Das wirklich widerliche Walross im Wald
Hilfreich war Loki nicht gerade.
Selbst schuld, wenn ich dann meine aus Schlafmangel resultierende schlechte Laune morgen an ihm ausließ.
*
Tatsächlich fand ich andere Opfer dafür.
Loki gegenüber war ich die ersten drei Stunden am nächsten Tag einfach nur schweigsam – ich war nicht sauer oder genervt, sondern einfach müde.
Müde Starks sprachen nicht viel, Dad schon gar nicht vor dem dritten Kaffee.
Loki akzeptierte das einfach und hing selbst seinen Gedanken nach.
Ich genoss die Ruhe, den federnden Waldboden und das vereinzelte Gezwitscher der Vögel...
Dann kam die Blondine.
Klar, keine Vorteile und so, aber... meine Laune sank deutlich, sobald die ungefähr Fünfzigjährige mit einer deutlich jüngeren Brünetten im Schlepptau auf uns zumarschiert kam.
„Sie da! Entschuldigen Sie!" Ihre Stimme war seltsam kratzig und wirkte, als würde Blondie sie gezwungen hoch halten. Sie erinnerte mich sofort an meine Physiklehrerin aus der Zwölften, die mich im Abi so genervt hatte...
„Wissen Sie den Weg nach Woodland? Wir kennen uns hier leider nicht aus, aber wir waren wandern und-"
„Ich kann mich nicht erinnern, nach Ihrer Lebensgeschichte gefragt zu haben", knurrte ich unfreundlich, „Warum bitte gehen Sie wandern, wenn Sie die Gegend nicht kennen?!"
Sie warf mir einen missbilligenden Blick zu. „Wir sind hier im Urlaub" – redete ich vielleicht undeutlich? – „und Sie sollten wissen, dass ein wenig Sport den Geist öffnet für eine neue Kultur. Wir sind nämlich eigentlich aus Brighton, da-"
Ich stöhnte auf, und sie stockte irritiert. „Das ist mir klar, ich höre – im Gegensatz zu Ihnen, anscheinend – sehr gut. Ihr Akzent ist deutlich. Allerdings ist es weniger deutlich, dass Sie oft Sport treiben."
Es dauerte eine Weile, bis die Message bei ihr ankam, dann schnaubte sie empört. „Wollen Sie damit sagen, ich sei fett?!"
„Hundert Punkte für die Kandidatin." Das erste Mal an diesem Tag grinste ich leicht. Vielleicht war es fies, mich auf ihre Kosten lustig zu machen... Aber das war mir jetzt egal. Auch Schadenfreude ist eine Form von Freude.
Die Jüngere hatte sich längst hinter dem fülligen Leib der Blondine versteckt und blieb auch jetzt still.
Ihr Begleiterin bedauerlicherweise nicht... „Für wen halten Sie sich eigentlich?"
Ich zog die Augenbrauen hoch und warf einen kurzen Blick auf Loki, der mich warnend anfunkelte. Das munter ignorierend fokussierte ich mich wieder auf die Krähe, nickte aber in seine Richtung: „Also, er ist ein Go-" Prompt schoben sich schlanke Finger über meinen Mund.
Ich warf Loki wieder einen Seitenblick zu, doch seine Miene blieb unberührt – sogar, als ich ihm kurzum über die Handfläche leckte.
„Woodland liegt in diese Richtung, viel Spaß noch, und wir müssen jetzt wirklich dringend weiter." Er winkte achtlos über seine Schulter und zog mich dann rasch in die entgegengesetzte Richtung.
„Du bist leicht zu provozieren, impulsiv und viel zu risikofreudig."
Ich zuckte die Schultern. Das war weder eine Beschwerde noch eine Anschuldigung, sondern einfach eine Tatsache.
Dann grinste ich doch: „Sei du bloß ruhig. Ich weiß zu genau, dass du einfach möglichst weit weg gedeutet hast. Woodland liegt weiter westlich."
Lokis Mundwinkel zuckten.
Erwischt, Gott des Unheils!
*
Obwohl wir den restlichen Tag doch noch in fröhlichem Beisammensein verbracht hatten, wurde es abends im Zelt erneut problematisch.
Ich wollte nicht wieder träumen...
Ich weiß nicht, ob es an dieser inneren Furcht lag, aber ich schlief auch heute ewig nicht ein.
Ich schwitzte und öffnete den Reißverschluss meines Schlafsacks, frustriert in die Dunkelheit starrend.
Genervt drehte ich mich auf die rechte Seite Richtung Zeltwand, aber auch so hielt ich es nicht lange aus.
Leise seufzend rollte ich mich wieder herum, diesmal Loki zugewandt. Im Gegensatz zu gestern war er allerdings noch wach: „Gracie..." Es raschelte, und dann hatte ich seine Hand im Gesicht.
„Das ist meine Nase, Marauder."
„Das tut mir aber leid... Das empfindliche Prinzessinnennäschen..."
Er konnte nicht sehen, wie ich die Augen verdrehte, aber denken tat er es sich sicherlich.
„Jetzt komm her, Kleines", seufzte Loki schließlich, „Das kann man sich ja nicht mitanschauen."
Ich zögerte.
Nebeneinander im Zelt zu schlafen war definitiv etwas Anderes, als jetzt in seine Arme zu kriechen. Es war persönlicher, intimer.
Ich dachte an Spidey... Aber wie ich meinem Dad schon gesagt hatte, konnte man Loki und Peter nicht vergleichen.
Ich biss mir auf die Unterlippe, abwägend. Schlaf würde ich erst dann finden, wenn ich mich sicher fühlte. Psychologische Tatsache.
Loki bedeutete Bewegung für mich, weitermachen.
Ich wusste nicht, ob ich auch Sicherheit bei ihm finden konnte.
Frieden, das war ein Wort, das ich bisher immer mit Peter in Verbindung gebracht hatte. Aber Peter und Gracie, das war... vorbei.
Meine Chance war verspielt – nicht von mir, von Thanos.
Ich seufzte ergeben.
Durch bloße Vermutungen würde ich keine eindeutige Antwort bekommen...
Ich war eine Stark. Ich war immer auf der Suche nach Antworten.
Kurzerhand strampelte ich meine Beine frei und kroch leise zu Loki, der die ganze Zeit stumm gewartet hatte.
Auch jetzt blieb er kommentarlos, als er einen Arm um meine Schultern legte und mich dicht an sich zog. Ich wusste nicht genau, was ich von der Situation halten sollte... ich würde sie erst einmal gründlich analysieren müssen.
Neurologische Impulse erfassen, actio-reactio-Ketten aufstellen, äußere Umstände berechnen.
Eine wissenschaftlich begründete Handlungshypothese aufstellen...
Oder wenigstens hatte ich das vor.
In der Realität aber war Lokis sanfter Atem nur ein paarmal über meine Stirn gestrichen, da zog mich schon der Schlaf in seinen Bann.
Und diesmal blieb er traumlos.
***
Heute bin ich ungewöhnlich früh dran... 😉
Morgen und übermorgen kommen die Kapitel auch wieder früher, aber gewöhnt euch nicht zu sehr dran. 😉
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