Kapitel 16 • Tim&Nathan
Spielberg, 27. Juni 2019
„George!", tönte eine mir nur allzu bekannte Stimme durch den Paddock, als ich gerade mit meinem PR-Assistenten mein Motorhome verlassen hatte. Erfreut scannte ich die Umgebung nach dem Besitzer der Stimme ab, bis mein Blick schließlich auf Tim und Nathan fielen, die mir aufgeregt zuwinkten.
„Entschuldigst du mich kurz?", bat ich den Mitarbeiter meines Teams, welcher kurz auf sein Tablet blickte und dann sein Einverständnis gab: „Dein Videodreh beginnt in einer Viertelstunde, also sei bitte in zehn Minuten am Eingang des Paddocks."
„Das lässt sich einrichten", lächelte ich und bedankte mich artig, bevor ich zu meinen Freunden lief, die ich nach einer halben Ewigkeit mal wieder zu einem Rennwochenende eingeladen hatte. Zur Begrüßung zog ich beide nacheinander in eine feste Umarmung.
„Cool, dass ihr es geschafft habt!", meinte ich. „Es gibt so viel, was ich euch erzählen muss."
Die beiden tauschten einen wissenden Blick aus und Tim nickte: „Geht es um Alex?"
„Unter anderem", gab ich zu. Bis jetzt hatte ich noch niemandem von dem Kuss zwischen meinem - jetzt wohl eher wieder ehemaligen - besten Freund und mir erzählt. Es gab mehrere Gründe, warum ich das nicht getan hatte.
Erstens, war die am naheliegendste Person, mit der ich darüber reden konnte, Lando. Der Jüngere war jedoch einerseits gerade wortwörtlich auf Wolke 7 und ließ sich einfach nicht mehr von Carlos trennen, andererseits war er aber eben auch mit Alex befreundet. Ich hatte mich schon schlecht gefühlt, als er mich in Barcelona nach Alex' und meinem riesigen ,Streit' gefunden und ich ihm davon erzählt hatte. In Montréal hatte er mir schließlich deutlich gemacht, dass es für ihn irgendwie blöd war, zwischen den Fronten zu stehen. Nachdem er herausgefunden hatte, dass wir uns wieder vertragen hatten, schien er gelöst und erleichtert. Ich war mir ziemlich sicher, dass er mit seinen Worten damals nicht meinte, dass er mir nicht helfen wollte, aber ich wollte ihn nicht bedrücken. Er hatte es sich verdient, jetzt einfach mit Carlos glücklich sein zu können.
Der zweite Grund war, dass ich Tim und Nathan nicht am Telefon davon erzählen wollte, sondern persönlich. Nun waren sie da, also könnte ich das endlich tun. Die beiden waren Alex gegenüber zwar durchaus positiv eingestellt, immerhin kannten sie ihn als meinen besten Freund, aber nach der Sache in Barcelona hatte sich das auch etwas geändert. Sie würden mir beistehen und auf meiner Seite sein, was in so einer Situation, wie meiner jetzigen, auch mal gut tat.
Der dritte und somit auch letzte Grund war der merkwürdigste. Zwischen Alex und mir hatte sich - öffentlich zumindest - nichts geändert. Vor anderen Fahrern oder bei Interviews waren wir die normalen besten Freunde, die sich seit Ewigkeiten kannten. Wir grüßten uns, unterhielten uns normal, machten Scherze und so weiter. So war es gestern gewesen und so würde es vermutlich auch weitergehen. Leider war das eben nur für die Öffentlichkeit. Zwar versuchte Alex sich nichts anmerken zu lassen, aber ich kannte ihn gut genug, um zu bemerken, dass er mir aus dem Weg ging, wenn ein Aufeinandertreffen dazu führen könnte, dass wir zu zweit alleine waren. Gestern Abend waren wir mit Lando und Carlos Abendessen gewesen. Während Carlos wegen eines Anrufes gegen Ende kurz aus dem Restaurant gegangen war, wollte Lando aufs Klo gehen, sodass nur noch wir beide zurück blieben. Tja, Alex war sofort mit den Worten ,Ich bestelle dann mal die Rechnung' aufgestanden und an die Theke gegangen. Was von außen vielleicht normal wirkte, war für mich irgendwie beengend. Zu wissen, dass ich es mit dem Kuss endgültig verkackt hatte, aber niemand es wissen durfte, machte mich krank, aber vor allem fand ich sein Verhalten unfair.
Er hatte mir in den letzten Wochen so viele Zeichen gegeben, dass er mich doch irgendwie wollte, um mich dann wieder abzuweisen. Als ich ihn schlussendlich geküsst hatte, hatte er sich voll und ganz für das Abweisen entschieden, aber auch nur, wenn wir alleine waren. Klar, vielleicht hatte er auch noch Gefühle für mich, die ihn überforderten, aber das gab ihm nicht das Recht, meine Gefühle zu verletzen, denn das tat er. Er musste sich endlich entscheiden, was - oder besser gesagt wen - er wollte, denn sicherlich würde ich es nicht mehr lange aushalten, für ihn zu springen. Er konnte nicht erst meine Nähe suchen, um mich im nächsten Moment von sich zu stoßen, und mir die Schuld für etwas geben, das er initiierte. Natürlich hatte ich im Endeffekt ihn geküsst, aber das wäre nicht geschehen, wenn er mir davor nicht so unfassbar nah gekommen oder einfach zurückgewichen wäre.
„George?!", riss mich Nathan aus meinen Gedanken. Erschrocken zuckte ich zusammen und merkte, dass ich mich mal wieder in meinen Gefühlschaos versunken war.
„Sorry", murmelte ich peinlich berührt. „Wie wäre es, wenn ich euch kurz mein Motorhome zeige, wo ihr warten könnt, während ich noch einen Dreh habe, und wir reden dann später über alles?"
„Klingt gut." Mitfühlend klopfte mir Tim auf die Schulter. Flankiert von meinen Freunden lief ich ins Motorhome zurück, welches ich eigentlich eben gerade erst verlassen hatte. Nachdem ich ihnen zumindest die Cafeteria und mein Fahrerzimmer gezeigt hatte, musste ich mich ziemlich beeilen, um pünktlich zum Dreh zu kommen.
Gott sei Dank war es nur ein kurzes Video und danach wurde ich auch nur wenig interviewt, weswegen ich schon bald wieder zurück konnte. Zu dritt wollten wir eigentlich gerade den Paddock verlassen, als uns eine Person daran hinderte. „Tim? Nathan? Wow, wir haben uns echt lange nicht mehr gesehen!" Alex.
Augenblicklich erstarrte ich und spannte meine Schultern an, als wir uns zum Thailänder drehten. Mit einem breiten Grinsen kam er auf uns zu. Mich umarmte er kurz und weitaus nicht so vertraut, wie wir es in der Vergangenheit immer getan hatten, während er den anderen beiden die Hand ausstreckte. Angespannt verfolgte ich die Situation. Meine Freunde tauschten einen skeptischen Blick aus, ehe sie dann langsam mit ihm einschlugen.
„Ja, lange nicht gesehen", murmelte Nathan monoton, woraufhin Alex wissend zu mir blickte.
„Du hast ihnen von unserem Kuss erzählt", stellte er fälschlicherweise fest, woraufhin ich meine Augen schloss und tief durchatmete. Oh Gott, oh Gott. Bitte war das ein schlechter Traum und ich wachte gleich einfach zuhause auf.
„Kuss?!", rief Tim erschrocken aus und wandte sich mir zu. „Ihr habt euch geküsst?!"
Ich schluckte schwer und wich den auffordernden Blicken von mittlerweile drei Personen aus. Jetzt war der Moment, wo ich gerne im Erdboden versinken würde. „Ja", flüsterte ich schließlich. Alex schüttelte nur wortlos den Kopf und fuhr sich durch die Haare. Wenigstens war ich nicht der einzige, dem es unangenehm war.
„Seid ihr jetzt zusammen?", fragte Tim weiter und ich zuckte zusammen, als hätte er mich geschlagen. Diese Frage...musste sie sein? Tränen stiegen mir in die Augen, als all die Erinnerungen wieder hochkamen. Nicht nur von dem Kuss, sondern auch von Barcelona. Wie er mich abwies, wie er sich gegen mich entschied, wie er mich einfach fallen ließ.
„Nein", antwortete Alex nun und es war wie ein weiterer Schlag ins Gesicht. „Nein, wir sind nicht zusammen." Seine Stimme klang zwar gefasst, aber ich hörte das leichte Zittern trotzdem heraus, traute mich jedoch nicht, zu ihm zu blicken. Es war doch sowieso hoffnungslos, er würde sich niemals für mich entscheiden, egal wie gebrochen ich war. Er würde sich immer wieder für Jack entscheiden.
„Ich muss jetzt gehen." Ohne ein weiteres Wort drehte er sich um und lief zurück in die Richtung, aus der er gekommen war. Jetzt wagte ich es auch wieder, ihm hinterherzublicken, jetzt würde er nicht mehr sehen, wie verletztend diese Situation für mich war.
„Scheiße", fauchte Nathan ungläubig. „Dieser Idiot. Ihr küsst euch und er lässt dich schon wieder abblitzen?!"
„Lass es einfach sein", murmelte ich kraftlos und strich mir die Tränen aus den Augen. „Es gibt nichts, was es ändern könnte. Für ihn zählen gerade nur Jacks Gefühle, alle anderen müssen sich da hinten anstellen. Es ist ihm sowieso egal, was er mit mir macht."
Freundschaftlich legte Tim mir einen Arm um die Schulter. „Willst du darüber reden?"
Zögerlich nickte ich, denn irgendwie musste jetzt alles mal raus, was sich die letzte Woche angestaut hatte. Wir fuhren mit dem Mercedes, der mir über das Wochenende zur Verfügung gestellt wurde, ins Hotel, wo die beiden auch ihre Zimmer hatten, und bestellten uns Essen beim Zimmerservice. Den ganzen Abend verbrachten wir dann damit über alle Geschehnisse seit Montréal redeten. Es tat verdammt gut, diese Last endlich zu teilen und sie nicht mehr alleine tragen zu müssen. Um die Stimmung am Ende wieder zu heben, spielten wir noch etwas an der Nintendo Switch, die die beiden mitgebracht hatten, sodass ich nachts auf jeden Fall gut genug abgelenkt war, um getröstet einschlafen zu können.
habe nicht nochmal drübergeschaut, weil ich das Kapitel nicht mag😂 sooo, enjoy the mistakes🤭
Kommentar von dreaming_t :
[Yeah well... das läuft ja alles großartig. Alex kann mal bitte wieder von seinem Trip herunterfahren und etwas einfühlsamer sein. Poor Georgie :(( Es ist schön, dass er wenigstens jemanden zum Reden gefunden hat (auch wenn Lando mir lieber gewesen wäre). Toll geschrieben wie immer💘]
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