N e u n | G w e n d o l y n
Rosalie war wirklich sympathisch. Oder war es Joselynn?
Ich hatte es noch nicht geschafft, einen optischen Unterschied zwischen den beiden Schwestern festzustellen, der mir dabei helfen würde, mich bezüglich ihrer Identität aufzuklären.
Aber ständig nachfragen wollte ich auch nicht und so tappte ich auch noch in den nächsten Tagen darüber im Dunkeln, welche der beiden Prinzessinnen mich derart zum Lachen gebracht hatte.
Ich wusste nur, dass ich neben Mansi eine neue Verbündete im Elverstone Palace gefunden hatte.
Vielleicht würde sie mir helfen, diese Hochzeit in den Wind zu schießen? Als Tochter des Königpaares wusste sie doch schließlich am Besten, wie ich ihre Eltern von einer Eheschließung abbringen konnte.
Die Herrscher Navars bekam ich so selten zu Gesicht, dass ich es in der kurzen Zeit noch nicht geschafft hatte, mich noch unbeliebter zu machen, als ich es ohnehin schon war.
Königin Cathrin war in sämtlichen Königreichen unterwegs und obwohl mir Joselynn/Rosalie erklärt hatte, dass sie sich lediglich um die politische Beziehung zwischen den vier Großmächten kümmerte, hatte ich den Verdacht, dass sie mir lediglich aus dem Weg ging.
Genauso wie ihr Sprössling und dessen Vater.
Ich hatte keine Ahnung was König Cedrik trieb. In meinen Augen hatte der Adel keine Arbeit zu verrichten sondern lag den ganzen Tag nur auf der faulen Haut. Offenbar hatte ich mich getäuscht, denn der König schien schwer beschäftigt.
Anders als Jayce.
Der Schnösel hatte mir klipp und klar gesagt, dass er einfach keine Lust hatte, sich den lieben langen Tag mit mir herzumzuschlagen und ich mir gefälligst eigenhändig eine Beschäftigung suchen sollte, anstatt ihn zu nerven.
Bitte, sollte er haben.
Ich hatte die vergangenen Tage ohnehin viel mehr Zeit in den Stallung verbracht, als im Schloss selbst.
Nicht etwa, weil ich unfassbar scharf darauf war, mir von diesen Biestern hier die Hand abbeißen zu lassen, sondern weil ich die leise Hoffnung hegte, meinen Stallburschen wieder zu sehen.
Unser Abschied bei unserem ersten und letzten Treffen war leider nicht so verlaufen, wie ich es mir erhofft hatte.
Nachdem dieser unpassende Spruch meinen Mund verlassen hatte, hatte ich mir erschrocken die Hand davor geschlagen, um zu verhindern, dass weitere zweideutige Bemerkungen daraus entfliehen konnten.
Der Stallbursche selbst hatte ich mich erstaunt angesehen, ehe so etwas wie Belustigung in seinem Gesicht aufgetreten war.
Meine zweideutige Botschaft war also nicht spurlos an ihm vorbeigezogen. Er hatte sie gehört. Leider.
"Äh... so war das nicht gemeint", hatte ich daraufhin überflüssigerweise gemurmelt und verlegen zu Boden gestarrt.
"Wie war es nicht gemeint?" Der Stallbursche wollte offensichtlich nur etwas rumsticheln, um die Peinlichkeit dieser Situation zu lösen, doch mein Hirn hatte viel zu spät geschaltet.
Es war völlig auf Durchzug gewesen - Wie auch nicht, bei diesem leckeren Anblick?
"Naja, d-du.. äh... weißt schon. Ich m-meinte damit, dass ich mich... äh mit so harten Stürzen und so auskenne, aber nicht mit harten Dingen. Äh.. also damit auch, aber äh.. Nein, tu ich nicht... Wobei äh.. eigentlich schon, aber ich bin kein äh Flittchen oder so. Aber das hast du auch gar nicht behauptet... I-Ich äh... Bei Teufelsnamen, ich halte jetzt wohl besser einfach meine Schnauze." Ich hatte Rumgestottert wie eine zurückgebliebene Idiotin.
Weniger als vierundzwanzig Stunden im Schloss und mein Hirn war bereits auf die Größe von Prinz Jayces Erbse zusammengeschrumpft. Diese Leute hatten mich ganz kirre gemacht und die Anwesenheit dieses Adonis hatte die Leistung meiner Birne nicht gerade verbessert.
Meine Synapsen wollten meinem Mund einfach nicht den Befehl durchgeben, endlich die Klappe zu halten.
Der Stallbursche hatte bei meinen Worten ein belustigtes Grunzen ausgestoßen und den beiden Prinzessinnen neben uns einen kurzen Blick zugeworfen.
"Ihr solltet sie auf ihr Zimmer bringen und vielleicht den königlichen Hausarzt vorbeischicken. Ich denke, sie könnte sich eine kleine Gehirnerschütterung geholt haben."
Eines der beiden Mädchen hatte verständnisvoll genickt und mir einen besorgten Blick zugeworfen, während die Andere die Lippen verkniff, als müsste sie eine überflüssige Bemerkung zurückhalten.
Und dann hatten sie mich tatsächlich weggebracht.
Unter lautem Wehklagen, leider nur in meinen Gedanken, ließ ich mich widerwillig von den beiden Prinzessinnen abführen und konnte lediglich einen letzten Blick auf den süßen, knackigen Hintern dieses Jungen erhaschen, bevor mich die beiden Schwestern in einem der Gästezimmer einsperrten.
In diesem blieb ich dann den restlichen Tag, bis ich die Königskinder wieder beim Abendessen traf.
Und seitdem hatte ich den Stallburschen nicht mehr gesehen. Leider.
"Was machst du hier?" Jayces harscher Tonfall riss mich aus meinen Erinnerung und ich zuckte unwillkürlich zusammen.
Der Blondschopf hatte hinter mir die Stallgasse betreten und wirkte alles andere als erfreut darüber, mich hier anzutreffen.
"Ich beschäftige mich eigenhändig - Wie du es dir eben gewünscht hast, Hasilein", säuselte ich mit zuckersüßer Stimme und neigte unschuldig den Kopf zur Seite. "Vermisst du mich etwa schon?"
Jayce stieß ein unzufriedenes Grunzen aus und betrachtete mich derart missmutig, als wäre ich der Dreck zwischen seinen Zehen. "Nenn mich nicht so."
"Hasilein? Wäre dir Spätzchen lieber?"
"Nein."
"Bärchen?"
"Gwendolyn." Seine Stimme klang drohend, doch anstatt mich einzuschüchtern, spornte mich der Klang an, ihn weiter zu provozieren.
"Stinker vielleicht?"
Der Schnösel schloss die Augen und atmete tief ein. Wow, der ist aber leicht aus der Fassung zu bringen. Vielleicht sollte er einmal über ein Anti-Aggressionstraining nachdenken.
Als er die Toren zu seiner Seele wieder öffnete, funkelte ein eiskaltes Feuer in seinen blauen Augen.
Wäre mein Stolz nicht so groß, wäre ich bei diesem Anblick vermutlich ein paar Schritte zurückgewichen. Doch ich zwang mich stehen zu bleiben und reckte ihm trotzig das Kinn entgegen. "Gefällt er dir?"
"Nein." Sein Tonfall war hart und bescherte mir eine Gänsehaut. Unauffällig verschränkte ich die Arme vor der Brust, um meine Haut mit meinen Handflächen warm zu rubbeln.
"Du musst dich schon entscheiden. Ich hätte noch Zuckerschnute im Angebot, aber ich denke nicht, dass das deinem Geschmack entspricht."
Blondschädel starrte mich durchdringend an und ich trat nun doch einen kleinen Schritt zurück. Indem selben Moment, als Jayce einen nach vorne trat. Ein siegreiches Lächeln zupfte an seinen Mundwinkeln und gerade als ich ihm dafür erneut eine Provokation an den Kopf werfen wollte, schloss er den Abstand zwischen uns.
Ich stockte, irritiert darüber, wie nahe er mir plötzlich war. Meine Stimme verlor sich in der Luft und anstatt meiner geplanten Beleidigung, entschlüpfte meinem Mund lediglich ein überraschtes Keuchen.
Jayce stand mittlerweile so knapp vor mir, dass sein Brustkorb meine Oberweite streifte, wenn einer von uns Beiden einatmete. Eigentlich sollte ich ihm dafür eine Klatschen, doch seine Nähe verunsicherte mich und sorgte dafür, dass mein Kopf nur nach einer Möglichkeit suchte, mich seiner starken Präsenz zu entziehen, anstatt ihm für dieses Verhalten die Hölle heiß zu machen.
