Den Schmerz ertränken
Was nach der Leidenschaft folgte war Stille. Stumm betrachtete Tami Itachis nackten Rücken, den er ihr zugewandt hatte. Es war seine Art deutlich zu machen, dass er nicht reden wollte. Seine Schulterblätter hoben und senkten sich in ruhigen und regelmäßigen Atemzügen. Wie betäubt starrte sie auf die Linie seiner Wirbelsäule, während tiefe Enttäuschung sie in Wellen durchflutete. Eigentlich, hätte Tami über seine Worte nicht enttäuscht sein dürfen. Natürlich hätte sie wissen müssen, dass er an seinen Plänen festhielt. Selbst, wenn er gesagt hatte, er liebte sie, war er immer noch nicht bereit dazu, sie in sein Leben miteinzubeziehen. Er hielt wie besessen an seiner Isolation fest. Stur bis zum Ende.
Doch was, wenn sie mit ihm gehen würde?
Konoha verlassen würde.
Den Bruchteil einer Sekunde spielte sie in ihrem Kopf mit diesem Gedanken, malte sich ein Leben an seiner Seite aus. Die Bilder vor ihren Augen waren friedvoll. Ein Leben voller Liebe. Insgeheim hatte sie schon immer gewusst, dass sie niemanden je so lieben könnte, wie Itachi. Je länger sie mit diesem Gedanken spielte, desto mehr nahm der Gedanke Gestalt an, sodass sie sich mutig genug fühlte ihn zu fragen.
,,Itachi", sagte sie in die Stille.
,,Hmm", brummte er, um zu signalisieren, dass er zuhörte.
,,Vielleicht könnte ich dich auf deiner Reise begleiten."
Eine kurze Pause entstand, die an ihrem Herz nagte, also sprach sie rasch weiter, um den Mut nicht zu verlieren.
,,Ich wäre dir nicht im Weg, aber ich wäre an deiner Seite... Bei dir. Wir wären zusammen."
So nun war es ausgesprochen. Atemlos und in angespanter Haltung wartete Tami auf seine Reaktion. Seine Körperhaltung verriet nichts Gutes. Tami glaubte seine Antwort bereits zu kennen. Und der Schmerz bohrte sich tief in ihr Herz. Langsam und wie in Zeitlupe - vielleicht kam es auch nur ihr so vor - drehte sich Itachi herum, um sie mit einem ernsten Blick zu mustern. Intensiv. Eindringlich.
Wog er es etwa ab, ob sie es ernst meinte? Denn es war ihr voller Ernst. Es war ihr freier Wille ihn zu begleiten. Selbst mit dem Wissen seines Todes.
,,Unmöglich!", entgegnete er in einem Ton, der keinen Widerspruch zu ließ.
,,Du wärst in Gefahr, dass kann ich nicht zulassen."
Wüt verdrängte den Schmerz, als Tami sich auf die Lippe biss. Sie schluckte den Protest, der ihr auf der Zunge lag hinunter. Bei Itachi wäre das sinnlos und würde zu nichts als Streit führen. Diese Energie konnte sie sich getrost sparen. In einer schnellen Bewegung drehte sie sich zur Seite, damit sie Itachis Anblick nicht ertragen musste. Der Zorn verpuffte, um nahtlos in Schmerz überzugehen.
,,Es tut mir leid", flüsterte er leise.
Seine Worte nahmen den Schmerz nicht von ihr, nein sie machten ihn nur noch größer. Allmählich stiegen die Tränen empor, gegen die sie verbissen ankämpfte. Während Tami die Augen schloss, verschloss sie gleichzeitig ihr Herz. All das, was sie gerade fühlte, wollte sie nicht mehr fühlen. Vielleicht sollte sie versuchen ein wenig zu schlafen, schließlich war es ein langer Weg zurück nach Konoha.
Es war eine unruhige Nacht gewesen, darum war sie kaum verwundert gewesen vor den ersten Sonnenstrahlen zu erwachen. Kurz blinzelte sie, bevor sie einen Blick zu Itachi riskierte. Er schien noch zu schlafen, oder er tat nur so. Das konnte Tami nicht sagen. Schweren Herzens schlüpfte sie leise aus dem Bett, um hastig ihre Sachen zusammen zu suchen. Nun stand Tami vor der Öffnung des Zeltes. Ihr dummes Herz wollte, dass sie sich noch einmal umdrehte. Doch sie zwang sich das Zelt zu verlassen, ohne zurückzusehen. Tief sog sie die kühle Morgenluft in ihre Lungen, als sie in die beginnende Morgendämmerung hinaustrat. Der Anblick, wie die aufgehende Sonne die Dunkelheit der Nacht vertrieb, war wunderschön.
Einen kurzen schmerzlichen Blick warf sie noch auf das Zelt, während sie ihren Rucksack schulterte. Den Plan, ohne Abschied aufzubrechen würde sie in die Tat umsetzen. Nach dieser Zurückweisung verdiente er keinen Abschied, das war unumstößlich. Und der zweite Grund war, sie traute sich selbst nicht, vielleicht würde sie ja in Tränen ausbrechen, die zu nichts führten, außer zu mehr Schmerz.
Und Schmerz hatte sie eindeutig genug verspürt. Ihre Gedanken schweiften ab. Außerdem gab es da noch jemanden, bei dem sie sich dringend entschuldigen sollte.
Der Fußmarsch über Gras, steinige Wege und dick verwurzelten Ästen am Boden, den Tami zurücklegen musste, dauerte nicht lange. Sie war noch nicht einmal außer Atem, da tauchte die von Sonnenstrahlen hell erleuchtete Lichtung auf, auf der sie den betäubten Fuu zurückgelassen hatte.
Friedlich schlafend lehnte er noch an dem Baum. Seufzend sah sie auf den verwuschelten roten Schopf hinab. Eigentlich sah Fuu ja ganz niedlich aus. Mit ihm könnte sie ein schönes angenehmes Leben in Konoha führen.
Heiraten.
Kinder bekommen.
Sie mochte Fuu, aber in seiner Nähe fehlte ihr die Leidenschaft.
Ihr Herz hatte eindeutig andere Pläne.
Wieder einmal hatte sie Itachi vorgezogen, obwohl sie es hätte besser wissen müssen. Sanft rüttelte Tami an seinen Schultern. ,,Fuu", flüsterte sie leise. Langsam flatterten seine Lider, bis er die Augen öffnete. Angestrengt versuchte Fuu seine Umgebung zu fokussieren und seine Benommenheit abzuschütteln.
,,Tami?", fragte er, während er sich den schmerzenden Kopf hielt. ,,Was ist passiert?"
Gleich würde er sie verurteilen, wenn die Erinnerungen zurückkamen.
Im Bruchteil einer Sekunde später erinnerte er sich, was sie getan hatte. Entschuldigend sah sie auf ihn hinab. Es war ihr bewusst, dass er nicht verstehen würde, warum sie es alleine tun musste.
,,Hast du wenigstens bekommen, was du wolltest?", fragte er mit einer Bitterkeit in der Stimme, die ihr weh tat.
Hatte sie bekommen was ich wollte? Kurz ging sie in sich, um über Fuus Frage nachzudenken. Das Einzige, was sie bekommen hatte, war noch mehr Schmerz.
,,Nein, ich konnte Itachi nicht überzeugen zurückzukehren", brachte sie hervor, während sie sich von ihm abwandte.
,,Tut mir leid", entgegnete Fuu, wobei er sich noch immer stöhnend den Kopf hielt. Mit wackeligen Beinen versuchte er aufzustehen. Sofort griff sie um seine Taille, um ihn zu stützen. Das war das Mindeste, was sie tun konnte, schließlich war sie an seinem Zustand schuld.
,,Für Itachi und mich gibt es kein Happy End. Das Kapitel Itachi Uchiha ist beendet."
Warum sie das gerade Fuu erzählte, wusste sie nicht, aber sie musste es einfach aussprechen, damit sie es endlich auch selber glaubte. Es klang so endgültig, wie es sich anfühlte.
,,Komm wir gehen nachhause."
Fuu stützte sich auf mich, während er sagte: ,,Vielleicht ist es besser so."
Ihre Hände zitterten vor Nervosität. Das kannte Tami an sich gar nicht. Diese Aufgewühltheit in sich. Es oblag ihr Tsunade von ihrem Scheitern zu berichten. Nun stand sie vor dem Hokage Büro um den Bericht abzulegen. Noch immer hallten Fuus Worte in ihrem Kopf. Vielleicht ist es besser so. Zaghaft klopfte sie.
,,Herein", hörte sie Tsunades Stimme sagen. Schweren Herzens folgte Tami der Aufforderung.
,,Du bist schon zurück", begrüßte Tsunade sie. Mehr als ein knappes Nicken brachte Tami nicht zustande.
,,Deinem schuldigen Gesichtsausdruck nach ist Itachi nicht bei dir."
,,Es tut mir leid", war alles was sie sagte.
Es kam ihr nicht über die Lippen, dass sie Itachi frei gegeben hatte und ihm folgen wollte. Eigentlich war Tami nur zurück im Dorf, weil er sie nicht bei sich haben wollte. Aber plötzlich fühlte sie sich in Konoha noch ein wenig mehr nicht zu Hause. Tami sah hier keinerlei Perspektive für sich. Warum das so war wusste sie nicht. Ob es an Itachis Abwesenheit lag?
Tsunade machte mit einer Handbewegung deutlich, dass ihr Scheitern nicht so wichtig war. Obwohl Tami wusste, dass es mehd als bedeutend war. Nun log Tsunade ihr auch noch etwas vor.
,,Die Uchiha sind eben eigensinnig, damit müssen wir leben. Hast du sichergestellt, dass Danzo keine Spur zu Itachi findet?"
Stumm nickte ich, während ihr Blick abwesend aus dem Fenster gerichtet war. Wenigstens etwas, das ihr bei der Mission gelungen war. Tsunades Blick ruhte noch immer auf ihr.
,,Du bist entlassen. Mach dir einen schönen Tag."
Einen schönen Tag, dachte sich Tami. Was war ein schöner Tag überhaupt?
In Gedanken streifte Tami durch das Dorf, bis sie sich doch dazu herabließ, ihren Kummer in Alkohol zu ertränken. Normalerweise hasste sie den Geruch und den Geschmack von Alkohol, aber in diesem Moment brauchte sie das betäubende Gefühl, das die brennende Flüssigkeit verursachte. Zuerst bereitete ihr der Alkohol Gute Laune, doch nach einigen Gläsern kippte plötzlich die Stimmung. Ihre Gefühle spielten verrückt und sie wusste nicht, was mit ihr los war. Alkohol konnte einem ganz schön den Kopf verdrehen, stellte Tami fest. Der Alkohol ließ sie zu Tode betrübt oder total euphorisch werden. In welche Richtung es ging, konnte sie vorher kaum sagen. Manchmal wurden bestehende Gefühle verstärkt, ein anderes Mal fühlte sie sich einfach total entspannt und furchtlos. Dazu kam, dass mit Promille im Blut das Urteilsvermögen nachließ. Es machte sie leichter übermütig und ließ sie sich Sachen trauen, die sie ansonsten nie getan hätte.
Nun stand sie auf einem Tisch und tanzte, als würde ihr Leben davon abhängen, während die Männer um sie herum johlten. Erstmal war das toll, sich lockerer, mutiger und stärker zu fühlen. Doch leider holte sie das Gefühlschaos bald wieder ein. All die Erinnerungen und Gefühle schwirrten wieder in ihrem Kopf.
Wie lange sie nun schon in dem dreckigen, lauten Pub saß, oder wie viel sie bereits getrunken hatte, als Fuu sie dort fand, konnte sie nicht mehr sagen.
,,Tami, was tust du hier? Das sieht dir so gar nicht ähnlich", sprach er sie besorgt an.
Mit glasigen Augen sah Tami zu ihm auf. ,,Oh Fuu, ich fühle mich schrecklich", lallte sie.
,,Das glaub ich aufs Wort. Komm ich bringe dich heim", bot er an.
Das Wort Nachhause jagte ihr Angst ein.
,,Nein, ich möchte nicht alleine sein", protestierte sie.
,,Dann nehme ich dich eben mit zu mir, aber du bleibst sicherlich nicht alleine in dieser Spielunke", sagte er und sah sich angewidert in dem dunklen, muffigen Raum, der nach Schweiß, Zigarettenrauch und einer Menge Alkohol roch um.
Für sein Angebot war sie dankbar, also versuchte sie sich mit Würde zu erheben. Doch es gelang ihr nicht wirklich. Wankend stolperte sie in Fuus Arme. Langsam stolperte sie zum Ausgang, hinaus in die dunkle Nacht. Der schlagartige Schwall frische Luft brachte ihren Magen zum rebelieren, sodass sie sich zur nächsten Ecke begab, um sich zu übergeben. Die Geräusche, die sie von sich gab, waren nicht gerade damenhaft, aber Fuu war immer noch an ihrer Seite und hielt ihre Haare.
,,Fuu geh nachhause, du brauchst dir das echt nicht antun. Ich komme zurecht", brachte sie unter Würgen hervor.
,,Ich lass dich sicher nicht alleine. Warum hast du überhaupt getrunken? Ich weiß doch, dass du keinen Alkohol verträgst."
Als sie nichts sagte seufzte er. ,,Ist etwas passiert, als du Itachi getroffen hast? Von dem du mir nichts erzählt hast."
,,Ich möchte nicht über..." Sie brachte es nicht einmal fertig seinen Namen auszusprechen, also brach sie ab.
Wortlos stützte Fuu sie und brachte sie zu sich nachhause. Im dunklen tastete er nach dem Lichtschalter. Das grelle Licht brannte in ihren blutunterlaufenen Augen, also senkte sie ihren Blick zu Boden. Die schönen Holzdielen waren ihr zuvor noch nie aufgefallen. Fuus Stimme durchbarch die Stille, die in ihrem Kopf geherrscht hatte.
,,Ich werde auf dem Sofa schlafen", sagte er schnell, wobei er in die Richtung des Sofas zeigte. Als Tami das fürchterliche rote Ding in Augenschein nahm, dachte sie sich das es nicht gerade bequem aussah.
,,Sei nicht albern, dein Bett bietet sicher Platz für zwei."
Bei ihrer Aussage röteten sich seine Wangen und er sah betreten zu Boden.
,,Ich glaube nicht, dass das eine so gute Idee ist."
,,Quatsch", beharrte Tami darauf, dass sie sich das Bett teilten, schließlich hatten sie beide doch keine Hintergedanken. Irgendwann gab Fuu nach und half ihr die Treppe hinauf. Sie fühlte sich stark, durch ihren verbalen Sieg gegen Fuu. Es daurte beinah zehn Minuten, bis sie sich die steilen Stufen hinaufgeschleppt hatten. Fuu nahm das alles ohne zu murren hin, was Tami bewunderte. Nicht jeder hätte das für sie getan, aber Fuu war eben nicht jeder. Oben angekommen ließ sie sich auf das bequeme Bett plumpsen, kuschelte ihren Kopf in das weiche Federkissen und schlief sofort ein.
Die ersten Sonnenstraheln des Tages schienen durch das große Fenster und weckten sie unsanft. Mit einem Ächzen stemmte sie sich hoch. Ihr Kopf hämmerte, als würde jemand mit einem Presslufthammer darin herumbohren. Benommen sah sie sich um und erstarrte zugleich. Das war nicht ihr Zimmer. Mit einem unguten Gefühl drehte sie den Kopf zur anderen Bettseite und erstarrte. Neben ihr lag Fuu, der noch tief und fest schlief. Erst jetzt sickerten die Ereignise von gestern langsam wieder in ihr Gedächtnis. Lautlos formte sie mit den Lippen Oh. Beschämt raufte sie sich das Haar. Mist!
Was hatte sie nur getan?
,,Kaffee?", vernahm sie plötzlich Fuus verschlafene Stimme neben sich. Als sie nicht sofort reagierte fügte er hinzu: ,,Denn ich könnte einen vertragen."
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