Z e h n | J a y c e
Ich konnte es nicht fassen.
Gwendolyn hatte mir gerade tatsächlich aus der Hand gefressen, wie ein kleines, zahmes Kätzchen. Ich machte sie nervös.
Das war mir sofort klar gewesen, als ich ihre unruhige Reaktion auf meine Nähe bemerkt hatte.
Sie konnte es nicht leugnen. Ich hatte es daran erkannt, wie sich ihre Pupillen bei meinem Anblick geweitet und ihr Atem sich beschleunigt hatte.
Sie war definitiv scharf auf mich.
Auch wenn mir ihr verdammtes Knie zwischen meinen Beinen etwas anders beweisen wollte.
"AHHHHHH." Ich konnte den unmännlichen Schrei nicht unterdrücken, der meiner Kehle entfloh, als die Schmerzen wie eine Bombe in mir explodierten und meinen gesamten Körper übermannten. Meine armen Eier fühlten sich an, als hätte Gwendolyn sie mit einer Schrottflinte bearbeitet.
Instinktiv drückte ich mir meine Hände auf den Schritt und klappte mit einem Keuchen zusammen. Meine Knie schlugen hart auf dem Stallboden auf, wo ich mich wie ein kleines Kind in die Embryo-Stellung kauerte.
Dieses Weib hatte doch ein Rad ab. Eindeutig.
Sie hatte gerade all meine ungeborenen Babys getötet! Diesen stechenden Schmerz werden selbst meine Kinder noch spüren. Falls ich noch welche zeugen konnte.
Vermutlich würde ich nach diesem Angriff auf meine Weichteile einen Dauerschaden mit mir herumtragen.
"Geht's dir noch gut?" Meine Stimme klang dünn und brach zum Ende hin ab. Es fiel mir unglaublich schwer, weiter zu atmen, weiter zu leben und zeitgleich Gwendolyn zurechtzuweisen.
Vielleicht sollte ich warten, bis die ersten Schmerzwellen abklingen, bevor ich dieses Gör zur Rechenschaft zog.
Aber bei Gott, irgendjemand musste für diese Qualen, die ich in diesem Moment durchlitt, geradestehen, bevor ich daran verstarb.
"Tut mir leid." Ich konnte das Lächeln in Gwendolyns Stimme hören. Sie log.
Sie bereute es keine Sekunde lang, mich meiner zukünftigen Nachfolger beraubt zu haben. Sie genoss mein Leiden in vollen Zügen. "Aber ich habe dich gewarnt."
Ich hob die Hand, um sie zum Schweigen zu bringen. Ich brauchte noch ein paar Sekunden, nein Stunden, um mich zu sammeln und ihre scheinheiligen Worte halfen mir hierbei kein Stück. "Ich brauch noch einen Moment."
Aus dem Augenwinkel konnte ich erkennen, wie ihr Grinsen breiter wurde. Verächtlich kräuselte ich die Stirn.
Sie sollte ja nicht glauben, dass sie gewonnen hatte. Diese Schlacht vielleicht, aber den Krieg noch lange nicht.
"Ich hoffe, du verspürst nicht den Wunsch, Mutter zu werden. Diese Möglichkeit hast du dir nämlich gerade erfolgreich zu Nichte gemacht", brachte ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. "Wobei Verhüten jetzt auch kein Thema mehr ist. Am Ende jedes Tunnels brennt wohl wirklich ein Licht."
Gwendolyn starrte mich an. Meine Aussage amüsierte sie offenbar ganz und gar nicht, aber das war auch nicht mein Ziel gewesen.
Allerdings trieb sie meine Dreistigkeit leider auch nicht zur Weißglut.
"Diese Möglichkeit wurde mir bereits genommen, als ich mit einem Volldeppen verlobt wurde", konterte sie und lächelte, stolz über ihren verbalen Gegenangriff. "Übrigens beruhigt mich der Gedanke, dass Navar keine Mini-Jayces zu befürchten hat. Es gibt nun wirklich schon genug Probleme auf dieser Welt und ich bin froh, dass ich zumindest bei einem behilflich sein konnte."
Ich presste die Lippen zusammen. Verdammt, dieses Mädchen war schlagfertig. Zumindest diese Eigenschaft musste ich anerkennen.
"Ich kann dich nicht ausstehen", knurrte ich genervt, meine Hand immer noch auf meinem schmerzenden Schritt.
Gwendolyn lächelte mich zufrieden an und legte sich mit einem tiefen Seufzer die Hand auf die Brust. "Ist es nicht toll, wenn es jemanden gibt, mit dem man dieses wundervolle Gefühl teilen kann?"
♛
Mein restlicher Tag verlief genauso schmerzhaft, wie er begonnen hatte, weshalb ich mich relativ schnell, mit einem Eisbeutel zwischen meinen Beinen, auf mein Zimmer zurückgezogen hatte.
Zuerst musste ich noch Joseys Flohschleuder aus meinen vier Wänden verscheuchen, ehe ich endlich alleine war.
Meine Qualen wollten einfach kein Ende nehmen und ich bezweifelte, dass ich überhaupt am nächsten Tag anständig laufen könnte. Vermutlich würde ich nie wieder in meinem gesamten Leben in den Sattel steigen können.
Alleine der Gedanke daran, mich auf Les' Rücken zu schwingen, bereitete mir großen Unbehagen und ließ meine Hände schutzsuchend tiefer wandern.
Gwendolyn hatte mich gebrochen und traumatisiert. Ich würde keiner Menschenseele mehr vertrauen können, sollte mich je wieder jemand in eine Umarmung ziehen wollen.
Ich konnte sie unmöglich zur Frau nehmen. Sie würde mich noch in den Selbstmord treiben. Das konnte mein Vater doch nicht wollen.
Vielleicht sollte ich ihm anvertrauen, dass er einer Schlägerin Zutritt zum Elverston Palace gewährt hatte, allerdings sah ich seine spöttische Miene bereits vor mir.
Er würde meine Bedenken mit einer abwertenden Handbewegung beiseite wischen, so wie er es immer tat, wenn ich es wagte, eine andere Meinung als die Seine zu äußern.
Und meine Mutter? Gewiss würde sie Gwendolyn höchstpersönlich vom Anwesen verbannen, sollte sie erfahren, dass diese Wilde ihre Hand gegen mich erhoben hatte, aber es würde nur unnötigen Streit zwischen meinen Eltern entfachen.
Das war aber auch das einzige, indem meine Zukünftige wohl ein außergewöhnliches Talent hatte - Sie konnte überall wo sie auftauchte problemlos Ärger erzeugen, ohne auch nur den kleinen Finger zu rühren.
Ein ungeduldiges Kratzen an meiner Zimmertür riss mich aus meinen Gedanken. Ich ignorierte es.
Ich wusste nicht warum Joseys Köter so dermaßen fixiert auf mich war. Ich konnte es zwar verstehen, aber Sinn hatte die Zuneigung des Yorkshire Terriers mir gegenüber nicht.
Immerhin konnte ich die Hündin nicht ausstehen und dementsprechend selten fielen meine Streicheleinheiten aus. Keine Ahnung, ob ich Claire überhaupt schon einmal freiwillig angefasst hatte, wenn ich sie nicht gerade aus meinen Zimmer beförderte.
Erneut erklang ein Kratzgeräusch auf der anderen Seite der Tür. Dieses Mal deutlich hektischer und fordernder, als zuvor.
Ich stieß ein tiefes Stöhnen aus. "Geh weg, Claire!", rief ich genervt durch das dicke Holz und drehte mich auf meinem Bett zur Seite, in der Hoffnung, die Aufforderung des kleinen Hundes somit nicht mehr zu hören.
Fehlanzeige.
Zu ihrem unermüdlichen Kratzen an meiner Tür gab Claire nun auch ihr drängendes und herzzerreißendes Fiepen zum Besten.