"Weißt du, wie du mich nennen darfst?" Blondschopf flüsterte und seine Stimme klang dadurch dermaßen rau und heiser, dass mir ein wolliger Schauer über den Rücken fuhr.
Atemlos schüttelte ich den Kopf, ehe ich ein schwaches: "Prinzessin?", hervorbrachte.
Gut, immerhin verbal konnte mein Körper noch um sich schlagen.
Jayce lächelte, als er mich von oben herab betrachtete und langsam den Kopf schüttelte, ohne mich aus den Augen zu lassen.
Mir war zuvor noch nie aufgefallen, dass er mich um fast zwei Köpfe überragte. Ich hätte mich niemals als klein bezeichnet, doch als ich den Kopf in den Nacken legen musste, um seinen Blick zu erwidern, fiel mir keine andere Umschreibung für diesen Größenunterschied ein.
Aus dieser Nähe könnte man den Blondkopf fast schon als attraktiv bezeichnen. Ich hatte seinem Gesicht zuvor nicht allzu viel Aufmerksamkeit geschenkt, doch jetzt wie er so vor mir stand, konnte ich nicht leugnen, dass die Bartstoppel, welche viel dunkler als die blonden Strähnen auf seinem Kopf waren, und die markanten Züge durchaus ihre Reize hatten.
Jayces Haare waren länger, als die männliche Bevölkerung Nisus sie im Durchschnitt trug, aber kurz genug, dass ich sie nicht als 'unpassend' einstufen würde.
Einzig und alleine die Farbe und der widerliche Charakter des Königssohnes hinderten mich daran, dem übermächtigen Bedürfnis, meine Finger durch diese Mähne wandern zu lassen, nachzugeben.
Der Blaublütler hob die Hand und wagte es tatsächlich, mir eine Strähne aus dem Gesicht zu streichen und hinter mein Ohr zu klemmen. Irritiert blinzelte ich ihn an.
Als ich einen Schritt zurückweichen wollte, legte er seine andere Hand an meine Taille und hielt mich fest. Seine blauen Augen blitzen mich an.
Jetzt verpass ihm endlich eine Ohrfeige! So darf er dich nicht anfassen! Mein Befehl ging in der Flut an Fragezeichen und Alarmblinkanlagen in meinem Kopf unter, sodass ich an der Stelle verharrte und ihn abwartend ansah.
"Zwei Versuche hast du noch, Gwendolyn. Oder soll ich es dir gleich verraten?" Irgendetwas an der Art und Weise, wie Jayce meinen Namen betonte und aussprach, ließ meinen Mund trocken werden und ich ertappte mich ganz kurz bei dem Gedanken, dass er eigentlich gar nicht so schlecht aussah.
Seine blauen Augen waren umso faszinierender, je länger man sie anstarrte und blonde Haare konnte man immer noch färben
Hey, was sollte das? Hatte ich mir etwa tatsächlich eine Gehirnerschütterung zugefügt? Anders konnte ich mir mein seltsames Verhalten nicht erklären.
Ich schüttelte, erstaunt über meine eigenen Gedanken, den Kopf und versuchte erneut, Abstand zu gewinnen. Mein Gehirn brauchte mehr Freiraum, um anständig arbeiten zu können. Doch der Blondschopf gewährte ihn mir nicht.
Er nahm mein Kopfschütteln falsch auf und strich mit seiner Hand langsam über meine Taille, während er die Finger seiner Anderen über die nackte Haut an meinem Schlüsselbein wandern ließ.
Ich erschauderte erneut.
Jayce beugte sich ein Stück vor, sodass ich seinen heißen Atem an meiner Ohrmuscheln spüren konnte.
"Du darfst mich 'mein Gebieter' nennen. Aber weil du gerade so zahm wie ein Kätzchen bist, spiele ich auch mit dem Gedanken, dir 'Gott' durchgehen zu lassen. Die Frauen, die vor dir das Bett mit mir geteilt haben, haben diese Namen gerne in höchster Ekstase geschrien. Wenn du brav bist, befördere ich dich auch auf einen Höhentrip."
Seine Worte waren wie eiskaltes Wasser für meine Sinne. Mein Körper erwachte aus seinem Trancezustand und reagierte sofort.
