13. Halb-Verwandlung
Alina P.O.V.
Es ist dunkel. Wie am Anfang, als ich in der Box war.
Nur diesmal ist da kein Gitterboden, sondern nur Leere und Schwärze. Trotz der wenigen Anhaltspunkte in meinem Sichtfeld scheint sich alles zu drehen, wie eine Kugel, hoch und runter, seitwärts, längswärts, sodass ich kaum mehr weiß wo oben und wo unten ist. Egal wie stark ich mich konzentriere und anstrenge, ich bekomme einfach keinen klaren Gedanken zu fassen, dazu ist mir viel zu schwindelig.
Dann, von einem Moment auf den anderen, stehe ich plötzlich auf der Lichtung, einfach mitten auf der Wiese. Die Jungs um mich herum arbeiten seelenruhig, ignorieren mich, als wäre ich nicht da. Ich rufe sie, rufe um Hilfe; aber meine Stimme hallt ungehört ins Nichts oder wird von einer unsichtbaren Wand aufgefangen, bevor sie jemanden erreichen kann. Ich versuche zu gehen, zu rennen, irgendetwas zu tun, doch mein rechtes Bein ist schwer wie Blei und bewegt sich keinen Centimeter; als wäre es im Boden einbetoniert worden. Als ich an meinen Oberschenkel greife, um es schon händisch nachzuschleifen, zuckt ein brennender Schmerz durch meine Muskulatur und ich stöhne gequält auf. Das Bein selbst ist wie taub, ich kann es weder fühlen noch bewegen, aber Schmerz, ja, den spühre ich. Diese Logik...
Dann sticht mir etwas in den Arm. Ich fühle es nur ganz leicht, nur ein Pieksen, wie bei einer Impfung. Und dann geht die Hölle los.
Als erstes taucht Chuck auf. Er ist blutüberströmt, seine Kleider sind zerfetzt und in seinen Augen herrscht der pure Wahnsinn. In der Hand hält er verkrampft einen Putzlappen, der ebenfalls mit Blut getränkt zu seien scheint.
Als er mich sieht, läuft sein Gesicht rot an vor Zorn und er beginnt zu schreien.
"Du hast es gewusst! Du hättest es verhindern können! Nun sieh dir an, wie ich jetzt aussehe!"
Hinter ihm kommen auf einmal Thomas und Teresa hervor wie durch einen dichten Nebel. Thomas ist total verheult und geht gebückt. Sein Blick ist traurig und gegen den Boden gerichtet.
"Chuck..."
flüstert er immer wieder, Teresa umarmt ihn tröstend, aber nichts scheint ihm zu helfen. Da nimmt Thomas plötzlich ein Messer aus seiner Tasche - wo das jetzt herkommt, vermag ich nicht zu sagen - und schneidet sich mit einem Zug die Kehle durch. Teresa schreit auf, kniet sich neben den blutenden Jungen und weint sich die Augen aus dem Kopf, doch ihr Tom ist schon längst hinüber und nur mehr eine leblose Leiche.
Dann taucht Newt auf. Aber nicht irgendwie; als Crank. Überall eiternde Wunden, zerfetzte Kleidung, verstrubbeltes Haar. Dicke, wurmartige Adern winden sich unter seiner Haut. Er brüllt mich ebenfalls an.
"Warum hast du mich nicht gewarnt? Jetzt muss ich so leben! Wolltest du das so? Bist du jetzt glücklich?"
Ich schreie. Ich schreie einfach, ich halte das nicht länger aus.
"Nein! Bitte!"
presse ich keuchend hervor, aber Newt hat sich bereits abgewandt. Hinter ihm erscheint Alby, blutüberströmt. Eine tiefe Wunde zieht sich quer über seine Brust, Würmer winden sich darin, als würde er bereits verwesen.
Er flüstert Crank-Newt etwas zu, der daraufhin nickt und missbilligend zu mir sieht.
Noch eine Person taucht auf. Winston. Ohne Haare, das Gesicht verbrannt, wie nach der Metallkugel-Attake. Rohes Fleisch schimmert rosarot an seiner Wange, die Augen liegen blank und aderdurchzogen in den Höhlen, die Augenlieder wurden ihm weggeätzt.
Allein der Anblick und der vorwurfsvolle Blick genügt mir, um wieder loszuschreien.
Dann kommt Minho. Ihm fehlt augenscheinlich nichts, doch sein Blick ist so hasserfüllt, dass ich allein davon Angst bekomme.
"Du. Du hast alle meine Freunde getötet. Hast sie sterben lassen. Ich hasse dich!"
Ich sinke zu Boden. Er hasst mich, oke. Irgendwie tut das weh. Er ist doch mein Lieblingscharakter. Ich habe doch immer zu ihm gehalten auf den ganzen Fanpages! Wie kann er jetzt nur sagen, dass er mich hasst? Das ist unfair.
Chuck kommt. Ganz der Alte. Ohne jedes Blut. Neben ihm geht Newt. Auch er sieht normal aus; von Dem Brand fehlt jede Spur.
"Wir haben nachgedacht, Alina."
sagt Newt ganz fröhlich. Zu fröhlich. So redet Newt nicht, das klingt total falsch.
"Wir haben beschlossen, dich zu töten. Du hast schon zuviel abgerichtet, so kann es nichtmehr weiter gehen."
Bitte was? Was habe ich denn getan?
Auf einmal hat der kleine Chuck ein langes Messer in der Hand und rammt es mir ohne jede Vorwarnung ins Bein, genau in den tauben Oberschenkel. Komischer Weise fange ich daraufhin an Blut zu schmecken, ich muss würgen, aber es kommt nichts heraus. Ich falle auf die Knie, auf die Seite. Irgendwie weiß ich, dass ich gerade gestorben bin. Ich weiß es einfach. Auch wenn es keinen Sinn ergibt.
Newt und Chuck lachen, geben sich einen High Five.
"Endlich sind wir die Schlampe los"
zwitschert Chuck und zusammen laufen sie zu den anderen Lichtern zurück, die sie jubelnd empfangen. Thomas und Minho stoßen mit zwei Weingläsern an - dafuqu? -, Teresa und... Brenda?... kichern wie zwei Tussen und schauen dabei immer wieder verächtlich zu mir herüber. Alle feiern, feiern meinen Tod.
Ich schließe die Augen und wünsche, ich wäre es wirklich.
Langsam öffne ich meine Augen. Mein gesammter Körper schmerzt, mein Rücken, meine Arme, meine Beine; vor allem mein rechtes Bein. Vorsichtig setze ich mich auf und wäre beinahe gleich wieder umgekippt, doch irgendwie kann ich mich doch noch am Untergrund festhalten und umsehen.
Meine Umgebung erkenne ich wage als das Sanitäterhaus wieder, wo Alby im Film gelegen ist. Niemand ist da, ich bin alleine.
Ich atme tief durch und sammel all meine momentane Kraft zusammen.
"Hallo?"
Niemand antwortet, nichts rührt sich. Na toll.
Stöhnend lasse ich mich wieder nach hinten fallen und schließe die Augen. Doch sofort tauchen Bilder auf; Chucks blutiger Körper, Crank-Newt, ein verbrannter Winston. Ich würge leicht und rappel mich wieder hoch.
Nein.
Ich muss jetzt aufstehen.
Ich muss herausfinden, wie lange ich K.O. war, und dann handeln. Nichts mehr mit warten, ich muss die Leute vorwarnen. Bevor es zu spät ist.
In Zeitlupentempo erhebe ich mich, bis ich schließlich wirklich aufrecht stehe. Schwindelig wird mir komischer Weise garnicht, mir tut einfach alles so weh...
Schritt.
Schritt.
Schritt.
Da ist die Türe.
Türe aufmachen.
Und dann wieder:
Schritt.
Schritt.
Schritt.
Einer nach dem andern.
Das nennt man Wandern...
"Alina?"
Ich drehe mich langsam um. Newt steht hinter mir, starrt mich verblüfft an.
"Du... bist schon wach? Wie geht es dir?
Hast du..."
Er bricht ab, als er keine Reaktion von mir bekommt. Fast schon ein wenig ängstlich sieht er mich an, als glaube er, dass ich gleich wie Ben auszucken und mich auf ihn stürtzen würde. Ich mache einen langsamen Schritt auf ihn zu. Man sieht ihm an, dass er gerne zurückgewichen wäre, aber er tut es nicht. Ich mache noch einen Schritt. Newts Miene verhärtet sich, er wirkt total erstarrt.
"Newt..."
krächze ich, meine Stimme klingt wie die einer alten Hexe; rau und irgendwie schleppend, als wäre ich auf Drogen.
In den Augen des Jungen flackert Panik auf. Er denkt also wirklich, dass ich wie Ben bin. Hätte ich die Kraft gehabt, ich hätte ihn ausgelacht.
Stattdessen presse ich heiser hervor:
"Stirb nicht."
Dann falle ich um wie ein Brett, und werde wieder von rabenschwarzer Dunkelheit umhüllt.
Als ich erneut aufwache, halte ich die Augen vorerst geschlossen. Nicht weil ich sie nicht aufbekomme; sondern weil ich Stimmen höre. Mehrere Stimmen, die ich nicht zuordnen kann.
"Das ist doch total unlogisch. Sie wurde gestochen. Warum macht sie die Verwandlung nicht durch?"
"Verdammt, ich habe dir doch schon gesagt, was ich vermute. Anders gehts garnicht."
"Schreit sie immernoch?"
"Nein. Sie pennt einfach."
"Na, wenigstens kannst du sie jetzt angaffen ohne eine gescheuert zu bekommen, was?"
"Ich tue hier niemanden beg..."
"Ach ne."
"Ja...? Du bist auch nicht besser."
"Ich gebe es wenigstens zu."
"Jetzt ist sie auch nicht besser als das Komamädel."
"Einspruch!"
"Na, wenn das so ist, fass ihr doch mal einfach an den Arsch, so lange sie noch Ohnmächtig ist. Oder du..."
"Ich höre jedes einzelne WORT!"
Das musste sein. Ich meine, hallo? Ich habe auch meinen Stolz!
Während ich dazwischenschreie war ich hochgefahren, aber mein Hirn war noch zu benebelt, um die Personen vor mir zu erkennen. Ich muss mehrere Male blinzeln, ehe ich genauere Konturen erkennen kann.
Minho, Newt und Jeff stehen fast direkt neben meinem Bett wie Krankenhausbesucher. Jeff scheint gerade mit einem gewaltigen Lachflash zu kämpfen, Newt sieht mit leicht roten Wangen zu Boden und Minho starrt mich einfach nur perplex an.
"Euch auch guten Morgen."
fauche ich sie leicht aggressiv an, schwinge die Beine aus dem profisorischen Bett und betrachte meine Umgebung erst einmal genauer. Es sieht wirklich aus wie im Film, diese Sanitätershütte. Fröstelnd schlinge in meine Arme um die Taille und drehe mich weiter im Kreis. Warum ist mir nur so kalt?
Ich lasse meinen Blick langsam an mir herunter gleiten. Jemand scheint die lockere Hose abgeschnitten zu haben, sie ist jetzt nicht mehr länger als eine Hotpant und endet knapp unter meinem Po. Na super!
Als ich aufsehe, erwiedert niemand meinen Blick; alle mustern nur meinen Körper und meine nackten Beine. Die sind doch wirklich alle bescheuert...
"Hey!"
rufe ich scharf und sofort schießen alle Augen zurück nach oben. Newt ist der einzige, der schuldbewusst dreinblickt.
"Egal wer es gesagt hat, der hat recht: Begafft lieber ein ohnmächtiges Mädchen, das stört sie nicht."
Nun senkt auch Jeff verlegen den Blick, nur Minho grinst immer noch dreckig vor sich hin.
"Als würdest du uns nicht auch gerne angucken."
gibt er augenbrauenwackelnd von sich, wahrscheinlich spielt er auf die Begegnung im Badezimmer an. Jetzt nur nicht rot werden...
"Wie lange war ich weg?"
versuche ich schnell das Thema zu wechseln, und mache dabei wieder einen Schritt näher zum Bett, um meine nackten Beine zu verdecken.
"Zwei Tage."
Ou shit...
Anscheinend ist der Schreck nur zu deutlich in meinem Gesicht abzulesen, denn sofort zieht jeder eine Miene, als würde ich gleich ihr Todesurteil verkünden.
"Zwei Tage?" wiederhole ich nach einer Weile.
Nicken.
Okay. Kein Stress.
Hätte ich jetzt lange Hosen angehabt, wäre ich aus der Hütte geprescht, aber so...
"Kann mir vielleicht irgendwer etwas gescheites zum Anziehen besorgen, damit ich hier rausgehen kann?"
spreche ich meinen Gedanken laut aus.
Bevor irgendwer etwas sagen kann, zeige ich mir ausgestrecktem Finger auf Minho.
"Du."
"Warum ich?"
"Weil du am meisten nervst."
Augenverdrehen.
Aber dann passiert das Unfassbare: Er geht wirklich. Alle, einbegriffen mir, starren ihn mit offenem Mund nach, das Kinn bis zu den Knien hängend.
"Den hast du ja gut erzogen."
kommentiert Newt nach einer Schweigesekunde, dann wendet er sich wieder mir zu.
"Du willst wahrscheinlich wissen, was die letzten Tage passiert ist, oder?"
Ich schüttel den Kopf und ernte dafür schiefe Blicke.
"Wann checkt ihr endlich, dass ich es schon weiß? Thomas hat einen Tag verpennt. Danach gab es eine Versammlung wo Minho wollte dass Tommy ihn als Hüter der Läufer ersetzt, es kam zu einem handgreiflichen Streit zwischen Gally und Minho. Thomas ist dann zum Läufer ernannt und zu einem Tag im Bau verdonnert worden, der morgen stattfinden wird.
Und sonst war der Tag ja auch ganz spannend, was? Das mit Alby. Und mit Teresa."
Newts Reaktion ist göttlich. Er verspannte sich augenblicklich, als Albys Namen fällt, dann klappt ihm bei der Erwähung von Teresa die Kinnlade herunter. Ich kann mir das Grinsen nicht länger verkneifen und kichere leise.
"Das haut euch jetzt um, was?"
spotte ich amüsiert und blinkel provuzierend in die Runde.
Der Blonde schüttelt heftig den Kopf, als müsse er etwas Lästiges loswerden, dann betrachtet er mich mit zusammengekniffenen Augen.
"Glaubt ihr mir endlich?"
Der Satz kommt mir mehr oder weniger unbeabsichtigt über die Lippen. Aber ich will endlich, dass sie mir vertrauen. Die Zeit wird immer knapper, lange dauert es nicht mehr, und...
"Ja."
Ich werde stutzig. Mit so was habe ich nicht gerechnet.
"Danke."
Zu mehr bin ich nicht imstande.
Wow. Oke. Also meine erste Mission habe ich ja mal bewältigt: Vertrauen gewinnen. Und jetzt? Soll ich ihnen jetzt alles auftischen, was ich weiß? Vielleicht macht sie das wieder misstrauisch. Aber wenn mir irgendetwas passiert...
Bevor ich zu einem Schluss kommen kann, geht die Tür auf und Minho kommt mit einem Paket Kleidung herein. Leise grummelnd drückt er es mir in die Hand.
"So, ich hoffe, das passt der gnädigen Dame"
meint er sarkastisch. Und schon wieder schaut jeder ungläubig drein. Verwirrt blickt der Asiate sich um.
"Was?"
fragt er uns, aber wir alle sind wortwörtlich sprachlos.
"Wer bist du und was hast du mit dem Hüter der Läufer gemacht?"
bringt Jeff als erstes hervor, und Minho verdreht genervt schnaufend die Augen.
"Da ist man einmal nett..."
Maulend dreht er sich um und verschwindet wieder. Da versteht man einmal die Männer...
Ein Kapitel für minhosbabe, weil die Arme krank ist! Gute Besserung noch einmal! :)
Und nicht vergessen wegen der Lesenacht, fleißig mommentieren >:) und natürlich dabei sein wäre nice.
Bis spätör.
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