3- "... als wäre ich ein Dessert!"
"[...] Wie Sie bereits befürchteten, befindet sich Miss Lenlay tatsächlich in der Begleitung von Ravn Sinner. Es war uns nicht möglich sie von ihm separiert anzutreffen oder sie weiter zu verfolgen, was eine Befragung zu ihrem Bruder natürlich unmöglich machte. Wir bitten um weitere Instruktionen. [...]"
(- Auszug aus einem Statusbericht, der mitsamt Brieftaube Mahl eines besonders gewieften Gnoms wurde)
✥✥✥
Wasser.
Mehr als in jeder Badewanne, da war ich mir sicher.
Es presste gegen meine Brust, gegen meine Knochen und Augen. Wie ein Spielzeug drückte es mich nach unten, tiefer als ich den Fluss eingeschätzt hätte.
Panik war kein Ausdruck für das Gefühl in meinem Kopf. Ich wusste was gerade mit mir passierte und das machte alles furchtbarer.
Ich war dabei zu ertrinken. Die Kraft schwand mit den verstreichenden Herzschlägen, meine Muskeln schmerzten schlimmer als nach jedem Dauerlauf. Gleichzeitig durfte ich nicht aufgeben.
Ich wollte um mich schlagen und treten. Doch stattdessen zwang ich meine Gedanken zur Ruhe.
Das Metall des Steigbügels zerrte an meinem Fuß und damit auch mich immer weiter mit der Strömung mit. Es schnitt in meinen Knöchel, verdrehte ihn unter der Masse des Wassers.
Durch den Schaum und den aufgewirbelten Schmutz sah ich verschwommen, dass Cairi ebenfalls gegen den Sog ankämpfte. Und verlor.
Tränen verengten meine Kehle, als meine Finger ihren kalten Hals streiften. Sie musste Angst haben. Sie litt. Aber wenn sie mich fortzerrte, würden wir beide sterben.
Quälend langsam tastete ich mich zu dem Steigbügel vor und löste mich von ihr. Es benötigte mehrere Anläufe, in denen Flecken vor meinen Augen zu tanzen begannen. Mir wurde schwindelig, die Gedanken träge und schleppend. Luft war alles, was sich durch die trübe Masse zog. Ich brauchte Luft.
Kaum da ich mich befreit hatte, wurde ich wieder gegen sie gedrückt. Ich konnte nichts sehen, doch meine Füße berührten kurzzeitig den abrupt ansteigenden Boden. Er sandte eine kleine Welle der Mut durch meine erschöpften Muskeln.
Wenn es flacher wurde, würde die Wildheit des Wassers vielleicht nachlassen und uns beide frei geben.
Ich lag falsch.
Meine letzten Kraftreserven mobilisierend, packte ich Cairis Kopf und drückte ihn über die Wasseroberfläche, ehe ich an die Luft kam.
Mit dem ersten Atemzug gelangte Wasser und Dreck in meine Lunge, doch trotz des heftigen Hustenanfalls und dem Brennen, breitete sich ausgesprochene Erleichterung in mir aus. Meine Gedanken und die Sicht klärten sich, der Schmerz in den Gliedmaßen dämpfte sich ein wenig. Ich musste das Ufer finden!
Hektisch drehte ich den Kopf.
Mein Mund klappte zu, während mein Hirn probierte, die Informationen der Augen zu verarbeiten. Es brauchte dafür beunruhigend lange, ehe es mit beschleunigter Hektik versuchte, meine Muskeln zu neuer Höchstform anzutreiben.
Glaubte ich vorhin noch, dass die Befreiungsaktion alle Kräfte aufgezehrt hätte, war es erstaunlich, was ein näherkommender Wasserfall bewirkte. Und zur Annahme, das Wasser würde ruhiger werden... ich lag wirklich falsch!
Mit Armen, Händen und Füßen tat ich alles, um mich an ufernahen Dingen festzuhalten. Erfolglos. Das Ufer thronte eine Armlänge über meinem Kopf und nichts wuchs bis zu uns herunter das der Fluss nicht getötet hätte.
Bis sich meine Jacke in einem Ast verhakte und die unfreiwillige Flussfahrt beendete.
Erleichtert ließ ich die letzten Versuche versiegen und starrte aus riesigen Augen den aufsteigenden Wasserdampf an, der den hohen Sturz angekündigt hatte. Einzelne Steine ragten zwischen dem Wasser empor und trotzten dem niederreißenden Strom.
Im Augenwinkel trieb Cairi an mir vorbei.
Mein Herz blieb stehen. Ich konnte sie nicht sterben lassen. Genauso wenig wie ich ein Kind hätte töten können. Es war unmöglich. Nach allem, was sie für mich getan hatte, wäre es ein unverzeihlicher Verrat gewesen.
In krampfhaften Bewegungen kämpfte ich, sie zu erreichen, auch wenn mir am Rande bewusst war, dass ich kein ganzes Pferd halten konnte.
Doch ihre eigenen panischen Versuche aus dem Wasser zu kommen, ließen mir keine andere Wahl. Meine Finger klatschten hoffnungslos in die flussgefüllte Leere, zu weit fort von meiner treuen Begleiterin.
Ich würde sie nicht da hinunterstürzen lassen. Nicht alleine zumindest.
Mit einer umständlichen Bewegung brach ich den Ast ab, der mir eben das Leben gerettet hatte. Sein dumpfes Knacken besiegelte mein Schicksal, als hätten meine Füße sich auf einen Pfad gesetzt, auf dem ich nicht mehr umdrehen konnte.
Danach ging alles erstaunlich schnell. Von außen sah es bestimmt spektakulärer aus, aber ich habe Ravn nie gefragt.
Für mich lief das Ganze in etwa so ab: Kopf unter Wasser.
Viel Wasser.
Harter Stein.
Schaum und kurze Flugphase.
Schmerz.
Schwärze.
Es war keine angenehme Dunkelheit. Es war eher die Sorte beklemmende Abwesenheit von Licht, bei der man sich fragt, ob man jemals wieder etwas Schönes sehen würde. Oder ob die Finsternis alles verschluckt hatte, bis es nichts mehr gab, zu dem man aufwachte.
Die Erinnerungen setzten ein, als jemand wie bescheuert auf meiner Brust herum trommelte. Nicht die Erfahrung wert.
Mit einem erschrockenen Ruck fuhr ich nach oben und verpasste diesem Jemand eine gehörige Kopfnuss, ehe ich zur Seite umfiel und keuchend nach Atem rang.
Alles brannte. Alle Innereien, die Muskeln und jeder Nerv. Der Atem in meinen Lungen war zu zäh und machte es unmöglich, einen einzigen Schmerzenslaut zu äußern. Stattdessen rollte ich mich röchelnd zur Seite und versuchte mit den Armen meinen Körper zusammen zu halten. Ziemlich sicher, dass ich gerade neuerlich starb!
Im Hintergrund fluchte jemand. Schlimmer als Stollengnome. Oder alte Seemänner.
Obwohl meine Sicht bestenfalls schlierig war, erkannte ich einen hellen Fleck, der sich gegen das sonniger werdende Blau des Himmels abhob. Cairis Fell.
Erleichterung flutete meine Gedanken, doch alles, was mein Mund fertigbrachte, was ein dankbares Wimmern. Kaum zu unterscheiden von dem sonstigen Wimmern.
Und definitiv ungehört von dem schwarz-weißen Fleck, der sich ebenfalls in mein Blickfeld schob und mir androhte mich wieder ins Wasser zu werfen, wenn ich das noch einmal machen würde.
Musste Ravn sein.
Aus irgendeinem Grund wirbelten bei dieser Erkenntnis alle meine Emotionen durcheinander. Irgendwas zwischen maßloser Dankbarkeit und glühendem Zorn. Wie kam es, dass den Preis für seine fehlgeschlagene Rache zahlen durfte? Cairi wäre fast ertrunken!
Seine Aktion war vollkommen unnötig gewesen. Als wäre der König nicht schlimm genug. Wir alle hätten draufgehen können. Mein Pferd, ich und nicht zuletzt er selbst! Er, der jedes Wasser mied, das man nicht in eine Kanne füllen konnte.
„Du Idiot." Meine Stimme brachte kaum mehr als ein Krächzen hervor.
Der Fleck hielt inne, aber ich spürte seinen Blick auf meiner Haut. Er brannte ein Loch hinein.
Unbewusst rieb ich mir über die Augen und versuchte, mich ein bisschen mehr aufzurichten. Es fühlte sich an wie die schwierigste Aufgabe, die ich jemals bestritten hatte.
Ravn, Cairi und Dunsin nahmen alle ein wenig mehr Kontur an, doch Letzteren erkannte ich daran, dass er seinen Kopf zu Boden gesenkt hatte und graste.
Oder er war ein Flussbüffel. Aber wer steht schon pessimistisch von den Toten wieder auf?
„Deine Dankbarkeit nimmt neue Ausmaße an." Ravns Stimme ließ den Fluss zu einem einzigen Eiszapfen gefrieren. Er stand vor mir und hielt sich die blutende Nase. Helle Schlieren rannen zwischen seinen Fingern hinunter zu seinen Lippen.
Ich hatte einen Volltreffer gelandet.
Hups.
Doch mein Mitleid währte nur kurz. Das war das Mindeste, was er verdient hatte! Cairi sollte ihn treten für seine Gedankenlosigkeit.
Etwas wackelig versuchte ich, auf die Füße zu kommen, was einem Hochseilakt ähnlich kam. Der Gleichgewichtssinn dümpelte irgendwo in dem Fluss herum und ohne seine strenge Führung gaben meine Muskeln nach kurzem Kampf geschlossen auf.
Glücklicherweise fiel ich nicht tief. Aber immer noch auf den Hintern.
„Wenn du Hilfe brauchst, sag Bescheid. Wenn du eine Dusche brauchst, auch. Du stinkst wie eine Moorhexe."
Meine Miene verfinsterte sich, doch ich schaffte es alleine auf die Beine.
„Ich habe erst gebadet, danke."
Ravn hob die Augenbrauen und ließ einmal seinen Katzen-Blick aufreizend langsam an mir herunter gleiten, damit meine Augen ihm folgten. Jeder einzelne meiner Nerven prickelte und meine Wangen entflammten erneut, doch ich verscheuchte alle Gedanken wieder.
Jup. Das mit dem Flussbüffel nehme ich zurück.
Ich sah diesen Viechern gerade ähnlicher als Ravns schwarzer Wallach. Selbst wenn ich mich im Matsch gesuhlt hätte, hätte ich niemals diesen Effekt erzielen können.
Meine Kleidung bestand aus Dreck, Ästen und Steinchen.
Mit einem Seufzen zog ich die Schultern hoch und machte mich auf den Weg zum flachen Flussufer. Ich war ohnehin noch nass ...
„Oh nein! Ganz bestimmt nicht! Ich fisch dich da nicht noch einmal raus", packte Ravn meinen Arm und wirbelte mich herum. Nur um mich im nächsten Moment hastig loszulassen und seine Hand angewidert zu schütteln.
Meine Geduld erreichte ihren Endpunkt.
„Und was schlägst du vor? Soll ich mich in der Wiese wälzen bis der Dreck trocken von mir abfällt?", fragte ich zuckersüß zurück. Glücklicherweise machte er es mir einfach wütend auf ihn zu sein, sonst wäre ich schon lange verrückt geworden.
Eine halbe Stunde später leerte Ravn den zwölften Eimer Wasser über mir aus, den er einen Steinwurf entfernt an einer Flussgabelung gefunden hatte. Und ich schwöre, er grinste dabei. Verflogen waren seine letzte Müdigkeit und das Nasenbluten.
Nach dem Dreizehnten boxte ich ihm gegen sein Kinn.
Schade. Ich hatte höher gezielt.
Der Eimer fiel scheppernd zu Boden und ein weiterer Schwall Flüche wurde mir um die Ohren gehauen, während Ravn seinen Kiefer abtastete. Zwischen den Zeilen las ich heraus:
„Was ist los mit dir? Soll ich noch mal nach deinem Verstand tauchen gehen? Ich habe dir dein verdammtes Leben gerettet!"
Meine Zähne pressten sich aufeinander und eine Hand ballte sich zur Faust.
„Cairi hätte umkommen können!", platzte es aus mir heraus und ich musste mich physisch zurückhalten, dass ich nicht all meinen Frust an ihm heraustrommelte, „Nur weil du irgendwem eine Lektion erteilen wolltest!"
„Ist ja gut, ich hab's verstanden", Ravn hob kapitulierend die Hände, „Es war meine Schuld. Aber ich habe es für dich getan. Das sollte eigentlich alles rechtfertigen!"
Ich blinzelte ihn dümmlich an. Meinte er das ernst? Er wollte mich als Begründung heranziehen, um sich aus der Schuld zu reden?
„Wenn das so ist, ist dieser Streit auch nur zu deinem Besten. Was folgt, tu ich nur für dich."
Und passend zum Ende meines Satzes verließ mich auch die Kraft. Die Kraft mich zurückzuhalten.
Mit einem Aufschrei, der all den Gefühlen Platz machen sollte, warf ich mich gegen ihn und riss ihn zu Boden. Ich wollte ihn schlagen, damit ich ihm nicht dankbar sein musste. So viele Emotionen tobten in meinem Körper, dass ich sie unmöglich länger darin gefangen halten konnte.
Doch in Anbetracht meiner beeindruckenden Erschöpfung war es für Ravn nicht sonderlich schwer, mich von sich herunter und unter ihn zu rollen.
„Hey! Bekomm dich wieder ein!", knurrte er mich an, bemüht meine Fäuste links und rechts neben meinen Kopf in den aufgeweichten Boden zu pressen. Ich wehrte mich, was dazu führte, dass unsere Körper noch näher aneinander rutschten. Sein Blick fiel auf meine Lippen. Verflucht war seine Selbstbeherrschung schlecht.
Inzwischen kam mein Atem stoßweise. Mein Kopf schmerzte und jeder weitere Gedanke, der durch meinen Verstand taumelte, verstärkte diesen Schmerz. Nicht, dass ich aufgehört hätte mich unter ihm zu winden.
Gleichzeitig wurde mir bewusst, wie nahe er mir war und wie viel Körperkontakt die Situation mit sich brachte. Unwillkürlich stellte ich mir vor, wie es sich anfühlen musste sein Gesicht in meine Hände zu nehmen. Ich war definitiv nicht bereit für das Flattern meines Magens.
„Hey, hey!", rief Ravn noch einmal aus, als ich drohte ihm mein Knie in seine empfindlichere Zone zu stoßen.
„Es tut mir leid, klar?", er schaffte es gerade noch die Worte ebenso heraus zu pressen, ehe er von mir heruntergestoßen wurde und ich auf ihm saß.
So war das schon besser. Ich lehnte mein Gesicht von ihm weg und jedes flüchtige Gefühl in meiner Bauchgegend erstickte im Keim.
Inzwischen war die ganze langwierige Säuberungsaktion umsonst. Wir sahen beide aus wie Moorhexen.
Für einen kurzen Moment saß ich einfach nur auf seinem Oberkörper und starrte zu ihm herunter.
Ja, es war seine Schuld, aber ich sah dem Bekenntnis förmlich dabei zu, wie es die Mauern in ihm wieder hochzog. Sein Blick wurde blanker, die Muskeln steif. Er versuchte, sich von mir zu distanzieren, auch wenn das physisch momentan nicht möglich war.
Mit jedem verstreichendem Herzschlag, flossen alle Vorwürfe, all mein Zorn und die Wut aus mir heraus, als hätte er ein Loch in mir geöffnet, das mich nicht an meinem Ärger festhalten ließ.
Er war hier wegen mir. Er wurde verfolgt wegen mir. Er tat all das für mich. Und allein die glimmernde Hoffnung blieb zurück, dass er immer noch hier war wegen mir. Ob ich wollte oder nicht, ich war ihm dankbar.
Ein kraftloses Seufzen ließ mich ein wenig zusammensacken.
„Mir tut es auch leid", murmelte ich, ehe ich mich neben ihn ins Gras fallen ließ. Es war alles, was ich in diesem Moment über die Lippen brachte. Es tat mir wirklich leid. Es tat mir leid, dass ich damals mit meinem Bruder in sein Dorf geritten und ihn zurück in dieses Chaos gezogen hatte. Es tat mir leid, dass ich die anderen Sucher aus der Burg direkt zu ihm geführt hatte und er wegen mir abgestochen worden war. Und es tat mir leid, dass ich mich nicht an Absprachen hielt.
Wortlos lagen wir nebeneinander und starrten schwer atmend zum Himmel. Ich würde gerne behaupten, dass mir noch viele weitere gewichtige Gedanken durch den Kopf gingen, doch alles was ich fühlte, was maßlose Erschöpfung.
Nicht nur, weil ich fast ertrunken war. Sondern weil ich immer noch damit kämpfte, nicht in meiner Aufgabe unterzugehen.
„Das waren übrigens Beannas Leute. Wollten eher mit dir reden, als mit mir", drängte Ravn sich in die Leere. Etwas schwerfällig rollte er sich auf die Seite und stützte sich auf einem Ellenbogen ab.
Für einen Moment blieben meine Augen an seinem nassen Hemd und den sich darunter abzeichnenden Muskeln hängen. Wie viel trainierte der Kerl eigentlich? Und woher waren die vielen Narben gekommen? Das letzte Mal hatte ich keine Gelegenheit gehabt, ihn danach zu fragen, aber jetzt gerade lockten sie mich noch einen Blick auf seine geschundene Haut zu werfen. Ich musste nur meine Hand ausstrecken und-... Das würde nicht passieren!
Mein Intellekt kehrte zurück in die Gegenwart. Zumindest fast.
„Hm? Was erwarten die von ...", nuschelte ich wenig zusammenhängend und unfähig ihm ins Gesicht zu schauen. Die Verlockung die kurze Distanz zwischen uns zu überbrücken raubte mir die logischen Verknüpfungen meiner Gedanken.
