Wanda und ich führen ein ernstes Gespräch über Essen
Irgendwann wurden meine Gedanken klarer.
Es war sicher nicht mehr derselbe Tag, aber wir saßen dennoch in alten Konstellation hier.
Ob wir zwischendrin Nahrung zu uns genommen hatten?
Keine Ahnung. Vermutlich schon.
Ich dachte an die Vermissten.
Ich brauchte diesmal keine Wahrscheinlichkeiten bestimmen, keine Rechnungen aufstellen... Fünfzig Prozent.
Ich hob meinen Kopf, und mein Blick begegnete Steves blauen Augen.
„Oscar, verschaff' dir Zugriff auf die Satelliten und scanne das All nach den bekannten abnormalen Energieausbrüchen", brach ich die Stille mit kratziger Stimme.
Einige der Avengers regten sich jetzt langsam, sahen auf.
Als alle irgendein Lebenszeichen von sich gegeben hatten, übernahm der Captain wieder die Führung. „Bezieht wieder eure Räume... Rocket, du kannst einen leeren haben."
Pepper stand tief durchatmend auf: „Ich kann dir die Wohnetage zeigen."
Ich blieb sitzen, und als die Avengers sich langsam aufgerappelt hatten, blieb nur noch Loki zurück, der verloren in einem Sessel saß.
Ich stellte Blickkontakt her, und fand meine alte Sicherheit in seinen Augen wieder. Das Vertrauen.
Es war noch etwas Grün geblieben...
Etwas mühselig formulierte ich: „Was machst du noch hier?"
Eine Weile schwieg Loki, dann sagte er ganz vorsichtig, als könnten die Worte zerbrechen: „Du hast mir einen Harry-Potter-Marathon versprochen. Ich bleibe."
Ich begriff diese Sätze noch nicht ganz, fragte nur nach: „Woher weißt du, was das ist?"
„Dein technischer Freund, Oscar, hat es mir erklärt."
Zum ersten Mal nach einer gefühlten Ewigkeit lächelte ich wieder.
Es war ein schwaches, trauriges Lächeln – aber es war da.
***
Es dauerte zwei Wochen, bis wir nicht mehr herumschlichen wie Schatten unserer selbst.
Wir gewannen vielleicht nicht unsere alte Stärke wieder, aber wir lebten wenigstens und siechten nicht nur dahin.
Als ein halbwegs erkennbarer Alltag eingekehrt war, voll von der Suche nach Thanos und gegenseitiger Unterstützung, nutzten Vision und Wanda die Gelegenheit, uns zu verlassen.
Sie wollten Abstand nehmen von der Sache, sich ihr gemeinsames Leben wiederaufbauen.
Ich glaube, Vision gab sich die Schuld daran, dass Thanos den Gedankenstein erlangt hatte. Aber ihn hatten wir ja nicht gefragt, ich hatte stur meinen Plan verfolgt... Aber ich bereute es nicht.
Der Captain sagte nichts gegen Visions Erklärung, aber er war offensichtlich nicht erfreut.
„Tut, was ihr tun müsst", meinte er bloß.
Vision zögerte, dann ließ er sich von Wanda mitziehen.
Noch etwas träge und verwirrt die Stirn runzelnd beobachtete ich den Vorgang.
Dann kamen die Geschehnisse in meinem Kopf an... und ich sprang geschockt auf.
So würde ich das sicher nicht enden lassen!
Ich haderte noch kurz mit mir selbst, dann eilte ich ihnen hinterher.
Meine Schritte hallten durch die hohen, leeren Flure der Avengers-Basis; und bald waren die beiden Gestalten wieder in Sichtweite.
„Wanda!", hielt ich sie auf, „Können wir kurz reden? Unter vier Augen?"
Vision verstand den Wink und nickte mir kurz zu, durch die Wand verschwindend. Er mochte meine Entscheidungen nicht ganz nachvollziehen zu können, doch er schätzte sie.
Wanda wartete kurz, ob ich etwas sagte, dann fing sie selbst an: „Ich danke dir für Visions Leben. Du hast uns gerettet."
„Nicht dafür, Wanda", lächelte ich traurig, „Es tut mir nur leid, dass ich nicht früher da war."
Verwirrt zog sie die Augenbrauen zusammen, und ich erklärte: „Quicksilver. Der einzige Avenger, der starb vor... vor Thanos."
Wanda presste ihre Lippen zusammen und drehte sich wieder weg, aber ich hielt sie auf: „Okay, tut mir leid, das kam etwas plötzlich. Ich wollte nur... niemand versteht dich, nicht wahr?"
„Das ist richtig", sagte Scarlett Witch kühl.
