It's not easy to be me #18
"Mick?"
Langsam senkte ich meine Hand.
"Ich muss etwas sagen. " Meine Stimme war ein wenig unsicher. Das kannte ich von mir gar nicht.
"Du kannst uns alles sagen", lächelte Fran.
Ich musste ein Augenrollen unterdrücken. Schließlich hatte sie mich ja praktisch dazu gezwungen, zu reden.
"Ich... Ich muss euch erzählen, warum ich überhaupt hier bin...", ich machte ein lange Pause, um tief Luftholen zu können, "Ich... Naja, eigentlich war es meine Tante, die mich hierher geschickt hat. Aber das ist jetzt auch egal", unsicher schaute ich in die Runde und versuchte dabei, möglichst niemandem in die Augen zu schauen, "Sie hat mich hergeschickt weil...", ich schluckte", weil ich Depressionen habe. Ich sollte eigentlich nicht hier sein. Ich habe meine eigene Mutter auf dem Gewissen. Ich hätte es sein sollen, der stirbt, nicht sie... Die Welt braucht mich nicht und ich brauche sie nicht."
Francesca schaute mir tief in die Augen. Obwohl ich versuchte, ihrem Blick auszuweichen, fing sie ihn immer wieder ein. Sie ließ mir Zeit, das Gesagte selbst zu verarbeiten. Jedoch wusste ich, dass sie etwas sagen wollte.
Nach einer langen Stille meldete sie sich zu Wort: "Was hält dich dann noch?"
"Ich bin ein Superheld", antwortete ich, ohne auch nur eine Sekunde darüber nachzudenken. Erst dann wurde mir bewusst, wie bescheuert sich das anhörte.
"Ein Superheld?" Sie klang verwirrt und auch alle andere starrten mich an, als wäre ich völlig übergeschnappt, was ich eigentlich ja auch war.
"Da sind diese Halluzination", sagte ich leise.
"Halluzination?"
"Warum erzähle ich euch das überhaupt?! Hier versteht mich doch sowieso keiner! Dieser Raum ist ein Teil der Welt und die Welt hat sich gegen mich verschworen!"
Wütend stand ich auf, um den Raum zu verlassen. Ich wollte das alles nicht mehr.
Doch ich kam nicht weit. Ally stellte sich demonstrativ vor die Tür, um mir zu zeigen, dass sie mich nicht durchlassen würde. "Geh weg", knurrte ich und versuchte sie mit einer Kopfbewegung wegzuscheuchen. "Nein", entgegnete sie ruhig und blieb wie angewurzelt stehen. "Geh weg!" Ich wurde wütender. "Nein."
Ich kam ihr einen Schritt näher und schob das kleine Mädchen beiseite. Gerade als ich durch die Tür gehen wollte, spürte ich jedoch eine kräftige Hand an meinem Kragen. "Bleib stehen!"
Schnell merkte ich, dass die Person, die hinter mir stand, stärker war ich als und ich mich unmöglich von der Hand befreien konnte, ohne dabei erwürgt zu werden, was vielleicht auch gar keine so schlechte Idee war, wenn ich so darüber nachdachte.
Trotzdem drehte ich mich energisch um und blickte in Steves Gesicht. Sein Gesicht war sehr nah an meinem. Viel zu nah. Ich hasste Nähe.
"Lass mich los", knurrte ich wütend, bemüht meine Fäuste unter Kontrolle zu halten.
"Nein, das werde ich nicht tun. Zumindest so lange, bis du endlich gelernt hast, uns zu vertrauen."
Ich lachte kühl. "Wie soll ich denn bitte einer Truppe vertrauen, die mich in einem Raum gefangen hält und mich dabei beinahe erwürgt?!"
"Wenn du uns vertrauen würdest, wüsstest du, dass ich dich nicht erwürge. Und jetzt setz dich wieder hin!"
Auf einmal schnellte meine Faust hoch, doch Steve wich geschickt aus. Ich musste zugeben, dass auch er ganz schön was drauf hatte.
"Setz dich!", ordnete er ein zweites Mal an. Weil ich wusste, dass Widerstand zwecklos war, trottete ich widerwillig zu meinem Sessel zurück.
Nachdem ich wieder eine gefühlte Ewigkeit nur angestarrt wurde, fragte ich endlich: "Was wollt ihr jetzt von mir?"
"Was willst du von uns?" Lan schaute mich neutral an, doch ich konnte die Herausforderung in ihren Augen aufblitzen sehen.
"Ruhe", gab ich genervt zurück.
"Wie du uns, so wir dir", nun war es Ryan, der sprach.
Nach weiteren Minuten der Stille, in denen niemand etwas sagte, platzte mir der Kragen. "Habt ihr euch alle gegen mich verschworen?! Was wollt ihr denn?! Dass ich hier sitze und euch mit meinen Geschichten unterhalte?!"