Ich konnte ihn nicht noch tiefer in meine Schwierigkeiten hineinziehen. Ich war eine gesuchte Mörderin.
„Du bist Lewis Schwester. Ich denke sie wollen wissen wo-... Hallo, Lya?", Ravn machte eine ungehaltene Wischbewegung vor meinen Augen, „Hör auf mich anzustarren, als wäre ich ein Dessert! Die werden genauso auf der Suche nach deinem Bruder sein, wie der Rest des Landes."
Ich versuchte ja, ihm ins Gesicht zu sehen! Wirklich! Aber nach nur wenigen Sekunden begann mein Blick von ganz alleine zu wandern. Ich wusste zum Beispiel, dass Brina Hendow in der Burg ihrer besten Freundin erzählt hatte, dass sie überlegte, einmal abends in Ravns Zimmer ihm aufzulauern. Ob sie das durchgezogen hatte, war eine andere Frage. Und ich wollte mich auch ganz gewiss nicht damit auseinandersetzen, ob Ravn Gefallen an ihren weichen Kurven gefunden hätte.
Lewis Erwähnung brachte mich zurück auf die matschige Wiese. Ich hatte größere Probleme als Brina Hendow und sie erlaubten mir keine Pause zum Durchatmen.
„Glaubst du, Beanna wird ihm etwas antun, falls sie ihn findet?"
Ravns Kopf wog sich von links nach rechts. Unschlüssig zuckte er mit den Achseln.
„Nicht, wenn er seine Macht in ihre Dienste stellte. Aber ich denke, dasselbe stimmt auch für den König. Wenn du allerdings meinst, ob er eine Chance zurück in sein altes Leben hat ..."
Er musste den Satz nicht zu Ende bringen und das wusste er. Lewi würde nie wieder so glücklich sein, wie in der kurzen Zeit, da er nur ein außergewöhnlich begabter Schüler war.
Mein Herz verkrampfte sich.
„Du hattest die Wahl und du hast dich richtig entschieden." Ravn berührte mich flüchtig an der Stirn.
Mit einem erschlagenen Stöhnen ließ ich den Kopf zurück ins Gras fallen. Es war nicht wirklich eine Wahl gewesen. Lewi war fort und ich jagte den letzten Scherben meines Lebens hinterher.
„Ich wollte keine Wahl treffen. Ich wollte sie alle retten."
Ravn wog den Kopf von der einen zu der anderen Seite. Er hatte Probleme seine Gedanken passend zu formulieren.
„Deine Eltern brauchen uns. Lewi ist... er ist kein Mensch."
Ich beobachtete eine Wolke am ansonsten blauen Himmel, weil es leichter war, als zuzugeben, dass Ravn nicht ganz falsch lag. Lewi war ein Verfluchtes Kind. Die Vorstellung wollte nicht in meinen Kopf. Für mich war er immer noch mein Bruder. Begabt, aber nervtötend.
„Du bist auch kein Mensch. Trotzdem trifft Kaelchons Beschreibung von Genträgern nicht auf dich zu." Mühsam rollte ich mich auf die Seite, um ihn besser anzusehen. „Du bist selbstlos und gerecht. Mehr, als viele anständige Bürger in unserer Hauptstadt. Wie will der König das erklären?"
Verlegen rieb Ravn sich den Nacken und besah sich seine Finger. Fast glaubte ich, sowas wie Röte in seine Wangen kriechen zu sehen. Eine Antwort bekam ich jedoch nicht.
Wann war das letzte Mal gewesen, dass ihm jemand ein ernstgemeintes Kompliment gemacht hatte? Er sah nicht so aus, als hätte er etwas Derartiges erwartet.
Ich wischte meine Beobachtung fort.
„Das heißt, vielleicht, ganz vielleicht, ist mein Bruder auch nicht dieses heimtückische Monster, das in den Geschichtsbüchern beschrieben wird. Vielleicht ist er wie du."
✥✥✥
"Wie würdet ihr euch entscheiden?"- Lya
"Vergesst den kleinen Stern nicht!"- Ravn. Sah heute häufiger Sterne.
Midnight update! Dieses Kapitel gibt es gratis dazu! Es war eigentlich gar nicht geplant, aber die Szene machte einfach was sie wollte und wurde dann immer länger, bis ich beschloss sie einfach zu teilen.
Ich kann wirklich so viel in meinen Geschichten planen wie ich will. Aber wenn ich schreibe entwickeln die Charaktere und die Situation meist eine eigene Dynamik, die mir das Steuer entreißt und *Zack* lande ich wo ganz anders, als ich eigentlich hin wollte.
Kennt ihr das?
Love and Hugs,
xoxo
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