17. Kapitel
Gwendolyn
Müde kuschelte ich mich tiefer in Zacs Arme und bettete meinen Kopf auf seiner muskulösen Brust, welche mir so vertraut war, als wäre es mein eigenes Kopfkissen. Sanft hoben und senkten sich seine Rippen unterhalb meiner Wange, was mich komischerweise entspannte.
Ein erleichterter Seufzer entfuhr mir und ich schlang meinen rechten Arm über den Bauch meines besten Freundes, um noch mehr seiner tröstlichen Wärme aufnehmen zu können.
„Ich hätte niemals gedacht, dass du mich so sehr vermisst hast", unterbrach Zac das angenehme Gemurmel des Fernsehers.
Ich legte meinen Kopf in den Nacken, um sein Gesicht zu mustern, welches von den flackernden Farben des Bildschirms in den verschiedensten Tönen beleuchtet wurde. Ein mitfühlendes Lächeln zierte seine Lippen.
Zac senkte den Blick, als er meine Augen auf sich spüren konnte und augenblicklich wanderten seine Mundwinkel wieder nach unten.
„Zu früh?"
„Ein bisschen", meinte ich mit zittriger Stimme und rang mir ein Lächeln ab, ehe ich mich wieder sehnsüchtig an ihn schmiegte.
Wie sehr ich seine Nähe doch vermisste hatte. Die beruhigende Wärme seines Körpers und die Selbstverständigkeit, mit der er seinen Arm über meine Schulter legte.
Als wäre ich das Kostbarste, aber zugleich auch das Zerbrechlichste, was sein Leben zu bieten hatte.
Gedankenverloren strich ich mit meinen Fingern über seinen nackten Oberarm, wo ich die kleine Narbe ertasten konnte, welche er sich bei einen unserer Ausflüge zugezogen hatte.
Es war eine Situation, welche ich mit Zac schon so oft durchlebt hatte. Seine tröstende Umarmung. Mein leises Schniefen und Johnny Depps Stimme, welche aus dem Fernseher hervor dudelte.
Es waren solche Momente, in denen ich mich fragte, warum ich keine Gefühle für Zac entwickeln konnte.
Alles wäre so einfach, wenn mein dummes Herz bei dem Anblick meines besten Freundes einfach einen Ticken schneller schlagen würde. Oder wenn ein warmes Kribbeln meinen Körper durchfluten würde, wenn er lediglich seine starken Hände über meine empfindliche Haut am Schlüsselbein wandern lässt, wie er es so oft tut.
Aber nein. Mein Körper reagiert kein bisschen auf Zacs Berührungen. Es war, als würde ich neben meinem Bruder liegen, mit dem Unterschied, dass Chris niemals die Geduld aufbringen würde, sich mir zuliebe alle Filme von ‚Fluch der Karibik' anzusehen.
Doch bei Zac war das anders. Ich konnte mich immer auf ihn verlassen und das trotz unserer gemeinsamen Vergangenheit.
Es gab nämlich durchaus einen Grund, warum unsere gemeinsamen Freunde darüber tuschelten, dass Zac und ich angeblich eine Affäre, oder zumindest so etwas Ähnliches, pflegten.
An sich nichts Spektakuläres. Vermutlich würde ich genauso reagieren, wenn Jess oder Ainsley eine solch intensive Beziehung mit einem Jungen hegen würden. Immerhin war das nicht ganz so selbstverständlich, wie es eigentlich sein sollte.
Doch da war ein gewisser Zeitpunkt in unserer gemeinsamen Vergangenheit, welche die Vermutungen der Anderen erst zum Vorschein brachten. Und hätte ich in der damaligen Situation besser oder auch einfach anderes reagiert, würde ich mich heute vielleicht gar nicht in dem Schlamassel befinden.
Vermutlich hätte meine Mutter mich niemals dazu gedrängt, Jayce kennenzulernen und zu heiraten, wenn ich Zac damals nicht so vor den Kopf gestoßen hätte. Wenn ich mich dazu durchringen hätte können, etwas für ihn zu empfinden – Oder es wenigstens zu versuchen.
Doch mein altes Ich war egoistisch und leichtsinnig gewesen, als es Zac eine Abfuhr erteilt hatte.
Nichts ahnend, wie verhängnisvoll diese Entscheidung noch sein konnte.
„An was denkst du?", fragte Zac leise und zog mit seinen Fingern kleine Kreise über meine Schultern, während sein Blick weiterhin auf den Bildschirm gerichtet war, wo Johnny Depp, aka Kapitän Jack Sparrow, über den weißen Sand der Karibik stolperte.
Ich verbiss mir die Frage, wie Zac darauf käme, dass ich mit meinen Gedanken nicht beim Film war. Er kannte mich nach all den Jahren gut genug um zu wissen, wann ich meine Aufmerksamkeit dem Fernseher widmete und wann ich meinen eigenen Gedanken nachhing.
„Was ich alles in meinem Leben falsch gemacht habe, um jetzt hier zu sein", entgegnete ich leise und rutschte auf der Matratze seines Bettes etwas nach oben, um mein Gesicht in der Kuhle zwischen seinem Hals und seiner Brust verstecken zu können.
„Zum Beispiel?", hakte Zac nach und ich konnte anhand seiner Tonlage erkennen, dass er daran zweifelte, dass ich mit den Taten in meiner Vergangenheit irgendetwas an der jetzigen Situation hätte ändern können.
Ich drückte mein Gesicht fester gegen seine warme Haut, als würde ich verzweifelt Trost darin suchen, doch in Wahrheit konnte ich Zac einfach nicht ins Gesicht sehen, während die nächsten Worte meine Lippen verließen.
„Ich hätte dich nicht abweisen sollen", nuschelte ich leise und verspannte mich augenblicklich in seinen Armen.
Eine Weile war es still in Zacs Zimmer und lediglich die hitzige Diskussion zwischen Sparrow und Barbossa schmückte das unangenehme Schweigen zwischen uns aus.
Nach einer gefühlten Ewigkeit zog Zac seinen Arm unter meiner Schulter hervor und drehte sich auf die Seite, womit mein Gesicht Wohl oder Übel freigelegt wurde.
Zittrig zog ich die Luft ein und starrte konzentriert auf den beigen Bettlacken.
„Gwen, sieh mich an", murmelte Zac sanft und als ich ihm nicht gehorchte, legte er zwei seiner Finger an mein Kinn und drückte dieses vorsichtig, aber bestimmt, nach oben.
Unsicher huschten meine Augen über sein Gesicht, welches mir nach all den gemeinsamen Jahren so vertraut war, als wäre es mein eigenes.
Seine markanten Gesichtszüge. Die ausgeprägten Hervorhebungen seiner Kieferknochen und die unglaubliche Wärme, welche mir aus seinen Augen entgegen strahlte.
„Ich denke nicht, dass das irgendetwas an der ganzen Situation geändert hätte", erklärte er mir mit einem liebevollen Lächeln auf den Lippen und strich mir mit seinen rauen Fingern zärtlich über meine Wangen. Eine vertraute Berührung, welche dennoch die Nervosität in mir schürte.
Es war, als wäre Zac mein Anker. Mein Fels in der Brandung.
Er war einfach ein Punkt in meinem Leben, zu dem ich immer zurückkehren konnte. Welcher mich immer auffing und wiederaufbaute. Welcher mich, trotz meiner zahlreichen Macken, von Herzen liebte und wertschätzte.
Und du doofe Kuh kannst dich einfach nicht in ihn verlieben.
Verzweifelt suchte ich Zacs Augen nach dem Funkeln ab, welches ich in der Vergangenheit so sehr gefürchtet hatte. Ein simples Funkeln, welches mir verriet, dass mein bester Freund mehr Gefühle für mich hegte, als er eigentlich sollte.
Es war verschwunden.
„Würde es denn jetzt etwas ändern?", fragte ich herausfordernd, in der Hoffnung, dass Zac Augen wieder diesen verträumten Ausdruck annehmen würden, sobald ich die Schlösser von der Tür nahm, welche ich selber vor geraumer Zeit in Ketten gelegt hatte.
Doch nichts regte sich in den Augen meines besten Freundes. Lediglich das mitfühlende Lächeln auf seinen geschwungenen Lippen verriet mir, dass der vergangene Satz wirklich meinen Mund verlassen hatten.
„Ich denke nicht, Gwen", flüsterte er leise.
Verzweifelt kniff ich meine Augen zusammen, wagte prompt einen Satz nach vorne und drückte meinen Mund gegen seinen.
Der Kuss war wirklich alles andere als magisch. Er war plump, gefühlslos und lediglich von Angst und Verwirrung geziert.
Es dauerte auch nicht länger als drei Sekunden und Zac fasste mich sanft an den Schultern, um mich behutsam zurück zu schieben, woraufhin sich unsere Lippen lösten.
Seine Augen, welche von dem fahlen Licht des flackernden Bildschirms nur schwer beleuchtet wurden, blitzen etwas überrascht auf, doch der Rest seiner Körpersprache deutete auf pures Unbehagen hin.
Verlegen musterte Zac mein Gesicht, ehe er seine Arme um mich schlang und mich an sich drückte.
Tröstend und beruhigend zugleich wanderten seine Hände über meinen Rücken.
„Du weißt nicht, wie lange ich mir das gewünscht habe, Gwen", seufzt er leise in mein Ohr.
„Aber nicht so. Nicht unter diesen Umständen und auch nicht, wenn wir keinerlei Gefühle für einander hegen. Du willst das genauso wenig wie ich und das weißt du."
Ich vergrub mein Gesicht an seiner Brust und ließ meine stummen Tränen von dem Stoff seines T-Shirts trocken.
Ich wusste das er Recht hatte, aber es tat trotzdem weh, dass selbst er mich nicht wollte.
Offensichtlich war ich es nicht Wert oder zumindest nicht das, was man sich unter einer festen Freundin vorstellte. Oder eine Ehefrau.
Jayce hatte es mir deutlich gezeigt, wie für ihn die perfekte Partnerin zu fungieren hatte und auch Zac ließ mich abblitzen.
Zac, welcher mir ganze vier Jahre nachgelaufen war und an meine Gefühle für ihn appelliert hatte.
Und jetzt, wo ich bereit war, seinen damaligen Bedürfnissen entgegen zu kommen, wies er mich zurück.
„Mach dir keinen Kopf, Gwen. Alles wird gut", flüsterte Zac leise, streichelte über meinen dunklen Schopf und hauchte mir einen sanften Kuss auf den Scheitel, ehe er mich wieder in seine Arme zog und beruhigend über meinen Rücken strich.
Seinen Blick wandte er wieder dem Fernseher zu, doch ich wusste, dass seine eigentliche Aufmerksamkeit mir galt.
Mit dem beruhigenden Wissen, in seinen Armen sicher zu sein, schlummerte ich langsam ein.
Jayce
Ein betretenes Schweigen herrschte am Frühstückstisch, welches gelegentlich durch Joseys verzweifelte Einwürfe gestört wurde.
Sie war die Einzige, die wusste, warum ich meinem Vater nicht sagen konnte, warum Gwendolyn nicht aufgetaucht war und sie versuchte alles, damit er nicht auf die Idee kam, selbst in ihrem Zimmer nach ihr zu sehen.
Stirnrunzelnd betrachtete er den leeren Stuhl mir gegenüber und warf meiner Mutter einen Blick zu, welche sich mit einem leisen Räuspern an mich wandte.
„Jayce, mein Lieber. Könntest du uns verraten, warum Gwendolyn uns heute nicht beim Frühstück beiwohnt?"
Mir war bewusst, dass mein Vater an meiner Antwort eindeutig mehr interessiert war, als meine Mutter, doch ich konnte mich erfolgreich davon abhalten, meine Augen Richtung Decke zu bewegen.
„Sie fühlt sich nicht so gut", mischte sich nun Josey mit einem schwachen Lächeln ein und schob sich schnell einen Löffel ihres Müslis in den Mund.
„Und warum weißt du das und dein Bruder offensichtlich nicht?", meldetet sich nun mein Vater mit strenger Stimme zu Wort und warf mir einen scharfen Blick zu, ehe er sich mit weicheren Zügen an meine kleine Schwester wandte.
Josey senkte beschämt die Lider und linste unter ihrem dichten Wimpernkranz hervor unseren Vater an. Ihr berüchtigter Hundeblick, welchen bisher jeden milde gestimmt hatte.
Auch dieses Mal hatte er seine Wirkung. Ein seltenes Lächeln schmückte das Gesicht meines Vaters.
„Naja... Sie hat... Frauenprobleme", stieß sie mit einem verlegenen Kichern hervor und ließ ihre blauen Augen zwischen unseren Eltern hin und her wandern.
Mit diesen Worten war mein Vater sofort raus.
Er lehnte sich räuspernd in dem Stuhl zurück, warf meiner Mutter einen auffordernden Blick zu und widmete sich, ohne ein weiters Wort, seinem Essen zu.
„Bis zum Unterricht wird sie diese Probleme doch hoffentlich wieder in den Griff bekommen", bemerkte sie spitz und zog die Augenbrauen zusammen.
Ihr war deutlich anzukennen, dass sie nicht verstand, wie irgendwelche Regelbeschwerden Gwendolyn vom Frühstück fernhalten konnten.
In Gedanken daran, mich gleich nach dem Essen erneut nach Gwendolyn umzusehen, schlang ich die letzten Bissen hinunter und hoffte, sie dieses Mal in ihrem Zimmer anzutreffen.
Seit dem gestrigen Abendessen hatte sie mich nicht mehr ihrer Anwesenheit beglückt und wenn sie jetzt das Frühstück mied, konnte das doch eigentlich nur heißen, dass sie entweder noch schlief oder sich weigerte, ihr warmes Bett zu verlassen.
Wo sollte sie denn sonst sein?
Dieser komische Technikfanatiker, welchen sie sich in letzter Zeit häufig an den Hals geworfen hatte, würde erst am Nachmittag seine Schicht antreten, weshalb der Wintergarten als potenzielles Versteck für sie ausfiel.
Josey warf mir über den Tisch hinweg einen beschwörenden Blick zu, als versuche sie mir über Telepathie irgendetwas mitzuteilen.
Fragend zog ich meine linke Braue nach oben, woraufhin mein liebes Schwesterchen ihre Augen Richtung Decke verdrehte.
„Ich werde dir helfen", formte sie lautlos mit den Lippen, bevor sie wieder den Blick auf ihren Teller senkte und einen kurzen Kommentar in das Gespräch zwischen meinem Vater und Rose einwarf.
Ob sie mir nun helfen wollte, Gwendolyn zu finden oder die ganze Situation mit Lynn aufzuklären, ist eine andere Frage.
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So, das nächste Kapitel wird wohl erst wieder nächsten Freitag bzw. Samstag erscheinen, da ich unter der Woche einfach nicht die Zeit finde, die Kapitel zu veröffentlichen. Außerdem ist das WLAN dort viel zu schwach, als das Wattpad anständig funktionieren würde :D
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