Ich verdrehte die Augen und versuchte, das kleine Privatkonzert vor meinem Zimmer zu ignorieren. Die Tür würde ich ihr bestimmt nicht öffnen.
Aber scheinbar jemand anderes.
Noch bevor ich das klickende Geräusche als das Herunterdrücken der Türklinke erkennen konnte, hörte ich bereits Claires Krallen über den Parkettboden scharben, die mit vollem Tempo auf mein Bett zu gesprintet kam.
Schnell drehte ich mich herum, um den kleinen Kläffer davon abzuhalten, mein Bett mit ihrem losen Pelz zu besudeln, doch da gab die Matratze neben mir bereits schon unter dem Gewicht der Hündin nach.
Ich stieß einen leisen Fluch aus und wollte Claire der Person, die es gewagt hatte meine Zimmertür zu öffnen, bereits zurück ins Gesicht pfeffern, als der Hund noch einen Satz machte und mit voller Euphorie in meinem Schoß landete. Die Pfoten voran auf meine, ohnehin schon angeschlagenen, Weichteile.
Ich zog zischend die Luft ein und gab ein ersticktes Gurgeln von mir.
Heute hatten es wohl alle auf meinen Nachwuchs abgesehen.
"Du Mistvieh!", brüllte ich den Yorkshire Terrier an, welche daraufhin, irritiert über meinen Wutausbruch, von mir zurückwich und wieder vom Bett sprang.
Die Rute, welche zuvor noch voller Freude gewedelt hatte, hatte sie zwischen ihre Beine geklemmt, während sie mich aus ihren dunklen Augen heraus verunsichert anstarrte.
Mein Blick flog zur Tür, um meinen Zorn auf die Person zu lenken, die Claire überhaupt in mein Zimmer gelassen hatte. Es wäre unfair, meinen Ausbruch auf den kleinen, wehrlosen Hund zu richten.
Als ich den Übeltäter sah, rollte ich mit den Augen und stieß betont langsam die Luft aus.
Gwendolyn. Wer auch sonst.
Bei meinem Anblick hatte sie das Gesicht verzogen, doch ihre dunklen Augen ruhten auf der Hündin, die verstört ein paar weitere Schritte von meinem Bett zurückgewichen war. Winselnd flehte sie um meine Gunst.
"Ich wusste nicht, dass du ein Hundehasser bist. Eine durchaus unattraktive Eigenschaft, wenn ich das Mal so sagen darf."
"Schon einmal etwas von Privatsphäre gehört?", entgegnete ich und ignorierte ihre überflüssige Aussage.
Bei meinen Worten zog Gwendolyn ihre Augenbrauen nach oben, weshalb ich ein: "Klopfen?", hinzufügte.
"Ich wusste nicht, dass das dein Zimmer ist. Du könntest ruhig ein Warnschild anbringen, damit sich keine unschuldigen Seelen wie ich in deine Hölle verirren."
"Du bist die erste Frau, die über diese Erkenntnis nicht erfreut ist."
Gwendolyn zog die Stirn kraus und starrte mich einen Moment lang an. "Wenn du schon mit Märchengeschichten um dich wirfst, achte darauf, dass sie zumindest realistisch erscheinen."
"Ich glaube, du hast das Prinzip von Märchen nicht verstanden, oder existieren in deiner Welt böse Hexen und liebestolle Prinzen?"
Jetzt war Gwendolyn diejenige, die genervt die Augen verdrehte, was mich wiederum triumphierend grinsen ließ.
An dieser Stelle möchte ich kurz ein großes Dankeschön an ein paar Freunde [B & A] richten, die mir hier mit sachlichen Informationen beiseite standen und mir erklärten, wie es sich anfühlt, einen Tritt in die Weichteile zu bekommen 😂
Naja, wirklich hilfreich waren sie hierbei nicht (Was soll ich mir unter 'Einfach tot' schon großartig vorstellen?), aber der Wille war da - Also, dankeschön!😂😊
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