20 - Kampftraining
Ich saß neben Ian, der in einem Buch schmökerte, im Garten auf der Terrasse und ließ mich von der Sonne anstrahlend, während Hudson, Josie, Eren und Bernard in ihrer Wolfsform Kampftechniken übten. Bernard hatte es sich zur Aufgabe, er meinte, er braucht eine Aufgabe, sonst würde er vor Langeweile eingehen, gemacht sein gesamtes Wissen weiterzugeben. Vor allem da dies in Anbetracht der Lage sowieso sinnvoll war. Immerhin war Bernard aus gutem Grund hier.
Meine Geschwister waren natürlich Feuer und Flamme und wollten gleich starten. Doch da Ian vor kurzem noch krank war, durfte er nicht mitmachen, sondern saß eben neben mir und blätterte beleidigt in einem Buch.
Papa war irgendwo im Haus, während Dad von der Seite aus noch weitere Tipps und Verbesserungsvorschläge gab.
Das Training schreitete gut voran, jedoch war selbst hierbei, wo vor allem Bernard in seinem Element war, die Spannung zwischen Eren und ihm sichtbar. Man konnte sie beinahe anfassen, so dermaßen angespannt war es.
Beide versuchten penibel genau Abstand zueinander zu halten und so wenig Worte miteinander zu wechseln wie möglich, wenn sie sich dann doch mal zu nah kamen, machten beide gleich hastig einen ausladenden Schritt zur Seite.
Auch Ian und Josie gegenüber war Bernard vorsichtiger als bei mir und Hudson.
Vor allem bei Hudson kannte er keine Gnade, ob es nun ums Kämpfen ging oder nur dumme Witze. Der Kämpfer hatte Gefallen daran gefunden, Hudson aufzustacheln und Hudson hatte sichtbar Spaß daran, einen Gegner zu haben, der ihm kräftetechnisch überlegen war. Eren war zwar kräftig, aber selbst er konnte Hudson nichts entgegen halten, ganz im Gegensatz zu Bernard.
Ich hatte Ian schon einmal gefragt, ob er weiß, was da los war, aber er hatte nur mit den Schultern gezuckt, denn offenbar sprach Eren nicht viel mit ihnen über Dinge, die Bernard betrafen. Eine Tatsache, die mich nur noch skeptischer machte.
Josie und Eren waren gestern tatsächlich nackt baden. Die feine Dame hat nämlich hingegen ihren Worten vor unseren Eltern nichts außer Handtüchern eingepackt und nach Ians Erzählungen Eren damit eiskalt erwischt.
Offenbar war der beste Freund unseres Vaters damit so überfordert, dass sie fast wieder nach Hause gefahren wären um eine Badehose zu holen. Nicht, weil er nicht gewillt gewesen wäre, sondern, weil er einfach nur Angst hatte, sich nicht zusammenreißen zu können und etwas tun würde, das Konsequenzen mit sich bringen würde.
Schlussendlich hatte Josie ihn jedoch überredet zu bleiben und versprochen, dass sie keine Annäherungsversuche unternehmen würde, sodass sie wirklich nur geschwommen waren. Als sie jedoch aus dem Pool heraus sind, hatten sie anscheinend eine heiße Make Out Session auf einer der Liegen, denn Josie trug stolz ein paar Knutschflecken an ihrem Hals.
Ein Anblick, der Dad fast rasend gemacht hatte, aber nachdem beide geschworen hatten, dass außer ein paar Küssen nichts passiert war, hat er sich recht schnell wieder beruhigt.
Dabei war mir jedoch Bernards deutliches Unwohlsein nicht entgangen. Der Krieger, der dabei die ganze Zeit neben Dad gestanden hatte, weil sie davor noch miteinander geredet hatten, wirkte eher so als würde er gerade Anschiss bekommen und nicht sein Gegenüber.
"Mir ist heiß.", murrte Ian neben mir, legte sein Buch schnauben weg und zog sich ungeniert sein Shirt über den Kopf, sodass er sich nun oberkörperfrei streckte und seufzend zurücklehnte.
Tatsächlich glänzte Schweiß auf seiner gebräunten Haut.
Überrascht beobachtete ich meinen Bruder. Es schien zwar die Sonne und es waren warme sommerliche Temperaturen, aber das war trotzdem noch zu kalt für uns Omegas um einfach so oberkörperfrei zu sein. Wenn er sich jetzt bewegen würde, anstatt faul auf der Liege zu liegen und zu lesen, dann wäre es etwas anderes gewesen, aber so war es einfach nur seltsam.
Ich dagegen lag mit der Heizdecke und einer Tasse Tee direkt neben ihm.
Dad hatte extra ein Verlängerungskabel geholt, da die einzige Steckdose hier draußen zu weit von den Liegen entfernt war, auf denen ich liegen wollte, da es bequemer war als auf der Gartengarnitur zu sitzen. Der große Pullover von Hudson, den ich trug, und die Kuschelsocken, die unter der Decke etwas hervorlugten, mussten ein prächtiges Bild abgeben.
Wir sahen bestimmt aus wie gephotoshopped.
Kurz Zeit später kam auch Papa mit einem vollen Wäschekorb aus dem Haus und begann sie auf den Wäscheständer zu hängen. Auch er trug einen Pullover. Dazu zwar kurze Shorts, aber mit dem Pullover erfüllte er sowieso schon alle Voraussetzungen für einen normalen Omega.
Keine Ahnung, was mit Ian los war.
"Hast du Fieber?", fragte ich das erst Beste, das mir in den Sinn kam. Vielleicht hatte er sich noch nicht ganz auskuriert.
Ian sah kurz von seinem Buch auf, ließ seinen Blick über Eren wandern, der sich gerade in einem Übungskampf mit Hudson befand, ehe er den Kopf schüttelte.
"Mir geht es gut. Mir ist nur warm."
Ich nickte skeptisch und wand meinen Blick wieder dem Kampfgeschehen zu und musste leicht grinsen als Hudson, wie sonst auch, Eren mit Leichtigkeit besiegte.
"Willst du noch einen Tee, Liebling?" Papa war an uns herangetreten und setzte sich an das Fußende meiner Liege. Kurz musterte er Ians Oberkörper genauso skeptisch wie ich, ehe er sich wieder an mich wand.
"Ich hab noch.", ließ ich hin wissen und er nickte.
Er strich sich durchs Gesicht und atmete schwerfällig aus und als er sich wieder erhob, sah man ihm deutlich an, dass es ihm schwer fiel.
"Soll ich dir mit der Wäsche helfen, Papa?", fragte Ian, der wohl auch gesehen hatte, wie schwer er sich gerade getan hatte.
"Nein, passt schon, Spatz. Bleib ruhig lieben." Er lächelte uns an, lehnte sich zu jedem von uns kurz hinunter und küsste unsere Stirn, ehe er wieder zu seiner Wäsche ging.
"Ihm gehts zur Zeit nicht gut.", murmelte Ian, als Papa außer Hörweite war. Ich nickte. Das war mir auch schon aufgefallen. Anfangs dachte ich es liegt an meinem starken Fieber, dass Papa müder aussah und dünner wirkte, aber mittlerweile war mein Kopf soweit klar, dass ich erschrocken feststellen musste, dass er wirklich erschöpft aussah.
"Er hat abgenommen."
Ian nickte. "Dad schläft immer noch auf dem Sofa. Vielleicht schlägt die räumliche Trennung Papa an die Gesundheit.", mutmaßte Ian und streckte seine Beine aus.
"Die Trennung ist selbst gemacht.", antwortete ich skeptisch. Ian zuckte daraufhin nur mit den Schultern. "Ich hole mir etwas zu trinken. Brauchst du irgendwas von drinnen?"
Ich schüttelte nur den Kopf.
Es dauerte nur wenige Minuten, bis Ian mit einer Wasserflasche und Owen im Schlepptau zurück in den Garten kam.
Der Katzenwandler blieb einen Moment stehen und beobachtete das Geschen aufmerksam, ehe er mit großem Bogen um die raufenden Wölfe zu mir kam. Er lächelte mir kurz an, wuschelte mir durch die Haare und setzte sich dann wie Papa gerade an das Fußende meiner Liege.
"Wie geht es dir?", fragte mein Besuch, ohne jedoch den Blick von den Wölfen zu nehmen.
Ob er schon oft verwandelte Wölfe gesehen hatte oder war das sein erstes Mal?
Seinen aufmerksamen Blick und der deutlich sichtbaren Interesse darin, schätze ich, dass es das erste Mal war.
"Etwas besser.", antwortete ich ehrlich und brachte ihn damit leicht zum lächeln.
"Bist du auch so groß?", fragte Owen nach einigen Minuten und deutete auf Josie, die etwas Abstand zum Kampfgeschehen genommen hatte und sich an der Seite streckte und dabei das Maul weit aufriss, ehe sie es sich auf dem weichen Gras gemütlich machte.
"In etwa.", antwortete ich.
Dadurch dass ich eine ungewöhnlich große Körpergröße für einen Omega hatte, war auch mein Wolf größer, sodass ich beinahe die Größe von Josies Beta-Wolf erreichte. Eine Tatsache, auf die ich stolz war.
Man konnte sehen, wie sehr sich Owen anspannte, als Bernard mit wedelnder Rute auf ihn zukam. Der Rothaarige musterte den großen Wolf mit skeptischen Blick und rutschte überrascht ein Stück auf der Liege zurück und stieß dabei gegen meine angezogenen Beine, als Bernard ihm mit der Schnauze ins Gesicht stupsen wollte. Der große Wolf war genau auf Augenhöhe mit dem sitzenden Owen.
"Er will spielen.", übersetzte ich Bernards Verhalten dem Katzenwandler, der mir einen 'Willst du mich verarschen'-Blick zu warf. Ich zuckte nur grinsend mit den Schultern.
Bernard ließ ein freudiges Bellen erklingen, wodurch Owen etwas zusammenzuckte, sich jedoch im nächsten Moment aufrichtete und ungeniert sein Shirt über den Kopf zog und seine Hose zu Boden fallen ließ. Er ersparte es uns seine Boxershorts ebenfalls auszuziehen und verwandelte sich mit einem lauten Knacken in einen Kater.
Mit einem breiten Grinsen stellte ich fest, dass sein Fell tatsächlich so rot war wie seine Haare.
Es war orange getigert und seine großen Tatzen sowie seine Schnauze waren weiß. Er sah wirklich aus wie eine überdimensionale Hauskatze. Er war nur knapp so groß wie Josie, die in ihrer Wolfsform knapp die einsfünzig Schulterhöhe erreichte und damit deutlich kleiner als Bernard, der die Lefzen beinahe spöttisch nach oben zog.
Owen streckte sich, wobei sein Schwanz aufgeregt hin und her zuckte, wobei sich Spitze beinahe eindrehte. Seine Ohren waren alarmbereit auf den Wolf vor sich gerichtet und als Bernard einen Schritt in seine Richtung machte, hüpfte Owen gleich einen halben Meter zurück.
Bernard sah das als Spieleinladung und stürzte sich auf den orangen Kater, der ihm geschickt auswich.
Daraufhin entstand beinahe eine Hetzjagd durch den Garten, weil Owen einfach zu Flink für Bernard war, dessen Körper eindeutig eher zum Nahkampf ausgelegt war als für so etwas.
Es war ein ulkiges Bild und schlussendlich animierten sie auch Hudson mit ihnen zu spielen, der es tatsächlich ein paar Mal schaffte, Owen zu überlisten.
Eren hatte sich in der Zwischenzeit zu seiner Gefährtin gelegt und schleckte liebevoll über ihre Ohren, während Dad Papa half die zweite Fuhr Wäsche aufzuhängen.
Owen und Hudson kugelten spielerisch ineinander verbissen im Gras und Bernard sprang bellen und mit aufgeregtem Schwanzwedeln um sie herum und stürzte sich auf Hudson, kaum hatte sich Owen aus dessen Fängen befreit. Der Kater nutzen die Chance sofort, stürzte sich auf Bernard, sodass alle drei umfielen und mit einem dumpfen Ton im Gras landeten.
So ging es eine ganze Weile, wobei sämtliche von Owens Bewegungen einfach nur anmutig und majestätisch waren, während Bernard und mein Bruder manchmal wie Tölpel aussahen, bis sie den Spaß daran verloren und Bernard im Haus verschwand und Hudson sich ebenfalls hinlegte und sein Fell von der Sonne bestrahlen ließ.
Mit grazilen Schritten kam Owen auf mich zu und legte sich ungefragt auf das freie Stück der Liege und rollte sich zu einem regelrechten Ball zusammen. Nur sein Schwanz zuckte hin und her, diesmal jedoch bei weitem ruhiger als vorhin und nach einigen Minuten war ich mir sicher, dass er eingedöst war.
Es freute mich ungemein, dass er sich bei meiner Familie so wohl fühlte, dass er sich sogar in Anwesenheit der verwandelten Wölfe so entspannen konnte, dass er so ruhig hier lag.
Mit einem sanften Lächeln setzte ich mich weiter auf und begann vorsichtig über sein samtiges Fell zu streicheln.
Kurz öffnete der Kater seine Augen, schloss sie aber sofort wieder und als er nach ein paar Minuten plötzlich laut zu schnurren begann, sodass ich die Vibration auf der gesamten Liege spüren konnte, und mir damit zeigte, dass er meine Streicheleinheit genoss, musste ich noch breiter lächeln.
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