Ich verstöre Kinder (normaler Mittwoch)
Mittwoch, 29. November 2000
,,Higashikata Sensei, ich brauche einen Flurpass. Und zwar schnell. Mit meinem Humpeln eingerechnet werde ich es ohnehin nur sehr knapp schaffen."
Mom sah von dem Hausaufgaben Stapel ihrer Kiddies auf und blickte mich irritiert an. ,,Du bist Gast an einer Grundschule, Josuke. Kein Lehrer wird dich nach einem Flurpass fragen."
,,Aber sie werden fragen was ich hier zu suchen habe und ich will nicht als Pedo abgestempelt im Bau landen!"
Ich fand meinen Einwand sehr berechtigt, Mama aber verdrehte mal wieder nur die Augen zum Himmel und warf mir den Flurpass zu, den ich natürlich micht auffangen konnte, weil ich meine Krücken halten musste. Der Pass prallte an meiner Stirn ab und fiel zu Boden.
,,Reife Leistung, Nowitzki!", mobbte ich sie. Gott sei dank kam ein kleines Mädchen angelaufen, hob den Flurpass hoch und reichte ihn mir mit einer, für die Situation viel zu tiefen, Verbeugung.
,,Dankeschön! Wenigstens eine, die mitdenkt. Lehrer, hab ich recht?"
Die kleine Maus kicherte und lief zurück an ihren Platz. Ich humpelte los, weil meine Fresse, ich hielt es nicht mehr aus.
Hab ich vergessen meine Mom für die Schlüssel zum Lehrerklo zu fragen? Ja. War ich gezwungen auf das dreckige Schulko zu gehen, dass zu dem auf die Größe dieser Liliputaner ausgerichtet war? Mag sein. War es entwürdigend? Hell yes.
Ich schloss mich also in der Kabine ein und natürlich wäre es besser, ja sogar empfehlenswerter gewesen mich mit dem gebrochenen Bein hinzupflanzen, aber ich bin ein Stehpisser und Schulklos sind generell zu widerlich zum hinsetzen, also zwang ich mich das im stehen zu machen. So war ich sehr mit mir selbst beschäftigt, als es draußen etwas lauter wurde.
Die Tür schlug auf und ich hörte Schritte von mindestens drei Kindern. Komisch, waren es nicht sonst immer Mädchen, die zusammen auf's Klo gingen? Nicht, dass ich mich in der Tür geirrt hatte.
Dann schepperte es neben mir, als hätte jemand etwas, oder jemanden, gegen die Klotür nebenan gestoßen.
,,250 Yen? Sag mal, soll das ein Witz sein?!"
,,Mehr hab ich nicht dabei. Ich schwör's! Meine Mama hatte keine Zeit mir mein Brot zu machen, also sollte ich von dem Geld auf dem Schulweg beim Bäcker anhalten. Ich-"
,,Also entweder ist deine Mutter arm oder du hast beim Bäcker ordentlich zugelegt. Ich tippe auf Letzteres, wenn ich mir deine Wampe so anschaue."
Ich hörte Gelächter und leises Schluchzen, das sich unter das Lachen mischte.
Die gute Nachricht ist, ich bin nicht ausversehen ins Mädchenklo gestolpert.
Die schlechte, ich bin drauf und dran ein paar Grundschüler zu vermöbeln.
,,He, schau Mal, hier ist jemand drin! Die Tür ist abgeschlossen!", rief da ein dritter Junge. Das erste Kaggbalg trat und klopfte vor meine Tür. ,,Belauscht du uns etwa? Komm da sofort raus!"
Gut, er hat es nicht anders gewollt. Da ich aber wirklich nicht wegen Nötigung Minderjähriger dran gekriegt werden wollte, zog ich mich nur schnell wieder an, spülte ab und öffnete langsam das Schloss. Überraschungseffekt, dies das.
Dann stieß ich die Tür auf und stand diesem dreikäsehoch gegenüber, der mit einen Mal gar nicht mehr so großmäulig aussah. Hinter ihm standen zwei Jungs, die schon zu zittern begannen, sie alle schätzungsweise Viertklässler.
Der Junge, der sich immer noch gegen die Klotür presste, obwohl er gar nicht mehr festgehalten wurde, schaute ebenfalls angsterfüllt, obwohl er noch am wenigsten zu befürchten hatte. Er hatte ein knuffig, rundes Gesicht und volle Hamsterwangen, doch er war weder pumelig, noch hatte er auch nur den Ansatz einer Wampe. Gesunder Babyspeck, mehr nicht. Ich würde sagen er ist bloß Erstklässler.
,,Kleinvieh macht auch Mist. Aber wenn du das Geld nicht willst, dann nehme ich es gerne", meinte ich gefährlich lächelnd. Der Mobber schluckte und hielt mir das Kleingeld zitternd hin. ,,H-Hier."
,,Na na na, das wird doch nicht alles sein. Na los, schön die Taschen leer machen. Wir wollen doch nicht, dass du das ganze Geld im Bäcker oder beim Kiosk ausgibst und dir eine Wampe anfrisst, hm? Tu lieber was gegen deine Zahnstocher Ärmchen, du Wannabe Gangster. Und ihr zwei Kameradenschweine? Wenn ihr eurem Kumpel hier beim schikanieren helfen könnt, dann könnt ihr jetzt auch solidarisch eure Taschen leer machen. Ja, so ist's gut.
Geld klimpperte und Scheinchen fielen zu Boden. Gut so, sehr gut. ,,Dieser Junge hat ab sofort die Anweisung mir bescheid zu geben, wenn ihr ihn erneut fertig macht, damit ich eure Gesichter als Klobürste benutzen kann. Denkt also gar nicht erst daran ihm nachher aufzulauern. Verstanden?!", rief ich drohen.
Die Jungs nickten.
Ich knurrte.
,,WIE BITTE?!"
,,VERSTANDEN!", riefen sie im Chor.
,,DANN SEHT ZU, DASS IHR LAND GEWINNT!"
Sie rannten weg und erst als auch der letzte von ihnen verschwunden war, entspannte der Junge mit den Hamsterwangen sich.
,,Danke", flüsterte er.
,,Keine Ursache. Nimm das Geld und kauf dir was zu essen. Du hast keine Wampe und jeder der was anderes behauptete lade ich auf eine Diskussionsrunde mit meinen Fäusten ein."
Der Junge schenkte mir ein zahnlückiges Grinsen, ehe sein Blick auf meine Krücken fiel. ,,Großer Junge mit Krücken und Gibs. Du musst Higashikata Senseis Sohn sein. Alle auf dem Schulhof reden darüber wie cool du bist! Vor allem die Mädchen... Hey, ich habe morgen englisch bei Higashikata Sensei!"
,,Ja dann kann ich es kaum erwarten dich dort zu sehen. Apropros, ich muss langsam Mal zurück. Lass mich dich noch zur Klasse bringen."
Trotz meiner Warnung hätte ich es nicht mit meinem Gewissen vereinbaren können, ihn alleine zu lassen, mit seinen Mobbern in unmittelbarer Nähe. Ich ließ ihn noch das Geld aufsammeln, brachte ihn in seine Klasse und ging dann zurück in Mamas Klasse.
,,Dachte schon kurz du wärst ins Klo gefallen", murmelte Mama, als ich ihr den Flurpass wieder hinlegte. Oh, der süße Drang ihr den Mittelfinger zu zeigen. Aber leider waren Kinder anwesend.
Na ja, die Lehre die ich aus dem heutigen Tag gezogen habe - Kinder können grausam sein.
Keine neue Erkenntnis, ich weiß.
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