4 | Nein, Danke
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LOS ANGELES, KALIFORNIEN
Elf Stunden später stehe ich allein am Flughafen von Los Angeles und habe die Orientierung verloren. Unvorstellbar viele Menschen rennen hin und her, fallen sich in die Arme oder suchen ihre Koffer, Sandwiches und Kinder. Wenigstens habe ich mein Gepäck gefunden. Wie soll ich in diesem Getümmel bloß diese Melissa erkennen, von der Will geredet hat? Ohne Plan, dafür ziemlich verzweifelt, bahne ich mir einen Weg durch den Flughafen in Richtung Ausgang. Die Geigentasche halte ich dabei eng an mich gedrückt, aus Angst, jemand könnte sie herunterreißen. Sie war ein Geschenk von Martha zu meinem achten Geburtstag.
Vor dem Flughafen ist es nicht mehr so überfüllt. Ich schwitze in meinem Pullover, und auch die Strumpfhose war wohl keine gute Wahl. Ich denke an London zurück. Bei meiner Abreise hat sich das gute englische Wetter von seiner besten Seite gezeigt. Ein Blick auf meine Armbanduhr verrät mir, dass es in London mittlerweile fast halb neun abends ist. Hier allerdings scheint die Mittagssonne auf die Stadt herab. Und es ist warm. Dabei ist doch schon Dezember.
Ich seufze und parke meinen Koffer etwas abseits auf dem Gehweg. Gerade als ich mein Handy inklusive Kopfhörer aus meinem Rucksack kramen will, bemerke ich eine junge Frau aus einem Auto steigen. Ein schwarzer Oldtimer. Sehr cool. Die Frau hat schulterlange, braune Haare und einen ausgefransten Pony. Unter der Lederjacke trägt sie ein rotes Top, dazu Jeans und hohe Stiefel. Sie wirft die Autotür zu. Unschlüssig verharre ich auf der Stelle. Sollte ich lieber Will anrufen? Martha wollte doch sowieso, dass ich ihr Bescheid sage, wenn ich angekommen bin. Die Frau steuert auf mich zu.
»Bist du Judy?«, fragt sie.
Ich nicke zögernd. Aus der Nähe sieht ihr Outfit noch viel cooler aus. Und sie trägt sehr viel Lidschatten über ihren grün-blauen Augen.
»Hab ich's mir doch gedacht. Ich bin Melissa. Will hat dir sicher von mir erzählt.«
»Nicht wirklich viel«, sage ich, »nur, dass ihr befreundet seid und du jetzt hier studierst.«
Sie zieht eine dunkle Augenbraue hoch. »Mehr nicht? Tja. Ich hab gehört du brauchst 'ne Mitfahrgelegenheit?«
»Ich könnte auch laufen, aber ich glaube es würde schneller gehen.«
»Also dann«, sagt Melissa und zeigt auf meinen Koffer. »Ist das dein ganzes Zeug?«
Ich nicke. »Müsste reichen.« Für ein paar Tage.
Sie öffnet den Kofferraum und wirft mein Gepäck hinein. Dabei erhasche ich einen Blick auf eine weitere Reisetasche.
»Die Beifahrertür klemmt ein wenig, zieh einfach kräftig dran«, rät mir Melissa. Als wir schließlich beide im Auto sitzen, schnalle ich mich an und Melissa fährt den Wagen vom Parkplatz. »Wo musst du eigentlich hin?«, fragt sie.
Ich hole einen Zettel aus meinem Rucksack und falte ihn auseinander. »10880 Malibu Point.«
Melissa wirft mir einen Seitenblick zu. Wieder die hochgezogene Augenbraue. »Ist nicht dein Ernst.«
»Hat Will dir denn nichts erzählt?«, frage ich verwundert.
»Er hat nur gesagt, ich soll ein Mädchen namens Judy vom Flughafen in L.A. abholen und sie zu ihrem Vater fahren, der hier irgendwo wohnt.« Sie richtet ihren Blick wieder auf die Straße. »Und diese Adresse führt zur Stark Villa.«
»Ja?«, sage ich eher fragend. Also frage ich eher, als dass ich es sage. Egal auch. Woher weiß Melissa das eigentlich? Ich glaube nicht, dass Tony Stark einfach so öffentlich seine Adresse bekannt gegeben hat. Das wäre wirklich sehr dumm.
»Tony Stark ist also dein Vater, hm?« Ich höre den leicht spöttischen Unterton aus ihrer Stimme heraus. Sie glaubt mir also nicht. Toll. Ich wünschte auch es wäre nicht so, Melissa.
»Laut meiner Mum und Scotland Yard ist das die richtige Adresse«, sage ich. »Wieso sollte das gelogen sein?«
»Was ist mit deiner Mutter?«, fragt Melissa.
»Sie ist tot.« Es wird kurz still im Auto. Nur das Brummen des Motors ist zu hören. »Schon seit ein paar Jahren, ist okay.«
»Das – tut mir leid«, bedauert Melissa. »Und deswegen musst – wirst – du jetzt bei deinem Vater wohnen?«
»Sieht so aus«, murmele ich. »Auch wenn ich ihn gar nicht kenne. Ich habe die ganzen letzten Jahre in London verbracht, und jetzt bin ich plötzlich irgendwo in Amerika.« Ich schweige und sehe aus dem Fenster, während sich Melissa dazu entscheidet, Musik anzumachen. Vom Auto aus kann ich das Meer sehen. Vage erinnere ich mich an das Meer in Norwegen, aber das ist kein Vergleich zu dem Anblick, der sich mir nun bietet. Türkis-blaues Wasser, das sich scheinbar unendlich weit erstreckt und irgendwann mit dem Horizont verschmilzt. Alles erscheint so unwirklich schön, die Wellen, der Strand – ganz im Gegenteil zu der Situation, in der ich mich befinde.
Ich starre so gebannt auf das glitzernde Wasser, dass ich erst bemerke, dass wir angekommen sind, als das Auto stehen bleibt.
»So... da wären wir«, sagt Melissa zögernd.
Ich öffne die Tür und blinzele in die Sonne. Im Auto lief die Klimaanlage, aber hier draußen ist die Wärme wieder deutlich zu spüren. Eine Überwachungskamera folgt meinen Bewegungen. Unsicher bleibe ich neben dem Auto stehen.
»Bist du dir sicher, dass ich dich hierlassen soll?«, fragt Melissa und betrachtet die Skulptur vor dem Eingang, als würde sie gleich lebendig werden und sich auf uns stürzen.
»Na klar«, sage ich, was ich sofort wieder bereue. Ich drehe mich leicht schwankend zu ihr um und lächele. »Ich komme schon klar.« Hoffentlich, füge ich in Gedanken hinzu.
»Hier ist noch meine Nummer. Zur Sicherheit. Oder falls du es dir anders überlegst.« Melissa reicht mir einen kleinen Zettel und holt dann mein Gepäck aus dem Kofferraum.
Mit meinen Sachen in der Hand gehe ich in Richtung Eingangstür. Tausend Gedanken schießen mir durch den Kopf. Bescheuerte Idee. Ein richtig dummer Plan. Was mache ich hier? Nervös betätige ich die Klingel. Ich kaue an meiner Unterlippe, bis plötzlich eine Kamera vor meinem Gesicht auftaucht.
»Nicht autorisierte Person. Bitte identifizieren Sie sich«, fordert mich eine elektronische Stimme auf.
»Äh«, stammele ich. »Judy... Linford.«
Die elektronische Stimme schweigt. Dann klickt das Türschloss. Zögernd bleibe ich stehen.
»Bitte begeben Sie sich in die Eingangshalle, um Ihr Anliegen wird sich gleich gekümmert.«
Langsam betrete ich die Villa. Kein Geräusch ist zu hören, bis auf das Plätschern von Wasser, das wohl von einer Art Wasserfall kommt. Diese Leute haben einen Wasserfall im Haus. Solche Spinner.
Plötzlich überkommen mich wieder Zweifel. Was, wenn das hier wirklich die falsche Adresse ist? Ich mache mich hier komplett lächerlich, wer auch immer hier wohnt, kann unmöglich mein Vater sein. Und selbst wenn ich hier richtig bin, ich will hier nicht sein. Ich sollte zurück nach London, zu Martha und Will und meinen Freunden, meinem ganz normalen Leben...
Ich drehe mich in Richtung Tür. Durch das Glas kann ich Melissa beobachten, die gerade in ihr Auto steigt. Mir wird heiß und kalt zugleich. Ich bin kurz davor, raus zu rennen und ›Nimm mich wieder mit!‹ zu rufen.
