Christmas Special // 1
*Achtung. Spoiler für das gesamte Buch*
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Teil 1
„ICH KANN NICHT GLAUBEN, dass sie dich tatsächlich rausgelassen haben. Ich meine als zukünftige Königin, hätte ich eine Rund-um-die-Uhr Einzelbetreuung erwartet." Kimia sah beinahe enttäuscht aus, wie sie ihre fellgefütterten Stiefel durch den kniehohen Schnee schob.
Ich bemühte mich, es nicht persönlich zu nehmen.
„Oh sie haben es mit Vernunft versucht", hob mein Bruder an, die Hände in nachträglicher Niederlage erhoben.
„Aber der Vorteil daran, die zukünftige Königin des Landes zu sein, ist, dass dir niemand mehr etwas vorschreiben kann", beendete ich hochzufrieden den Satz. Allein Beannas vor Zorn rauchende Ohren, waren meinen kleinen Widerstand wert gewesen.
„Ich weiß nicht, warum du überhaupt mit hier raus willst", brummte Balthar in seinen Schal hinein, die Schultern bis zu den Ohren gegen den niemals endenden Schneeschauer gehoben, „Wir waren Holzhacken, nicht irgendwelche Brabanen bekämpfen."
„Der halbe Rat war dagegen", bekräftigte mein Lewi halbherzig. Er trug eine dicke Wollmütze über seinen blonden Locken, die ihm stetig wie ein Uhrwerk in die Stirn rutschte.
Dabei hatte er Recht. Der Rat war äußerst dagegen gewesen.
Und genau das war mein Punkt. Es ging um einen Ausflug in den Wald, zusammen mit Kimia, Lewi und dem grauhaarigen Griesgram neben mir, und doch hatte der kleine Rat der Hand des Lichts sich dafür ausgesprochen, mich im Inneren des Hauses zu lassen.
„Sicher doch. Wegen den ‚rebellierenden Waldelfen' und den ‚beißenden Frostbeulen'", knurrte ich zurück.
Timmens hatte sogar in Zweifel gezogen, ob Ravn mich überhaupt noch heiraten wolle, wenn mir erst die Nase abfror. Ich hatte ihm dafür fast meine Übergangs- Krone an den Kopf geworfen. Ein feines Geflecht aus Silber. Biegsam, wie wir schnell feststellen mussten, vor allem wenn sich jemand drauf setzte.
„Die waren mir allesamt lieber, als es ihnen noch egal war, ob ich niesen musste oder von Kaelchon gekidnappt wurde."
Allein Hillow und mein Vater hätten mich auch neuerlich in den Krieg geschickt, so lange ich noch einen Tropfen des glitzernden Seewassers um meinen Hals trug.
Wir erreichten das hölzerne Tor des Rebellenlagers, das beinahe unter der Schneeschicht vergraben lag. An diesem Punkt war es inzwischen leichter, den Schneehügel zu erklimmen und über den Palisadenzaun zu klettern, anstatt zu versuchen, die dicken Holztüren freizuschaufeln.
Selbst das innere Rechteck war vollständig eingedeckt und es benötigte drei Anläufe, um die Falltür darunter zu finden.
„Es ist einfach das erste Mal in der gesamten Geschichte dieses Landes, das wir einen magisch begabten König und eine Königin haben", versuchte Kimia, mich zu besänftigen, als wir endlich im vordersten Tunnel der Anlage standen und unsere Stiefel auf den verstreuten Tannenästen austraten.
Mühsam schälte ich mich aus meinen fünf Kleidungsschichten.
„Ravn haben sie auch gehen lassen."
Und er hatte mich nicht mitgenommen! Das nahm ich ihm immer noch am Meisten übel.
„Er ist halt der Kö-..." Lewis zweifellos blöde Antwort wurde von einem lautstarken Streit unterbrochen, der Cam und Eve bereits ankündigte, noch bevor sie um die nächste Gangbiegung kamen.
Ein weiteres Drama vorausahnend, luden Balthar und mein Bruder ihre Holzkörbe ab.
„Dieses Bild werde ich niemals wieder aus meinem Kopf bekommen!" Die Gazel klang den Tränen nahe.
„Dann halt dich aus meinem Kopf draußen", erwiderte Cam mit einem Schulterzucken und seinem typischen schiefen Grinsen, das kein Stück verblasste, als er uns im Eingang stehen sah.
„Wow, ihr habt die Königin tatsächlich heile zurückgebracht! Dann kann ich ja den Notstand des Rates wieder aufheben!" Er zwinkerte mir zu. Ich rollte mit den Augen.
Hinter ihm machte Eve Würgegeräusche.
„Wollt ihr wissen, wen er sich nackt vorstellt, wenn man ihn fragt, ob er gerne Sahne zu seinen Winterbeer-..."
„NEIN!", platzte es gleichzeitig aus Lewi und Kimia heraus, was mich vermuten ließ, dass die Beiden nur zu gut wussten, an wen Camanero gedacht hatte.
„Lewi, du liegst falsch", informierte ihn die Gazel, „Und Kimia, HÖR AUF, ES DIR JETZT EBENFALLS VORZUSTELLEN!"
„Ich kann nicht", jammerte die Heilerin und hob einen der Körbe wieder hoch, „DU hast doch das Bild in meinen Kopf gepflanzt!"
Ich seufzte und verfluchte Ravn noch einmal, dass er mich hier gelassen hatte. Nicht, dass ich Lewi und seine Trainingsgruppe nicht mochte. Es wäre nur so viel einfacher mit ihm an meiner Seite gewesen. Und es wäre unsere erste Wintersonnenwende zusammen gewesen.
Aber anscheinend ging das Königreich vor. Oder so.
Neben mir gingen die Streitigkeiten weiter, doch als ich mir den zweiten holzgefüllten Korb schnappte, bemerkte ich den Blick der Gazel auf mir. Meine Gruppe setzte sich in Bewegung zu den Lagerungsräumen, doch sie fiel neben mich zurück.
„Du weißt, dass er sich keine andere aussuchen wird?", murmelte sie halblaut in mein Ohr.
„Wenn er keinen riesigen Streit an seinem eigenen Hof auslösen will, wird er sie sich alle einmal ansehen müssen", gab mich mit einem Schulterzucken zurück, das maskieren sollte, wie sehr dieser Gedanke wirklich an mir nagte.
Und weil es keinen Sinn machte, einer telepathischen Gazel etwas vorzumachen, fügte ich noch hinzu, „Sie haben mit ihrem Brief nicht einmal zwei Tage unserer Verlobung abgewartet! Zwei Tage! Und schon preisen sie ihm ihre Töchter an und bitten ihn, seine Entscheidung zu überdenken."
Ich schnaubte abfällig. Die Adeligen dieses Landes hatten ihre Hoffnung auf eine Ehe zugunsten der ‚normalen' Menschen noch nicht aufgegeben. Wie auch immer sie Ravn lokalisiert hatten- er war jetzt wieder zurück am Hof und sah sich aufgedonnerte junge Frauen an.
„Nur, damit sie zufrieden sind und seinen Entschluss akzeptieren", mischte Eve sich in meine aufbrausenden Gedanken ein, „Er hatte nicht vor, eine Andere auszuwählen."
Und ich glaubte ihr. Aber die Wintersonnenwende bei den Rebellen zeichnete sich als die Schönste meines ganzen Lebens ab und er war nicht dabei. Meine Mutter hatte jeden Raum und die Hälfte des Waldes mit Kerzen dekoriert. Bunte Bänder hingen von den Wurzeln in den Wänden und Hillow hatte sogar die Trainingshalle in ein beheiztes Winterwunderland verwandelt.
In der Küche wurde alles für die Festlichkeiten vorbereitet und Tyana und ich hatten von Hillow höchstpersönlich ein Streit-Verbot erteilt bekommen. Um den Frieden nicht zu stören.
Das tat sie allerdings trotzdem, und zwar noch bevor wir die Lagerräume erreichten.
„LEWI!" Schlitternd und rutschend kam sie um die Ecke gerannt, die dunklen Haare klebten ihr nass im Gesicht. Schnee hatte sich in ihrer Kapuze gesammelt, obwohl sie überhaupt keinen Außendienst gehabt hatte.
Wir alle starrten sie an, wie eine Gruppe Kaobas, die jemand beim Lausen störte. Ein bisschen dämlich und definitiv verwirrt.
„Lewi", wiederholte sie noch einmal keuchend und stützte sich auf ihren Knien ab, um besser Luft zu holen. „Jeanhaddiwalfefeiglassn."
Ich blinzelte einmal. War das diese berühmte Gal-Sprache, die Kindern angedroht wurde, wenn sie zu oft fluchten?
Wusste ich doch, dass Tyana es mit ihren Ausdrücken übertrieb! Niemand sollte den Tag mit einer Reihe Beschimpfungen an Cam und jeden der den Mund auch nur öffnete, beginnen. Das durfte nicht einmal ich!
„Jemand hat die Waldelfe freigelassen", übersetzte Eve höchst zufrieden und blickte lobheischend in die Runde. Erst nach einer Handvoll Herzschlägen und dem allgemeinen Horror in deren Gesichtern, fiel ihr auf, was sie da gerade gesagt hatte. „Bei der Göttin! JEMAND HAT DIE WALDELFE FREIGELASSEN!"
Sofort kam Hektik auf, auch wenn keiner so recht wusste, was er jetzt mit dieser Information anstellen solle.
Wir hatten eine Waldelfe? Wieso wusste ich nichts davon? Mit gerunzelter Stirn gab ich den Gedanken an die Gazel weiter, was sie für einen kurzen Moment aus ihrer blanken Panik brach.
„Einfachste Sicherheitsvorkehrung. Wenn du niemanden neugierig in deine Hochsicherheitszellen wandern lassen willst- sage nicht, dass du Hochsicherheitszellen hast."
Ein wenig beleidigt, dass Hillow mich für so neugierig hielt, verschränkte ich die Arme.
Das war EIN Lauschangriff auf ihre Ratstreffen gewesen, der sich im Nachhinein sogar als vollkommen sinnlos entpuppt hatte.
„Und wie kommt es dann, dass du von diesen Zellen weißt?"
„Weil Hillow sie eine Weile mit der Waldelfe dort unten festgehalten hat", mischte Lewi sich in die Konversation ein, die Brauen unter seiner Mütze zusammen gezogen. Gedankenversunken kratzte er seinen Handstumpf. Seit meiner Verlobung hatte er darauf bestanden, dass ich den letzten Tropfen des Seewassers nicht auf ihn verschwende, sondern für Notfälle aufbewahre.
Am liebsten hätte ich ihm dafür eine Kopfnuss gegeben. Für Notfälle hatte ich mein Schwert. Zumindest, wenn Timmes und Beanna es mir zurückgaben, wenn sie einsahen, dass ich mir damit nicht versehentlich den Kopf abtrennen würde.
„Wer überwacht den Magie-Bann-Zauber über dem Gefängnis?", fragte Lewi in die Runde, die Worte ausgebremst von seinem arbeitenden Verstand.
„Das wäre ich", meldete sich Cam mit einem selbstzufriedenen Grinsen, das jäh verblasste, als er Tyanas Blick begegnete.
„Unwaumhasudannkeiemeldungemacht?", schnappte sie zwischen zwei tiefen Atemzügen nach ihm.
Alle Augen wanderten zu Eve.
„Sie will wissen, warum die nichts gesagt hast, als du bemerkt hast, dass der Zauber aufgelöst wurde?"
Cam sah... überrascht aus. Für einen Lidschlag ging er in sich, als überprüfe er sämtliche Quellen und Leitungen zu den Zaubern, die er über den Tag aufrecht erhielt, dann grinste er wieder.
„Tatsächlich. Der ist weg."
Seine Gruppe stöhnte auf. Natürlich war es Cam, der zu viel magische Kraft besaß, dass er nicht einmal bemerkte, wenn ein ganzer Magie-Bann-Zauber nicht mehr an ihm zehrte.
„Was hast du denn stattdessen den ganzen Tag gemacht?", giftete Tyana ihn ein wenig erholt an.
„Festtags-Frieden!", mahnte Balthar, der vermutlich nur zu gerne gesehen hätte, wie die Feuerbändigerin oder ich in zwei Boka-Kaninchen für den Rest der Ferien verwandelt wurden.
„Ich habe mit Eve diskutiert, wen wir nackt mit Sahne besprüh-..."
„Ihhhh!"
Die angewiderten Laute von Eve und Kimia schnitten den Rest seines Satzes ab. Anscheinend dachte er wieder daran. Und zur Abwechslung war ich wirklich dankbar, keine Gedanken lesen zu können.
Was mich auf eine andere Idee brachte.
„Eve, kannst du nicht in die Köpfe von allen im Lager sehen und herausfinden, wer es war?"
Lewi schüttelte den Kopf.
„Das fängt die Waldelfe auch nicht ein. Und wir alle wissen, was ungebremste Dummheit für Schaden anrichten kann."
Da hatte er recht. Wenn meine Lebensgeschichte dafür nicht das perfekte Beispiel war.
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"Wer ebenfalls eine Waldelfe braucht, um seine Weihnachtsparty ein bisschen spannender zu gestalten, soll sich nur bei uns melden!"- Lya
FROHE WEIHNACHTEN EUCH ALLEN!!!
Ein kleines Weihnachtsspecial für alle, die sich manchmal wünschen in bestimmte Geschichten zurückkehren zu können, nur um die Figuren noch ein bisschen längern um sich herum zu haben.
Also mich :D
Ich schenk mir das jetzt selbst zu Weihnachten :D
xoxo
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