Kapitel 16
"drivers license" - Olivia Rodrigo
https://youtu.be/AfrtzN5fQ_4
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Leise seufzte ich, während ich meine Zimmerdecke ansah.
Freitagabend...
Und was hatte ich zu tun?
Richtig.
Gar nichts.
Die letzte Woche war im Vergleich zu denen davor ziemlich ereignislos verlaufen.
Seit ich Jimin meine Nummer gegeben hatte, hatte er nichts von sich hören lassen.
Anfangs hatte ich noch ständig mein Handy angestarrt, in der Hoffnung, dass etwas passieren würde.
Widerwillig hatte ich mich im Laufe der letzten Woche dann allerdings damit abgefunden, dass ich die Geste des Älteren wahrscheinlich überbewertet hatte.
Ich hatte gedacht, dass er seinen "Deal" vorgeschlagen hatte, damit wir einen Grund hatten, nochmal miteinander zu sprechen.
Dass er vielleicht wirklich einfach einen Gefallen bei jemandem gut haben wollte, hatte ich gar nicht in Betracht bezogen.
Ich hatte erst angefangen darüber nachzudenken, als ich gemerkt hatte, dass Jimin sich nicht meldet.
Natürlich war ich etwas enttäuscht deshalb...
Allerdings hatte es meinem Interesse an den beiden Zwölftklässlern irgendwie trotzdem keinen Abstrich getan.
Ich verbrachte immer noch so ziemlich jede Pause damit, sie anzustarren.
Auch wenn diese Beschäftigung als solche sich seit dem ersten Schultag nicht verändert hatte, so fühlte es sich trotzdem anders an...
All die Berührungspunkte, die ich mit den beiden - vor allem Jimin - gehabt hatte...
Ich hatte mir ungefähr hundert mal zu viele Gedanken gemacht, um plötzlich damit aufhören zu können.
Dazu kam, dass Jimins und mein Blick sich in letzter Zeit öfter traf.
Seit ich dem Blonden meine Nummer gegeben hatte, schaute er nicht mehr so schnell weg...
Manchmal schaute er so lange zurück, bis sein bester Freund auch zu mir guckte.
Anfangs war mir das noch peinlich gewesen.
Ich hatte betreten weggeguckt, wenn die beiden mich bemerkt hatten.
Doch inzwischen...
Schaute ich einfach zurück.
Der ständige Blickkontakt mit den beiden war der Hauptgrund, warum ich trotz allem nicht glauben konnte, dass der "Gefallen" keine Bedeutung für Jimin hatte.
Jedes Mal, wenn die beiden zu mir sahen, fühlte es sich an, als würden wir irgendwie in der Luft hängen.
In einem Stadium, in dem etwas passieren sollte, aber es einfach noch nicht so weit war.
Als würde der richtige Moment erst noch kommen müssen.
Überrascht zuckte ich zusammen, als auf einmal die Vibration meines Handys erklang.
Es lag neben mir auf dem Bett.
In der Annahme, dass Yoongi wieder einen seiner immer häufiger vorkommenden "Oh mein Gott Hoseok ist so toll, wie kann man nur so toll sein?"-Anfälle hatte, griff ich nach dem kleinen Gerät.
...nur um festzustellen, dass die Nachricht nicht von meinem besten Freund war.
Meine Augen weiteten sich auf ihre gefühlt vierfache Größe, als ich die Benachrichtigungsleiste nach unten zog.
Unbekannte Nummer
Hey
Hier ist Jimin
Hast du grade Zeit?
Pure Ungläubigkeit lag in meinem Blick, während ich die drei Zeilen immer und immer wieder las.
Stand da wirklich...?
....
Jimin hatte....
....
....Er hatte sich gemeldet.
Nach der letzten Woche kam mir diese Vorstellung fast schon unwirklich vor.
Hastig schüttelte ich meinen Kopf hin und her, um wieder im hier und jetzt anzukommen.
Mein Herz raste, während ich erst Jimins Kontakt abspeicherte und dann eine Antwort eintippte.
Plötzlich war ich ziemlich dankbar dafür, bis eben nichts Besseres als ein Date mit meiner Zimmerdecke geplant gehabt zu haben.
Kookie
Hey :)
Ja hab ich
Was gibt's?
Angespannt starrte ich meinen Bildschirm an, nachdem ich die Nachricht abgeschickt hatte.
Gefühlt hatte ich vergessen, wie man atmet.
Zu meiner Überraschung dauerte es nur Sekunden, bis die Nachricht gelesen wurde.
Jimins Anzeige wechselte sofort zu "schreibt..."
Kurz darauf erschien eine neue Nachricht im Chat.
Jimin
Naja...
Falls du einen Führerschein und Zugang zu einem Auto hast, würde ich heute gerne den Gefallen einlösen.
Ich stutzt ein wenig.
Was?...
Irgendwas an dieser Nachricht klang...verdächtig.
Ich konnte mir nicht vorstellen, wofür Jimin einen Fahrer brauchen würde.
Allerdings...
Mich selbst ermahnend, nicht an die blöden Gerüchte aus der Schule zu denken, schrieb ich dem Blonden zurück.
...war ich wahrscheinlich gerade nicht in der Position großartige Nachfragen zu stellen.
Kookie
Wo soll ich hinkommen?
Etwas nachdenklich zuckten meine Augen über den Bildschirm, nachdem ich abgeschickt hatte.
Ich fragte mich, ob ich mich gerade auf etwas seltsames einließ.
Gleichzeitig konnte ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass jemand wie Jimin wirklich an zwielichtigen Dingen beteiligt sein könnte...
Ich beschloss, ihm und seinem warmen Lächeln zu vertrauen.
Die Nachricht, die kurz darauf auf meinem Bildschirm auftauchte, bestätigte mich in dieser Entscheidung.
Jimin
Oh mein Gott, du rettest mich
Danke!
Kannst du mich hier einsammeln?
*Adresse*
Ich lächelte ein wenig über die Antwort des Älteren.
Plötzlich wirkte es gar nicht mehr so verdächtig.
Mich innerlich ein bisschen dafür lobend, dass ich in den Sommerferien meinen Führerschein gemacht hatte, schrieb ich dem Blonden, dass ich unterwegs war.
Während ich mich umzog, überlegte ich, wie ich Dad am besten dazu überreden konnte, mir seinen Wagen auszuleihen.
...natürlich war es dafür nur nötig gewesen, zu erwähnen, dass es um den Jungen ging, der mir neulich geholfen hatte.
Immer wieder unterschätzte ich Dads gewissensmotivierten Drang, mir dabei zu helfen, Anschluss zu helfen.
Interessiert wanderten mein Blick durch die Wohngegend, in die Google Maps mich geführt hatte.
Viele kleine Familienhäuser...
Ähnlich wie die Gegend, in der Dad und ich wohnten.
In meiner Vorstellung hatte der Ort, an dem ich Jimin abholen sollte, anders ausgesehen.
Meine Augen wurden groß, als ich meinen blonden Mitschüler vor einem der Häuser entdeckte.
Irgendwie hatte ich nicht erwartet, so schnell zu erfahren, wo Jimin wohnte...
Kaum erkannte er mich, winkte der Blonde mir zu.
Er schien gerade zu telefonieren.
"Tae? Hörst du mich?", redete Jimin mit seinem Handy, während er einstieg.
"Ja...nein. Bleib einfach da, okay?", versuchte er zu seinem besten Freund durchzudringen.
Auf der anderen Seite der Leitung schien es ziemlich laut zu sein.
Leise seufzte der Ältere, nachdem er geklärt zu haben schien, was es zu klären gegeben hatte.
"Ja... bin gleich da.", sagte er, bevor er auflegte.
Über den Rückspiegel konnte ich dabei zusehen, wie Jimin sich an sein Nasenbein fasste, kaum dass er sein Handy weggetan hatte.
"Irgendwann bring ich ihn um.", knurrte er.
Kurz kniff er die Augen zusammen und atmete resigniert aus, bevor er zu mir nach vorn sah.
"Entschuldige den Auftritt..", murmelte Jimin.
Er lehnte sich nach vorne, um besser mit mir reden zu können.
"Danke, dass du gekommen bist...", fügte er noch hinzu.
Ich lächelte.
"War doch der Deal, oder?", fragte ich.
Allein die Möglichkeit, nach gefühlten Ewigkeiten mal wieder mit Jimin reden zu können, machte mich unbeschreiblich glücklich.
Von dem Funken Gewohnheit, den ich dabei verspürte, mal ganz zu schweigen...
Jimin entfuhr wegen meinem Kommentar ein kleines, etwas erschöpft klingendes Lachen.
"Ich glaub nach dem Abend schulde ich dir dann was.", scherzte er.
Danach griff er nach seinem Handy.
"Kannst du mich zum 'Trinity' fahren? Ist ein Club in der Innenstadt.", bat er.
"Ich muss Tae abholen."
Kurz von Jimins Stimme abgelenkt, in der neben der deutlichen Genervtheit eine ordentliche Portion Besorgnis gelegen hatte, schaute ich den Blonden ein paar Sekunden lang einfach über den Rückspiegel an, bevor ich nickte.
"Klar.", ich gab ihm mein Handy, damit er die Adresse eingeben konnte.
Danach startete ich den Motor.
Auf der Fahrt blieb es die meiste Zeit über ruhig.
Nachdem Jimin eine Weile lang angespannt aus dem Fenster geguckt hatte, schienen ihm die neugierigen Blicke aufzufallen, die ich ihm immer wieder zuwarf, während ich gleichzeitig versuchte, mich auf den Straßenverkehr zu konzentrieren.
"Kontext?", fragte er mit leicht nach oben gezogenem Mundwinkel.
Ich nickte nur.
"Wenn es okay ist.", sagte ich, meine Augen auf die beleuchtete Straße gerichtet.
Dem Blonden entfuhr ein kleines Lachen.
Er machte einen Kommentar, dass es kein Geheimnis war, bevor er mir erzählte, wie es zu der heutigen Mission gekommen war.
Jimin und Tae gingen Freitags normalerweise gemeinsam feiern.
Da Jimins Eltern ihn heute allerdings für ein Familienessen eingespannt hatten, war nichts daraus geworden.
Der Abend des Blonden war ohne Zwischenfälle verlaufen, bis er irgendwann Nachrichten von seinem besten Freund bekommen hatte, die etwas bedenklich geklungen hatten.
Weil er Tae mit dessen offensichtlich erhöhten Alkoholpegel nicht hatte alleine lassen wollen, hatte Jimin sich zu Hause doch noch ausklinken dürfen.
Allerdings hatte er keinen Führerschein.
Deshalb hatte er mir geschrieben.
Während der Blonde redete, nickte ich die ganze Zeit nur, um ihm zu suggerieren, dass ich zuhörte.
Dabei taten sich hundert Fragezeichen auf.
Wieso war Tae alleine gegangen, wenn es normalerweise etwas war, was die beiden nur zusammen taten?
Warum war es so eskaliert, dass er jetzt einen Abholservice brauchte?
Und vor allem...
...wieso wirkte Jimin, als wäre das hier bei weitem nicht das erste Mal?
Als ich mit Jimin in dem Café gewesen war, hatte eine einzelne Information über die beiden mein Herz schon zum Aussetzen gebracht.
Ich musste die heutige Masse erstmal verarbeiten...
"Hoffentlich geht es ihm gut...", murmelte ich, als Jimin fertig mit sprechen war.
Der Blonde stutzte kurz.
Offensichtlich überrascht von meiner Reaktion klebten seine Augen ein paar Sekunden lang an mir.
Als würde er gar nicht glauben können, dass das alles war, was ich aus seiner Erzählung herausgefiltert hatte.
Aber das war es...
Bei allem, was Jimin mir gerade anvertraut hatte, war das das einzige, was hängen geblieben war.
Das Wissen, dass es Taehyung nicht gut ging.
Dass er Hilfe brauchte...
Ein schiefes Grinsen legte sich auf Jimins Lippen, nachdem meine Worte zu ihm durchgedrungen waren.
Kurz musterte er mich, bevor er seinen Blick wieder aus dem Fenster richtete.
Stumm folgten seine Augen der bunten Nachtbeleuchtung.
Was der Blonde nach einer Weile vor sich hin flüsterte, war zwar eine Antwort auf das, was ich gesagt hatte, aber wahrscheinlich nicht für meine Ohren bestimmt.
Ich bekam es trotzdem mit.
Die wohl ernst gemeinteste und trotzdem liebevollste Drohung, die ich je gehört hatte...
"Wenn ich mit ihm fertig bin, ganz bestimmt nicht mehr."
Es wird spannend~
*hibbel, weil ich mich viel zu sehr auf die nächsten Kapitel freue*
Und können wir mal darüber reden, dass "drivers license" bei diesem Kapitel die passenste Musikempfehlung ist, die es jemals für ein Kapitel geben wird? xD
Wish you sweet dreams~
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