[13] Without you, my friend...
Ich warne euch schon mal vor:
Ich bin mega schlecht im traurig/ernst schreiben. Aber ich habs versucht... naja, das Drama beschränkt sich zum Glück auch nur auf ein Kapitel. Seid nicht böse wenn das dann etwas unrealistisch wirkt xD
◇◆◇◆◇◆
Ich warte auf den Schmerz, der in meinem Körper explodieren wird, der jegliche Gedangen aus meinem Kopf fegt und die Welt in ein verwaschenes Farbenspiel verwandelt. Ich warte auf die entsetzten Schreie, auf die Aufruhr, auf Blondies fieses Lachen im Hintergrund, die Wärme meines Blutes, wenn es mein Hemd tränkt.
Doch es passiert nichts. Zumindest in nicht jener Reihenfolge, wie ich es erwartet hätte.
Zuerst wäre da einmal der Schuss. Natürlich, ohne Kugel, kein Tod. Ohne Tod, kein Drama. Aber warum spüre ich nichts?
Danach ertönt der Schrei. Der Schrei, welcher mich dazu veranlasst, die Augen wieder aufzureissen, obwohl mein Unterbewusstsein längst weiß, was passiert war. Doch bekanntlich braucht es immer eine Weile, bis das Gehirn die Situation zu sich durchdringen lassen will, und bis dahin können Welten untergehen. Genau wie jetzt.
Dass man Blondie die Pistole wegnimmt, nehme ich gar nicht mehr wahr. Auch die Rufe der anderen verblassen, mein Tunnelblick gilt einzig und allein der am Boden liegenden Person, welche sich vor Schmerzen krümmt und sich die Hände auf den Bauch presst. Blut sickert unaufhaltsam zwischen den Fingern des Jungen hervor, zu viel, um die Menge richtig einschätzen zu können. Zu viel ist es auf jeden Fall; viel zu viel.
Niemand hält mich auf, als ich losrenne. Niemand versucht mich zurückzuhalten, niemand stellt sich mir in den Weg. Meine Lippen formen immer wieder den gleichen Namen, immer und immer wieder; und doch bringe ich keinen einzigen Ton hervor, bis ich mich neben die hustende, würgende Gestalt niederknie. Das Blut schwappt um meine Knie und tränkt den Stoff meines Hose, doch es ist mir egal. Es ist mir einfach egal, und doch bereitet es mir eine Kreuzung aus Würgereiz, Schüttelfrost und Hitzewallung, bei dem Gedanken, um wessen Blut es sich handelt.
"CLINT!"
Es ist mehr ein Schrei als ein Ruf.
Der Sanitäter hustet weiterhin, sein Atem geht keuchend und abgehackt, als müsse er für jeden Zug all seine Kraft aufbringen. Er windet sich, sträubt sich gegen das Unausweichliche, wo er doch keinerlei Chancen mehr hat. Ich weiß es, die anderen wissen es; und er, als Fachkundiger, weiß es ganz bestimmt besser als jeder andere.
Nun kommt der Schmerz. Jenes Gefühl, welches der Umwelt jegliche Konturen nimmt und alles ineinander verfließen lässt, bis man hell und dunkel nicht mehr unterscheiden kann. Die Stille in meinem Kopf fühlt sich hohl und gleichzeitig drückend an, sie scheint meinen Körper wie eine Nussknacker in die Mangel zu nehmen und immer weiter zuzudrücken, bis meine Schale zerspringt.
Er bäumt sich auf, einmal, zweimal, dreimal. Schnappt nach Luft, spuckt Blut, so viel, dass meine Sinne von dem metallischen Geruch ganz benebelt sind und mir ein Schwindelgefühl bereitet. Ich kann nicht genau sagen, wie lange dieser elende Todeskampf angedauert hat, doch das Ende kam so rasant, als hätte man spontan den Off-Knopf gedrückt. Clint klappt in sich zusammen, die Augen geschlossen, ein dünnes Rinnsal führt von seinem Mundwinkel aus in die Lache rund um ihn herum. Mit seinem plötzlichen Ende scheint er auch jegliche Emotionen mit sich genommen zu haben, mein Kopf ist wie leergefegt, die Welt um mich herum ist mucksmäuschenstill. Kurze Zeit bin ich davon überzeugt, dass meine Sinne durch den Schock jegliche Geräusche ausblenden, doch dann bricht der Krawall los. Rufe, Schreie, Flüche, alles kunterbunt durcheinandergemischt.
