20. Kapitel
Gwendolyn
„Ich will mit dir aber nirgendwo hin!", fauchte ich Jayce ungestüm an und riss mich erneut von seiner nervigen Umklammerung los.
Jayce belagerte nun schon seit fünfzehn Minuten mein Zimmer, der festen Überzeugung, wir sollten uns dem Volk als ein glückliches Paar im Park präsentieren.
Pfff... von wegen glücklich.
Verbittert schlug ich seine Hand erneut weg, welche er, wie die vielen Male zuvor, wieder nach mir ausstreckte.
Verzweifelt fuhr sich Jayce durch die blonden Haare und warf mir einen flehenden Blick zu.
„Gwendolyn, bitte! Wir müssen das machen!", seufzte er und versuchte erneut, den riesigen Abstand zwischen uns zu schließen, indem er einen Schritt nach vorne wagte.
Wie zuvor auch, wich ich augenblicklich nach hinten aus und kniff warnend die Augen zusammen.
„Nein!", knurrte ich erneut.
„Wir müssen aber!", entgegnete Jayce mir und sah mich beschwörend an, allerdings reagierte ich herzlich wenig darauf.
Stur kehrte ich ihm den Rücken zu, verschränkte die Arme vor der Brust und starrte finster aus der gläsernen Scheibe des Balkons.
Ich würde mich ganz bestimmt nicht mit Jayce öffentlich zeigen und einen auf verliebtes, zukünftiges Ehepaar machen!
Noch vor wenigen Tagen hätte ich ihm diesen Wunsch vermutlich erfüllt. Bevor ich ihn mit einer halbnackten Lynn in meinem Zimmer erwischt hatte. Bevor er mich küsste, nur um danach zu sagen, dass es ein Fehler war. Ein dumpfes Gefühl breitete sich in mir aus.
„Und jetzt geh!", herrschte ich ihn mit zittriger Stimme an, ohne den Blick von der beleuchteten Landschaft abzuwenden.
Nur mit Mühe konnte ich die salzigen Tränen zurückhalten und ich wusste, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis sie aus mir herausbrachen. Wenn dieser Zeitpunkt gekommen war, wollte ich auf jeden Fall, dass Jayce sich außerhalb dieses Zimmers befand.
„Gwendolyn...", murmelte er leise und aus dem Augenwinkel konnte ich erkennen, wie er sich erneut ein paar Schritte nach vorne arbeitete.
Ich gewährte ihm diese Bewegung, aber nur, weil ich keinen Platz mehr zum Ausweichen hatte und mich ihm nicht zuwenden konnte, wenn ich nicht wollte, dass er meine glänzenden Augen bemerkte.
„Irgendjemand hat dich und Zac zusammen gesehen, euch fotografiert und das Bild einem Journalisten übergeben. Das Volk schließt jetzt aus dem Artikel, dass du und Zac eine geheime Affäre führt. Sie kaufen unsere Verlobung nicht mehr ab."
Unwillkürlich erstarrte ich unter Jayces Worten.
Jemand hatte mich und Zac zusammen gesehen? Uns heimlich fotografiert? Und das Ganze auch noch einem Journalisten übergeben?
Jetzt ergab es auch Sinn, warum Jayce unbedingt mit mir in den Park wollte. Nicht, weil er sich entschuldigen wollte oder weil er irgendwelche Gefühle für mich hegte, sondern einfach nur, um den guten Ruf seiner Familie zu retten.
„Na gut. Dann gehen wir eben in diesen blöden Park", knurrte ich mit zittriger Stimme und räusperte mich kurz, damit meine Stimme nicht mehr so kläglich klang. „Und jetzt geh!"
Aus dem Augenwinkel konnte ich verschwommen erkennen, dass Jayce ganz und gar nicht daran dachte, mir endlich meinen Wunsch zu erfüllen und die Tür hinter sich zu schließen.
Unsicher sah er mich an und ich drehte mich noch weiter von ihm weg, damit er die Tränen nicht sehen konnte, welche mir inzwischen in Strömen über die geröteten Wangen rannten.