"Wir haben und nicht gegen dich verschworen, Mick", das Mädchen, das nun sprach, war normalerweise ziemlich still, ich kannte nicht einmal ihren Namen, wofür ich mich schämte. Es hatte schulterlange rotbraune Haare und eine sehr schmale und zierliche Figur.
Doch diesmal redete es weiter: "Wir sind eine Gemeinschaft, siehst du das nicht? Wir vertrauen einander und wir helfen einander. Und falls es dir nicht aufgefallen ist, wir versuchen auch dir zu helfen. Wir sind deine Freunde, Mick. Aber du musst auch mit uns reden. Wir alle haben es nicht leicht. Man sitzt nicht zum Spaß in einer Selbsthilfe-Therapie. Aber jeder in diesem Raum kann dir sagen, dass es besser geworden ist, für uns alle. Wir können dich nicht zwingen zu reden. Aber du wirkst so desinteressiert, es wirkt einfach so, als würdest du nur hier sein, weil deine Tante das von dir verlangt."
Letzteres war wahr, doch das konnte ich nicht sagen, denn ein anderer Satz, den sie gesagt hatte, beschäftige mich. Wir sind deine Freunde, Mick. Ich hatte nie Freunde gehabt, ich war immer ein Einzelgänger gewesen.
Wie konnten diese Menschen mit mir befreundet sein? Ausgerechnet mit mir? Sie kannten mich doch nicht einmal richtig.
"Wie kannst du sagen, dass du meine Freundin bist? Du kennst mich nicht einmal. Kannst du meinen Nachnamen nennen?"
"Kannst du meinen Vornamen nennen?"
Ich lief rot an. Verdammt!
"Darum geht es jetzt nicht."
"Dein Nachname ist Dawson."
"Und..."
"Riley. Ich bin Riley", stellte sie sich nun endlich vor.
Ich nickte, unsicher, was ich zu tun hatte.
"Aber darum geht es jetzt nicht. Mick, wir kennen dich besser als zu denkst. Nicht weil wir Stalker sind, sondern weil wir dich sehen, wir sehen, wie du dich verhältst. Und wir sehen, dass zu uns nicht vertraust. Woran liegt das?"
"Ich... Ich vertraue euch", sagte ich langsam, nicht sicher, was ich überhaupt redete.
"Warum erzählst du uns dann nicht, wer du wirklich bist?"
"Ich dachte du weißt es schon." Ein kleines Lächeln schlich sich auf meine Lippen.
"Wir wollen wissen, warum du nicht willst, dass wir wissen, wer du bist", mischte sich Victoria ins Gespräch ein.
Ich brauchte einen Moment, um ihre Aussage zu verstehen, doch dann antwortete ich: "Weil ich es euch nicht antun will, mich zu kennen."
Ally, die mehr wusste, als die anderen, schaute mich die ganze Zeit über vorsichtig an, als wollte sie mir sagen, dass ich keine Angst zu haben brauchte.
"Es ist kompliziert."
"Wir sind intelligent", erwiderte Simon.
"Reicht es, wenn ich euch verspreche, dass ich mich nicht mehr abkapsle und mich vor euch öffne?"
"Reicht es dir?", schaltete sich Lan ein.
"Fürs Erste."
"Vertraust du uns?"
"Ja...?"
"Dann solltest du wissen, dass wir dich zu nichts zwingen, das tun Freunde nämlich nicht."
Ich nickte. "Danke Leute."
"Aber haben wir nicht noch einen Ausflug zu planen!", rief Victoria plötzlich in die Runde.
"Mein Dad hat einen Bus!", rief Steve, "Wir müssten ihn zwar klauen, aber das wird ein Kinderspiel."
"Mit einem Bus steht uns die ganze Welt offen!", phantasierte Lan.
"Wir sollten uns vielleicht auf die Umgebung beschränken?", lachte Fran, die für ihre Verhältnisse ziemlich lange still gewesen war.
"Paris!", reif Lan, "Die Stadt der Liebe!"
"Nähere Umgebung!", wiederholte Francesca.
"LA!"
Die Vorschläge häuften sich und es entstand ein fürchterliches Gewusel.
"Ich schlage vor, ihr sammelt bis zum nächsten Mal eure Vorschläge und dann könnt ihr mit dem Planen sofort loslegen."
Das war nun beschlossene Sache. Und das nächste Mal war auch das erste Mal, dass ich mich wirklich auf die Therapie freute. Ich freute mich darauf, meine neu gewonnen Freunde wiederzusehen. Ich hätte nie gedacht, dass es so schön sein könnte, Freunde zu haben. Es war einfach ein Gefühl von... Freude? Es war ein Gefühl, das ich seit Ewigkeiten nicht mehr verspürt hatte, und es fühlte sich verdammt gut an.
Jetzt gab es nur noch eine Frage zu klären. Wo wollte ich hin?
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