Und im Hintergrund, wenn auch nur ganz, ganz leise, höre ich Blondies irres, schadenfrohes Gegacker.
Der Tod ist nie willkommen. Er ist ein Einzelgänger, denn Freunde hat er nicht. Und Familie erst recht nicht; er ist eine Ausgeburt der Hölle, eine Strafe des Lebens. Jeder muss irgendwann einmal sterben, und doch will es keiner akzeptieren. Die Lebender vermag man sich nicht vorzustellen, wie es ist, zu sterben. Nicht mehr zu exestieren. Einfach nicht mehr zu sein.
Und doch kommt man dem Geheimnis mit jedem Ableben etwas näher. Diese Ruhe, die einen Toten umgibt. Die noble Blässe, die Reglosigkeit, die Kühle. Es fügt sich alles zu einem passenden Bild zusammen, welches dem Betrachter einen eisigen Schauer über den Rücken jagt.
Emotionslos ist wohl das falsche Wort, um meinen Zustand zu beschreiben. Durchaus habe ich noch Emotionen; wenn man den Schmerz, der mich bei lebendigem Leib von innen heraus aufzufressen droht, als Gefühl bezeichnen kann. Viel eher passend ist meiner Meinung nach die Bezeichnung zermürbend. In dem Fall wären die gesamte Maze-Runner-Bücher die Mahlsteine, und ich liege dazwischen, unfähig, der Situation zu entfliehen.
Auch die Reaktion der Anderen macht mir zu schaffen, und tröstet mich gleichzeitig auch ein wenig. Mit Jeff kann ich trauern, auch wenn mir kein Wort dabei miteinander wechseln. Manchmal sitzen wir nur stumm nebeneinander und versuchen darum zu wetteifern, wer depressiver dreingucken kann.
Newt versucht mich aufzubauen, mir einzutrichtern, dass ich nun um Clints willen weiterkämpfen muss. Für ihn.
Chuck tröstet mich, nimmt mich in den Arm, spendet mir Körpernähe.
Und Minho... Minho meint, ich soll gefälligst meinen Arsch aus dieser Depriphase schwingen, es habe so und so keinen Zweck mehr, darüber zu brüten. Auch wenn ich ihm gerne geglaubt hätte, so bin ich doch zu willensschwach, um mich aus dem Loch zu hieven, in dem ich gerade festsitze. Ein sehr tiefes, dunkles Loch, in das keine Leiter reicht.
Die Tage vergehen schnell, wie mir scheint. Aufstehen, gehen, schlafen. Durch Häusermeere hindurch, die mit jedem Tag lichter werden, bis wir letztendlich wieder auf kahlem, ebenen Wüstenboden spazieren. Die Erde reflektiert die Wärme und treibt den Schweiß aus den Körpern, mein Anzug ist nach wenigen Minuten bereits durch und durch nass. Man sieht an meinen Knien immer noch die dunklen Flecken des eingetrockneten Blutes, wo es abgebröckelt war, doch wir tragen kein Reservegewand bei uns, als dass ich mich hätte umziehen können. Immer noch meine ich den metallischen Gestank zu wittern, doch wenn ich die anderen danach frage, schütteln sie nur den Kopf. Ich werde schlicht und ergreifend verrückt, glaube ich.
Ich liege flach am Boden und sehe in den Himmel. Er ist kohlrabenschwarz, nur ein paar winzige Sterne funkeln in der Dunkelheit, zusammen mit der hauchdünnen Mondsichel, welche jedoch kaum Licht spendet. Jemand setzt sich neben mich und schon glaube ich, dass es sich um Newt handelt, der mir abermals gut zureden will, doch dann blicke ich auf und sehe direkt in Minhos dunkle Augen. Der Asiate kratzt sich am Hinterkopf, als wüsste er nicht genau, was er sagen sollte, nachdenklich kaut er auf seinen Lippen herum und bleibt stumm. Irritiert sehe ich zu ihm hoch. Was sollte das nun werden?
Er scheint meinen fragenden Blick zu bemerken, denn er seufzt resigniert und fährt sich mit einer Hand durchs Haar.
"Newt hat gemeint, ich soll dich gefälligst trösten, aber ich hab keinen Plan wie. Du kennst meine Meinung",
sagt er gerade heraus und sieht mir dabei schamlos ins Gesicht. Nun bin ich es, die seufzt. Und wie ich seine Meinung kenne; er hat sie mir in den letzten Tagen oft genug gegeigt. Anfangs noch dachte ich, es sei seine Taktik, mich aufzubauen, doch mittlerweile sehne ich mich einfach danach, in Ruhe traurig sein zu können. Warum versteht er das nicht? Dass Menschen trauern? Akzeptiert er es wirklich einfach so, dass Clint für mich gestorben ist? So gesehen war es eine Doppelopferung, denn wäre er nicht gewesen, wäre vermutlich ich tot, und wäre ich nicht gewesen, wäre Minho tot, aber Clint noch am Leben. Denn Clint hat sich ganz bestimmt nicht für den Hüter der Läufer in die Laufbahn geworfen.
"Weißt du...",
beginnt Minho wieder, seine Stimme klingt emotionslos, als würde er ein Gedicht aufsagen. Als hätte er sich folgende Worte bereits tagelang zurechtgelegt.
"Natürlich bist du traurig oder so, auch wenn ich es bei Clint nicht nachvollziehen kann. Ich konnte den Typen noch nie leiden. Aber selbst jetzt, nach all dem, was passiert ist, geht die Testphase weiter, es gibt immer noch Leben, die gerettet werden müssen, die in Gefahr sind. Und so lange die Chance besteht, dass man andere außer Gefahr bringen kann, sollte man die Vergangenheit vergessen und handeln. Wenn du jetzt in deinem Selbstmitleid ertrinkst, bereust du später, dich nicht zusammengerissen zu haben. Du musst aufwachen, Alina. Bevor zu komplett einschläfst."
Seine Worte hängen wie Rauch in der Luft, heiß und stickig, brennen sie mir in der Kehle. Ich muss aufwachen. Aber wie? Ohne Clint? Er war nicht mein Lebensinhalt, doch er war ein Freund. Ein guter Freund, der mir sein Vertrauen geschenkt hat, wie noch keiner jemals davor. Er hat es nicht verdient gehabt, zu sterben. Du wirst es bereuen. Mein Blick schweift über die schlafende Menge an Lichtern. Ich sehe Newt, wie er neben einigen unbekannten Lichtern sitzt und mit ihnen diskutiert, ich sehe Alby, wie er neben Jeff sitzt und auf ihn einredet. Ich sehe Chuck, wie er friedlich wie ein Engel schläft, die Locken sind noch ganz plattgedrückt vom Schweiß des Tages. Ich denke an Teresa, an die Gruppe B, die wir in den nächsten Tagen wahrscheinlich treffen werden. Zu dieser Begegnung habe ich mir noch keinerlei Gedanken gemacht, muss ich ehrlich zugeben.
Ich denke an Clints Welpenaugen, wie sie mich anblinzeln, denke an seine fürsorgliche Art, wie ein Kinderarzt. Er wäre ein brillianter Kinderarzt gewesen, niemand hätte bei ihm Angst gehabt, ganz sicher.
Zu Schluss sehe ich wieder zu Minho, der gerade weit gähnt, unter meinem Blick aber sofort den Mund zuklappt und mich abwartend anguckt. Meine Kehle fühlt sich rau und trocken an, dementsprechend ist meine Stimme kratzig wie Sandpapier. Doch viel wichtiger wie der Ton ist doch die Bedeutung der Worte, der Hintergrund, die Absicht. Die Entschlossheit.
"Guten Morgen."
Was sag ich? Meh ._.
Naja, vergessen wir das. Nächstes Kapitel geht es besser weiter, I swear.
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