„Gwendolyn...", seufzte er leise und kam noch einen Schritt auf mich zu. Ich konnte seine starken, warmen Hände fühlen, welche sich sanft auf meine Schultern legten, damit er mich zum Umdrehen bewegen konnten.
Starr blieb ich stehen und rührte mich nicht von der Stelle, während sich meine angespannten Schultern dagegen wehrten, sich zu ihm herumzudrehen.
Seufzend ließ Jayce seine Arme wieder sinken und platzierte stattdessen seine Hände an meinen Hüften, wohlwissend, dass ich ihm diese am liebsten abbeißen würde, damit ich ihm sie höchstpersönlich um die Ohren knallen könnte.
„Gwendolyn", flüsterte er erneut und langsam zerrte es an meiner Ungeduld.
Seine Nähe. Seine Vorliebe, andauernd meinen Namen auszusprechen und die Art, wie er mich behandelte. Als wäre ich etwas Wertvolles, etwas Kostbares. Und trotzdem schmettert er mich immer wieder gegen die Wand, nur um zuzusehen, wie ich in tausenden Splittern gebrochen auf dem Boden landete.
Mit einer ruckartigen Bewegung drehte er mich zu sich herum und stockte kurz, als er die glänzenden Tränen entdeckte, welche meine Wangen benetzten.
Mit einer sanften Berührung fegte er eine einzelne, salzige Träne hinfort, während er mit seiner anderen Hand meine Wange umfasste. Seine blauen Augen blickten tief in meine und obwohl ich ihn so gerne hassen würde, versank ich in ihnen.
Es war falsch. So falsch.
Er hat mich verletzt. Zweimal. Mit mir gespielt, als wäre es ihm egal, ob er meine Gefühle ertränkte oder nicht.
Und trotzdem schlug mein Herz schneller, als er seine rauen Finger langsam über meine nackte Haut gleiten ließ, um die Spuren meiner Trauer hinfort zu wischen. Dieses verräterische Herz.
Ein lautloses Seufzen entglitt meinen Lippen, als Jayce nun seine zweite Hand zur Hilfe nahm und fein säuberlich die salzigen Tränen von meinen Wangen entfernt.
Eine letzte, einzelne Träne kullerte über meine Wange und Jayce verfolgte sie langsam mit seinen wunderschönen, blauen Augen.
Zögernd sah er mich an, als würde er in meinem Blick nach etwas suchen, was wie ein Protest aussah. Ein kleines Funkeln, ein Ausdruck, welcher ihn daraufhin wies, dass er gerade zu weit ging.
Doch ich rührte mich nicht. Ich stand wie versteinert in seiner Berührung da, konnte allerdings nicht leugnen, dass es mir gefiel.
Jayce schien das zu bemerken, denn er löste seine Hände von meinen Wangen, um sie an meiner Taille hinabgleiten zu lassen. Den Blick immer noch fest auf mein Gesicht gerichtet.
Langsam kam er mir näher und unwillkürlich schloss ich die Augen. Kurz darauf konnte ich seine zarten, sanften Lippen an meiner Haut spüren.
Mit einer unglaublichen Vorsicht küsste er mir die vereinsamte Träne von der Wange, um sich gleich darauf wieder von mir zu lösen.
Als ich ihn mit flackernden Lidern wieder ansah, huschte ein liebevolles Lächeln über seine Lippen und er zog mich noch näher an sich heran.
„Darf ich dir jetzt endlich erzählen, was zwischen Lynn und mir wirklich passiert ist?", fragte er zaghaft, als befürchte er, die Harmonie mit seinen Worten zu zerstören.
Auch wenn sich alles in mir dagegen sträubte, ihm zu vertrauen. Ihm zuzuhören, brachte ich es nicht über mich, diese funkelnde Hoffnung in seinen Augen zum zersplittern zu bringen.
„Du hast fünf Minuten", stieß ich mit einem schwachen Lächeln hervor und konnte fühlen, wie mein Herzen einen riesigen Satz machte, als Jayces Augen zu strahlen begannen.
Jayce
Es brach einfach aus mir heraus.
Ich redete wie ein Wasserfall, aus Angst, Gwendolyn könnte mich unterbrechen, wenn ich es auch nur wagen würde, nach Luft zu schnappen.
Während ich sprach, war mein Blick eindringlich auf Gwendolyn gerichtet. Ich wartete auf eine Regung ihrer Gesichtszüge. Auf irgendein Zeichen, welches mir sagte, dass sie mir glaubte.
Doch Gwendolyn starrte mich einfach an. Monoton. Ausdruckslos.
Als ich mit meiner Erzählung geendet hatte, schnappte ich erst Mal nach Luft, bevor ich unsicher ihrem Blick begegnete.
Gwendolyns Miene war nach wie vorn undurchdringlich. Gerade zu kalt, als hätten meine Worte keinerlei Bedeutung für sie.
„Du sagst die Wahrheit?", fragte sie schließlich und sah mir fest in die Augen.
Langsam nickte ich, unsicher, ob sie mir wirklich glaubte oder nicht.
Gwendolyn drückte sich enger gegen meinen Körper, was mich dazu verleitete, reflexartig meine Arme um sie zu schlingen und sie festzuhalten.
Erstaunt sah ich sie an. Die Augenbrauen fragend nach oben gezogen.
Ein kleines Lächeln stahl sich auf ihre Lippen und sie legte ihren Kopf auf eine süße Art und Weise schief.
„Und unser Kuss gestern? War das ein Fehler?", hakte sie mit einem Funkeln in ihren dunklen Augen nach.
„U-Unser Kuss?", stotterte ich irritiert und konnte nicht verhindern, dass mir die Röte in die Wangen stieß. Dieses Gespräch war mir merkwürdiger Weise unangenehm und es war das erste Mal, dass Gwendolyn mich in Verlegenheit brachte.
Ich konnte deutlich erkennen, wie sehr sie es genoss, die Zügel in der Hand zu haben.
„Als du mich gestern bedrängt hast, meintest du, es war ein Fehler. Denkst du immer noch so darüber?", bohrte sie weiter, während sie eine ihrer Augenbrauen nach oben wandern ließ.
„Wieso willst du das wissen?", entgegnete ich und konnte nicht verhindern, dass sich ein Grinsen auf meine Lippen stahl.
Gwendolyn neigte ihren Kopf auf die andere Seite und kniff die Augen zusammen.
„Du lachst mich gerade innerlich aus!"
„Ich tue was?", fragte ich belustigt nach und konnte nicht verhindern, dass sich mein Griff um ihre Hüfte verstärkte und ich sie noch enger an mich presste.
Ich genoss ihre Wärme. Ihre Nähe.
„Du machst es noch immer", bemerkte Gwendolyn und schob schmollend ihre Unterlippe vor, woraufhin ein amüsiertes Lachen meiner Kehle entwich.
Vom Zauber des Augenblicks getrieben, beugte ich mich vor, um ihr einen sanften Kuss auf die Lippen zu drücken, doch Gwendolyn wich zurück. Ein spöttisches Lächeln umspielte ihre Lippen.
„Wenn du den Kuss von gestern nach wie vor für einen Fehler hältst, werden deine Lippen meine nie wieder berühren", erklärte sie auf meinen verwunderten Blick hin.
Ein irritiertes Lächeln zierte meine Lippen und ich sah sie eine Weile perplex an.
Dieses Mädchen war doch wirklich verwunderlich. So eigenartig. So speziell. Und ich liebte es. Ich würde keine ihrer Macken vermissen wollen.
Meine Gesichtszüge wurden weicher und ich umfasste ihr liebliches Gesicht mit meiner Hand. Ihre Haut fühlte sich so weich und zart unter meinen Fingern an, als würde sie lediglich aus Glas bestehen und die kleinste, zu harsche Berührung, könnte sie zum Brechen bringen.
Und ich musste darauf achten, dass sie niemand verletzte.
„Gwendolyn", fing ich leise an und fuhr mit meinem Daumen die Kontur ihrer Oberlippe nach. „Wie du mich nach diesem Kuss angesehen hast. Als hätte dir gerade ein schleimiges Monster über die Lippen geleckt. Hättest du dich da nicht auch entschuldigt?"
Ein amüsiertes Lächeln umspielte Gwendolyns Lippen und sie boxte mir spielerisch gegen die Rippen, ehe sie sich tiefer in meine Arme fallen ließ.
„Du übertreibst", murmelte sie leise und legte den Kopf in den Nacken, um mich besser ansehen zu können.
Mit einem entschlossenen Lächeln auf den Lippen streckte sie sich mir entgegen und legte ihren Mund sanft und vorsichtig an den Meinen, als müsste sie sich erst an den Gedanken gewöhnen müssen, mich zu küssen.
Ich konnte es ihr nicht verdenken.
Noch vor wenigen Wochen war ich mir ziemlich sicher, dass ich niemals Gefühle für dieses chaotische Mädchen empfinden könnte. Das ich bis an das Ende meines Lebens unglücklich in unserer Ehe sein würde. Dass es hart werden würde.
Doch nun hat sich alles geändert. Ich konnte meine Gefühle für Gwendolyn nicht länger leugnen. Ich wollte es gar nicht.
Ich wollte sie endlich in meine Arme schließen, ohne das nagende Gefühl zu haben, auf meinen Ruf achten zu müssen und wie sehr Gwendolyn diesen doch gefährdete.
Gwendolyn
Der Kuss war fantastisch!
Jayce liebkoste meine Lippen so sanft, so zärtlich, als würde er fürchten, dass sie unter einem größeren Druck zusammenbrechen würden.
Ich neigte meinen Kopf zur Seite, erforschte die Form seine Unterlippe und zog die Kontur seiner Oberen nach, ehe ich langsam meinen Mund freigab.
Jayce zögerte. Er ließ seine warme, feuchte Zunge erst über meine Lippen gleiten, ehe er vorsichtig in meinen Mund eindrang und die Meine umspielte.
Spielerisch stieß er meine Zunge an, forderte sie dazu auf, an dem Spiel teilzunehmen und ließ sie miteinander verschmelzen, während er seinen Körper fordernder gegen den Meinen drückte.
Seine Hände fingen an, meine Kurven zu erforschen. Seine rechte Hand fuhr an meiner Taille entlang, während die Andere zögerlich meinen Bauch hinauffuhr und unterhalb meiner Brust zum Stehen kam.
Ich löste meine Lippen von seinen, griff nach seiner Hand und zog sie auf meine Hüften zurück.
Das war ein Schritt, welcher mir zu weit ging. Für welchen ich noch nicht bereit war und deshalb warf ich Jayce ein entschuldigendes Lächeln zu.
Auch wenn meine Lippen von unserem Kuss noch immer wie wild kribbelten und mein Gesicht von der Hitze, welche mich durchströmte, bestimmt schon wieder die Röte einer Tomate angenommen hatte, war ich mir immer noch nicht sicher, was meine Gefühle für Jayce betrafen.
Ja, mein Herz schlug immer einen Takt schneller, wenn er in mein Sichtfeld geriet und es wagte auch immer wieder einen kräftigen Sprung, wenn er mich berührte, doch war das Liebe?
Es konnte doch nicht sein, dass sich meine anfängliche Abneigung ihm gegenüber sich so schnell gelegt hat. Oder doch?
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Hmmm... Was meint ihr? Geht das alles ein bisschen zu schnell? ☻
Und sorry für das kitschige Lied, aber ich konnte nicht widerstehen😏 Zudem verehre ich momentan alles was mit König der Löwen oder Mamma Mia zu tun hat. Bin im Musical-Fieber gefangen😂
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