23. Kapitel
Was hatte ich mir dabei gedacht?
Der Junge, der mit mir zur Musik tanzte und sich langsam an meine Tanzbewegungen anpasste, hatte mich gefoltert. Erniedrigt. Wegen ihm war ich ohnmächtig gewesen.
Wegen ihm weißt du, aus wie vielen Lügen dein Leben besteht.
Wie konnte es sein, dass genau er es war, der mir die Augen geöffnet hatte und nicht jemand anderes? Als Mitglied der Rostovas hatte ich so viel Falsches gemacht und unterstützt, ich hätte selbst hinter die Fassade der Rostovas kommen sollen.
Erik nahm meine Hand und wirbelte mich im Kreis. Ich lächelte und sang leise die Melodie des Liedes. Als meine Stimme lauter wurde, hob Erik spöttisch seine Augenbrauen und nickte anerkennend. Ich verdrehte meine Augen, ohne meinen Gesang zu unterbrechen. Als Erik miteinstimmte machte mein Herz einen kleinen Sprung. Seine Stimme klang rau.
Er sang schief. Genau. Nichts anderes zählte.
Genauso wenig wie es zählte, dass ich jeden verlor, den ich vertraute.
Es ist egal. Ich kann damit leben.
Für einen Moment war alles schön, doch dies interessierte meinen Ängsten nicht. Langsam krochen sie durch mein Gehirn, bis sie einen Nerv trafen und einen Alarm auslösten, der immer wieder überraschend kam.
Die Leiche von Rieke Weeks. Ihr Tod in den Nachrichten. Sie hatten ein schönes Bild von ihr ausgewählt. Stolz sah sie aus, mit ihrer Tochter im Arm. Sie war zu jung gewesen, als ich abgedrückt hatte. Man war nie alt genug, um ermordet zu werden.
„Cataleya", drang Eriks Stimme leise zu mir.
Er legte seine Hand auf meine Schulter, woraufhin ich erschrocken zurückwich.
„Es ist alles okay", meinte ich schnippisch, als er mich besorgt ansah, und merkte im gleichen Moment wie unfreundlich ich klang. „Sorry."
Erik winkte ab. „Ich bin auch nicht immer der Freundlichste."
„Was?", fragte ich erstaunt, „kann ich mir ja gar nicht vorstellen."
Nun lachte er und steckte mich damit an. Als er diesmal nach meiner Hand griff, zuckte ich nicht zurück.
„Ich muss mit dir über etwas reden." Erleichtert darüber, wieder den alten Erik mit seiner arroganten, selbstsicheren Art vor mir zu haben, nickte ich.
„Habe ich eine Wahl?"
Im Hintergrund grölten die Gäste zur Musik und ich merkte an seinem Gesichtsausdruck, dass er mich nicht verstanden hatte. Er strich mir eine Strähne aus dem Gesicht und verharrte kurz an der Narbe meiner Schläfe, die für immer eine Erinnerung an meine erste Mission sein würde. Als er sich zu mir beugte, beschleunigte sich mein Herzschlag.
„Es tut mir leid", sagte er leise. „Es tut mir leid, dich verletzt zu haben. Das kann ich nicht gut reden, es war komplett scheiße von mir."
„Ich dachte, ich sollte mich bei dir bedanken?", unterbrach ich ihn überrascht von seiner plötzlichen Nachsicht. Gleichzeitig war ich froh, dass er mich von meiner nun langsam abklingenden Panik ablenkte.
„Kannst du mir nicht einfach zuhören? Sich zu entschuldigen ist sowieso schon anstrengend genug." Ich schmunzelte. „Also, natürlich hättest du dich bei mir bedanken sollen, schließlich konntest du wegen mir flüchten. Ich habe dich so gesehen freigesetzt."
Entrüstet riss ich meinen Mund auf und Erik lachte. Doch ich sah ihm an, dass er nicht damit übertrieben hatte, dass es ihm stresste über seine Taten zu reden. Immer wieder wandte er seinen Blick von mir ab und spielte mit den Ärmelenden seines Anzuges.
Wieso sollte er nicht darüber reden können? Denk doch einmal nach und lass dich nicht von ihm verarschen.
„Es tut mir leid, dass ich meinen Anweisungen blind gefolgt war, ohne sie zu hinterfragen. Ich wusste ausschließlich, dass du James Rostovas Tochter bist, aber ich durfte wieder eine Verantwortung übernehmen und das hat mir gereicht. Und wie ich es in die Länge gezogen habe-"
„Ansonsten hätte ich nichts verraten", erklärte ich ihm, „außerdem bezweifle ich, dass du in der Position warst, deine Aufträge zu hinterfragen."
„Du kannst es echt nicht lassen, was?"
Ich zuckte mit den Schultern und fragte mich, wieso ich ihn verteidigte.
„Und", begann er seinen Satz betonend von vorne, „ich hätte mich dann bei Eileen dir gegenüber nicht so wie ein Arsch benehmen dürfen."
Nichts von dem, was er gesagt hatte, war sarkastisch gemeint, doch es ließ mich trotzdem innehalten. Hatte er einen Plan? Versuchte er mein Vertrauen zu gewinnen, um es dann auszunützen?
Ich hatte Angst etwas falsch zu machen. Mich falsch zu entscheiden.
So ging es mir oft, doch in den letzten Monaten hatte ich so schnell Entscheidungen treffen müssen, dass ich wenig Zeit zum Nachdenken gehabt hatte. Selbst jetzt dachte ich nicht darüber nach, was ich hätte besser machen können. Und davon gab es bestimmt genug.
Bald würde ich bei dem Punkt sein, all meine Handlungen zu hinterfragen und ich wusste, dass ich auf viele schmerzhafte Fehlentscheidungen kommen würde.
„Wir sollten beide mit der Vergangenheit abschließen", flüsterte ich.
Erik bedachte mich mit einem verwirrtem Blick.
„Das hast du nach unserem Spaziergang gesagt", ich hielt kurz inne „und ich denke du hattest recht. Natürlich können wir nicht einfach von vorne anfangen, denn das Geschehene zu vergessen wäre, als würde man den gleichen Fehler zweimal machen."
Ich atmete tief durch und hoffte meine Entscheidung morgen nicht zu bereuen.
„Deinen Auftrag vergebe ich dir. Und auch, dein Verhalten mir gegenüber bei Eileen. Das eigentliche Problem ist, dass du für eine Mafia arbeitest. Du arbeitest für etwas, das den Tod vieler Menschen zu verschulden hat."
Ich erwartete, dass Erik verächtlich die Augenbrauen hochzog und dann seine Augen verengte. Stattessen nickte er erleichtert und schien mich zu verstehen.
Die Tanzfläche leerte sich und wir gingen zu Matthias der gemeinsam mit Eileen bei den Bänken stand. Als ich näherkam, erkannte ich die zwei Nachbarn von denen ich vorhin geflüchtet war.
Leicht beschämt entschuldigte ich mich bei ihnen und stellte mich vor, ohne meinen Nachnamen zu nennen. Davon, dass ich wusste, dass sie ein Teil der Guerras waren, erwähnte ich nichts.
„Kein Problem mein Liebes, wir waren ja alle einmal jung", sie zwinkerte mir übertrieben zu und stellte sich und ihren Mann als Mandisa und Thando vor.
Als sie Anstalten machte mich zu umarmen, trat ich einen Schritt zurück, um diese zu umgehen und sah aus den Augenwinkeln wie Erik sich ein Grinsen verkniff.
„Schön euch kennenzulernen", fügte ich schnell hinzu, um mich nicht wie der unfreundlichste Mensch der Welt zu fühlen.
Plötzlich verstummte die Musik und das Stimmengewirr verebbte schlagartig. Ich folgte den Blicken der anderen und erkannte drei Polizisten die direkt auf uns zumarschierten und mich eindeutig schon gesehen hatten. Mein Blick wanderte weiter zu Erik, der ihnen entgegenging.
Hello :)
Wie geht es euch?
Und seit ihr gerne auf Feiern?
<3
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