32 - Familie
Nachdem Abendessen und einer unangenehmen Fragerunde, in der Dad Kai ausgequetscht hatte, was denn seine Pläne mit mir waren, ob er gute Absichten hatte und dass ihm ja nicht einfallen sollte, mich zu verletzten, konnte ich meinen Gefährten endlich in mein Zimmer und in etwas Zweisamkeit retten.
Kai folgte mir und meiner plötzlichen Eile lachend die Treppe hinauf, hielt dabei fest meine Hand und schlang seine Arme um meinen Körper, als wir mein Reich betreten hatten und endlich etwas abstand zu meinen Eltern hatten, die man unten noch leise reden hören konnte.
"Ich mag deine Eltern", schmunzelte mein Gefährte und barg sein Gesicht in meinen Haaren. Sein Körper, der sich eng an meinen Rücken schmiegte, fühlte sich so nah einfach nur unglaublich gut an, sodass ich mich entspannt gegen ihn lehnte und zufrieden aufatmete.
"Sie können ganz nett sein", antwortete ich leise und drehte meinen Kopf so, dass ich zu Kai hinaufsehen konnte, der sanft auf mich hinunter lächelte.
"Sie haben uns ohne Protest hier hoch gelassen. Ich habe wirklich gehofft, dass wir etwas Zeit zu zweit bekommen, aber ich hätte es ehrlich nicht erwartet." Kais Wangen färbten sich zart rosa und sein Griff um mich festigte sich etwas.
"Wollen wir uns ins Bett kuscheln und etwas reden? Ich würde dich unglaublich gerne besser kennenlernen." Nun färbten sich seine Wangen noch dunkler und ich konnte entzückt beobachten, wie er sich nervös auf die Unterlippe biss und erst erleichtert wirkte, als ich nickte.
"Das ist eine schöne Idee", lächelte ich und ließ mich auf meiner Bettkante nieder. "Aber bitte zieh deine Socken aus."
Kai zog überrascht die Augenbrauen zusammen, als ich mir meine Socken von den Füßen zog und über meine Matratze rutschte, bis ich mich gegen die Rückenlehne lehnen konnte. Ein erheitertes Lachen kam von Kai, ehe er sich auch seinen Socken entledigte und mir auf meine Matratze folgte.
Eine Mischung aus Nervosität und Vorfreude brodelte in meinem Körper und ließ mich kaum ruhig sitzen. Meinen Gefährten in meine Bett zu haben, war viel zu viel des Guten. Niemals hätte ich gedacht, dass es so schnell gehen würde, auch wenn wir nur kuscheln würden.
Kai lehnte sich neben mich gegen das Holzkopfstück, legte seinen Arm um meine Schultern und zog mich vorsichtig zu sich, damit ich mich gegen ihn lehnen konnte. Dabei platzierte ich meinen Kopf vorsichtig auf seiner Schulter und seufzte automatisch zufrieden auf, als mir sein Duft intensiv in die Nase stieg.
"Erzählst du mir von deiner Familie?", fragte ich leise und rutschte noch etwas näher an meinen Gefährten heran. Kai zog mit seiner freien Hand meine Bettdecke etwas zu uns, sodass unsere nackten Füße unter der kuscheligen Decke verschwanden und ein Kichern in meiner Kehle empor stieg, als Kai seine Füße scheu an meine legte.
"Meine Familie ist tatsächlich recht groß. Es gibt Mark, Cindy und meine Schwester Sissy, also eigentlich Elisabeth, aber den Namen mag sie nicht. Unsere Cousine Mya und ihr Bruder Myke leben auch bei uns. Sie haben noch einen großen Bruder, aber der lebt noch bei seinen Eltern in unserer Heimatstadt. Wir haben hier Verwandte und als Mark hier einen besseren Job bekommen hat, stand es gleich fest, dass wir hierher ziehen. Ich bin übrigens adoptiert. Also Mark und Cindy sind eigentlich nicht meine richtigen Eltern, aber ich bin als Säugling zu ihnen gekommen, deswegen sehe ich trotzdem meine Eltern in ihnen", erklärte Kai und hatte unterdessen angefangen durch meine Haare zu kraulen, sodass ich genießerisch die Augen geschlossen hatte.
"Das war bestimmt schwer für dich. Herauszufinden, dass sie nicht deine leiblichen Eltern sind", murmelte ich und drückte mich automatisch nochmals näher an seinen athletischen Körper. Seine Körperwärme fühlte sich unglaublich gut an und am liebsten würde ich meine Hand einfach unter sein T-Shirt wandern lassen, um seine warme Haut spüren zu können, aber an diesem Punkt waren wir wahrscheinlich noch nicht angekommen.
"Naja, sie sind normale Menschen. Mir ist recht früh aufgefallen, dass sie nicht so sind wie ich und sie waren auch immer ehrlich zu mir. Deswegen funktioniert das mit uns auch so gut."
Überrascht hob ich den Kopf, was Kai gleich dazu brachte mich anzusehen. "Deine Eltern sind keine Wölfe?"
Er schüttelte den Kopf.
"Hast du dann ein Rudel? Bist du mit Gleichgesinnten aufgewachsen oder nur bei Menschen?", fragte ich schockiert und setzte mich auf. Dadurch verlor ich zwar den nahen Körperkontakt zu meinem Gefährten, aber konnte ihn wenigstens richtig ansehen. Kai zog irritiert die Augenbrauen zusammen und kurz sah ich einen undefinierten Ausdruck in seinen Augen schimmern, ehe er den Kopf schüttelte.
"Ich habe kein Rudel und bin nur mit den Menschen aufgewachsen, aber sie wissen über meine Art bescheid und haben versucht mir alles wichtige beizubringen", beantwortete er dann meine Frage und schockierte mich damit noch mehr.
"Wie fühlst du dich? Fühlst du dich nicht einsam?" Ich kannte die Geschichten von Papa, als er damals aus seinem Rudel geworfen wurde und wie sehr er darunter gelitten hatte. Er hatte sich so einsam gefühlt, obwohl er immerzu von anderen Wölfen umgeben war, und nichts, nicht einmal Dads Anwesenheit konnte etwas dagegen machen. Erst als Dad ihn dann in sein Rudel aufgenommen hatte, hat es aufgehört, auch wenn Papa meinte, dass es mit der Zeit erträglich wurde.
"Uh...", antwortete Kai zögerlich und schüttelte dann den Kopf. "Nein, nicht wirklich."
"Hast du schon einmal einen anderen Wolf gesehen? Verwandelt meine ich?" Total durch den Wind rutschte ich näher an ihn, mein Knie berührte im Schneidersitz seinen Oberschenkel, und nahm seine Hände in meine.
Kai musterte mich einen Augenblick, ehe er zögerlich nickte. "Den ein oder anderen", antwortete er dann und schenkte mir ein kleines Lächeln. "Ich weiß auch, wie man gegen sie kämpft", grinste er dann plötzlich und wirkte dabei so stolz, dass ich überrascht leicht zurückwich.
"Okay", antwortete ich nach einem Moment irritiert und nickte langsam. Mit den Jägern in der Gegend konnte er sich zumindest wehren, das war schon mal gut.
"Jetzt du. Ich kenne deine Eltern und du hast einen Bruder namens Ian, der gerne liest. Wen gibt es noch?" Seine Augen blitzen interessiert und mit offenen Armen forderte er mich dazu auf, mich wieder zu ihm zu legen. Mit einem zufriedenen Lächeln ließ ich mich gegen seine Brust fallen und kuschelte mich dagegen.
"Wir sind vier Kinder. Vierlinge um genau zu sein. Ich, Ian, Josie und Hudson. Dann gibt es noch Eren. Er ist Papas bester Freund aus Kindertagen und gleichzeitig der Gefährte von Ian und Josie", fing ich an und inhalierte dabei seinen Duft.
"Der Gefährte von beiden? Das geht?", fragte Kai überrascht, der wieder angefangen hatte mir sanft durch die Haare zu kraulen, und ich nickte nur.
"Ja, ich war immer neidisch, dass die zwei ihren Gefährten von Anfang an hatten", gestand ich, was Kai leise zum lachen brachte.
"Jetzt hast du mich ja", schmunzelte er und drückte mich fest gegen sich. Sein Gesicht barg er dabei in meinen Haare, während ich in seinem Griff beinahe zerging. Ihm so nah zu sein, löste ungeahnte Höhenflüge in mir aus und ich fühlte mich, als wäre ich am sichersten Punkt auf Erden angelangt.
In Kais Armen war ich vor allem sicher.
"Und ich werde dich nicht mehr gehen lassen", fügte mein Gefährte flüsternd dazu und küsste meinen Schopf.
"Gut, ich werde dich nämlich auch nicht mehr gehen lassen", wisperte ich und drückte mein Gesicht fester gegen seine Brust. Ich spürte sein rasendes Herz pulsieren und genoss das Geräusch des schlagenden Muskels enorm. Kais Lebendigkeit zu spüren war ein unglaubliches Gefühl, das mich selbst auch noch mal etwas lebendiger fühlen ließ.
"Ich würde dich morgen gerne zu mir nach Hause einladen. Cindy, also meine Mutter, möchte dich unbedingt kennenlernen." Kais Worte waren nur gehaucht, aber ich fühlte, wie mein Körper auf Wolke sieben rauschte. In einer Geschwindigkeit, dass ich kaum eine richtige Antwort herausbrachte. Lediglich ein gestammeltes "Oh ja" kam über meine Lippen, welches jedoch kaum verständlich war, da ich mich so gegen seine Brust drückte. Mein Gesicht wurde vor Scham feuerrot.
"Cosmo?", fragte Kai plötzlich hörbar schüchtern und stellte sein Kraulen in meinen Haaren ein.
Dass er in seiner Liebkosung stoppte, ließ mich überrascht und ein wenig enttäuscht aufsehen, doch Kais breites Lächeln ließ die Enttäuschung gleich wieder verfliegen. Obwohl er so glücklich wirkte, konnte man ihm seine Nervosität deutlich ansehen und sein noch schneller schlagendes Herz war ebenfalls ein klares Zeichen dafür.
"Darf ich dich küssen?"
Mein Kopf verselbstständigte sich wie in Trance und nickte ohne zu zögern. Mein Eifer lockte Kai ein entspannteres Lächeln auf die Lippen, welches mir an ihm deutlich besser gefiel.
Kai näherte sich mir langsam. Den Blickkontakt hielt er dabei stetig aufrecht, bis wir uns so nah waren, dass sich unsere Nasen berührten, da senkte er seine rehbraunen Augen auf meinen Mund. Ich spürte seinen heißen Atem auf meinem Gesicht, spürte seine Wärme und die Vorfreude in meiner Magengrube.
Mein Körper pumpte Adrenalin durch meinen Körper und mein Kopf begann sich plötzlich über die absurdesten Dinge Gedanken zu machen. Roch ich gut? Hatte ich vielleicht Mundgeruch? Kann ich überhaupt küssen oder würde es ein schlechter Kuss werden? Waren meine Lippen weich genug? Feucht genug? Hätte ich vor seiner Ankunft noch einen Lippenbalsam verwenden sollen?
Meine regen Gedankengänge wurden jäh unterbrochen und verstummten gänzlich, als Kai seine Lippen auf meine senkte und zaghaft Druck aufbaute.
Augenblicklich brach ein Schwarm wilder Schmetterlinge in meinem Bauch los und ein süchtig machendes Kribbeln rauschte durch meinen Körper.
Mit schüchternen Bewegungen erwiderte ich den sanften Druck und lehnte mich weiter in den Kuss hinein. Kais Hände fanden ihren Weg auf meine Wangen, während ich mich auf seiner Brust abstützte. Sein Herz hämmerte wild unter meiner Hand und ich wusste, dass meines nicht weniger schnell klopfte.
Kais Lippen waren weich, schmeckten auf eine irre Weise nach Kiefer und Honig und fühlten sich auf meinen so gut an, dass ich in seinen Händen zu Wachs wurde.
Der Kuss blieb sanft und zurückhaltend, während mein Körper auf Hochtouren ging. Das Gefühl von Kais Lippen auf meinen brannte sich in meine Gehirnwindungen und ich wusste, dass ich mich auch in fünfzig Jahren noch an diesen ersten Kuss erinnern können werde.
Wir trennten uns nur wenige Zentimeter, sodass ich weiterhin seinen Atem spüren konnte. Ich wollte meine Augen nicht öffnen. Ich wollte den schönen Kuss noch nicht beenden.
Ein leises, genussvolles "Mhhh" kam von meinem Gefährten, der dabei ziemlich sicher ein Lächeln auf den Lippen hatte, ehe er seine Nase spielerisches an meine drückte.
"So habe ich mir meinen ersten Kuss immer vorgestellt", schnurrte er und strich mit seinen Daumen an meiner Wange sanft über meine Haut. "Ich konnte meinen Eltern dieses Gefährtenzeugs nie so ganz glauben, immerhin habe ich sowas noch nie irgendwie erlebt, außer dass sie davon geredet haben. Und dann... dann bist du plötzlich bei mir im Buchladen gestanden. Cosmo, du... du bist so... perfekt und das klingt so irre, weil wir uns eigentlich überhaupt nicht kennen. Als ich dich da gesehen habe, als ich dich gerochen habe... Ich wusste plötzlich sofort, was meine Eltern immer versucht haben mir zu erklären. Ich verstehe es jetzt endlich und ich könnte weinen vor Glück!"
Kais Worte lösten einige Freudentränen aus meinen Augenwinkeln, deren Salz ich in meinem Lächeln schmecken konnte.
"Ich bin perfekt?", stammelte ich und versuchte ein Schluchzen zurückzuhalten. Ich wollte noch mehr sagen, aber meine überquellenden Tränen ließen das nicht zu.
"Das bist du", bestätigte Kai nochmals und weiterhin unfähig zu antworten, war ich wirklich froh, als Kai seine Lippen zu einem weiteren Kuss auf meine drückte. Ich erwiderte sofort und klammerte mich an meinen Gefährten, als würde mein Leben davon abhängen. Kai hielt mich ebenso fest bei sich, eine Hand noch immer auf meiner Wange, der freie Arm eng um meine Taille gelegt.
So, genau so, fühlte ich mich pudelwohl.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro