt promt die ganze Story seit unserer Flucht reingedrückt. Zwar kenne ich den Namen dieses Mädchens nicht einmal, doch Teresa hat mich bereits gewarnt, dass man einen wirklich steinharten Geduldsfaden und jede Menge Zeit haben sollte, wenn man sich mit dieser Typin unterhält.
Erst nach einigem Umsehen fällt mir auf, dass jemand abgängig ist. Von der unerwarteten Begrüßung eben etwas ermuntert, wage ich es, Minho anzusprechen, was ich aus Respekt wohl vorher nie getan hätte.
"Wo ist Newt?"
stelle ich die direkte Frage, und promt verschwindet das sarkastische Grinsen, das der Asiate wohl auch im Schlaf trägt. Sofort wird mir bewusst, dass ich damit wohl eine Sperrzone angeschnitten habe, doch für einen Rückzieher ist es nun zu spät.
"Newt ist bei den Cranks. Wir haben versucht ihn zu überreden, doch er hat sich geweigert."
Kein trockener Humor und kein ironischer Unterton ist aus Minhos monotonem Gerede herauszuhören. Ich schlucke; ich hatte nicht erwartet, den blonden Jungen an die Zombies zu verlieren. Jene, vor denen wir noch vor kurzer Zeit davongerannt sind. Die Vorstellung, vor einem wahnsinnigen Newt zu flüchten, ist irrwitzig und beängstigend zugleich.
"Und Alina? Habt ihr von ihr was gehört?"
Schon als ich ihren Namen in den Mund nahm, wurde mir klar, dass das dünne Eis auf diesem Gebiet brechen wird. Vielleicht nicht bei den anderen, wenn ich sie frage, doch bestimmt bei Minho.
Und ich behalte recht. Sein Blick verdüstert sich, so sehr, dass mir scheint, sie würden sich in zwei kleine, endlose Klippen verwandeln. Reflexartig ziehe ich den Kopf ein, leise betend, Thomas würde mir zur Hilfe kommen, der sich nichtsahnend mit Teresa am anderen Ende des Raumes streitet.
"Die ist egal, klar? Die ist völlig egal. Keinen juckt, was mit ihr passiert ist."
Die Worte klingen eher wie eine Drohung, als eine Feststellung.
Doch. Ich will wissen, was mir ihr passiert ist.
Doch keine Sache der Welt hätte mich jetzt dazu gebracht, Minho diesen Satz ins Gesicht zu sagen.
Eine weitere Ewigkeit vergeht. Vielleicht auch nur eine kurze Weile, ich bin mir nicht sicher. Jedenfalls genug Zeit, damit sich Minho wieder beruhigt, Thomas sich mit Teresa versöhnt und Brenda mir die ganze Geschichte erzählt, was sie so erlebt haben. Sie erzählt von der Entfernung der Chips, beschreibt das Zusammentreffen mit den Kopfgeldjägern und und letztendlich auch das Gespräch mit Newt. Die Braunhaarige verfällt regelrecht in eine poetische Phase, in der sie die Szenerien ausschmückt und detailliert erklärt, als schreibe sie gerade einen Roman. Vielleicht tut sie das auch nur, um die Geschichte besser verdauen zu können; langsam komme ich mir vor wie ein Psychiater, von dem ein Statement zu all den Sorgen des Anderen erwartet wird.
Doch Brenda fragt mich nicht nach meiner Meinung. Sie redet einfach,und das ist gut. Nur hin und wieder stockt sie. Dabei neigt sie ihren Kopf leicht zur Seite, was sie nachdenklich erscheinen lässt,als müsse sie überlegen, wie sie die Situation am besten darstellt. Gegen Ende der Story, wo ich schon fast schläfrig werde wie bei einer Gute-Nacht-Geschichte - oder weil das ganze einfach schon fast eine Stunde dauert - gerät sie immer öfters in die Sackgasse, der Redefluss wird holpriger und sie scheint ehelich nach Worten zu fassen. Als sie bemerkt, dass mir ihre langen Nachdenkpausen auch schon langsam auffallen, wird sie plötzlich nervös und spielt zappelig mit ihren Fingern herum.
"Jedenfalls, sind wir dann festgenommen worden. Newt blieb allein zurück, wie du ja schon gehört hast. Das wars."
'Das wars' ist nett gesagt, immerhin redet sie seit einer Weile schon ohne Punkt und Komma. Als hätte sie Stress, damit das Erlebte ja den Rundgang durch die Gruppe macht.
"Du verschweigst etwas",
ertönt es plötzlich erschreckend laut direkt neben mir, und ich zucke während eines weiten Gähners zusammen.
Das Mädchen, welches bekanntlich immer so viel redet, hat sich direkt hinter mich gesetzt und anscheinend die ganze Story mitverfolgt. Fragend ziehe ich die Augenbrauen zusammen und sehe zu Brenda, die angespannt die Lippen zusammenpresst.
"Verheimlichen? Warum das?"
"Weil du nachdenken musst, wie du die Geschichte so umdrehen kannst, damit sie anders Sinn ergibt. Einmal hast du dich vertan. Wo Minho angeblich die Drohne niedergeschlagen hat, aber dann hast du gesagt, ihr wärt erst bei Thomas angekommen, nachdem sich das Ding ausgeschaltet hat. Das macht keinen Sinn. Du umschreibst irgendetwas. Nur was? Hattet ihr vielleicht eine Begegnung mit dem Rattenkerl persönlich? Oder, vielleicht habt ihr Newt ja gar nicht zurückgelassen, sondern er hat die Drohne niedergeschlagen! Aber das ergibt dann keinen Sinn... Oder..."
"Halt, halt, halt!"
stoppt Brenda ihren Wortschwall und unterstreicht die Worte mit abwährend erhobenen Händen.
"Ich verheimliche nichts, klar? Warum auch? Es war alles so, da hat keine zusätzliche Person mitgespielt."
"Zusätzliche Person? Davon hab ich nichts gesagt. Wen hattet ihr denn dabei?"
Verdutzt sieht Brenda zwischen mir und der Lichterin hin und her, dann steht sie auf und klopft sich demonstrativ die Hose ab.
"Blödsinn",
murrt sie halblaut und schlendert betont lässig zu Thomas hinüber, jedoch hat ihre Körperhaltung trotzdem etwas Fluchtartiges.
Über die Schulter hinweg sehe ich zu der Quaseltante, die den Blick wie ein ermittelnder Detektiv auf das braunhaarige Mädchen geheftet hat.
"Also wenn du mich fragst,verschweigt sie trotzdem irgendetwas. Sie lasst etwas aus. Aber mich geht es nichts an; das ist dein Kaffee, junger Mann."
Übertrieben stark klopft sie mir auf die Schulter, sodass ich erneut erschrocken zusammemzucke, dann steht auch sie ungelenkig auf und stackst zu einer kleinen Ansammlung aus Mädchen der Gruppe B.
Was sollte Brenda verschweigen? Was kann denn so schlimm sein, dass es auf keinen Fall in Umlauf gebracht werden darf, sodass man sogar eine falsche Geschichte verbreitet?
Vielleicht nicht das beste Kapitel, aber ich habs mit Schnupfen und Kopfweh geschrieben :( Sorry. Hoffe es gefällt euch trotzdem.
Anderes Thema:
UMFRAGE LOLOLOLO
Ich bin mit dem jetzigen Klapptext ziemlich unzufrieden. Nach so vielen Kapiteln wisst ihr ja schon, worum es geht, weshalb ich euch nun auffordere:
Schreibt mal alle eure Ideen für einen kurzen, knackigen Klapptext, der trotzdem neugierig macht,in die Kommis! Vielleicht kann ich ein paar Ideen reinbringen!
Thx <3
Tschüss ^^
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro