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Descamps und ich arbeiteten gerade an unserem Referat und ich laß mir gerade eine Seite in einem Buch über Raymond Radiguet durch.
Also eigentlich sollte ich das tuen, aber ich meine Gedanken waren gerade die ganze Zeit beim Essen von vorhin.
Es war mir zum Teil so unangenehm...
Meine Mutter hatte Descamps gefragt, ob er eine Freundin hatte!
Ich habe mich in diesem Moment sofort an meinem Trinken verschluckt.
Was war das für eine Frage?
Descamps hatte so 'Nein noch nicht' geantwortet und hat mich dann halt angeschaut, weil ich gefühlt am verrecken war.
Natürlich mit einem seiner typischen, schelmischen Grinsen und hat sich somit lustig über mich gemacht.
Meine Mutter hatte aber alles falsch verstanden und dachte, dass er mich angeschaut hatte, im Sinne von ‚noch keine Freundin', aber halt bald.
Mich als Freundin.
Ich konnte es meiner Mutter vom Gesicht ablesen, dass sie das dachte und bevor sie es aussprechen konnte, waren Descamps und ich in mein Zimmer nach oben gegangen.
„D/n? Ließt du überhaupt?"
Eine winkende Hand vor meinen Augen brachte mich wieder zurück in die Realität.
„Hm? Oh ja, ja klar." antwortete ich sofort und tat so, als ob ich lesen würde.
„Ich glaube ja nicht. Du liest diese eine Seite schon seit ca. 10 min." lachte Descamps mich aus und lehnte sich in deinem Stuhl zurück.
Er saß neben mir an meinem Schreibtisch, da ich sonst keinen Platz mehr hatte.
„Ich- ähm.. merke mir halt die Sachen." versuchte ich mich zu retten.
Er stattdessen verschränkte mit einem skeptischen Blick auf dem Gesicht, die Arme und sah mich an.
„Lenke ich die etwa so krass von der Arbeit ab?" fragte er mit einem Grinsen im Gesicht.
Ich musste meine Augen rollen und sah ihn einfach nur an.
Sein ernst?
Also die Antwort war eigentlich eindeutig.
Ja.
Aber das würde ich ja nicht zugeben.
„Das hättest du wohl gern." ich lächelte ihn zuckersüß fake an und sah auf unsere Notizen und dann auf die Uhr.
Es war schon spät und wir hatten lange gearbeitet. Kein Wunder, dass ich mich nicht mehr konzentrieren konnte.
Aber Descamps schien es nicht anders zugehen. Er sah mittlerweile öfter auf mich, als in sein Buch..
„Lass uns nur noch ein bisschen weiter arbeiten. Wir haben ca. die Hälfte schon geschafft. Wir können ja wann anders bei dir weitermachen." schlug ich vor und gähnte leicht.
Es war schon dunkel draußen und wir hatten echt Glück, dass wir so nah beieinander wohnten.
Descamps schien teilweise glücklich, teilweise eher unglücklich über meinen Vorschlag.
Das ließ ich mir natürlich nicht entgehen.
„Waaaas? Warum so unglücklich? Wirst du mich etwa vermissen?" ich musste mir meine Lache unterdrücken.
Dieses Mal wurde nämlich er das erste mal verlegen.
„Das hättest du wohl gern." machte er mich nach und ergänzte noch etwas schnell, damit ihn nicht noch weiter aufziehen konnte:
„Morgen nach der Schule bei mir?"
Ich nickte mir einen zufriedenen grinsen, stand auf und streckte mich.
Boa war ich müde. Arbeiten konnte ich heute definitiv nicht mehr..
Mein Blick viel auf Descmaps gekritzelten Notizen, dann auf seine Hände und dann schließlich auf ihn generell.
Seine Haare sahen so fluffig aus und ich konnte mich gerade noch zusammenreißen, nicht gleich durch sie hindurchzufahren.
Es war generell mal eine andere Perspektive für mich. Es passierte nicht jeden Tag, dass ich mal größer war als Descamps, da der Typ einfach nicht wusste, wann man aufhörte zu wachsen.
Mein Blick wanderte wieder zu seinen Notizen und ich musste sofort grinsen.
Da ich gerade größer war als er, weil er ja noch saß, fühlte ich mich gleich mehr selbstbewusst und sprach natürlich sofort seine Rechtschreibfehler an.
Ich verschenkte meine Arme und setzte mich zur Hälfte auf den Tisch. Ich lehnte mich mehr an den Tisch, als mich drauf zusetzen.
„Schriftsteller schreibt man ohne 'h'." merkte ich an, als ich gesehen habe, wie er das Wort schrieb.
'Schriftstheller', so stand es auf seinem Blatt.
Wie kam er da überhaupt drauf?
Er sah mich kritisch an und zog dann seine Augenbrauen hoch.
„Ach ja?"
„Ja" ich nickte zuversichtlich und sah selbstbewusst auf ihn hinab.
Er merkte wohl, dass ich den Höhenunterschied zwischen uns genoss. Dieses Mal war ich halt größer als er.
Was er als Nächstes machte, ließ mich erstmal stocken.
Er stand auf und stellte sich vor mich, sodass er wieder um einiges größer war als ich.
Ich musste meinen Kopf ein bisschen in den Nacken legen, um ihn direkt in die Augen zuschauen.
Mein gerade noch besserwisserisches Selbstbewusstsein verschwand augenblicklich.
Er stütze plötzlich seine Hände jeweils rechts und links von mir auf dem Tisch ab und beugte sich nach vorne.
Schockiert sah ich ihn an und bemerkte, dass wir ganz nah an einander waren.
Sein Gesicht kam immer näher zu meinem und ich wurde immer panischer.
Scheiße was tat er da?
Mit stieß ein bisschen die Röte ins Gesicht, aber ich konnte gut dagegen ankämpfen, sodass ich nicht knallrot wie eine Tomate aussah.
Descamps Gesicht wich meinem gerade noch aus und sah stattdessen über meine Schulter auf mein Blatt.
Ich atmete leicht aus und drehte meinen Kopf ein wenig zu ihm.
Er inspizierte mein Blatt genau durch und sah nach irgendwelchen Rechtschreibfehlern.
Tja, Pech gehabt.
In Rechtschreibung war ich schon immer gut gewesen.
Ich musste grinsen, als ich merkte, dass er keine Fehler fand.
Aber das stoppte ihn nicht einen Kommentar abzulassen.
„Noch einen Fehler gefunden?"
Er war mittlerweile wieder genau vor mir und uns trennten nur ein paar Zentimeter.
Die Nähe machte mich nervös und er wusste das genau.
Also wenn er das Spielchen spielte, machte ich das auch.
Ich legte meine Arme auf seine Brust und näherte mich seinem Gesicht.
Descamps war erstaunt und wurde ein bisschen aus der Fassung gebracht.
Kurz bevor unsere Nasenspitzen sich berührten konnten unterbrach ich den Augenkontakt und brachte meine Lippen an sein Ohr.
Ich spürte durch meine Hände auf seiner Brust, wie sein Herzschlag schneller wurde und setzte grinsend meinen Plan fort.
„Rhythmus schreibt man mit zwei 'h'." flüsterte ich ihm ins Ohr und grinste breit.
Das brachte ihn wieder aus der Trance und er bemerkte schnell, dass mein toller Plan gerade alles andere als misslungen war.
Ich musste sagen, ich war mehr als nur stolz auf mich.
Als ich wieder mit meinem Gesicht vor seinem war, nahm ich auch wieder meine Hände von seiner Brust und grinste ihn frech an.
Obwohl er wusste, dass ich ihn gerade komplett in Verlegenheit gebracht habe, ließ er sich nichts anmerken.
Er grinste mich tatsächlich nur an und ich blieb stark und hielt seinen Augenkontakt.
Wir waren immer noch sehr nah und er hatte immer noch seine Hände jeweils auf meiner Seite.
Und es sah nicht so aus, als würde er sie wegnehmen.
„Wir wollten jetzt auf hören, schon vergessen?"
Ich lief gegen seinen Arm in der Hoffnung, dass er ihn wegnehmen würde, aber er rührte sich kein bisschen.
Ich zog meine Augenbrauen hoch.
Ich legte meine Hand auf seine, hob sie hoch und lief schnell aus seiner Nähe raus.
Oh Gott, was machte ich hier eigentlich überhaupt?
Seit wann waren Descamps und ich uns so nah gekommen?
Nicht nur gerade hier in unserer Position, sonder auch generell.
Das hätte ich doch niemals bei irgendeinem anderen Klassenkameraden gemacht!
Doch Descamps ließ meine Hand nicht los und zog mich stattdessen wieder schnell zu ihm.
Überrascht von dem plötzlichen Schwung, krachte ich vollkommen in seine Brust rein und war noch überraschter, als ich Descamsp Hand an meiner Taille spürte.
„Heute bist du ja besonders mutig, hm?" flüsterte er mir mit einem tiefen Ton ins Ohr.
„Hast du nicht Angst, dass deine Eltern gleich reinkommen?"
Er grinste, als ich kapierte, dass ja wirklich jeden Moment meine Eltern hierher kommen konnte.
Oh Gott, hätte das jemand von denen gesehen, hätte ich kurz meine ganze Identität geändert..
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Hoffe es gefällt euch:)
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