
35. Kapitel
In dem Moment wurde die Tür aufgerissen und vier maskierte Männer stürmten in den Raum. Sie trugen ausschließlich schwarz, nur ihre Masken, die das gesamte Gesicht bedeckten, waren ein dunkles Rot.
Der Größte unter ihnen ging zu Boden, als Erik ihm ins Bein schoss. Rasch steckte ich die Zettel ein, zog meine Waffe und stellte mich neben Erik.
Ohne die Schreie des Gefallenen zu beachten, kamen zwei der Personen auf uns zu und blieben ein paar Meter von uns entfernt stehen. Es erinnerte mich an meinen ersten richtigen Kampf außerhalb des Trainingsraumes. Damals hatten wir zwei Drogendealer bei ihren Geschäften erwischt, die bei unserem Anblick erstmals erschrocken verharrt waren, bevor sie versucht hatten zu entkommen. Erst als sie gemerkt hatten, dass dies keine Option war, hatten sie sich gewehrt.
Zu dieser Zeit weckten die Kämpfe eine Energie in mir, sie gaben mir Kraft und ich war stolz darauf, die Chance zu haben, etwas gegen die Verbrecher zu unternehmen.
Diese Kämpfer vor uns waren nicht verängstigt, es war offensichtlich, dass sie mit einem Sieg rechneten, und dies machte mir Angst. Ich war unglaublich müde, die Begeisterung für Kämpfe war schon lange verschwunden.
Die vierte Person stand immer noch über der angeschossenen Person, doch ich konnte nicht verstehen, was sie sprachen. Plötzlich verstand ich, warum wir noch nicht angegriffen wurden. Sie warteten auf ihre Erlaubnis, auf einen Befehl des Gruppenanführers.
Ihn müssen wir als erstes besiegen.
Die liegende Person setzte sich leicht auf, sackte jedoch sofort wieder zurück auf den Boden. Der Anführer schüttelte den Kopf, hob seine Pistole und ich schaute entsetzt zu, wie er seinen Kameraden erschoss.
Nicht gut genug.
Übelkeit stieg in mir hoch und mein Bauch zog sich schmerzhaft zusammen, als ich auf den reglosen Körper blickte. Wir konnten sie das tun? Diese Person war doch auf ihrer Seite gewesen.
Ein kurzer Blick zu Erik genügte und wir stürmten auf die Personen zu, bevor sie ihr Kommando bekommen konnten. Sie durften keine Chance bekommen auf uns zu schießen. Das Projektil einer Pistole konnte eine Geschwindigkeit von bis zu 3312 km/h haben, so schnell könnten wir nicht ausweichen.
Ich schlug gegen einen Bauch, wich einem Tritt aus, parierte einen Schlag.
Adrenalin raste durch meinen Venen, verlieh mir Kraft, die mir meine Erschöpfung vergessen ließ.
Spätestens jetzt überdachte ich nicht mehr meine Handlungen, sondern handelte aus reinem Überlebensinstinkt.
Den Bauch schützen.
Zur Seite drehen.
Etwas traf mich am Bein und ich versuchte es leicht zu bewegen, während ich meinem Gegenüber meine Faust ins Gesicht schlug. Mein Bein war nicht angeschossen, mehr musste ich im Moment nicht wissen.
Jemand warf sich von rechts gegen mich und ich stürzte unter dem Gewicht zu Boden. Während ich fiel, schoss ich der Person in den Arm und zog meine Knie ein, die ich der Person, die nun über mir lag, in den Bauch rammte. Ich wandte mich unter dem Gewicht hervor und sprang auf, doch zu meiner Überraschung machte es mir mein Gegner gleich.
Sein angeschossener Arm interessierte ihm nicht. Es war, als würde sich vor mir ein Roboter befinden und wäre da nicht das Blut, dass immer schneller vom schwarzen Stoff seines Ärmels auf den Boden tropfte, hätte ich ernsthaft an seiner Menschlichkeit gezweifelt.
Geschockt kämpfte ich weiter, versuchte zur Tür zu kommen und drückte die Klinge herunter, während ich zu Erik schaute, der am Bauch blutete. Ich hoffte, dass seine Naht aufgegangen, sie ihn aber nicht noch zusätzlich getroffen hatten.
Panisch riss ich an der Klinge. Geschlossen. Wann hatten sie die Tür zugesperrt? Ich hätte es bemerkt, wenn jemand auch nur zum Schloss gegriffen hätte.
Eine Gänsehaut überkam mich.
Oder die Tür wurde von außen verschlossen.
Plötzlich wurde ich zur Seite gerissen und mein Kopf dröhnte, als ich auf den Boden aufschlug. Ich kickte ihm die Waffe aus der Hand, doch mein Glücksgefühl verschwand, als sich eine weitere Person zu mir wandte.
Hatte ich zuvor gegen zwei Personen gekämpft, oder war es Erik gewesen, der mit beiden zurechtgekommen war? Würde Erik meiner Familie eine Nachricht zukommen lassen? Ich hoffte es, sonst würden sie vergebens darauf warten, mich wieder zu sehen. Lilith, sie würde ihm nicht glauben.
Konzentrier dich.
Ich bemerkte, wie die beiden Personen sich anschauten, als ob sie auf ein Signal warten würden und mir wurde klar, dass sie dies vermutlich wirklich taten. Dann spürte ich den Lauf der Pistole an der Stirn. Der Geruch von Kindheit stieg mir in die Nase. Er war süßlich, doch ich konnte ihn nicht einordnen.
Dann passierte es. Ein lauter Knall, der meine Ohren zum Klingeln brachte. Ein Zucken des ganzen Körpers und mein Opponent knickte zusammen, wodurch Erik hinter ihm zum Vorschein kam.
Bestürzt half er mir auf, dass er gerade jemanden umgebracht hatte, interessierte ihm nicht im Geringsten.
Zwei Gegner hatten wir noch. Immer noch benommen stürzte ich mich auf den Rechten, während Erik sich um den links von uns stehenden kümmerte. Einen kurzen Moment später, lagen beide bewusstlos am Boden.
Warum nicht gleich?
„Die Tür ist verschlossen", keuchte ich, als Erik auf die Tür zuging. Erschöpft durchsuchten wir die am Boden liegenden Personen, doch keiner von ihnen trug etwas anderes als ihre Waffen bei sich. Neugierig griff ich zu einer der Masken und wollte sie abziehen, als sich die Person in genau diesem Moment leicht regte. Erschrocken wich ich zurück und Erik mahnte mich zur Eile.
Immer hektischer durchsuchte er den Raum nach etwas Nützlichem und ich nahm mir die Zeit die Tür genauer zu betrachten. An der Seite befand sich eine kleine Touchfläche in der Größe eines Fingerabdruckes. Die Tür selbst war sehr stabil, durchtreten wäre keine Option, doch dies könnten wir nützen.
Das zum Thema, wenige Sicherheitsmaßnahmen.
„Erik komm endlich. Wir schießen auf die Tür, diese sollte dick genug sein, dass die Patrone stecken bleibt und explodiert."
Ich nahm eine am Boden liegende Waffe und schoss über den Türgriff. Der Lärm war aufmerksamkeitserregend, doch wir hatten keine andere Wahl. Ich zwängte meine Finder durch das Einschussloch und drückte den Griff mühsam nach unten.
Mein Herz setzte einen Schlag aus, als nichts passierte. „Überraschung", zischte Erik zynisch, „ist ja doch auch von der anderen Seite verschlossen."
In dem Moment sprang die Tür auf und Erik verstummte überrascht. „Wir bekamen die Tür auch von außen auf und ich habe nicht gehört, dass jemand zugesperrt hätte. Das ist ein automatisches Sicherheitssystem damit Einbrecher nicht flüchten können, vermutlich bekommt man die Tür von innen nur mit dem richtigen Fingerabdruck auf."
Mit leicht geöffneten Mund starrte Erik mich an und ich musste mich anstrengen den kleinen Sieg, im Recht gewesen zu sein, nicht zu sehr zu genießen.
Ich stieg vorsichtig über die Leiche und das am Boden liegende Blut und rief: „Beeil dich!"
Wir stürmten durch die Gänge, achteten nicht mehr darauf leise zu sein. Von allen Seiten erklangen Schritte, eintönig wie Soldaten beim Einmarsch in den Krieg. Panisch irrten wir umher, ohne zu wissen, wohin wir sollten. Hauptsache weg von hier. Doch wir kamen nicht weiter, alle Gänge sahen gleich aus, die Geräusche unserer Gegner blieben in der gleichen Lautstärke.
Und dann wurde es still.
„Atmen", flüsterte Erik. „Atmen."
Ich konzentrierte mich darauf mein Schnaufen zu verringern, bis ich realisierte, dass er mit sich selbst sprach. Trotz des schwachen Lichtes erkannte ich, dass seine Lippen blau waren und verstand nicht, wieso mir das nicht sofort aufgefallen war.
Du bist eine egoistische Bitch, die nur auf sich selbst achtet.
Ich hatte nicht einmal an Erik gedacht, als ich gemerkt hatte, dass die Gänge noch schmäler wurden.
„Erik ist es okay, wenn ich dich berühre?"
Ich wartete auf sein Nicken, bevor ich meine Hände an seine Wangen legte und so seinen Kopf hielt und ihm so zwang mich anzuschauen. Wir hatten nicht viel Zeit.
„Atme mir nach okay?" Wieder nickte er und ich gab den Takt vor, während er seine Augen schloss und sich langsam an mir anpasste. Er musste sich sichtlich zu jedem Atemzug zwingen und ich fühlte mich überfordert. Alles in mir schrie danach ihn zu helfen, doch ich wusste nicht wie. Erleichtert merkte ich, wie er sich langsam entspannte und ich drückte ihn an mich.
Schweigend standen wir da. Wie lange es her war, dass ich jemanden so lange umarmt hatte. Ich spürte seinen Herzschlag. Und er meinen.
Hallöchen
Wie geht es euch?
Habt ihr Verbesserungsvorschläge für das Kapitel?
Eure KS
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