Gerade als ich diesen Plan in die Tat umsetzen will, zucke ich bei dem Geräusch von klappernden Absätzen zusammen. Ich drehe mich wieder um, und sehe eine Frau in einer weißen Bluse und einem dunkelgrauen Bleistiftrock um die Ecke biegen. Sie hält ein Klemmbrett in der einen, und einen Stoffbeutel in der anderen Hand.
Als sie mich sieht, stutzt sie. »Jarvis? Wer ist das? Warum hast du sie reingelassen?«, fragt sie verwundert und leicht verärgert. Sie tippt kurz auf einem Bildschirm neben der Tür herum, dann wendet sie sich wieder zu mir. »Kann ich dir irgendwie behilflich sein?«
»Ich ... ähm ... Ich suche meinen Vater. Eigentlich sollte er bei dieser Adresse wohnen, aber ich glaube ich bin hier falsch«, murmele ich. Ich lasse meinen Blick umherschweifen, bis er wieder an der Frau hängenbleibt.
»Wie heißt denn dein Vater?«, fragt sie schon etwas freundlicher und beugt sich ein Stück zu mir herunter.
»Anthony Stark«, sage ich. Sofort verändert sich ihre Miene. Ihre Mundwinkel zucken.
Dann lächelt sie und schüttelt den Kopf. »Für solche Späße haben wir hier keine Zeit. Du solltest jetzt gehen. Soll ich dir ein Taxi rufen?«
»Aber...«, stammele ich. »Warten Sie.« Ich hole die Zettel aus meiner Tasche, die Will mir vor meiner Abreise gegeben hat. Ich zögere kurz, dann reiche ich sie der unbekannten Frau. Diese seufzt, dann nimmt sie sie und fängt an zu lesen. Ich beobachte sie dabei. Ihr Gesichtsausdruck wechselt von genervt, über erstaunt zu ungläubig. Als sie fertig ist, blickt sie lange auf den formellen Stempel des angefügten Dokuments.
»Also... Judy«, sagt sie schließlich und seufzt. »Ich–« Sie wird unterbrochen, als ein Mann zu uns stößt.
»Pepper, wir haben keine Milch mehr – oh Hallo«, sagt er, als er mich sieht.
»Hast du es Jarvis gesagt?«, fragt die Frau und dreht sich zu ihm um.
»Natürlich, aber ich dachte du wärst auf dem Weg in die Stadt.« Ich blicke zwischen den beiden hin und her. Sie scheinen sich ziemlich vertraut. Vielleicht sind sie verheiratet. Oder zumindest ein Paar. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Tony Stark verheiratet ist. Vielleicht hätte ich ein wenig mehr Recherche betreiben sollen, als nur ein Klatschmagazin zu lesen. Ich setze das auf meine To-Do-Liste.
»Das war mein Plan, aber ich habe hier ein kleines Problem«, sagt die Frau namens Pepper und deutet mit dem Zettel, den sie immer noch in der Hand hält, auf mich. Ich schnaube unhörbar. Ja, und ich habe hier zwei große Probleme, und eines davon trägt einen komischen Bart und einen AC/DC-Pullover.
»Zeig mal«, sagt der Mann und nimmt ihr das Dokument aus der Hand.
»Es sieht ziemlich offiziell aus«, bemerkt die Frau. Ich wippe auf und ab. Vom Stehen tun meine Füße langsam weh.
»Lindsey«, murmelt der Mann, ich vermute jetzt einfach mal, dass es sich um Tony Stark handelt, denn er ähnelt seinem Abbild auf dem Klatschmagazin sehr. Nur seine Haare sind weniger gepflegt. Er runzelt die Stirn.
»Kennst du das Mädchen? Oder diese Frau, von der die Rede ist?«, fragt sie und sieht ihn skeptisch an.
»Wie alt bist du nochmal?«, fragt er an mich gerichtet.
»Dreizehn«, antworte ich. Wie soll ihm das jetzt bitteschön weiterhelfen? Ich frage ihn doch auch nicht nach seinem Lieblingssmoothie.
Stark sieht lange den Brief an, dann mich.
»Und?«, fragt die Frau schließlich genervt.
»Könnte sein, aber erinnern kann ich mich nicht wirklich«, sagt er. »Jarvis, mache doch bitte kurz einen DNA-Test. Ihr Name ist Judy Linford. Und mache einen Scan.«
»Ja, Sir.«
Aus einem Bildschirm neben der Tür kommen blaue Laser, die mich abtasten. Okay, das ist unheimlich. Ein paar Sekunden lang (oder Minuten?) stehen wir einfach nur da, bis sich die elektronische Stimme wieder meldet.
»Meine Scans haben ergeben, dass Sie zu 99,8 Prozent der leibliche Vater des Mädchens sind. Aber vielleicht sollten Sie einen medizinischen Vaterschaftstest zu Rate–«
»Danke Jarvis«, wird er von Pepper unterbrochen. »Tony, kann ich dich kurz sprechen?« Sie wirft einen Blick zu mir. »Allein.« Sie zieht ihn durch den Eingangsbereich in ein großes, helles Wohnzimmer.
Ich bleibe allein zurück.
»Hallo? Elektronische Stimme?«, frage ich, da mir momentan nichts Besseres einfällt. Falls die Stimme mich gehört hat, reagiert sie jedenfalls nicht. Ich versuche es nochmal. »Ähm... Jarvis?« Diesmal habe ich Erfolg.
»Benötigen Sie etwas, Miss?«
»Eigentlich nicht. Ich wollte nur mit jemandem reden. Darf ich Sie etwas fragen?«
»Natürlich, Miss.«
»Sind Sie ein Roboter?«, frage ich neugierig.
»Ich bin eine künstliche Intelligenz, geschaffen von Mr Stark persönlich.«
»Wieso haben Sie dann so eine menschliche Stimme und einen britischen Akzent?«
»Weil Mr Stark mich so programmiert hat.«
»Ist er Erfinder?«
»Unter anderem. Jetzt sogar noch mehr als früher.«
Gerade als ich weitere Fragen stellen will, rauscht diese Pepper an mir vorbei.
»Was du tust, ist deine Sache, ich mische mich da jetzt nicht mehr ein!«, ruft sie aufgewühlt und stürmt aus der Tür. Ich drehe mich zu Tony Stark um, der genervt an der Wand lehnt. Er murmelt etwas vor sich hin, dann fällt sein Blick auf mich.
»Also Ruby...«, fängt er an.
»Judy«, korrigiere ich ihn.
»...ich habe keine Ahnung warum du plötzlich aufgetaucht bist, aber anscheinend wirst du jetzt erst einmal hierbleiben, bis die Sache geklärt ist und du zurück nach London fliegst. Komm mit.« Er wendet sich zum Gehen. Ich nehme meine Sachen und folge ihm. Er geht eine wendelförmige Treppe hinauf.
Ich bleibe stehen und blicke ratlos auf meinen Koffer. »Äh, Mr Stark?«
Er dreht sich um. »Was?«
Ich deute auf meinen Koffer, den ich allein nicht die Treppe hochbekomme. Tony Stark verdreht die Augen, trägt dann aber doch den Koffer hoch. Oben angekommen öffnet er ein paar Türen und sieht in die dahinterliegenden Zimmer. Schließlich stellt er meinen dunkellilanen Koffer vor einer Tür ab. Ich bleibe zögernd stehen.
»Na los«, weist er mich leicht genervt an. Ich betrete den Raum. Vor Staunen bleibt mir der Mund offenstehen. Der Eingangsbereich und auch der Rest der Villa, den ich bis jetzt gesehen habe, sehen schon sehr eindrucksvoll aus. Aber dieses Zimmer schlägt alles. Es ist sehr modern eingerichtet, allerdings auch etwas spärlich, was es nur noch viel größer erscheinen lässt. In der Mitte des Raumes, mindestens zwei Meter von den Wänden entfernt, steht ein riesiges Bett, auf dem eine rote Decke ausgebreitet ist. An der gegenüberliegenden Wand steht ein großer Tisch neben einem komplett verspiegelten Schrank. Von der Tür aus kann ich durch eine große Fensterfront direkt auf das Meer sehen. Neben mir wippt Tony Stark ungeduldig auf und ab. Ich drehe mich zu ihm um und sehe ihn aus großen Augen an.
»Ist das... ist das jetzt mein Zimmer?«
»Vorübergehend schon.« Als ich mich nicht von der Stelle bewege, fragt er: »Was willst du noch? Das WLAN-Passwort?«
»Ich wette es ist ›I am Iron Man‹«, sage ich mit einem ironischen Unterton, woraufhin er mich überrascht ansieht.
»Keine Leerzeichen, alles klein geschrieben.« Damit verschwindet er wieder nach unten.
Ich stehe ein wenig verloren im Raum herum. Alles ist still. Ich ziehe den Koffer zum Tisch und lasse ihn dort stehen. Auspacken werde ich ihn erstmal nicht. Vorsichtig lege ich den Geigenkasten auf das Bett, meinen Rucksack daneben. Da fällt mir ein, dass ich doch noch Martha schreiben sollte. Schnell hole ich mein Handy aus meinem Rucksack und schicke Will eine Nachricht. Mein Magen grummelt. Außerdem bin ich müde. Und dieses Bett sieht so unglaublich bequem aus. Aber ich wette, wenn ich mich dort reinlege, schlafe ich sofort ein.
Das ist also Tony Stark. Ich weiß nicht, was ich von ihm halten soll. Besonders freundlich war er ja nicht zu mir. Und die Nachricht, dass ich seine Tochter bin, hat ihn auch nicht gerade begeistert. Wie können wir nur verwandt sein? Ich hab rein gar nichts mit ihm gemeinsam. Aber wenigstens hätte er mit mir reden können, anstatt mich nur in dieses Zimmer abzuschieben. Ich habe so viele Fragen.
Was er jetzt wohl macht?
Ein herumliegendes Blechteil wird zur Angriffsfläche für seinen Fuß. Er kann immer noch nicht ganz begreifen, was gerade eben passiert ist. Dieses Mädchen...
»Jarvis, wirf die Überwachungsvideos von vorhin auf den Schirm.« Er setzt sich in eines seiner Autos, ein Oldtimer, während ein Bildschirm vor ihm auftaucht. Zunächst sieht er nur die Auffahrt zu seinem Anwesen. Dann ein Auto. Und als nächstes, wie das Mädchen aus einem Auto steigt und auf die Tür zukommt. »Anhalten.«
Das Bild gefriert. Er starrt es an, ungläubig den Kopf schüttelnd. Ihm wird klar, was er da gerade vor sich sieht. Er, das Genie, Tony Stark, hat eine Tochter. In der Spiegelung des glattpolierten Autos betrachtet er sich selbst. Ja, dieses Kind, seine Tochter, hat eindeutig die gleichen Augen, die gerade Nase... Ein wenig erinnert sie ihn an alte Bilder seiner Mutter. Aber der Rest, vor allem diese Lippen. Okay, vielleicht ist es ein wenig gruselig, sie aus dieser Perspektive zu betrachten. Doch er erinnert sich an ähnliche Lippen, an die Küsse einer stürmischen Affäre. Oder war es mehr als das?
Lindsey. Ihren echten Nachnamen hat er nie gekannt, aber jetzt, nach dreizehn Jahren steht ihre Tochter vor seiner Tür. Das kann kein Zufall sein. Und doch kann es nicht stimmen. Selbst wenn das Ergebnis des DNA-Tests so eindeutig war.
Er hat sich geschworen, nie wieder eine Beziehung mit Frauen wie Lindsey einzugehen, nicht nach alldem, was passiert ist. Aber warum kommt das Mädchen ausgerechnet jetzt zu ihm? Hat sie ein goldenes Ticket in einer Tafel Schokolade gefunden?
»Such in den Datenbanken von Scotland Yard nach Lindsey Linford. Alles, was du finden kannst«, weist er seine KI an und steigt aus dem Auto aus. Er setzt sich an einen Tisch, greift nach der Tasse Kaffee, nimmt einen Schluck und verzieht das Gesicht. Kalt.
»Ich habe mehrere Suchergebnisse, Sir. Lindsey Linford starb vor fünf Jahren bei einem Autounfall in Norwegen. Sie hinterließ eine Tochter, diese wohnte seitdem bei ihrer Großtante in London, Großbritannien.«
Tot. Lindsey ist tot. Und das schon seit Jahren. Was hat er auch anderes erwartet, schließlich taucht das Mädchen nicht ohne Grund auf. Und doch... Sie kann nicht hierbleiben. Nicht hier. Niemals. Er fährt sich erschöpft übers Gesicht. Es geht einfach nicht. Was Lindsey getan hat – Nein, er ist weder bereit, Vater zu sein, noch will er seinen guten Ruf dafür riskieren. Es wäre ein Skandal.
Er sieht wiederrum auf das Standbild des Mädchens. Ihre Augen sind auf die Kamera über der Eingangstür gerichtet, sodass sie ihn durch den Bildschirm hindurch direkt ansieht.
Es bleibt bei einem Nein.
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