Ich atmete noch einmal tief durch, dann machte ich weiter: „Es ist mehr, einen Zwilling zu verlieren, als jemand Geliebtes gehen zu lassen."
Wanda legte den Kopf schief und hörte mich an.
„Einen Zwilling zu haben... Mir wurde es beschrieben wie Essen. Du isst genauso, wie du atmest, und manchmal hast du keinen Appetit, dann wieder schmeckt es dir vorzüglich. Aber niemals würdest du die Verbindung Essen-Leben hinterfragen. Wir denken nicht groß nach über unsere Nahrung, aber wir brauchen sie unvermeidbar. Ohne sie... können wir nicht überleben."
Schmerz war in Wandas Augen getreten, und sie fragte knapp: „Wer? Wer in deinem Umfeld war Zwilling?"
Natürlich fragte sie nach. Ich hatte es förmlich provoziert.
Aber ich war nicht so weit gekommen, um diese Information Wanda jetzt vorzuenthalten.
„Scarlett, meine beste Freundin. Ihr Bruder Hunter starb, als sie vierzehn war – er und sein Vater waren in einen Autounfall verwickelt. Für Scarlett brach eine Welt zusammen."
„Wie hat sie überlebt?"
Meine Mundwinkel schoben sich ein Stück nach oben, als ich weitersprach: „Scarlett war Fan dieser einen Band... One Direction." Wanda nickte knapp, verstand aber noch nicht, was ich ihr damit zu sagen versuchte. Ich fuhr fort: „Ich habe ihr Louis Tomlinsons „Two of us" in Dauerschleife vorgespielt... Und irgendwann hat sie dann weitergemacht, für sie beide."
„Sie lebt nicht mehr", das war keine Frage, das war eine Feststellung. Trotzdem nickte ich und legte meinen Kopf in den Nacken, die Tränen nur mühsam zurückhaltend.
„Scarlett war... der empathischste Mensch, den ich kannte. Sie war so unglaublich mitfühlend... und so stark... Und das alles hat sie geopfert. Für mich."
Ich räusperte mich, versuchte, meine Stimme stetig zu halten. „Ich bin nicht so egoistisch, ihren Tod rückgängig machen zu wollen. Sie ist jetzt wieder bei Hunter. Das ist für sie beide das größte Geschenk."
Aber das hieß nicht, dass ich nicht trauerte. Auch nach zwei Jahren noch.
Wanda und ich hielten kurz Blickkontakt, dann beendete ich meine kleine Rede: „Was ich damit sagen wollte... Es ist okay, Wanda. Vielleicht verstehe ich dich nicht, vielleicht tut das keiner von uns... Aber wir sind für dich da, wenn du uns brauchst."
Scarlett Witch wandte sich zum Fenster, und ihrem Blick folgend erkannte ich Vision friedlich auf dem Rasen wartend.
„Er hat mich gerettet", sagte sie, „Obwohl er nicht wusste, wie man als Mensch lebt, hat er es mich gelehrt."
„Eure Liebe muss unglaublich stark sein", lächelte ich.
„Das ist sie", bestätigte die Brünette, „Und ich bin dankbar für mein Leben."
„Dann geht", meinte ich ernst, „Geht und lebt es in Frieden."
Wanda sah mich noch kurz an, dann nickte sie. „Und wenn ihr uns ruft, werden wir kommen."
Sie zögerte noch, und kurzerhand schloss ich meine Arme um sie.
Diesmal lächelte ich, als Wanda ging.
Als sie schon lange außer Sichtweite war, ließ langsamer Applaus mich herumfahren.
„Das war ein sehr eindrucksvolles Schauspiel der Gedankenmanipulation", funkelte Loki mich an.
„Der Unterschied zu deinen Psyche-Spielchen ist allerdings gravierend", ließ ich mich von dem Gott nicht beeindrucken, „Ich meinte jeden Satz so, wie ich ihn gesagt habe."
„Dann tust du mir leid", sagte er jetzt ehrlich.
Mit einem schweren Seufzen zuckte ich die Schultern und machte mich auf den Weg zurück zu den anderen.
Der Schwarzhaarige trat zu mir, und nach wenigen Schritten schlich sich sein Arm tröstend um mich.
Endlich wieder freier atmend ließ ich meinen Kopf auf seine Schulter fallen und ließ mich blind von Loki führen.
***
Um Verwirrungen kurz vorzubeugen: Ja, Wanda lebt noch. Ich habe Nat an ihrer Stelle weggesnapt und da von Loki und Gracie theoretisch einer sterben müsste, hat es wohl noch einen Unschuldigen erwischt.
Egal, ich bin gespannt auf eure Meinungen! 🙃
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