17. Kapitel
Zwei Stunden später betrachtete ich zufrieden den dekorierten Eingang. Jeweils am Rande der Treppe stand eine Skulptur einer schwarzen Katze. Zu meiner Rechten schlief die Katze, während die andere mich mit aufgerissenen Mund und Buckel anstarrte. Nun waren sie mit Schneeflocken und Weihnachtskugeln beschmückt. Trotz der eigenartigen Skulpturen würde der Eingang zu Weihnachten wunderschön aussehen.
Ich drehte mich zu Erik, der noch die letzten niedrigen Bäume, die die Einfahrt zierten, mit Lichterketten beschmückte. Stumm hatten wir uns darauf geeinigt, dass er die Einfahrt übernahm, um seine Wunde zu schonen.
Er dekorierte den letzten Baum und ich entschied, dass ich ihm dabei nicht helfen konnte. Stattessen ging ich links am Haus herum wo ausschließlich zwei Bänke zu finden waren. Ich legte mein Bein auf den Sitz und spürte die Spannung als ich es dehnte. Als ich das Gefühl hatte aufgewärmt zu sein, begann ich meine Bauchmuskeln zu stärken.
Eileen trat aus dem Haus. So laut wie sie redete war es ein Ding der Unmöglichkeit sie zu überhören. Als sie meinen Namen erwähnte ging ich zu ihr, um zu verstehen was sie sagte.
„Danke ihr zwei, ihr seid mir eine große Hilfe."
Nun wandte sich Eileen an Erik.
„Erik ich hoffe du sagst mir, wenn deine Verletzung dich zu sehr beeinträchtigt, oder zu stark schmerzt?"
Erik nickte und hielt sich die Hand vor dem Mund um zu gähnen. Ich fragte mich, ob Eileen ihm das glaubte.
"Zeig ihr den zweiten Stall."
"Sie kennt den Weg zu den Schafen."
"Den Zweiten," zischte sie.
Erik wirkte genervt, jedoch nicht weniger als Eileen.
Die beiden starrten sich wütend an, während ich verständnislos danebenstand. Ich war davon ausgegangen, dass sich in beiden Ställen das gleiche befand und Eileen mich immer nur im Vorderen gebraucht hatte.
Ohne ein Wort ging Erik los. Verwirrt schaute ich zu Eileen, doch sie deutete mir mit dem Kopf ihm zu folgen.
Wir erreichten die Ställe und Erik kramte einen Schlüssel aus seiner Hosentasche, um aufzusperren. Ich betrat den Stall und schlug mir überrascht die Hand vor den Mund. Schnell ließ ich die Hand wieder sinken.
Dieser Stall bestand nicht aus verschiedenen Räumen, in denen sich Schafe aufhielten oder Futter gelagert wurden. Es war ein einzelner Raum, wie eine große Halle, die eindeutig fürs Trainieren gedacht war. Schusswaffen mit entfernten Zielen, Hanteln mit den verschiedensten Gewichten, ein Laufband und Bildschirme mit Statistiken an den Seiten. Letzteres hat es bei uns in den Computerräumen gegeben.
Mit einem abwertenden Blick meinte Erik zu mir: „Fertig mit starren? Dann können wir wieder gehen."
Ich ging durch den Raum und schaute mich neugierig um. In der hinteren Ecke gab es einen Messerwurfplatz, den ich zuvor übersehen hatte.
Auf einem schmalen Tisch lagen verschiedene Messer und an der Wand war schräg eine Stange befestigt an denen der Abstand zu den Zielscheiben standen.
"Hättest du es nicht gemacht?"
Erik blieb neben mir stehen, sein Blick strahlte immer noch Verachtung aus.
Er ließ mir keine Zeit zum Antworten.
„Ich hatte eine wichtige Aufgabe, seit Ewigkeiten, und habe die Anweisungen gebrochen. Etwas, was du nicht getan hättest. Und du hast nichts Besseres zu tun als zu nerven und dich zu benehmen, als würdest du hier wohnen. Komm endlich wieder aus der Hütte, damit ich zusperren und was Besseres machen kann."
"Du hast mich gefoltert, das kannst du nicht damit gut reden, dass dir endlich wieder vertraut wurde."
Für einen Moment sah Erik mich schief an.
"Hätte ich es nicht getan, hätte es halt ein anderer gemacht. Und der hätte dich dann nicht gehen lassen."
Ich schloss die Augen und versuchte mich zu entspannen.
"Ich habe euch Informationen gegeben."
"Nicht genug, um dich gehen zu lassen."
Zwischen uns wurde es still.
Ich nahm ein Übungsmesser prüfend in die Hand. Es war schwerer als die von daheim, aber fühlte sich trotzdem richtig an.
Ich visierte das Ziel, eine Zielscheibe mit sieben Meter Entfernung, ließ das Messer aus meiner Hand gleiten und traf die Mitte.
"Arbeitest du noch für die Rostovas?"
Er misstraute mich anscheinend genauso wie ich ihn.
"Braucht dich nicht zu interessieren."
Genervt verdrehte er die Augen und meinte spöttisch: "Das Ziel dort," er deutete auf eines mit 13 Meter Entfernung, "wer das näher an der Mitte trifft, darf dem anderen eine Frage stellen."
"Okay, du fängst an."
Er nahm sich ein Messer, überlegte kurz und traf dann knapp den Rand der Scheibe. Siegessicher trat er zurück und ließ mir den Vortritt.
Ich nahm mir ein Messer und betrachtete die Scheibe. Um zu treffen, müsste sich das Messer sechsmal drehen.
Das Messer traf die Scheibe, knapp am Rand, jedoch besser als Erik.
Überrascht jubelte ich auf. 13 Meter hatte ich noch nie geschafft. Ungläubig ging ich zur Scheibe und zog die Messer heraus, um sie wieder zurückzulegen.
Ich wandte mich grinsend an Erik.
„Also, wieso vertrauen dir die Guerras nicht?"
"Nicht zu hundert Prozent, meinst du?"
Ich verdrehte meine Augen und nickte.
"Ach so. Ich hatte eine Freundin."
Kurz lächelte er.
Könnte er öfter machen, so könnte man sich wenigstens einbilden, er wäre sympathisch.
"Ich war ziemlich dumm und hab ihr von den Guerras erzählt. Daran, dass sie es keinem sagen darf, hat sie sich nicht gehalten. Ist dann etwas eskaliert. Das Ganze ist schon eine Weile her, trotzdem sind wir immer noch geschwächt. Viele von unseren Mitgliedern wurden gefangen genommen oder stehen wegen Verdacht auf Mitarbeit unter Beobachtung."
Gegen Ende verblasste sein Lächeln und sein genervter Gesichtsausdruck übernahm wieder.
Und die Rostovas haben bei der Suche geholfen.
Ich wollte etwas sagen, doch ich wusste nicht was. Alles hörte sich in meinem Kopf falsch an.
Also nickte ich bloß.
Es ist nicht wichtig, ob das blöd rübergekommen ist.
„Ich arbeite nicht mehr für die Rostovas," meinte ich leise und vermied seinen Blick.
Diesmal folgte ich Erik nach draußen.
Ich ging ins Haus und mir strömte der Duft von warmen Apfelkuchen in die Nase. Ich folgte dem Geruch und traf Eileen in der Küche.
„Und wie gefällt er dir? Natürlich ohne eingebildet klingen zu wollen," meinte sie zwinkernd.
Verwirrt starrte ich sie an.
„Der Trainingsraum?", fragte Eileen nach. „Matthias hat ihn zwar gebaut, aber ich war diejenige, die ihn entworfen hat."
„Der war sehr cool. Und sehr gut als Scheune getarnt."
„Schleimer."
Erik kam in die Küche und grinste schelmisch. Der Typ hatte Stimmungsschwankungen.
„Dachte du hättest etwas Besseres zu tun?"
„Eh, Apfelkuchen essen."
Gespielt entrüstet schlug Eileen ihm auf die Finger.
„Du schlimmer Bengel! Den gibt es erst nach dem Essen!"
„Echt? Seit wann denn das?", fragte Erik scheinheilig, während er sich hinter seinem Rücken ein Stück nahm, welches Eileen ihm aus der Hand riss. Beide grinsten und ich wettete es dauerte nur noch ein paar Sekunden, bis die beiden ihr Lachen nicht mehr unterdrücken konnten.
Plötzlich fühlte sich mein Lächeln angestrengt an und ich verließ die Küche und ging hinauf in mein Zimmer. Mit zitternden Händen schaute ich mir das einzige Bild an, welches ich von zuhause mitgenommen hatte.
Lilith, Jonah, ich. Betrunken aneinander gekuschelt, illegaler Weise auf dem Dach der damaligen Disco mit einer Schachtel Pizza am Schoß. Am Nachthimmel der Vollmond. Warmer Sommerwind der uns die Haare ins Gesicht wehte.
Bald war Weihnachten. Und ich würde mich noch nie so verlassen gefühlt haben.
Hey :)
Wie fandet ihr das Kapitel?
Für das nächste Kapitel müsst ihr euch übrigens auf Weihnachten einstellen XD
Eure KS <3
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