13. Böse Überraschung Nummer 3000
Lyssa hatte sich in ihren Sessel im Ecken des Gemeinschaftsraumes zurückgezogen und blätterte durch ein paar alte Tagespropheten, immer noch auf der Suche nach einer Spur von der Uhr. Im vorderen Teil des Gemeinschaftsraumes konnte sie Malfoy hören, wie er seiner Gruppe von Freunden lautstark erzählte, wie er die erste Aufgabe angegangen wäre. Und wäre er doch bloß alt genug, um Champion zu sein, dann wäre Hogwarts jetzt an erster Stelle und nicht Durmstrang ... Immerhin schien Malfoy immer noch derselbe Schleimbeutel zu sein.
Gerade als Lyssa sich wieder ihrer Zeitung zuwenden wollte, ging die Tür des Gemeinschaftsraumes auf und drei Mädchen kamen aufgeweckt schwatzend herein. Lyssas Blick folgte einer davon. Ihre Krawatte war kunstvoll gebunden und die Bluse war makellos weiß, ohne eine einzelne Falte und bildete einen starken Kontrast zu dem pechschwarzen Haar, das in einem Zopf über der Schulter lag. Unter dem Arm hatte sie ein Quidditch Magazin, in ein paar Jahren würde sie als Treiberin ins Quidditch Team kommen ... Emilia!
Lyssas Blick folgte ihr, bis die Mädchen auf der Treppe in die Schlafsäle verschwanden. Sie wusste, dass Emilia jetzt in der ersten Klasse war, dennoch irritierte es sie, das Mädchen zu sehen. Sie wirkte so klein und ohne große Ähnlichkeit mit der Emilia, die Lyssa kannte. Die Emilia, der immer ein amüsiertes Funkeln in den dunklen Augen lag und mit einem frechen Lächeln auf den Lippen. Es war in Lyssas sechstem Jahr gewesen, als Emilia beim Feiern nach einem erfolgreichen Quidditchmatch übermütig ihre Lippen auf Lyssas gepresst und ihr für das gesamte nächste Jahr das Herz gestohlen hatte.
Sie haben sich vor einem Jahr getrennt, weil Emilia für ihre Quidditch Karriere viel Reisen musste, dennoch vermisste Lyssa sie immer noch. Sie beschloss, sollte sie es je wieder in ihre Zeit schaffen, würde sie sich bei ihrer Ex melden.
Dann schüttelte sie den Kopf und versuchte den Fokus wieder auf die alten Seiten, sonst würde sie hier nie wegkommen. Sie blätterte weiter, bis sie plötzlich eine alte Abbildung einer Uhr sah. Die Uhr auf dem Bild war nicht in einem guten Zustand, aber Lyssa war sich ziemlich sicher, dass es sich um die Rotberg-Uhr handelte.
Am Freitag ersteigerte der Antiquitätenliebhaber Charles Picklings eine Uhr, die als mögliche Rotberg-Uhr angepriesen wurde. Die Rotberg-Uhr wurde erschaffen beim erfolglosen Versuch länger, als fünf Stunden in der Zeit zu reisen.
Die Uhr ist in keinem guten Zustand und man kann nicht einmal die Zeit davon ablesen. Hat Mr. Picklings sein Geld verschwendet oder war es eine gute Investition, sagen Sie uns Ihre Meinung mit einer Eule an die Adresse... Lyssa hörte mit dem Lesen auf. Die Uhr war also bei einem Charles Picklings, zumindest war sie das, als dieser Artikel geschrieben wurde 1966.
Sie warf einen Blick um sich herum, bevor sie die Seite aus der gebundenen Ausgabe riss.
Die Seite wurde zusammenfaltet und in ihren BH gesteckt. Da war bereits ihr Notizpapier und die Seite aus dem Buch aus der verbotenen Abteilung. Langsam musste sie damit aufhören, sonst hatte sie keinen Platz mehr.
Während sie sich erhob, um in die Bibliothek zu gehen, dachte sie über die Uhr nach. Irgendwann zwischen 1966 und 2004 war die Uhr verflucht worden und kam über Umwegen zu Jill. Das war eine ganz schöne Zeitspanne ...
Doch dieses Mal war sie nicht in der Bibliothek, um über Zeitreisen zu forschen, sondern sie versuchte anderen Dingen auf den Grund zu gehen. Zuerst blätterte sie durch ein Buch über den ersten Zaubererkrieg, das half ihr wenig und so schaute sie weiter. Schließlich holte sie ein fettes Buch über die aktuelle Zeitgeschichte heraus und blätterte ins Jahr 1980, das Jahr, in dem Voldemorts Herrschaft endete. Sie überflog ein paar Zeilen, bis sie den Namen Harry Potter las.
James und Lily kamen in der Nacht um und als Voldemort versuchte Harry zu töten, prallte der Fluch von ihm ab und tötete Voldemort. Lyssa blätterte verwirrt weiter. Die Geschichte war unverändert? Ein Gedanken schlich sich in ihr Kopf, dass Harry vielleicht an etwas ganz Banalem starb, wie einem Bienenstich oder er ertrank bei einem Ferienausflug, aber der Gedanken war zu absurd. Der Dieb musste etwas verändert haben. Aber wenn Harry nicht in der Nacht gestorben war, wann dann?
Aufmerksam las sie weiter, bis ihre Augen endlich den Namen Harry Potter wiederfanden.
Weniger als zwei Monate nach dem Tod von Du-weisst-schon-wem und dem Opfer von James und Lily Potter wurde der einjährige Harry Potter am elften Dezember im Haus seiner Verwandten getötet, wo er zuvor versteckt worden war. Es ist zu vermuten, dass ein Anhänger von Du-weisst-schon-wem den Jungen als Racheakt aufgespürt und getötet hat, aber es finden sich keine Beweise.
Lyssa starrte das Buch an. Eine böse Ahnung schlich sich in ihr Unterbewusstsein und ließ sie schaudern. Der Dieb war nicht darauf aus gewesen, Voldemort zu zerstören, er wollte verhindern, dass Harry ihn besiegte. Er war ein Anhänger Voldemorts!
Liam summte leise vor sich hin, als sie zusammen in Zaubertränke saßen und Lyssa gedankenversunken ihren Trank anstarrte. Er summte immer beim Arbeiten und manchmal trieb es sie fast in den Wahnsinn, aber gerade war sie zu sehr in Gedanken vertieft.
Das einzige Positive war, wenn sie die Rotberg-Uhr in die Hände bekommt, würde sie ganz genau wissen, wann und wo sie den Dieb aufhalten konnte. Wie viele böse Überraschungen konnte man in der Spanne von nicht mal zwei Monaten ertragen?
"Was ist Ihr nächster Schritt, Ms Lewis?" Snapes schneidende Stimme ließ sie zusammenzucken. Zuerst dachte sie, Snape konnte ihre Gedanken lesen, aber seinen Blick auf ihren blubbernden Trank erinnerte sie daran, dass sie schon lange etwas hätte da rein werfen sollen.
"Das Abwägen von getrockneten Doxy Eiern", antwortete sie mit einem Blick auf ihr Buch.
"Und wo ist Ihre Waage?", fragte Snape weiter. Lyssa warf Liam einen schnellen Seitenblick zu, der ihr darauf hin schmunzelnd seine Waage zuschob. Ihre Galleonen waren zu kostbar, um sie mit einer Waage zu verschwenden und bis jetzt konnte sie immer die von einem Banknachbarn ausleihen.
"Legen Sie sich eine eigene Waage zu, Ms Lewis", sagte Snape noch, bevor er sich umdrehte und anderen Schülern über die Schulter schaute.
"Wärst du in einem anderen Haus, hätte er dir jetzt 30 Punkte abgezogen", murmelte Liam amüsiert, während sie die geschrumpelten Doxy Eier in die Schale legte und das passende Gewicht aussuchte.
"Von wem hast du die Waage gestohlen?", fragte Lyssa, als sie die eingeritzten Initialen C. P. entdeckte.
"Dieses wunderschöne Model gehörte meinem Großvater in seiner Schulzeit", erklärte Liam und senkte die Stimme als Snape wieder an ihnen vorbeiging. "Meine Familie ist sehr traditionsbedacht. Wär ich nicht so klug, wäre ich auch in Slytherin gelandet", erzählte er.
"Sei froh", antwortete Lyssa nur, während sie die Doxy Eier einzeln in ihren Trank fallen ließ, der sich sofort von einem Hellblau in ein Magenta verfärbte. Lyssa erinnerte, wie ein Mädchen aus ihrem Jahrgang die ganze erste Nacht in Hogwarts durchgeweint hatte, weil sie nach Slytherin gekommen war. Ihr Bruder hatte ihr vorläufig erzählt, dass nur die Bösen nach Slytherin kamen und sie wollte nicht böse sein. Dazu kam die Außenseiterposition, die Slytherin hatte und egal gegen wen sie im Quidditch spielten, der Rest der Schüler war immer für die andere Mannschaft.
"Es gibt viele Eigenschaften, die ich an Slytherin schätze", erwiderte Liam.
"Neben den eventuellen Todessern?", fragte Lyssa zurück. Das Weinen in dieser Nacht hatte auch ihr Angst gemacht über ihre Zukunft in Hogwarts.
Liam zuckte mit den Schultern. "Todesser hatten auch ihre Gründe."
"Mag sein, aber es waren keine guten Gründe."
"Voldemort hatte auch gut Seiten."
Lyssa drehte sich zu ihm. "Verzeihung?", sagte sie scharf.
"Das meinte ich nicht so", versicherte Liam ihr eilig, aber er zögerte mit seiner Erklärung. "Meine ... Mutter ist ein Werwolf und ... Voldemort gab solchen Leuten Perspektiven. Er war um einiges gerechter zu den Halbwesen als die Zaubererwelt und wenn man jahrelang keinen Job findest, weil die Gesellschaft dich hasst, kommt man schnell auf die falsche Seite."
Lyssa überlegte einen Moment lang über die Aussage und was sie davon halten sollte. Schließlich meinte sie: "Das war bestimmt nicht einfach ... mit deiner Mutter meine ich." Er hatte nicht unrecht, bis hin in ihre Zeit hatten es Werwölfe nicht leicht in der Gesellschaft akzeptiert zu werden oder Jobs zu finden. Die Zaubererwelt hielt sich manchmal als so viel besser als die Muggelwelt, aber auch sie hatte ihre Fehler.
Wie ein Unheil erschien Snapes Schatten wieder über ihnen. "Mr Gray, wie nett von Ihnen Ihrer Kollegin zu helfen, aber Ms Lewis Unfähigkeit sollte nicht auf Ihre Kosten gehen. Der Trank sollte mittlerweile eine violette Farbe haben, Ihrer hat immer noch dieselbe Farbe wie als ich das letzte Mal vorbeigeschaut habe. Fünf Punkte Abzug für Ravenclaw."
Liam und Lyssa unterdrückten ein Prusten als Snape sich mit hinter dem Rücken verschränkten Armen wieder abwandte und den Schülern verkündete, dass sie nur noch 15 Minuten Zeit hatten.
"Ich hab's doch gesagt, wegen den Punkten", presste Liam heraus und zog sein Buch näher heran. Lyssa schüttelte sich lautlos. Vergessen war das düstere Thema ihres Gespräches.
Am Ende der Stunde hatte ihr Trank eine cremig-violette Farbe anstelle der klaren, dunkelvioletten und Lyssa war um so dankbarer, dass sie die meiste Zeit ihrer schulischen Laufbahn mit Slughorn als Zaubertränkelehrer verbracht hatte. Auf ihr E in Zaubertränke in den UTZ war sie richtig stolz gewesen, auch wenn sie normalerweise einen höheren Anspruch an ihre Noten gehabt hatte.
Das Gespräch mit Liam war interessant gewesen. Sein Großvater war, wie Lyssas Großmutter, stark an seiner Erziehung beteiligt gewesen. Er hatte ebenfalls einen Muggel Vater, der ein nicht besonders guter Vater zu sein schien. Er hatte ihr noch weiteres über seine Eltern und die Probleme der Werwölfe erzählt und die Hürden, die seine Familie überkommen musste. Es war fast erschreckend, wie ähnlich sie sich in manchen Aspekten waren.
Es war gleich nach dem Nachtessen als Lyssa mit zugezogenen Vorhängen auf ihrem Bett saß und ein Glas Wasser mit dem Alptraum-Mittel trank. Sie würde die Nacht wieder nutzen, um in der Bibliothek weiterzusuchen. Jetzt, da sie wusste, dass sie es mit einem Todesser zu tun hatte und niemand die letzten 13 Jahre sich auf den Kampf ohne Harry gegen Voldemort vorbereitet hatte, hatte die ganze Sache eine neue Dringlichkeit.
"Bist du dir sicher?", konnte sie Robyns Stimme hören, als die Tür aufging.
"Sei leise, vielleicht ist jemand hier", erwiderte Annabelle.
"Nein, die sind alle noch beim Nachtessen, ich habe sie gesehen", sagte Robyn und Lyssa zog amüsiert die Augenbrauen hoch.
"Gut, meine Eltern haben es mir gesagt, aber ich weiß auch nicht mehr", antwortete Annabelle. "Es ist ein Gerücht, das herumgeht. Und irgend so ein Peter Pettedcrew oder so soll involviert sein."
Lyssa richtete sich etwas auf. Was die beiden wohl besprachen?
"Gut, aber was soll 'bald' bedeuten?", fragte Robyn, "Wieso kommt er nicht jetzt zurück? Worauf wird gewartet?"
"Bald kann drei Tage bedeuten oder drei Wochen oder drei Jahre", erwiderte Annabelle hitzig. "Laut meinen Eltern ging nur das Gerücht herum, der Drahtzieher soll gesagt haben, dass man sich bereithalten soll. Wer weiß, vielleicht ist das auch nur ein Gerücht und der Dunkle Lord ist tatsächlich tot."
"Es ist also nur ein Gerücht, Mary-Ann?", rief Robyn und Lyssa wurde klar, dass sie sich wohl mit dem Namen Annabelle geirrt hatte, aber jetzt gab es gerade Wichtigeres. Einen Moment lange hörten sie auf mit dem Sprechen und Lyssa dachte schon, dass sie fertig waren, als Mary-Ann wieder begann.
"Sie ist sicher ein Schlammblut, nicht?", fragte sie und Lyssa war sich zu 99 % sicher, dass sie damit gemeint war.
Kurz war es wieder still, dann: "Hör auf sie zu hassen, niemand hat dir gesagt, dass du mit dem Freund deiner Schwester rummachen sollst", kam es von Robyn und Lyssa nahm einen großen Schluck aus ihrem Glas. Sie konnte hören, wie sich eines der beiden Mädchen Richtung Tür bewegte.
"Immerhin interessiert sich jemand für mich", entgegnete Mary-Ann schnippisch und die Tür wurde geöffnet.
"Ja, ein Fünfzehnjähriger", antwortete Robyn, während sie ihr aus dem Schlafsaal folgte.
Da hatte Lyssa wohl etwas losgetreten, aber das Gespräch der beiden machte ihr Sorgen. Die Geschichte scheint fast normal weiterzugehen ... aber wer oder was ist der Drahtzieher?
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