Das Geräusch von meiner flachen Hand auf der Wange dieses Idioten hallte durch die Stallgassen und ich genoss den ungläubigen Ausdruck auf Jayces Gesicht, als er seine Finger an die rote Stelle in seinem Gesicht führte.
Damit hatte er wohl nicht gerechnet.
"Du Schwein! Fass mich nie wieder an! VERSTANDEN?!" Ich brachte mich selbst mit meinem Gebrüll derart in Rage, dass ich spürte, wie mein Gesicht hochrot anlief.
Mein Herz klopfte wie wild in meiner Brust und erst jetzt setzte mein Verstand ein.
Ich hatte dem Thronfolger meines Landes eine Ohrfeige verpasst. Konnte ich dafür verhaftet werden? Vermutlich.
"Schien dir aber ganz schön zu gefallen haben. Ich verstehe gar nicht, warum du jetzt einen auf Kratzbürste machst." Blondschopf schien sich mittlerweile auch wieder gefasst zu haben.
Blutstropfen glitzerten auf seiner Wange und ließen meine Mundwinkel wie Schneeglöckchen im Frühling in die Höhe schießen.
Das war ein guter Treffer gewesen. Mir war gar nicht bewusst gewesen, dass ich auch meine Fingernägel über die königliche Haut gezogen habe.
"Dein übler Mundgeruch hat mich außer Gefecht gesetzt", entgegnete ich prompt.
"Gib es doch einfach zu, dass du scharf auf mich bist, du klein-".
KLATSCH.
Erneut zerriss das Geräusch von meiner Hand auf Jayces Wange das sanfte Pferdeschnauben in der Stallgasse.
"Ich empfehle dir, was immer du jetzt sagen wolltest, lieber runterzuschlucken!", fauchte ich ihn ungehalten an.
Ich war dermaßen in Rage und bereit, den Schnösel windelweich zu prügeln, sollte er nochmal auf die Idee kommen, mich anzumotzen.
Meine Fingerspitzen zitterten vor Adrenalin.
Jayce biss die Zähne zusammen, sodass ich es leise Knirschen hören konnte, als der Zahnschmelz aufeinander traf.
Wütend sah er mich, die Hand schützend auf seine Wange gelegt, als befürchte er einen erneuten Angriff meinerseits.
In seinen Augen konnte ich lesen, dass er gerade überlegte, ob er als Frauenschläger in die Geschichte Navars eingehen wollte.
"Du. Kleine. D-."
Ich setzte erneut zum Schlag an, doch dieses Mal war Blondkopf darauf vorbereitet.
Geschickt fing er meine Hand in der Luft ab und packte mich grob am Handgelenk. Das spöttische Funkeln in seinen Augen verriet mir, dass er darauf abgezielt hatte, dass ich wieder Hand gegen ihn erhob.
Frustriert stöhnte ich auf und rüttelte an seinem Griff. "Lass mich los, du Vollpfosten!"
"Was wenn nicht?" Jayce grinste mich höhnisch an.
Na, der wird noch sein blaues Wunder erleben.
Ich hob meine andere Hand und wie erwartet, fing Blondschopf auch diese im Sturzflug auf sein Gesicht ab. Ich gönnte ihm seinen kurzen Triumph, ehe meine Mundwinkel verräterisch zuckten.
Jayce bemerkte es und hielt verunsichert inne.
Man sah ihm deutlich an, dass er fieberhaft überlegte, was er übersehen haben könnte. Was mich in dieser Situation so schadenfroh stimmen könnte.
"Eins...", begann ich langsam zu zählen. Ein zufriedenes Lächeln auf meinen Lippen.
Blondschädel reagierte nicht.
"Zwei..."
Sein Griff lockerte sich etwas, doch er hielt mich weiterhin zwischen seinen Fingern gefangen.
"Drei!"
Schnell schloss ich den Abstand zwischen dem Blaublütler und mir, sodass es den Anschein nahm, ich wollte diesen Idioten umarmen. Jayce war viel zu perplex, um anständig zu reagieren.
"Sag nicht, ich habe dich nicht gewarnt", zischte ich dem Schnösel ins Ohr und lächelte.
Dann hob ich mein Knie mit einem kräftigen Ruck an und rammte es ihm geradewegs in seine königlichen Kronjuwelen.
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