Das Wiedersehen
Ich hatte da mal einen guten Spruch gehört: Egal wohin du gehst, deine Probleme nimmst du immer mit.
Itachis Blick war starr auf die Tür gerichtet, als sie sich quälend langsam begann zu öffnen. Für seinen Geschmack viel zu langsam, dass er sie schon begann zu verfluchen. Sein Körper wollte sich bewegen, doch er zwang sich an Ort und Stelle zu verweilen. In seinem Kopf herrschte ein wirres Chaos aus Angst und Vorfreude. Es stand außer Frage, als er durch Zufall, oder Fügung davon gehört hatte, dass Tami das Dorf verlassen hatte, dass er sich auf die Suche nach ihr machte. Es war ihm ein Bedürfnis gewesen, zu erfahren, ob es ihr gut ging. Doch auch die Angst vor ihrer Reaktion auf ihn beherrschte seine Gedanken. Würde sie sich freuen ihn wiederzusehen, oder würde sie ihn wortlos fortschicken? Könnte er das wirklich ertragen? Diese Folter der Anspannung, die ihn gefangenhielt, wuchs ins unermessliche.
Endlich wurde die Tür ganz aufgestoßen und sie stand vor ihm in all ihrer wunderschönen Pracht. Ihr ungläubiger Blick brannte sich in seinen ein. Ihr Mund war leicht geöffnet, während sie ihn einfach nur ansah. So viele Emotionen huschten über ihr Gesicht. Einige Schritte trat sie in den Raum, bevor sie innehielt. Es waren zwar nur einige Wochen vergangen, seit ihrer letzten Begegnung, doch es fühlte sich an wie Jahre. Ihren Anblick, jedes noch so kleine Detail ihres Gesichtes sog er förmlich in sich auf, damit er sich auch daran erinnern konnte, wenn er sie wieder verließ.
,,Ich hätte nicht gedacht, dass ich dich je wiedersehen würde, Itachi Uchiha." Mit jedem Wort, welches aus ihrem
Jedes Wort, das ihren Mund verließ, das Zittern in ihrer Stimme, war wie tausend Nadelstiche. So unbeteiligt wie möglich betrachtete er sie, obwohl es eine Qual war. Das Gefühl, das ihn ergriff dürfte er nicht an die Oberfläche kommen lassen.
,,Ich dachte du wärst..."
Tami konnte den Satz nicht beenden, aber auch ohne das sie es aussprach wusste er, was sie sagen wollte. Langsam erhob Itachi sich von ihrem Bett, auf dem er gesäßen hatte, wobei es etwas Ächzte. Eigentlich hatte er vorgehabt auf sie zuzugehen, doch er blieb wo er war - auf Abstand. Um sich abzulenken sah er sich in dem sporadisch eingerichteten Raum um. Weiß und karg. Was ihm aber tatsächlich zuerst auffiel war das Detail, dass sie kaum irgendwelche ihrer Besitztümer aus Konoha mitgenommen hatte. Es sah aus als hätte sie einen radikalen Schnitt gemacht. Einen Neuanfang. Plötzlich fühlte Itachi sich wie ein eingedrungener Fremdkörper. Er sollte nicht hier sein. Seine Fingerspitzen schweiften über das Ebenholz der Kommode, die ihm am nächsten Stand.
,,Noch bin ich am Leben", entgegnete er trocken.
Ihr Blick wanderte von seinem bleichen, eingefallenen Gesicht hinab zu den knochigen Fingern, die er unter dem Ärmel seines langen, schwarzen Mantels versteckt hatte. Jedem ihrer Blicke folgte er. Eine Erkenntnis blitzte in ihren Augen auf, ihr wurde bewusst, dass sein Gesundheitszustand ernst war.
Ihr Blick wanderte ins Nichts, als sie sagte: ,,Wie hast du mich gefunden?"
,,Es war nicht meine Absicht gewesen dich zu finden, wenn du das denkst", log Itachi rasch. ,,Ich bin rein zufällig über dieses versteckte Dorf gestolpert."
Bei den Worten wurde ihr Blick hart. ,,Was verdammt nochmal suchst du dann in meinem Zimmer! Wolltest du, dass ich noch einmal hautnah miterleben wie du zu Grunde gehst!"
Ihre Frage war durchaus berechtigt, doch der Vorwurf traf ihn härter, als er es sollte. Unwillkürlich biss er sich auf die Lippe. Wonach suchte er hier eigentlich? Ohne, dass er es gewollt hatte, trugen ihn seine Füße hierher. Zu ihr. Und wollten nicht mehr fort. Sein Herz schlug in einem raschen Takt, wie schon lange nicht mehr. Das Gefühl ließ ihn sich lebendig fühlen. Tami ließ ihn sich lebendig fühlen.
Von Weitem hatte er sie auf diesem Feld arbeiten sehen, ab diesem Moment war sein Herz ins Stolpern geraten, um danach in diesem raschen Takt weiterzuschlagen. Es war der Beweis gewesen, dass es ihr gut ging. Er hätte weitergehen müssen, doch er hatte es nicht geschafft. Der Drang sie zu sehen, nicht nur von Weitem, sondern von Angesicht zu Angesicht war einfach stärker gewesen. Aber diese Tatsache laut auszusprechen wagte er nicht. Zu viel Schmerz hatte er Tami bereits aufgebürdet. Nun da er sie genauer betrachten konnte, war ihr das Leid anzusehen. Ihr Haar sah brüchig aus und etwas an Gewicht schien sie auch verloren zu haben. Rasch wandte Itachi den Blick ab, denn es begann tief in seiner Brust zu schmerzen.
Wortlos zwang Itachi sich dazu sich in Bewegung zu setzen, um aus ihrem Zimmer und endgültig aus ihrem Leben zu verschwinden. Aber so einfach machte es ihm Tami natürlich nicht, denn schließlich hatte sie es ihm noch nie einfach gemacht. Wie aus dem Nichts griff sie nach seinem Handgelenk. Der Griff war hart und unnachgiebig. Ihre warme Berührung brannte sich durch die Hautschichten bis zum Knochen. Als sie zu sprechen begann sah sie ihn nicht an. Ihr Blick war leer.
,,Du lügst. Schuldest du mir nicht wenigstens die Wahrheit?"
,,Die Wahrheit würde es nicht einfacher oder besser machen", entgegnete er traurig.
,,Wer denkst du bist du, dass du beurteilen kannst, was ich verkrafte oder was nicht!"
Ihre Stimme war ein paar Oktaven in die Höhe geschnellt, während sie Itachi mit ihrem Blick umbrachte. Das Atmen fiel ihm nun um einiges schwerer. Seine Kehle fühlte sich plötzlich wie zugeschnürt an. Er spürte wie sein Herz unangenehm gegen seinen Brustkorb schlug. Den Schmerz, den er verursachen würde ignorierte er, als er sich entschlossen zu ihr umdrehte. Ihre Blicke trafen sich. Diesen Blick fing Itachi ein, während er seine Fingerspitzen an ihre Wange legte. Die Berührung ließ ihre Augen sich weiten.
Gemächlich begann Itachi mit den Fingerspitzen Kreise auf ihre Wange zu zeichnen.
,,Die Wahrheit ist, dass du die einzige Person bist an die ich denken kann egal wohin ich gehe, egal wohin ich flüchten, Tag und Nacht."
Sachte ließ er seine Hand an ihrem Gesicht hinab wandern, um sie auf ihre Brust zu legen, dort wo ihr Herz schlug und durch die Berührung schlug es sofort ein wenig schneller. Die Reaktion gefiel ihm.
,,Die Wahrheit ist, ich habe dich vermisst, weil du mir mehr bedeutest, als du je glauben wirst", fuhr er fort, wobei er zärtlich mit einem Finger über die zarten Linien ihrer Lippen fuhr. ,,Macht meine Wahrheit es dir nun leichter loszulassen?"
Wie in Trance sah sie zu ihm auf, die Augen geweitet und die Lippen leicht geöffnet. Viel zu schnell brachte sie einige Schritte Abstand zwischen ihnen und atmete hörbar aus, damit sie sich wieder sammeln konnte. ,,Es war nicht die Wahrheit, die ich erwartet hatte", gab sie schließlich ehrlich zu.
Träge lächelte Itachi. ,,Ich werde dich lieben, bis zu meinem letzten Atemzug. Das ist die Wahrheit."
,,Wenn nur dieser letzte Atemzug nicht wortwörtlich gemeint wäre", erwiderte Tami schroff, wobei sie ihre Arme vor der Brust verschränkte.
,,Dein Leben wird weitgehen und du wirst dich mit Sicherheit wieder verlieben. Es sollte dir nicht so schwerfallen mich loszulassen."
,,Aber was, wenn du der Eine bist, mein Seelenverwandeter. Kann man das überwinden?"
Nie hatte Itachi an solche Dinge wie Seelenverwandtschaft geglaubt, keinerlei Gedanken an so etwas verschwendet. Für ihn war es etwas unreales gewesen, bis Tami in sein Leben getreten war und es auf den Kopf gestellt hatte.
,,Womöglich", brachte er wage hervor. ,,Aber es spielt keine Rolle nicht in unserer Situation."
Eine Situation, die sich nie ändern würde. Der Tod war eine unausweichliche Tatsache, weder sie noch er konnten daran etwas ändern. Das Gefühl völliger Ohnmacht erdrückte ihm, machte ihm das Atmen erneut schwerer. Eine unendliche Traurigkeit lag jetzt in Tamis Blick und er war unfähig etwas dagegen zu tun. Und er sollte es auch nicht ändern wollen.
,,Es war verdammt schwer Konoha endgültig den Rücken zu kehren, auch wenn ich dort eigentlich kaum existiert hatte. Es war mein Zuhause. Nun sieht mich mein Clan als Verräterin an, verstieß mich, nachdem ich das Dorf verlassen hatte. Meine Einsamkeit verwandelte sich in Isolation, deinetwegen", sagte sie mit leiser brüchiger Stimme. Ihr Schmerz ging ihm durch Mark und Bein. Er spürte ihn, obwohl es nicht seiner war.
Ihre außergewöhnlichen Augen füllten sich mit Tränen, die sie mit aller Macht versuchte zu unterdrücken. Ein paarmal blinzelte sie schnell. ,,Sag mir, was ist so falsch daran dich zu lieben?"
,,Weil ich jemand bin, der nur Chaos verursacht. In Konoha wird mich nie mehr jemand akzeptieren, weil ihnen Ignoranz beigebracht wurde, egal ob sie die Wahrheit glauben würden oder nicht."
Wütend marschierte Tami auf ihn zu und stieß mit ihrem Zeigefinger gegen seine Brust. ,,Hörst du eigentlich, was du da redest?" Wieder stieß sie ihn, diesmal noch fester. ,,Ich redete nicht von einem Leben in Konoha, ich redete davon, dass ich ohne dich nicht leben kann, egal wie lange du lebst, ich möchte jede Sekunde davon bei dir sein", schrie sie ihm zornig entgegen, als wäre er ein dummer kleiner Junge, der keine Ahnung vom Schmerz des Lebens hatte.
,,Das Leben kann hart sein, ebenso wie die Liebe", schrie nun auch Itachi. Diese Sturheit, die Tami ihm gegenüber an den Tag legte, machte ihn verdammt wütend. Eine heiße Wut, die sich entlud.
,,Nein, verdammt Itachi, du machst es dir zu einfach. Du hast Angst davor mich zu lieben. Das Gefühl fürchtest du, weil du fest daran glaubst auch mich zu verlieren, wie jeden aus deiner Familie oder jeden den du je geliebt hast. Aber wie könnte ich mich je von dem wunderschönen, gebrochenen Mann abwenden, den mein dummes Herz ausgewählt hat zu lieben!"
Fassungslos starrte er Tami nach ihrer leidenschaftlichen Rede an. Ihm fielen keine Worte ein, die er darauf erwidern konnte. Das Gefühl der Furcht kehrte gnadenlos zurück. Es begann ihn von innen heraus zu zerstören. Er dürfte Tami nicht lieben, nicht nur weil er sterben würde, sondern auch weil er sie in tödliche Gefahr bringen würde.
Eine Gefahr, die über Tamis Verständnis hinausging.
,,Hör auf damit, zu versuchen mich zu retten!", brüllte Itachi so laut, dass sie einige Schritte vor ihm zurückwich.
In ihren geweiteten Augen, konnte er erkennen, dass er ihr mit seinen Worten erneut das Herz brach. Jedes Mal, wenn sie aufeinandertrafen, lief es auf das Gleiche hinaus - sie würden sich mit gebrochenen Herzen wieder trennen.
Warum war er nur gekommen?
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