
25. Kapitel
Als keiner mehr etwas sagte, drehte Matthias seine Rockmusik lauter und summte leise mit. Nachdenklich betrachtete ich meine Reflektion in der Fensterscheibe. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass er sich entschuldigen würde und auch nicht, dass ich danach Schuldgefühle hätte.
Eileen hatte mich, seit ich vier war, nicht mehr gesehen und mich trotzdem wie selbstverständlich bei sich aufgenommen. Im Wissen, dass James gestört genug wäre eine riesengroße Show abzuziehen und meine Verfolgung zu spielen, nur um mich über die Guerras Informationen sammeln zu lassen.
Als hätte sie dir irgendwelche Geheimnisse verraten. Du weißt nichts neues über die Guerras.
Sie hatte mir ihr Vertrauen geschenkt, obwohl ich jeden ihrer Handlungen hinterfragt hatte. Auch Matthias hatte mich akzeptiert und er hätte jedes Recht dazu gehabt, mich nicht bei sich wohnen zu lassen.
Ich war zu blind gewesen es einzusehen, aber Eriks und Thomas Skepsis mir gegenüber war vollkommen normal gewesen.
Bei der Vorstellung, mich für mein undankbares Verhalten zu entschuldigen wurde meine Kehle trocken. Doch ich musste es tun. Matthias und Eileen hatten es verdient, nach den ganzen Gefahren denen sie durch mich ausgesetzt waren.
Als wir ins Haus gingen, bat ich sie ins Wohnzimmer und sie setzten sich, immer noch in festlicher Kleidung, aufs Sofa neben dem Christbaum.
„Ich wollte noch ein paar Worte sagen."
Willst du nicht noch dümmer klingen?
„Ach", meinte Erik trocken.
Unruhig stand ich auf.
„Als erstes wollte ich euch sagen, wie dankbar ich bin hier sein zu dürfen. Und vor allem bei dir Eileen wollte ich mich entschuldigen, dir das nicht mehr gezeigt zu haben."
Eileen lächelte mich liebevoll an, während Erik ungeduldig mit seinen Fingern auf die Sofalehne klopfte.
„Ich weiß, dass ich euch mit meiner Anwesenheit in Gefahr bringe. Abgesehen von eurer eigenen Gruppe die mich sucht, wäre es genauso ungünstig, wenn die Polizei herausfindet, dass ihr mich versteckt haltet. Deswegen werde ich ausziehen, doch ich weiß nicht wohin und werde vermutlich eure Hilfe brauchen."
Wie sehr ich das hasste. Ich brauchte keine Hilfe.
„Bevor ihr mir widersprecht, Matthias hat mit mir darüber geredet und ich habe mitbekommen, wie Thomas meine Anwesenheit kritisiert hat. Ansonsten habe ich nur noch gehört, dass die Lóngs offiziell in Rom wären, also falls ihr danach noch irgendetwas Geheimes besprochen habt", ich verstummte, als Eileen mich bestürzt ansah und mein schlechtes Gewissen verstärkte.
Die Blicke der Vier brannten sich in meine Haut und ich setzte mich wieder neben Matthias, in der Hoffnung den Fokus von mir zu nehmen.
Dann sprach ich leise weiter: „Außerdem glaube ich, dass etwas auf uns zu kommt, von dem wir noch nichts wissen. Nennt mich ruhig paranoid, aber als Teil der Guerras wird es euch auf jeden Fall treffen und irgendwie bin ich auch mit allem verbunden."
„Mit wem bist du verbunden?", fragte Thomas gehässig. „Mit einem vielleicht kommenden Problem?"
„Verarsch mich nicht."
„Nee, dich doch nicht."
Genervt atmete ich tief durch.
„Bei den Rostovas gibt es einen Verräter, die Regierung wird erpresst und warum Kazuo während eines Kampfes telefoniert ist fraglich. Zusätzlich ist die ehemals aufgelöste Mafia wieder in Italien, was sie ohne Hilfe nicht schaffen könnte, nicht in dieser Menge, ohne einen Ort an dem sie bleiben können."
Ich begann mit meinem Bein zu wippen, um meinen Stress auszugleichen. Meiner Schauspiellehrerin nach sollte dies funktionieren, stattessen aber stieg meine Unruhe noch weiter an.
Ich atmete nochmals tief durch und erklärte, woher ich wusste, dass die Regierung erpresst wurde.
„Ich habe das Gefühl, dass es dazwischen einen Zusammenhang gibt."
Erik öffnete den Mund, schloss ihn jedoch sofort wieder.
„Und die Bombenangriffe. Ihr könnt über die Guerras denken, was ihr wollt, aber es ist eine Mafia und wenn etwas passiert, sind normalerweise alle Mafias involviert."
„Inklusive deine tollen Rostovas", meinte Thomas herausfordernd.
Nickend stimmte ich ihm zu, woraufhin er sich zufrieden nach hinten lehnte.
Ich griff zum Kuli, der auf der von mir und Erik aufgebauten Kommode lag, und drehte ihn zwischen meinen Fingern.
Erst jetzt traute ich mich wieder zu Eileen zu schauen, die mich enttäuscht anschaute und wahrscheinlich gerade erst realisierte, dass ich ihre Anweisung, ihr nicht zum Kampfort zu folgen, gebrochen hatte.
Ich setzte mich zu ihr.
„Es tut mir wirklich leid Eileen. Ich weiß, wie undankbar ich mich benommen habe und es tut mir leid, dein Vertrauen ausgenutzt zu haben. Ich war so fokussiert auf mich, dass ich übersehen habe, dass ihr keine Gründe hättet, euch auf mich zu verlassen."
Erik verschwand aus dem Wohnzimmer und kam mit einem Glas Wasser wieder, welches er mir vor die Nase hielt. Dankbar nahm ich es.
Endlich wurde Eileens Miene weicher.
„Du vertraust uns schon mehr, als du denkst und ich glaube zu wissen, dass dir dieser Gedanke Angst macht, aber das braucht es nicht. Jeder würde sich unwohl fühlen bei Mafiamitgliedern zu sein, das ist nichts, wofür du dich schämen solltest. Aber es ist nicht jede Mafia gleich. Wir bringen nicht unnötig Menschen um, selbst wenn es teilweise der leichtere Weg wäre."
Wie beruhigend.
„Ich habe noch nie jemanden das Leben genommen", mischte sich Matthias ein.
„Wenn wir nur annähernd, wie die Lóngs wären, würde Erik nicht mehr leben." Bei Thomas Worten verengten sich Eriks Augen leicht, fast schon unmerklich, und ich erinnerte mich daran, dass er indirekt die Schuld für die Schwächung seiner Mafia trug.
„Außerdem hatte ich sehr wohl Gründe dir zu trauen! Du bist das Kind meiner besten Freundin, noch dazu ein sehr nettes Mädchen und du hast Erik gerettet."
Erik schnaubte.
„Ich wäre nicht gestorben."
„Von der Verletzung vielleicht nicht", mischte sich nun Matthias ein.
„Aber du wärst verletzt ins Auto gestiegen und losgefahren", neckte ihn Thomas.
„So schnell sterbe ich nicht!"
„Wie alt seid ihr eigentlich?", fragte Matthias mit einem dicken Lächeln im Gesicht. Dann drehte er sich zu mir. „Ich wollte dir nicht das Gefühl geben, nicht bleiben zu dürfen."
Überfordert nickte ich, während ich mich fragte, wieso ich das verdient hatte. Ich hatte ihnen keinen einzigen Grund gegeben mich zu mögen.
„Lässt ihr mich und Cataleya bitte einmal allein?", fragte Eileen lächelnd.
Salutierend verschwanden die drei Männer in die Küche.
„Wenn du wirklich von hier weg möchtest, werde ich dich dabei unterstützen, aber für uns brauchst du nicht gehen. Du bist 17, es ist dein gutes Recht meine Hilfe anzunehmen und hier zu wohnen, ohne dich schlecht zu fühlen."
Warum war sie so nett?
Hatte sie irgendeinen Vorteil, durch meine Anwesenheit?
„Ich bringe euch in Gefahr."
„Weil du in Schwierigkeiten steckst?"
„Ja?" Verstand sie es echt nicht?
„Genau deswegen wäre es doch gut für dich zu bleiben. Bei uns bist du sicherer."
Ich blieb stumm und sah aus dem Fenster, konnte in der Dunkelheit jedoch nichts erkennen.
„Cataleya, sieh mich an."
Widerwillig sah ich ihr in ihre braunen Augen.
„Du bist keine Mörderin! Verstanden?"
Ich nickte beschwichtigend und lächelte.
„Sag es."
Das war unfair.
„Ich bin keine Mörderin", sagte ich schnell. „Okay?"
Eileen nickte.
„Gute Nacht."
„Nacht."
„Dein Vater hat übrigens auch Schwierigkeiten anderen zu vertrauen."
Ich bin nicht wie er.
Und ich war keine Mörderin. Ich hatte niemanden bewusst getötet. Ich war keine Mörderin. Ich habe mich nur verteidigt. Nur mein Leben beschützt. Das war okay. Ich bin keine Mörderin. Ich bin nicht gestört.
Ich brauchte ein Wasser.
Aus der Küche vernahm ich Stimmen und ich ging stattessen ins Bad. Doch auch hier war ich nicht allein. Erik putzte sich oberkörperfrei die Zähne, sein Hemd lässig über seine Schulter gehängt.
Unsere Blicke trafen sich im Spiegel und Erik deutete auf das Waschbecken neben sich. Ich wollte nichts mehr trinken, sondern einfach ins Bett. Müde nahm ich mir meine Zahnbürste.
Ich sah in unserem Spiegelbild, wie er mein Outfit betrachtete.
„Das passt dir gut", meinte er.
Ohne auf sein Kompliment einzugehen, putzte ich meine Zähne. Sehr darauf bedacht nicht auf seinen Oberkörper zu starren.
„Ich habe das nicht verdient", meinte ich plötzlich und merkte, dass er verstand, dass ich mich auf Eileen bezog.
„Stimmt."
Wenigstens war er ehrlich.
„Niemand hat ihre Liebe verdient."
Hey
Ich hab jetzt endlich Ferien XD
Eure KS <3
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro