
Kapitel 4
~Ivris-vor dem Palast~
Elaine trat aus dem Schloss auf den Vorplatz und betrachtete eine Liste, die sie in der Hand hielt. Heute hatte die Besprechung mit der Königin viel länger gedauert als sonst und die Liste war der Grund dafür. Die Königin hatte schon lange den Plan, dass eine Gruppe Hilfe suchen sollte, doch nun hatte sie endlich die Liste der Leute beendet, die auf diese Mission gehen sollten.
"Das sind sie also: Die Helden, die Ivris retten sollen", bemerkte sie an Salman gewandt, der mit ihr zusammen ebenfalls hinaus in die Sonne trat. "Ist es schlimm, wenn ich glaube, dass wir verloren sind?", fragte sie unsicher und mit einem schiefen Lächeln. Die Namen auf der Liste waren ihr fast alle bekannt, doch gerade deshalb fragte sie sich, warum einige davon dabei waren.
Salman strich sich durch seinen Bart. "Sols Segen wird da nicht reichen", stellte er fest, da er die Namen auf der Liste ebenfalls kannte. "Trotzdem sollten wir frohen Mutes sein. Ich habe immer noch meinen Hammer", grinste er Elaine durch den Bart hinweg an, als wäre sein Hammer alles, was sie im Kamp gegen den Konvent brauchen würden.
Elaine blickte lediglich in den Himmel und seufzte dann. "Selbst der Hammer wird da nicht reichen", murmelte sie und versuchte trotzdem positiv zu bleiben. Die Zeit drängte, also sollten sie sich wohl besser beeilen. "Wen willst du dir als erstes anlachen?", fragte sie und blickte mit einem Schmunzeln zu ihm hinab.
Der Zwerg lachte leise. "Ich werde mir wohl den Bastler ranholen. Gerade der braucht Sols Segen ganz dringend", meinte er und Elaine machte ein nachdenkliches Gesicht. Sie wusste, wer mit Bastler gemeint war und kannte Izaya durch ihre Arbeit am Hof. Er war so etwas wie der persönliche Waffenschmied der Königin, auch wenn seine Waffen manchmal recht eigenartig waren.
"Gut, dann bin ich als erstes bei Niara und dann schaue ich mal, dass ich dem Wunsch der Königin entspreche und dieses ... Ritual ... Ausprobiere", sagte sie, wobei sie das Wort 'Ritual' ein wenig skeptisch und ungläubig aussprach. Sie hatte schon von vielen gehört, doch nicht von dem, was ihr die Königin verraten hatte. "Hast du sowas schon mal gemacht?", fragte sie daher unsicher, weil sie hoffte, dass Salman sie vielleicht begleiten würde. Doch die Königin hatte darauf bestanden, dass sie dieses Ritual durchführen würde.
"Pah!", rief der Zwerg aus. "Rituale um Dryaden zu rufen", brummte er vor sich hin. Zuerst glaubte Elaine, dass es ihm um das Ritual ging, doch dem war nicht so. "Sprechendes Grünzeug ... Sowas hätte es zu meiner Zeit nicht gegeben. Salat hat den Mund zu halten", wetterte er vor sich hin und blickte dann beinahe mitleidig zu Elaine. "Viel Glück damit, Schwimmchen", wünschte er ihr und für Elaine ein deutliches Zeichen, dass er ihr wohl nicht helfen würde.
"Baumkuschler und Salat", murmelte Elaine und schüttelte den Kopf. "Natur ist nicht so deines, oder?", fragte sie und sah zu ihm hinab, während sie weiter die Hauptstraße entlang lief. Noch mussten sie sich nicht trennen.
Salman sah Elaine an, als würde sie das ernst meinen. "Ich bin ein Zwerg, Schwimmchen. Höhlen, Berge, dicke Waffen, Bier und Fleisch sind mein Metier. Mit Natur kriegt man nicht so einen Bart hin. Dafür muss man arbeiten und nicht den lieben Tag Rinden streicheln", erklärte er entrüstet und fuhr sich noch einmal zum Verdeutlichen durch den Bart.
"Ohne die Natur wäre dein Bart nicht so gepflegt", bemerkte Elaine und schielte zu seinem Bart. "Was packst du da eigentlich alles rein und kann ich das auch für meine Haare haben?", fragte sie neugierig, denn sein Bart war wirklich sehr schön gepflegt.
Der Zwerg schenkte ihr als Antwort ein verschwörerisches Lachen. "Meine Bartwichse ist ein wohlbehütetes Geheimnis. Aber Scharfgarbe und Blutwurz sind essentielle Bestandteile davon. Ich kann dir gern mal einen kleinen Tiegel anrühren, wenn du willst und nicht gerade die Welt untergeht", bot er an und erhielt ein leichtes Naserümpfen der jungen Frau.
"Blutwurz", murmelte sie und schüttelte sich leicht. "Wie bekommst du den Gestank am Ende wieder raus?", fragte sie irritiert von der Zusammensetzung des Mittels und entschied sich dazu, es doch nicht zu probieren.
Salman hob einen Finger und ließ diesen hin und her wandern. "Na, na, na. Das wäre schon zuviel verraten", sagte er. "Seine Geheimnisse muss man hüten", vertröstete er sie schließlich. "Vor allem seine Schönheitsgeheimnisse", sagte er und fuhr sich mit stolzem Blick durch den Bart.
Elaine seufzte ergeben. "Ich werde nicht aufgeben", sagte sie und ließ es wie ein Versprechen klingen, bevor sie stehen blieb. Sie hatten die Kreuzung erreicht, an der sie sich trennen mussten und Nervosität machte sich in ihr breit.
Sie blickte sich kurz um und dann wieder zu ihm nach unten. "Dann wünsche ich dir gutes Gelingen und wir treffen uns dann mit der versammelten Mannschaft wieder in der Taverne?", fragte sie, da sie nicht genau wusste, wo sie die erste Besprechung machen sollten. Doch die Taverne bot sich an, da jeder aus Irvis wusste, wo diese war.
"Für ein letztes Bier in geselliger Runde", stimmte Salman nickend zu. "Danach werden Konventspinner in die Erde gestampft", prophezeite er. "Sols Segen mit dir, mein Kind", verabschiedete er sich und strich Elaine sanft über die Wange, bevor er sich umwandte und sich in die Richtung der Werkstatt von Izaya machte.
"Sols Segen auch mit dir", murmelte Elaine ihm leise hinterher und betrachtete ihn eine Weile, wie er in der Ferne verschwand, bevor auch sie los lief, um Niaras Schneiderladen zu besuchen. Schon wieder. Dabei war sie diese Woche erst dort gewesen.
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