1. Merkwürdige WG
„Reika, ich weiß, dass du gleich Schichtende hast, aber kannst du bitte den Tisch da hinten noch kurz bedienen, dann darfst du auch schlussmachen für heute", Magdalina, meine Chefin, wirbelt mit einem vollen Tablett an mir vorbei. Und bevor ich antworten kann ist sie auch schon wieder in der Küche verschwunden.
Erneut auf in den Kampf. „Willkommen in Jim's Diner. Was darf ich euch bringen?", lächelnd trete ich vor den Tisch an dem sich eine Gruppe Jugendliche niedergelassen hat.
„Ich hätte gern einen Zettel mit deiner Handynummer Babe", ein Junge, der locker zwei Jahre jünger ist als ich, grinst mich dreckig an. Ich ignoriere ihn und warte einfach lächelnd bis sie alle Essen und Getränke bestellt haben.
„Danke, dass du mal wieder eingesprungen bist", lächelt Jim mich an, als ich bei ihm in der Küche vorbeikomme. „Ich verspreche dir, du bekommst noch einen Bonus. So oft wie du uns jetzt schon ausgeholfen hast."
„Das ist wirklich nicht nötig Jim", sage ich und gehe in den Mitarbeiterraum, um meine Tasche zu holen.
„Ich halte meine Versprechen", höre ich Jim noch rufen, bevor ich wieder in den Schankraum gehe und durch die Eingangstür verschwinde.
Magdalina und Jim sind eigentlich recht gute Arbeitgeber, aber wirklich organisiert sind die beiden nicht.
Lächelnd mache ich mich auf den Weg nach Hause.
„Na wenn haben wir denn da?", aus dem Bahnübergang kommt ein junger Mann aus der Dunkelheit auf mich zu und seine Stimme klingt als wäre er betrunken. „Hübsches Ding. Sexy Figur, du hast wirklich schöne Kurven. Interessante Haarfarbe ist das jetzt blond oder braun. Und erst diese Augen, wunderschönes meergrün."
Verdutzt stoppe ich meinen schneller gewordenen Schritt.
„Darean?", fragend schau ich zu ihm rüber.
„Falsche Reaktion Reika", tadelt der Angesprochene mich. „Das hier ist eine grusselige Situation. Du hättest weg rennen sollen. Ich hätte dich ernstlich verletzten können."
„Das ist keine grusselige Situation. Wir sind auf einer hellbeleuchteten Straße, mitten in Stadtzentrum. Außerdem hast du dich verraten, als du meine Augen angesprochen hast", lächle ich ihn an und gebe ihm eine kurze Umarmung zur Begrüßung.
„Ich muss dann wohl noch an dem Betrunkenen arbeiten", meint Darean und setzt sich dann in Bewegung. „Kommst du, oder wartest du auf eine extra Einladung?"
„Was wird das?", fragend trete ich zu ihm.
„Na ich bring dich heim", antwortet Darean als wäre es selbstverständlich.
„Aber du wohnst doch auf der anderen Seite der Stadt", sage ich verwundert dazu.
„Wir kennen uns doch jetzt schon über drei Semester", meint er. „Langsam müsstest du wissen, dass ich ein unverbesserlicher Gentleman bin. Also lass dich einfach von mir heimbringen, damit ich heute mit einer guten Tat einschlafen kann." Kopfschüttelnd geh ich auf ihn zu und zusammen laufen wir durch die nächtliche Stadt.
„Ich brauche glaub immer noch eine Weile bis ich mich an dich gewöhnt habe", bemerkt Darean kurz bevor wir an dem Apartmenthaus ankommen. „In den Kursen kannst du von einer zur anderen Figur problemlos switchen. Aber privat bist du so zurückhaltend, ja schon fast schüchtern. Damit komm ich irgendwie noch nicht ganz klar."
„Danke fürs begleiten", mit der Hand an der Eingangstür drehe ich mich nochmal zu Darean um und ignoriere seinen Kommentar einfach.
Das hab ich einfach schon zu oft gehört. Aber ich kann nun mal nichts für meinen Charakter. Es fällt mir einfach nicht leicht mich mit Menschen zu unterhalten, wenn ich sie noch nicht lange kenne. Aber wenn ich im Kurs schauspielern muss kann ich wirklich fast jeden Charakter problemlos spielen.
„War mir eine Ehre", gespielt verbeugt Darean sich. „Gute Nacht, man sieht sich morgen in der Lesung."
„Ciao", verabschiede ich mich, bevor ich ins Haus trete. Der Aufzug funktioniert zwar, aber man kann ja auch mal in den vierten Stock laufen. Vor allem wenn man sonst keinen Sport macht.
Im Apartment angekommen sehe ich schon vom Flur aus, dass die Jungs noch im Wohnzimmer zocken. „Hey Hübsche", begrüßt Julien mich, der mich als erstes bemerkt, als ich mir in der anliegenden Küche etwas zu trinken hole.
Früher hab ich es gehasst, wenn er mich so genannt hat. Aber mittlerweile hab ich mich damit abgefunden. Es verwirrt mich sogar irgendwie, wenn er mich Reika nennt.
„Hallo Schwesterherz", begrüßt mich jetzt auch mein Bruder Nolan. Technisch gesehen ist er sieben Jahre älter als ich, aber in seinem Kopf ist er manchmal noch 17.
„Hey", grüße ich zurück und lasse mich auf einen Barhocker sinken. „Ist Kimi schon zu Hause?"
„Ja", antwortet Julien mir. „Aber sie ist schon schlafen gegangen, glaube ich. Sie hat irgendwas von anstrengendem Tag gemurmelt und ist seitdem nicht mehr hier runter gekommen."
„Es ist ja auch schon spät", bemerke ich und schaue den Jungs dabei zu, wie ihre Finger schnell über die Kontroller flitzen.
Irgendwie sind wir schon eine merkwürdige WG. Zwei Studenten, eine Auszubildende Innenausstatterin und ein fast dreißig Jähriger, der in einem Architektenbüro angestellt ist.
„Nur nochmal, dass ich es auch verstehe. Warum genau hast du den Job in Jim's Diner angenommen? Ihr habt doch eigentlich genug Geld", fragend dreht Julien sich zu mir und legt seinen Kontroller weg. „Elektronisch bin ich einfach schlecht darin. Ich mach Sport lieber direkt." Beleidigt verschränkt Ju die Arme vor seiner Brust. Er hat wohl mal wieder gegen Nolan verloren.
„Ich arbeite dort, weil ich mein eigenes Geld verdienen möchte. Sonst würde ich ja nur vom Geld meiner Eltern leben, so wie gewisse andere Leute", antworte ich ihm.
„Ich ignoriere diesen verbalen Angriff jetzt einfach mal Rey", sagt Nolan und wirft sich einen Kartoffelchip in den Mund.
Dafür, dass er eigentlich fast nur den ganzen Tag am futtern ist hat er echt eine gute Figur. Jetzt keinen Sixpack, nein das würde er auf keinen Fall schaffen, dafür ist er einfach zu faul. Er hat einfach einen kleinen Bauch und soweit ich das als kleine Schwester beurteilen kann steht ihm das sogar. Das gibt ihm irgendwie so einen Teddycharakter. Außerdem kann ja nicht jeder Sportstudent sein wie Julien und so einen Körper haben wie die Models im Fernseher.
„Außerdem", ergreift Nolan wieder das Wort. „Verschwende ich das Geld unserer Eltern nicht. Schließlich hab ich dieses Apartment gekauft in dem wir wohnen. Zusammen mit deiner besten Freundin und dem da." Mit einen Kopfnicken am Satzende deutet er auf Julien.
„Wir wissen doch beide, dass ich nicht nur Kimis Bruder bin, sondern auch dein bester Freund", ruft dieser theatralisch auf und schmeißt sich auf Nolan.
„Ju geh runter von mir, du bist schwer", meckert Nolan los und schubst Julien von sich auf den Boden.
„Alles nur Muskeln", grinsend steht Ju wieder auf, während ich die ganze Szene kichern beobachte. Ja sie sind etwas merkwürdig, aber genau das macht sie irgendwie liebenswert.
„Ich mach es dann mal wie Kimi", meine ich, springe vom Barhocker und stelle das leere Glas in die Spülmaschine.
„Was? Du willst versuchen uns tot zu quatschen?", fragt Julien gespielt geschockt nach.
„Das wär ja mal etwas ganz neues Reika", steigt Nolan auch mit ein.
„Nein, ich meinte eigentlich, dass ich jetzt schlafen gehe", erklär ich ihnen. „Hab morgen früh eine Lesung. Gute Nacht Jungs."
Während ich noch rede laufe ich schon die Wendeltreppe in den zweiten Stock hoch.
„Nacht Hübsche", höre ich Ju noch rufen, bevor ich die Badezimmertür hinter mir schließe.
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Das erste Kapitel von meinem neuen Buch. Man hab ich mich vielleicht auf diesen Tag gefreut.
Ich hoffe euch hat das Geschreibsel wenigstens etwas gefallen und ihr bleibt dran.
Nur so als kurze Erklärung: Reika ist etwas schüchtern, das heißt sie redet wirklich nicht viel mit fremden Leuten und auch in gewohnter Umgebenung kommt sie nur selten vollkommen aus sich heraus.
Sie ist also so ziemlich das Gegenteil von Melodie auf 'Not a typical Bad Boy Story' :D
Hier werden ab heute jeden Mittwoch so um 17 Uhr Kapitel kommen. Wenn mal keins kommt kündige ich das meistens die Woche davor an, wenn nicht tut es mir jetzt schon mal leid.
Man ließt sich hoffentlich im nächsten Kapitel wieder.
I am Groot
Immer schön einzigartig bleiben und lasst euch nicht von dem Massenzwang einschüchtern eure A. :)
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