21. Geheimgänge und Geheimverstecke
Lyssa starrte die Wand vor sich an. Die Weihnachtsferien haben begonnen, aber das interessierte sie nicht groß, selbst wenn sie jetzt Unterricht gehabt hätte, hätte sie den ausfallen lassen. Sie zermatschte sich ihr Hirn, wo könnte man in Hogwarts eine Uhr verstecken?
Geheimgänge? In der Nähe des Ravenclaw Turmes oder eher weit weg? Im Ravenclaw Turm? In der Sockenschublade?
Sie tippte mit dem Zauberstab gegen einen Stein und ein Spalt öffnete sich, gerade bereit genug, dass sie sich durchquetschen könnte. Sie streckte ihren Kopf rein. Dahinter befand sich ein kleiner, fast leerer, rechteckiger Raum. Nur ein großer Rahmen stand gegen eine Wand gelehnt. Es hatte wohl mal ein Bild darin, aber man konnte deutlich die Ränder sehen, wo es herausgeschnitten wurde. Was da wohl passiert war?
Sie hob ihren Zauberstab. "Revelio" Der Raum veränderte sich nicht. "Accio Rotberg-Uhr" Auch nichts. Das war der zweite Geheimgang oder Geheimraum, den sie untersuchte und sie hatte noch eine ganze Liste vor sich. Fred und George hatten ihr ein paar empfohlen, da sie noch keine Zeit gehabt hatte, unbemerkt in Professor Blacks Büro zu kommen.
Der Nächste befand sich hinter einer der Feuerschalen im dritten Stock. Lyssa trat hinein und bereute es sofort, als sie direkt in eine Spinnwebe lief. Die Hauselfen schienen die Gänge wohl nicht zu putzen. Als sie das Ende des Ganges erreichte und wieder heraustrat, klebte ihr Staub und Spinnennetze in den Haaren und auf ihrem weißen Hemd.
Sie seufzte und ging weiter.
Auch in den nächsten vier war die Uhr nicht zu finden. Einige der Gänge und Räume waren perfekt sauber, andere wirkten, als wäre seit dem Bau von Hogwarts niemand mehr darin gewesen. Manche waren cool konstruiert, andere wirkten, als hätte jemand einfach ein Loch in die Wand gesprengt. Ein Raum wirkte sogar bewohnt, er war ausgestattet mit Sitzkissen, einem Kamin und auch eine Pflanze stand da.
Sie befanden sich hinter Wandteppichen, Bildern, Wänden und Statuen, manche konnte man einfach so betreten, für andere brauchte es eine Aktion, um sie zu öffnen.
Sie hatte den ganzen Tag damit verbracht, die Uhr zu suchen und war fertig mit denen, die ihr gesagt wurden. Mittlerweile hatte sie angefangen, die Bilder und die Geister zu befragen.
"Nein, ich mag mich an keinen solchen Jungen erinnern", sagte ein Portrait mit Spitzbart.
"Liam Gray? Nein, ich erinnere mich nicht an einen speziellen Ort, an den er immer wieder zurückkehrt", kam es von dem Fast Kopflosen Nick und die Graue Dame wusste auch nichts von einem Geheimversteck im Ravenclaw Turm.
"Nur, weil du die Geheimgänge kennst, bedeutet das nicht, dass du durch jeden einzelnen durch musst", sagte einer der Zwillinge, als sie sich auf einem der Fluren begegneten. Lyssa versuchte, die Spinnweben so gut es ging aus den Haaren und von der Kleidung zu streichen. George half ihr mit einem Zauberspruch.
"Kennt ihr einen anderen Ort in Hogwarts, an dem man etwas gut verstecken kann?", fragte sie, aber auch die beiden hatten keine befriedigende Antwort.
"Du siehst niedergeschlagen aus, dürfen wir dich mit etwas Süßem aufmuntern?" Er schob ihr etwas entgegen, das aussah wie ein Dessert, das sie aus der Küche geklaut hatten. Sie musterte es misstrauisch, der neutrale Gesichtsausdruck der Zwillinge gefiel ihr gar nicht.
"Was passiert, wenn ich das esse?", fragte sie.
"Wieso glaubst du, dass etwas passiert, Lyssa?", wollte Fred wissen.
"Dürfen wir dir nicht einfach etwas Gutes tun, Lyssa?" kam es von George.
Sie sah zwischen den Weasleys hin und her. "Hat das etwas mit den Schülern zu tun, denen plötzlich ein Federkleid wächst?"
"Möglicherweise", gab George zu, "aber in Gryffindor isst niemand mehr, was wir ihnen anbieten und wir brauchen Testpersonen, um die Kanarienkremschnitte zu verbessern."
"Sie sollten auch mal eine Pause machen, Ms Lewis", sagte Professor Black, als sie wieder Mal beim Üben war. "Freuen Sie sich schon auf den Weihnachtsball morgen?"
"Ja", antwortete sie nur und versuchte den Kopf frei zu kriegen, um den Zauber lautlos zu probieren.
"Wissen Sie, was los ist mit den Schülern, denen plötzlich Federn sprießen?" Black hatte sich lässig gegen das Lehrerpult gelehnt und sah ihr zu. Dabei gab er immer wieder Tipps oder korrigierte ihre Haltung.
"Essen Sie bloß nichts, was Ihnen die Weasley Zwillinge anbieten", erwiderte sie und entlockte ihm ein Lachen.
"Die Beiden erinnern mich an meine Schulzeit, wir haben einige Lehrer an den Rand des Wahnsinns getrieben. Ironisch, wie das jetzt zurückkommt. Remus, James...", er räusperte sich, "... und ich hatten nur Unfug im Kopf." Er blickte gedankenversunken aus dem Fenster, wo man dicke Schneeflocken herunter tanzen sehen konnte.
Lyssas lautloser Fluch traf die Puppe, die jedoch nur wenige Zentimeter zurückrollte. Wütend stampfte sie auf, am liebsten hätte sie ihren Zauberstab durch das Schulzimmer geworfen. Sie versuchte es und versuchte es und es funktionierte einfach nicht.
"Machen Sie eine Pause", befahl Black, "die Welt wird nicht von heute auf morgen zugrunde gehen. Kommen Sie, ich mache Ihnen einen Tee." Er führte sie in sein Büro, wo sich Lyssa frustriert auf einen Stuhl warf. Natürlich würde die Welt nicht von heute auf morgen zugrunde gehen, aber spätestens am Ende des Schuljahres.
Sie beobachtete die Nachbildung des Mondes, die über dem Pult schwebte, und ließ ihren Blick über die über den Stuhl gelegte Lederjacke gleiten. Auf dem Pult aufgeschlagen lag ein Muggel-Heft mit Motorrädern, in dem Professor Black manchmal blätterte, wenn er sie beim Üben beaufsichtigen musste.
"Hier wäre Ihr Schwarztee, stellt sich heraus, ich habe keine Milch mehr ... und auch kein Zucker", er lächelte sie entschuldigend an. "Ich bin kein großer Teetrinker, aber ich bin sicher, Filius hat, ich kann ihn fragen, wenn Sie wollen."
Lyssa sah auf die dunkelbraune, dampfende Flüssigkeit in ihrer Tasse und nickte. "Das wäre sehr nett." Sie hätte den Tee auch so getrunken, aber sie hatte in den letzten Tagen keine Möglichkeit mehr gehabt in sein Büro zu schleichen.
Kaum hatte sie die Tür des Klassenzimmers gehört, kramte sie die Karte aus der Schublade und legte sie vor sich hin.
"Wo kann man etwas verstecken?", murmelte sie vor sich hin und zu ihrer Überraschung fing an Tinte durch das Pergament zu bluten, ohne, dass sie die richtigen Worte gesagt hatte. Doch anstelle von den Umrissen Hogwarts war eine Schrift zu sehen.
Mr Moony würde vorschlagen, wenn etwas Großes wie ein Graphorn versteckt werden muss, der Geheimraum neben dem Kerkereingang am klügsten wäre.
Lyssa sah erstaunt auf die Schrift. Moony? Nennt Professor Black seinen Mann nicht manchmal so? Haben die beiden etwas mit dieser Karte zu tun?
Mr Krone empfiehlt den Raum hinter dem Portrait von Barthold dem Begnadeten für etwas Kleines wie ein Billywig.
Die Karte gab ihr Vorschläge! Sie wusste nicht, wer dieses geniale Objekt erfunden oder erschaffen hatte, aber am liebsten hätte sie die Person(en) geküsst.
Bei etwas Wertvollem wie Occamy Eiern empfiehlt Mr Tatze die Kammer in der dritten Stufe der Treppe zum Astronomieturm.
Für etwas Größe oder Anzahlveränderndes wie ein Matagot hält Mr Wurmschwanz den Raum hinter dem Wandteppich neben dem Zimmer für Muggelkunde am geeignetsten.
"Das ist ja genial", murmelte Lyssa und hielt die Karte hoch.
"Danke", antwortete Professor Black, der mit Milch und Zucker in der Tür stand. Lyssa wusste nicht was sagen, aber der Professor nahm ihr das ab.
"Mir ist durchaus bewusst, dass du dich schon ein paar Mal in mein Büro geschlichen hast, um auf die Karte zu schauen."
Lyssa legte die Karte auf den Tisch und kam hervor. "Es tut mir schrecklich leid, die Zwillinge haben mir davon erzählt und ich ...", sie hatte keine Erklärung, keine Notlüge, die Sinn ergeben würde. "Wieso haben Sie nie etwas gesagt?"
"Hätten Sie mir die Wahrheit erzählt, Ms Lewis?" Seine grauen Augen musterten sie aufmerksam. Lyssa blieb stumm. "Sie sind keine Bedrohung für die Schule oder die Schüler. Sie versuchen jemanden oder etwas zu beschützen und ich kenne das Gefühl nur zu gut."
"Sie glauben also nicht, dass ich ein geheimer Todesser bin?", fragte sie und erinnerte sich an sein Gespräch mit Lupin nach der ersten Aufgabe.
Der Professor stellte die Milch und den Zucker neben ihren Tee. "Glaube mir, ich kenne Todesser und ich kenne Reinblutfanatiker nur zu gut und du gehörst da nicht dazu. Slytherin hin oder her."
"Wieso schlossen sich Leute Voldemort an?", fragte sie vorsichtig.
Professor Black zuckte mit den Schultern. "Ich komme aus einer Familie, die stark auf reines Blut aus war, manche Leute kennen nichts anderes."
Sie wusste von der Black Familie, sie gehörte zu den 28 Unantastbaren. Aber Liam sollte anderes kennen. Die Slytherin überlegte kurz. "Glauben Sie, dass es Anhänger von Voldemort gibt, die nicht Reinblutfanatiker sind, sondern seine Ideologien anders deuten?"
Professor Black sah einen Moment lang ausdruckslos auf das Bild aus seiner Schulzeit, wo jemand herausgeschnitten wurde. "Wir alle haben unsere Gründe. Einige sind angetrieben von Hass, andere tun Dinge aus Angst oder sind verblendet von der Möglichkeit auf Macht. Manchmal ist es Verzweiflung und wiederum andere sehen nur, was sie sehen wollen. Du kannst seine Taten und Ideologien drehen und interpretieren wie du willst, er kann dir nicht mehr widersprechen. Die Gründe erklären es, sie entschuldigen nichts."
Als Lyssa Professor Blacks Büro verließ, war es bereits dunkel, obwohl es erst sieben Uhr war. Die Gänge waren leer, die meisten Schüler saßen bei diesem kalten Wetter in ihren Gemeinschaftsräumen vor den Kaminen oder waren über die Ferien nach Hause gegangen. Das Schloss war weihnachtlich dekoriert, doch in diesem Moment bereitete es ihr keine Freude. Sie fühlte sich einsam und verzweifelt. Wie lange noch, bis Voldemort zurückkam? Wie würde seine Herrschaft ohne Harrys Eingreifen aussehen?
Es war der Vorweihnachtsabend und Lyssa hatte am liebsten angefangen zu weinen gleich hier mitten auf dem steinernen Boden. Aber sie musste sich zusammenreißen, sie hatte noch nie aufgegeben. Zuerst ging sie zum Geheimraum beim Kerkereingang, aber da fand sie nichts. Sie wird sich von unten nach oben schaffen: Zuerst bei Kerkereingang, dann ging es zum Muggelkunde-Zimmer, weiter zum Portrait von Barthold dem Begnadeten und am Ende zum Astronomieturm.
"Lyssa", rief eine Person, bevor Lyssa sich auf den Weg zum Muggelkunde Zimmer machen konnte.
Edith winkte ihr zu. "Kim meckert schon herum, dass du das Kleid immer noch nicht anprobiert hast. Morgen Abend ist der Ball."
"Ich komme gleich, aber ich muss noch etwas erledigen", antwortete sie und ließ die Slytherin stehen.
Auch der Raum hinter dem Wandteppich hatte keine Rotberg-Uhr und Barthold beklagte sich, dass sie hinter sein Bild wollte. Erst nach einer langen Diskussion ließ er sie endlich, doch auch da konnte sie nichts finden.
Sie drückte die Daumen, als sie die Wendeltreppe zum Astronomie Turm erreichte. Dritte Stufe war es.
Auch ein Revelio offenbarte ihr nichts und frustriert ließ sie sich auf die zweite Stufe sinken. Sie ließ ihre Finger über das Metall des zehnzackigen Sternensymbols fahren, das bei jeder Stufe in der Mitte angebracht war.
Sie würde nie hier wegkommen und wird Voldemorts zweite Schreckensherrschaft nochmals miterleben müssen. Dieses Mal war sie keine verängstigte Dreizehnjährige, aber dieses Mal gab es auch keinen Harry Potter, der die Horkruxe zerstören und Voldemort besiegen würde.
Sie legte sich auf den kalten Stein, hätte nicht jemand anderes dem Dieb folgen können?
Ein paar Minuten lag sie noch da im Selbstmitleid, bevor sie von sich selbst genervt war und sich aufrichtete. Sie könnte die Treppe einfach wegsprengen und sehen, ob sie so das Geheimversteck fand. Sie ließ die Spitze ihres Zauberstabs aufleuchten und untersuchte die dritte Stufe erneut.
Erst als sie sich aufrichtete, merkte sie, dass das Sternsymbol auf der dritten Stufe das Licht nicht reflektierte, wie es bei den anderen Stufen reflektiert wurde. Als sie mit der Hand darüber strich, stellte sie fest, dass es da nur aufgemalt war, anstelle des Metalls. Aber die Kerben deuteten darauf hin, dass da auch mal ein Sternsymbol eingelassen war ... ein Schlüssel.
Lyssa sprang auf. Liam musste ihn haben, aber wo bewahrte er ihn auf. Sie konnte das ganze Versteckspiel unmöglich erneut spielen, aber ein flacher Stern war einfacher zu verstecken als eine klobige Uhr. Vielleicht hatte er es dieses Mal wirklich in seiner Sockenschublade versteckt.
Ein Versuch war es wert in seinem Schlafsaal nachzuschauen, doch wie kam sie da rein? Um die Tür machte sie sich wenig Sorgen, sie wusste, dass man ein Rätsel beantworten musste, doch am Tag war der Gemeinschaftsraum gefüllt und in der Nacht die Schlafsäle, sie konnte da nicht einfach reinmarschieren.
Die Situation spitzt sich zu...
Wie wird sie wohl in den Ravenclaw Gemeinschaftsraum und Schlafsäle kommen?
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