7 - Randale
Mein Körper schmerzte weiterhin als ich die wenigen Treppen zur Haustür hinaufging und mit zitternden Fingern aufsperrte. Ich war durch diesen Zwischenfall später zuhause als gewollt und haderte schon die gesamte Autofahrt über, was ich Hudson sagen sollte.
Zu allererst musste ich auf jeden Fall ungesehen ins Bad kommen, damit ich Owens Geruch von mir abbekam. Denn hingegen meiner Annahme hatte Owen sehr wohl einen Geruch, den ich in dem Moment als er mich weggetragen hatte, einfach nicht wahrgenommen hatte.
Es wunderte mich im Nachhinein nicht, dass auch mein letzter Sinn seine Arbeit eingestellt hatte.
Das Haus lag leise vor mir, was mich erleichtert aufatmen ließ. Vielleicht dauerte das Training heute etwas länger, dann müsste ich mir gar keine Ausrede für Hudson einfallen lassen. Das wäre optimal.
Mit schnellen Schritten huschte ich vorsichtig die Treppe hinauf und durch mein Zimmer direkt ins Bad. Ich duschte mich gründlich ab und versteckte meine Klamotten relativ in der Mitte des Wäschekorbs zwischen Hudsons verschwitzten Sportsachen. Aus diesem Gestank konnte selbst die beste Spürnase nichts mehr heraus riechen.
Als ich dann fertig geduscht und umgezogen wieder in mein Zimmer kam, konnte ich endlich richtig erleichtert aufatmen. Ich konnte trotz dem Zwischenfall alles regeln, ohne das Hudson etwas davon bemerkt hatte.
Die Anstrengung hatte mich jedoch noch stärker ausgelaugt, weshalb ich mich jetzt einfach nur darauf freute, mich ins Bett kuscheln zu können und vielleicht einen Tee zu trinken. Hoffentlich würde ich das nicht noch die nächsten Tage spüren können. Vor allem, da ich heute Abend dringend noch zu Austin musste.
Nur wenige Augenblicke später hörte ich wie unten Lebens ins Haus kam. Ich zählte stumm die Sekunden herunter bis meine Zimmertür aufgerissen wurde und ein breit grinsender Hudson hereinstürmte. Ungeachtet seiner verschwitzten Klamotten, zog er mich in eine enge Umarmung und erstickte mich dabei fast in seiner Schweißwolke.
"Eren und Ian hatten Trockensex.", grinste Hudson breit und sprach extra leise, damit uns durch die offene Zimmertür sonst keiner hören konnte.
"Hat er ihn markiert?", fragte ich mit großen Augen und versuchte mich aus Hudsons Zwangsjacken-Griff zu lösen, was mir auch gelang.
Er schüttelte den Kopf. "Noch nicht.", schmunzelte er und betonte das noch dabei extra stark.
"Deswegen war Josie heute morgen so komisch. Hat sie davon etwas mitbekommen und war beleidigt, weil Eren so etwas nicht als erstes mit ihr gemacht hat?", spekulierte ich und rümpfte etwas die Nase als ich realisierte, dass mein frisches Oberteil nun auch nach Hudson Schweiß stinkte.
"Ja, das denke ich auch." Hudson nickte.
"Woher weißt du das?", fragte ich neugierig und ging zu meiner Zimmertür um die Außenwelt von unserem Gespräch auszuschließen.
"Statt Josie ist dann Ian zum Training mit und hat es mir vorhin erzählt, während Dad anderweitig beschäftigt war."
Ich nickte. "Wie geht es Ian? Der ist wahrscheinlich im siebten Himmel, oder?", schmunzelte ich und freute mich dabei ehrlich für meinen älteren Bruder. Ich wünschte mir für die beiden, dass Dad endlich sein ok geben würde, damit Eren sie markieren durfte.
Ich stellte es mir unglaublich schwer vor mit meinem Gefährten zusammen zu sein und ihn nicht markieren zu dürfen.
Vor allem Eren tat mir dabei leid. Seit siebzehn Jahren hat er nun seine Gefährten und dann auch noch gleich zwei und dann darf er keinen davon markieren.
Da hat er mit unserem Vater wirklich ein schlechtes Los gezogen. Denn wenn es nach Papa gehen würde, hätte Eren mit unserem sechzehnten Geburtstag schon das ok bekommen, sofern meine Geschwister auch damit einverstanden gewesen wären.
Mittlerweile war jeder damit einverstanden außer unser Vater, der sich weiterhin vehement dagegen sträubte. Ich konnte ihn nicht verstehen und meine Geschwister noch weniger, aber er sagt immer nur "Wenn ihr Kinder habt, werdet ihr mich verstehen.". Sicher war ich mir da nicht, immerhin hatte Papa auch Kinder und stand dem Thema anders gegenüber.
Andererseits war das auch eine schwierige Situation. Eren und Dad kannten sich immerhin schon lange und ich wusste, dass sie früher nicht die beste Beziehung zueinander hatten. Warum und was genau vorgefallen war, das hatten unsere Eltern und Eren uns nie erzählt und ich war mir sicher, dass wir es wohl auch nie erfahren würden. Außerdem lag es wahrscheinlich wirklich daran, dass Eren vor Dad unglaublich viel Respekt hatte.
Jeder andere hätte sich seinen Gefährten schon längst hingegeben, immerhin versuchten Ian und Josie schon seit geraumer Zeit Eren rum zubekommen.
Ich würde auch nicht auf das Einverständnis von Dad warten, wenn ich meinen Gefährten endlich traf.
"Der war nicht auszuhalten. Der grinst von einem Ohr zum anderen.", lachte Hudson und zog sich sein vollgeschwitztes Oberteil vom Kopf. "Ich verstehe nicht, warum wir so oft als Menschen trainieren. Sollte nicht mein Wolf trainiert werden?", murrte mein älterer Bruder und ging an mir vorbei ins Bad, wo er sich ungeniert seiner restlichen Klamotten entledigte und in die Dusche stieg.
"Das ist weil Dad sonst nicht richtig mitmachen könnte."
Ein genervtes "Ich weiß." kam von Hudson, der plötzlich die Duschekabinentür wieder öffnete und seine Nase herausstreckte. Er schnüffelte offensichtlich und drehte seinen Kopf etwas hin und her um wohl eine bessere Spur zu finden.
"Beeil dich mal. Ich will was essen und dann ins Bett.", murrte ich und versuchte meine Panik, dass er vielleicht etwas bemerken könnte, zu verstecken.
Hudson nahm noch einen letzten tiefen Atemzug, hielt kurz inne, sah dann schnell zu mir und verschwand mit einem Nicken wieder in der Duschkabine. Augenblicklich atmete ich erleichtert auf. Wie konnte er überhaupt irgendwas wahrnehmen? Ich hatte die Sachen extra versteckt und ungewöhnlich viel Duschgel verwendet. Man dürfte nichts mehr riechen können.
Als wir dann die Treppe hinunter gehen wollte, hörte man schon Randalen im Wohnzimmer. Unser Schritt verschnellerte sich, wobei Hudson schneller unten war als ich und als ich dann auch um die Ecke kamen, pinnte Dad Eren gerade mit einem schmerzhaft verdrehten Arm auf den Boden. Er hatte sich über ihn gebeut, drückte sein Knie in Erens Rücken und wirkte nicht so als wollte er ihn loslassen. Blut rann aus einer Wund an Dads Schläfe und sein Auge sah bereits jetzt leicht geschwollen aus. Auch Eren hatte so weit ich das erkennen konnte, eine aufgeplatzte Unterlippe.
Das Wohnzimmer sah auch wie ein Schlachtfeld und ich wunderte mich, wie Hudson und ich das beide nicht mitbekommen hatten. Immerhin zerbrach ein Glastisch nicht einfach still und heimlich.
Ian stand mit Tränen in den Augen daneben und flehte unseren Vater an von Eren abzulassen, der wiederum alles über sich ergehen ließ und sich nicht wehrte, obwohl er locker Chancen gegen Dad gehabt hätte. Anscheinend hatte Erne akzeptiert, dass er gegen Dad verloren hatte.
"Dad.", kam es schimpfend von Hudson, der nach seinen Armen gegriffen hatte und versuchte unseren Vater von Eren herunterzuziehen. Obwohl Dad sichtbar dagegen arbeitete, konnte sein Sohn in dennoch mit Leichtigkeit von Eren herunter ziehen, was er schlussendlich auch geschehen ließ, Eren jedoch weiterhin mit einem Killerblick auf unzählige Art und Weisen tötete. Vor diesem Blick hatte sogar ich als sein Sohn Angst.
Ich wollte unseren Vater gerne als den starken Alpha kennenlernen, der er einst war, aber in Momenten wie diesen war ich froh, dass ich ihn nicht so kennengelernt hatte.
Ian kam seinem Gefährten gleich zur Hilfe und zog ihn auf die Beine. Eren wirkte nicht stark verletzt, dennoch hielt er den Knopf gesenkt und mied den Blick zu unserem Vater. Eine unterwürfige Geste, die nicht notwendig wäre, da Dad kein Wolf mehr war, aber es ließ Dad anscheinend trotzdem etwas zu Ruhe kommen.
"Was ist denn hier los?!" Papa kam mit wutentbrannten Gesichtsausdruck und einer weinenden Josie ins Wohnzimmer. Mit wütendem Blick macht er sich ein Bild von der Situation, ehe er Eren beschwichtigend eine Hand auf die Schulter legte und ihm zunickte. Eren nickte ebenfalls, öffnete dann seine Arme, in die sich die weiterhin weinende Josie gleich warf, und nahm Ians Hand fest in seine. Josie schluchzte Entschuldigungen, während Eren sie mit sanften Worten versuchte zu beruhigen. Auch Ian kuschelte sich zu seiner Schwester in die Arme seines Gefährten und barg sein Gesicht fest an dessen Brust. Den Beiden war es sehr nah gegangen ihren Gefährten mit ihrem Vater in einer derartigen Situation zu sehen.
"Eliah! Auf ein Wort!", knurrte Papa, dessen Wolf hörbar nah an der Oberfläche war. Dad hatte ihre gemeinsamen Kinder zum weinen gebracht, dass konnte Papa nicht einfach so hinnehmen.
Dad war davon jedoch überhaupt nicht begeistert, sondern schnaubte nur hörbar genervt.
"Da gibt es nicht zu bereden!", kam es mit eisiger Stimme von unserem Vater und augenblicklich lief mir ein kalter Schauer über den Rücken. Ich hasste es schon von Klein auf, wenn Dad in dieser Stimmlage sprach. Es kam selten vor, meistens tatsächlich nur, wenn er mit Jim telefonierte, aber dennoch. Es war unangenehm und es stellte meinen Omega unter Stress.
"Dad, reiß dich zusammen.", knurrte Hudson, der die Schultern unseres Vaters weiterhin in den Händen hatte. Hudson war nicht entgangen, wie ich unter Dads Stimme zusammengezuckt war. Dads Blick fiel daraufhin entschuldigend auf mich. Er wusste ebenfalls welche Reaktion seine Stimme bei Rangniedrigeren auslöste und das obwohl er kein Wolf mehr war. Ich schenkte ihm ein kleines Lächeln um ihm zu zeigen, dass alles in Ordnung war und er sich deswegen keinen Kopf machen musste, welches er genauso zierlich erwiderte.
"Eliah!", wiederholte Papa hörbar gereizt und machte eine Beweguung in Richtung Schlafzimmer. Dad seufzte leise, kam jedoch der Aufforderung seines Gefährten nach und folgte ihm wie ein begossener Pudel.
"Und ihr." Papa wirbelte plötzlich herum und deutete mit dem Finger auf uns. "Keiner verlässt heute mehr das Haus."
Hudson und mir entfloh zeitgleich ein genervtes Schnauben. Warum wurden wir jetzt auch bestraft? Offensichtlich hatte das nur etwas mit Ian, Josie, Dad und Eren zu tun. Was konnten wir dafür?
Angst keimte plötzlich in meinem Körper auf. Ich musste doch zu Austin. Ich musste mit ihm sprechen, damit ich endlich meinen Gefährten finden konnte. Wie sollte ich das machen, wenn wir das Haus nicht verlassen durften? Ich konnte mich nicht wegschleichen, da Papa das mit seinem Wolfsgehör gleich mitbekommen würde und dann hätte ich wohl größere Probleme als nur einen Abend Hausarrest. Ich seufzte schwer und versuchte meine Tränen weg zublinzeln.
Austin wäre morgen sicherlich auch wieder am Skatepark. Owen meinte, dass er abends immer dort war, also hatte ich noch einige Chancen. Das heute war nicht meine einzige Möglichkeit.
Ich versuchte mir das einzureden und ich gänzlich in Tränen auszubrechen.
Hudson schüttelte genervt den Kopf und trat dann an meine Seite heran, wo er einen Arm um mich legte und mich zaghaft gegen seine Brust drückte. Ihm war meine Gemütslage nicht entgangen. "Alles in Ordnung?", fragte er besorgt und hauchte mir einen sanften Kuss auf die Stirn.
"Ja, alles gut. Es ist eine automatische Reaktion." Ich zuckte mit den Schultern und versuchte meine aufkeimenden Tränen auf Dads dominante Stimme und meinen schwachen Omega zu legen.
Das mein Omega sich darüber schon längst keine Gedanken mehr machte, sondern lediglich unseren Gefährten im Kopf hatte, wusste ja niemand.
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